30.12.2012 Aufrufe

Altstadtsanierung am "Pelô"

Altstadtsanierung am "Pelô"

Altstadtsanierung am "Pelô"

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Soziale Stratifikation der Zielgruppen<br />

Bemerkenswert ist, daß alle drei Gruppen zu etwa gleichen Anteilen und in etwa gleicher<br />

Höhe monatliche "Ratenzahlungen" leisten müssen. Für die Bewohner bedeutet dies natürlich<br />

eine wesentlich größere Belastung als für Kleinunternehmer und Geschäftsleute/Angestellte.<br />

Nahezu jeder kann in Brasilien auf Kredit kaufen, was das Herz begehrt. Es gibt so gut wie<br />

kein Geschäft in Salvador, in dem keine sogenannten "pré-datados" angenommen werden,<br />

vordatierte Schecks, die erst nach Ablauf einer bestimmten Frist (14-90 Tage) eingelöst<br />

werden. Wer kein Geld hat kauft auf diese Weise in der Hoffnung, daß sich die finanzielle<br />

Situation in Kürze zum Positiven verändert. So werden Einkäufe bereits von dem Geld<br />

bezahlt, das man erst in ein, zwei oder drei Monaten verdient. Verliert jemand seine Einkom-<br />

mensquelle, beginnt hier der Einstieg in einen Teufelskreis, der oft in den Favelas endet.<br />

Beenden wir den Vergleich an dieser Stelle und halten folgendes zus<strong>am</strong>menfassend fest: Die<br />

Bewohner des historischen Zentrums leben zum größten Teil in extremen Armutsverhält-<br />

nissen und lassen sich mit den hier verwendeten Indikatoren als zur Unterschicht zugehörig<br />

einordnen. Geschäftsleute und Angestellte werden hier trotz des niedrigen Einkommens, das<br />

ihnen ein für die Mittelschichten in den Industrieländern übliches Konsumniveau vorenthält,<br />

als Mittelschicht verstanden. Das höhere Bildungsniveau und die allgemein bessere Berufs-<br />

position sind für die Stratifizierung der Geschäftsleute/Angestellte letztendlich die entschei-<br />

denden Variablen. Kleinunternehmer lassen sich demgegenüber nicht so eindeutig zuordnen;<br />

einerseits haben sie ein Einkommen, das sie den Armutsverhältnissen der Bewohner enthebt,<br />

andererseits wechselt ihr "Ausgabenprofil" sowohl zwischen dem der Bewohner als auch dem<br />

der Geschäftsleute/Angestellte. Eine mögliche Erklärung findet sich in der sozialen Herkunft<br />

dieser Gruppe: Die Mehrheit der Kleinunternehmer st<strong>am</strong>mt nicht aus sozialen Verhältnissen,<br />

die der Gruppe Geschäftsleute/Angestellte entspricht. Es ist die Arbeit im historischen<br />

Zentrum, die den Kleinunternehmern den relativen Wohlstand verschaffte und nicht ihre Her-<br />

kunft. Vermutlich besitzen sie daher die Merkmale beider Gruppen. Da die wirtschaftlichen<br />

Aktivitäten der Mehrheit der Kleinunternehmer vom Tourismus abhängen, besteht durch die<br />

Vertreibung aus dem historischen Zentrum die reale Gefahr, alles zu verlieren. Eine Alterna-<br />

tive zur Arbeit im historischen Zentrum gibt es für die Menschen dieser Gruppe nicht, ins-<br />

besondere deshalb, weil ihnen das höhere Bildungsniveau der Geschäftsleute/Angestellte fehlt<br />

95

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!