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Altstadtsanierung am "Pelô"

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Einleitung<br />

ist die alteingesessene Bevölkerung ein ausgesprochener "Störfaktor", der die wirtschaftliche<br />

Entwicklung des Viertels behindert. Die für die Restaurierung verantwortlichen politischen<br />

Akteure verfolgen mit ihrer massiven Intervention, bei der sie trotz demokratischen Systems<br />

auch autoritäre Herrschaftsinstrumente anwenden, das ehrgeizige Ziel, die historische Altstadt<br />

in ein rein kommerzielles Viertel ohne lokale Wohnbevölkerung umzuwandeln. Die Inter-<br />

essen der alteingesessenen Bevölkerung werden dabei aber weder in der Planung noch bei der<br />

Realisierung des Restaurierungsprojekts berücksichtigt (s.u.). Mit einer völlig unzureichenden<br />

Entschädigung "ausbezahlt", wird die alteingesessene Bevölkerung aus dem historischen<br />

Zentrum vertrieben. Vor allem aus der Sicht der Mehrheit der überwiegend an der Armuts-<br />

grenze lebenden alteingesessenen Bewohner bedeutet die Transformation des verfallenen<br />

Wohnbezirks in ein Geschäftsviertel eine massive existentielle Bedrohung, denn für sie ist<br />

das historische Zentrum Wohnort, Arbeitsstätte 3) und Mittelpunkt des sozialen und kultu-<br />

rellen Lebens zugleich. Für diese Gruppe besteht durch die Vertreibung die konkrete Gefahr,<br />

den Zugang zu ihrer traditionellen Einkommensquelle "Tourismus" zu verlieren.<br />

Das urbane Konfliktpotential, das die komplette Vertreibung der alteingesessenen Bevölke-<br />

rung aus der historischen Altstadt beinhaltet, wird durch zwei mit der Restaurierung ver-<br />

bundenen Entwicklungen noch verschärft:<br />

1) Das ehrgeizige Restaurierungsprojekt führt zu einer "Heterogenisierung der Bevölke-<br />

rungszus<strong>am</strong>mensetzung". Der Begriff "Heterogenisierung" bezieht sich auf die sukzessive<br />

Überwindung der residential segregation des ehemaligen Innenstadtslums, denn die durch<br />

das Projeto da Recuperação do Centro Histórico (Projekt der Wiederherstellung des histo-<br />

rischen Zentrums) initiierte Wiederaufwertung der historischen Altstadt von Salvador<br />

führte zu einem räumlichen Nebeneinander unterschiedlicher sozialer Schichten und<br />

menschlicher Phänotypen sowie ihrer Identitäten und Lebensstile in einem überschaubaren<br />

urbanen Teilgebiet. Der überwiegend zur unteren Sozialschicht gehörenden und "erschei-<br />

3) Die Touristen sind die wichtigste Devisenquelle der überwiegend <strong>am</strong> Existenzminimum lebenden Bevölkerung.<br />

Auf den informellen Märkten in den engen Gassen des Weltkulturdenkmals wird alles feilgeboten, was<br />

der Überlebenssicherung nützlich ist: Hier werden sexuelle Sehnsüchte befriedigt, die Symbole der afrobrasilianischen<br />

Kultur als Souveniers vermarktet, exotische Speisen zubereitet, es wird naive Kunst verkauft, mit<br />

Capoeira (K<strong>am</strong>pftanz der "schwarzen" Bevölkerung, dessen Ursprung auf die Sklavengesellschaft zurückgeht)<br />

und musikalischen Darbietungen werden Touristen zum kurzen Verweilen und zum "Devisentransfer"<br />

verleitet.<br />

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