BOUR DIEU
BOUR DIEU BOUR DIEU
Ortseffekte Pierre Bourdieu Wenn heutzutage von „problematischen Banlieues“ oder von „Ghettos“ die Rede ist, so wird hierbei fast automatisch nicht etwa auf Wirklichkeiten Bezug genommen, die ja oh- nehin jenen, die am eilfertigsten hierüber das Wort ergreifen, weitgehendst unbekannt sind. Vielmehr sind hier Phantas- men angesprochen, die seitens Sensationspresse, Propagan- da oder politischer Gerüchte mit emotionalen Eindrücken genährt werden, die mit mehr oder weniger unkontrollierten Begriffen und Bildern aufgeladen sind. Will man hier aber zu den gängigen Vorstellungen und alltäglichen Diskursen auf Distanz gehen, so reicht es keineswegs aus, wie man manchmal zu glauben versucht sein könnte, sich die ganze Sache einfach einmal „aus der Nähe“ anzusehen. Zweifellos drängt sich die empiristische Illusion gerade dort besonders nachhaltig auf, wo die direkte Konfrontation mit der Wirklichkeit wie in unserem Falle nicht ganz ohne Schwierigkeiten bzw. Risiken abgehen kann und erst einmal verdient sein will. Und dennoch deutet alles darauf hin, dass das Wesent- liche des vor Ort zu Erlebenden und zu Sehenden, d. h. die erstaunlichsten Einblicke und überraschendsten Erfahrungen, ihren Kern ganz woanders haben. Nichts verdeutlicht dies besser als die amerikanischen Ghettos, diese verwaisten und verfallenden Orte, die sich gerade und grundlegend durch eine Abwesenheit gekennzeichnet und bestimmt sehen. Es
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Ortseffekte<br />
Pierre Bourdieu<br />
Wenn heutzutage von „problematischen Banlieues“ oder<br />
von „Ghettos“ die Rede ist, so wird hierbei fast automatisch<br />
nicht etwa auf Wirklichkeiten Bezug genommen, die ja oh-<br />
nehin jenen, die am eilfertigsten hierüber das Wort ergreifen,<br />
weitgehendst unbekannt sind. Vielmehr sind hier Phantas-<br />
men angesprochen, die seitens Sensationspresse, Propagan-<br />
da oder politischer Gerüchte mit emotionalen Eindrücken<br />
genährt werden, die mit mehr oder weniger unkontrollierten<br />
Begriffen und Bildern aufgeladen sind.<br />
Will man hier aber zu den gängigen Vorstellungen und<br />
alltäglichen Diskursen auf Distanz gehen, so reicht es<br />
keineswegs aus, wie man manchmal zu glauben versucht<br />
sein könnte, sich die ganze Sache einfach einmal „aus der<br />
Nähe“ anzusehen. Zweifellos drängt sich die empiristische<br />
Illusion gerade dort besonders nachhaltig auf, wo die direkte<br />
Konfrontation mit der Wirklichkeit wie in unserem Falle nicht<br />
ganz ohne Schwierigkeiten bzw. Risiken abgehen kann und<br />
erst einmal verdient sein will.<br />
Und dennoch deutet alles darauf hin, dass das Wesent-<br />
liche des vor Ort zu Erlebenden und zu Sehenden, d. h. die<br />
erstaunlichsten Einblicke und überraschendsten Erfahrungen,<br />
ihren Kern ganz woanders haben. Nichts verdeutlicht dies<br />
besser als die amerikanischen Ghettos, diese verwaisten und<br />
verfallenden Orte, die sich gerade und grundlegend durch<br />
eine Abwesenheit gekennzeichnet und bestimmt sehen. Es