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Altstadtsanierung am "Pelô"

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130 Einleitung<br />

Im folgenden wird es daher um Prozesse von Integration und Differenzierung aufgrund<br />

"phänotypischer" Unterschiede innerhalb des sozialen Systems der historischen Altstadt<br />

gehen. Leider werden in der sozialwissenschaftlichen Diskussion zu dieser Problematik auch<br />

heute noch unterschiedliche menschliche Phänotypen ohne nähere wissenschaftliche Reflexion<br />

mit dem Begriff der "Rasse" kategorisiert. Dies geschieht bei brasilianischen Autoren sicher<br />

in einem anderen Maße als bei <strong>am</strong>erikanischen oder europäischen. Als einen der zentralen<br />

Gründe für die falsche Anwendung dieses Begriffs kann man hier dessen weitverbreitete<br />

Präsenz in der brasilianischen Umgangssprache vermuten: Seit der Kolonialzeit werden mit<br />

dem "Rassenbegriff" die verschiedenen Phänotypen Brasiliens in der Alltagssprache be-<br />

schrieben, während er z.B. in Deutschland nur in bestimmten historischen Phasen, in denen<br />

die "Rassenideologien" fester Bestandteil des politischen Weltbildes waren, "alltagssprachli-<br />

che" Anwendung fand. In der ges<strong>am</strong>ten mir bekannten brasilianischen Literatur zur questão<br />

racial ("Rassenfrage") bin ich nicht ein einziges Mal auf eine Hinterfragung des wissen-<br />

schaftlich überholten Begriffs gestoßen. So wird mit seiner Verwendung auch heute noch die<br />

Vorstellung erzeugt, man habe es bei der "Rasse" mit einer legitimen wissenschaftlichen<br />

Zuschreibungskategorie zu tun, mit der sich menschliche Individuen anhand von bestimmten<br />

körperlichen und d<strong>am</strong>it verbundenen sozialen Merkmalen adäquat klassifizieren lassen. M.E.<br />

trägt die kontinuierliche wissenschaftliche Verwendung des Begriffs "Rasse", dem weltbe-<br />

kannte Genetiker wie Luigi Cavalli-Sforza bereits Anfang der 70er Jahre die wissenschaftli-<br />

che Grundlage entzogen haben, 3) zur Legitimation der fatalen Rassenideologien bei. 4) Deren<br />

Anwendung führte in der Vergangenheit und Gegenwart aufgrund ihrer anhand fiktiver "Ras-<br />

senmerkmale" konstruierten "Verschiedenheit" für ganze Bevölkerungsgruppen zu Unterdrük-<br />

kung und millionenfacher physischer Vernichtung. Gerade die absurden und tragischen<br />

Schlußfolgerungen, die durch "rassenideologisches" Gedankengut gezogen wurden und<br />

werden, veranlassen mich, einleitend eine für den brasilianischen Kontext adäquatere Be-<br />

griffsbestimmung vorzunehmen.<br />

3) Vgl. insbesondere Cavalli-Sforza 1971 und 1994.<br />

4) Vgl. zur Geschichte und zu den Hintergründen der Rassenideologien u.a. Zurmühlen 1977, zum Weltbild des<br />

Rassismus Dittrich 1991.

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