Milena
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Modelle der Beschreibung der Entwicklung im Jugendalter,<br />
Vergleich der Theorie von Hurrelmann mit anderen Modellen<br />
vorgestellt von: <strong>Milena</strong> Moerters<br />
Gliederung<br />
1. Einleitung<br />
2. Hurrelmann<br />
2.1. Individuation und Integration<br />
2.2. Identitätsprozess<br />
2. 3. soziale Ressourcen<br />
2.4. Erwachsenenidentität<br />
3. Vergleich mit anderen Modellen<br />
3.1. Piaget<br />
3.2. Mead<br />
3.3. Erikson<br />
3.4. Montessori<br />
3.5. systemische Therapie<br />
4. Zusammenfassung
1. Einleitung<br />
Jugend ist heute vielschichtig und nicht als Einheit zu verstehen. Die Jugend beginnt<br />
mit ca. zwölf Jahren und geht oft bis Mitte zwanzig und wird in den heutigen<br />
theoretischen Ansätzen als eigenständige Lebensphase gesehen. Welche Faktoren<br />
die Lebensphase Jugend beeinflusst, wie sie im Einzelnen durchlebt wird, wird von<br />
Wissenschaftlern in ihren Theorien unterschiedlich beschrieben und ist abhängig von<br />
deren Blickwinkel und wissenschaftlicher Ausrichtung.<br />
Allen voran soll in diesem Aufsatz die Theorie des Sozialwissenschaftler und<br />
Jungenforscher Klaus Hurrelmann vorgestellt werden, der die Lösung von<br />
Entwicklungsaufgaben als produktiven Bewältigungsrozess in den Vordergrund stellt.<br />
Im Anschluss möchte ich in der Theorie Hurrelmanns Gelenkstellen aufweisen, die<br />
eine Verknüpfung und einen Vergleich zu anderen Theoretikern wie Piaget, Mead,<br />
Erikson u.a. zulassen.<br />
Ziel dieses Aufsatzes ist es demnach die Theorie von Hurrelmann mit den uns<br />
bekannten Theorien zu verknüpfen. Dabei steht die ständige Wechselbeziehung von<br />
Individuation und Integration zur Identitätsbildung in Vordergrund.<br />
2. Hurrelmann<br />
Hurrelmann zeigt in seiner Theorie auf, wie Jugendliche in der Auseinandersetzung<br />
mit sich selbst und mit der Umwelt versuchen ihre eigene Identität zu gewinnen, um<br />
als Erwachsener gefestigt und belastbar die gesellschaftlichen Anforderungen zu<br />
bewältigen. Er beschreibt diesen Prozess als einen ständigen Kampf zwischen den<br />
Polen Individuation und Integration.<br />
2.1. Individuation und Integration<br />
Mit Individuation sind die inneren Voraussetzungen, also die Anlagen und die<br />
körperlich psychischen Grundstrukturen gemeint, die er als innere Realität<br />
bezeichnet. Mit Integration sind die Umwelt, die sozial psychischen<br />
Umweltbedingungen und die äußere Realität beschrieben. Mit Individuation ist somit<br />
das Verlangen nach einer Ich-Identität und mit Integration der Wunsch nach<br />
Erfüllung der gesellschaftlichen Ansprüche gemeint. Hurrelmann zeigt also auf, dass<br />
Jugendliche aufgrund der genetisch verursachten Veränderungen ihrer Körper zu
intensiven Auseinandersetzungen mit ihrer inneren und äußeren Realität<br />
herausgefordert werden.<br />
Eine der zentralen Aufgaben der Lebensphase Jugend ist es aktiv das eigene<br />
Selbstverständnis und Handeln auf die Veränderungen einzustellen. nach<br />
Hurrelmann bezeichnet den Prozess als "produktiv", da die Auseinandersetzung mit<br />
den veränderten inneren und äußeren Bedingungen aktiv, kreativ, individuell und<br />
kontinuierlich erfolgt.<br />
In diesem Zusammenhang möchte ich Heitmeyer erwähnen, der in seinem Aufsatz<br />
„Gewalt“ deutlich macht, dass gerade die Auseinandersetzung mit der äußeren<br />
Wirklichkeit problematisch wird, da die Wirklichkeit selbst sich problematisch zeigt,<br />
sich nämlich „als ambivalente Lebenssituationen von Jugendlichen<br />
darstellt.“(Heitmeyer, Gewalt, Z.24)<br />
2.2. Identitätsprozess<br />
Weiterhin stellen sich dem Jugendlichen Entwicklungsaufgaben, die er zu erfüllen<br />
hat. Diese Entwicklungsaufgaben löst er, indem er ständig an der eigenen Person<br />
arbeitet, sich selbst reguliert. Die im Jugendalter entwickelten Formen und Strategien<br />
der Selbstregulation bleiben das ganze Leben lang bestehen.<br />
Entwicklungsaufgaben sind psychische und soziale Anforderungen, die an eine<br />
Person in einem bestimmten Lebensabschnitt gestellt werden. Sie sind die<br />
Bezugssysteme, in denen Persönlichkeitsentwicklung stattfinden kann. Ziel der<br />
Entwicklungsaufgaben ist die Ausbildung von Identität, die sich in vier Rollen gliedern<br />
lässt: berufsrolle, Partner- und Familienrolle, Kultur- und Konsumentenrolle und<br />
politische Bürgerrolle. Ist der Prozess soweit abgeschlossen, dass eine Kontinuität<br />
des Selbstbildes vorliegt, ist die Ich-Identität ausgebildet. Hurrelmann betrachtet das<br />
Individuum immer im Kontext mit seiner Umwelt. Die Gesellschaft definiert die<br />
Aufgaben, die ein Jugendlicher bewältigen muss. Hurrelmann unterteilt sie in vier<br />
Kategorien<br />
1. Entwicklung einer intellektuellen und sozialen Kompetenz, um selbstverantwortlich<br />
schulischen und beruflichen Anforderungen nach zu kommen und so die<br />
Voraussetzung für eine selbstständige Existenz als Erwachsener sichern zu können;<br />
2. Entwicklung der eigenen Geschlechtsrolle und des sozialen Bindungsverhaltens<br />
zu Gleichaltrigen des anderen sowie des eigenen Geschlechts, Aufbau einer<br />
Partnerbeziehung als langfristige Voraussetzung für die Erziehung eigener Kinder;
3. Entwicklung eines eigenen Werte- und Normensystems sowie eines ethnischen<br />
und politischen Bewusstseins, dem mit dem eigenen Verhalten und Handeln<br />
Rechnung getragen wird;<br />
4.Entwicklung eigener Handlungsmuster für die Nutzung des Konsumwarenund<br />
kulturellen Freizeitmarktes(einschließlich Medien und Genussmittel), um eigenen<br />
Lebensstil zu entwickeln und autonom sowie bedürfnisorientiert mit entsprechendem<br />
Angeboten umgehen zu können.<br />
Diese Entwicklungsaufgaben zeigen, wie weitreichend die Anforderungen an<br />
Jugendliche in dieser Lebensphase sind. Sie müssen bewältigt werden, damit sich<br />
der Jugendliche als Erwachsener im sozialen und gesellschaftlichen Leben gut<br />
zurechtfinden kann. Die Entwicklung zur Ich-Identität erfolgt nicht problemlos,<br />
sondern ist geprägt von Spannungsverhältnissen mit individuellen Krisen.<br />
2. 3. soziale Ressourcen<br />
Die komplexen normativen Vorgaben und Erwartungen der Gesellschaft müssen von<br />
dem Jugendlichen durch eigenaktives Verhalten erschlossen werden. Hierzu<br />
benötigen sie soziale Unterstützungen, die die Fähigkeit zur Selbstorganisation<br />
stärken. Hierzu gehört die Akzeptanz der Spielräume für verschiedene Lösungswege<br />
sowie flexible Bindungen für die Gestaltung sozialer Beziehungen, aber auch die -<br />
ausgewogene Mischung zwischen Anregung von Selbstständigkeit und der<br />
Übernahme von Verantwortung, dem Einhalten von gesellschaftlichen Regeln.<br />
Die Unterstützung spielt also eine entscheidende Rolle, denn je vielfältiger das<br />
Netzwerk ist, desto flexibler und zielführender kann es von dem Jugendlichen genutzt<br />
werden<br />
Es ist Aufgabe der gesellschaftlichen Sozialisationsinstanzen, die Jugendlichen bei<br />
dem Aufbau der notwendigen Kompetenz- und Motivationsstrukturen bzgl. ihres<br />
zukünftigen Erwachsenenstatus unterstützen, um damit auch das gesellschaftliche<br />
System zu sichern.<br />
Dazu ist es notwendig, ein ausgewogenes Verhältnis, eine sinnvolle Kombination von<br />
individuellen Freiheitsgraden und Entfaltungsräumen auf der einen Seite mit<br />
notwendigen Anpassungs- und Verhaltenserwartungen zu verbinden; die<br />
Handlungsspielräume durch nicht zu weit (und damit orientierungslos), auch nicht zu<br />
eng (und damit restriktiv) sein.<br />
Diese Aufgabe haben die unter öffentlicher Kontrolle stehenden formellen
Sozialisationsinstanzen (Schule, Jugendfreizeitstätten, Ausbildungsstätten,<br />
Jugendberatungsstellen etc.) zu erfüllen.<br />
Gleichzeitig wird der Einfluss der Gleichaltrigengruppen immer wichtiger, hinzu<br />
kommen Massenmedien, Freizeitangebote. Gerade diese eher informellen,<br />
„heimlichen“ Sozialisationsinstanzen sind zunehmend „effektiver“ als die offiziellen,<br />
öffentlichen. Besonders sinnvoll ist eine gegenseitige Ergänzung, Verstärkung und<br />
Kontrolle dieser verschiedenen Instanzen.<br />
Die soziale Ressourcen können den Identitätsprozess weitgehend unterstützen und<br />
geben dem Jugendlichen emotionalen Halt.<br />
2.4. Erwachsenenidentität<br />
Hurrelmann versteht unter Identität die Kontinuität des Selbsterlebens auf Grundlage<br />
eines positiv gefärbten Selbstbildes. Er sagt, dass die Ergebnisse der Interaktionen<br />
zur Konstruktion eines in sich schlüssigen Selbstbildes dienen. Also erwirbt jeder ein<br />
festes Selbstbild in der Jugendphase und muss dann in der Interaktion die<br />
Kontinuität durch die Ausbalancierung der inneren und äußeren Realität ständig<br />
herstellen. Die Ich-Identität geht aus der Synthese von Individuation und Integration<br />
hervor.<br />
3. Vergleich mit anderen Modellen<br />
Wie Eingangs schon erwähnt steht in der Theorie Hurrelmanns die Wechselwirkung<br />
von innere und äußere Realität sowie die Beziehung Individuation und Integration im<br />
Mittelpunkt.<br />
Diese Polarisierung findet sich in verschiedenen Theorien wieder, wenn auch der<br />
aktive produktive Entwicklungsprozess dabei vernachlässigt wird.<br />
3.1. Piaget<br />
Entwicklung ist nach Piaget ein Prozess des Erwerbs immer weiterer Möglichkeiten<br />
zur Bewältigung ständig sich verändernder Umweltgegebenheiten. In der<br />
Auseinandersetzung mit seiner Umwelt erwirbt der Mensch nach Piaget sogenannte<br />
Schemata. Ein Schema ist ein Muster des Verhaltens und dann auch des Denkens.<br />
Dies bedeutet, dass im Verlauf der Entwicklung bestehende Schemata verändert<br />
werden und neue Schemata erlernt und angewendet werden sowie umgekehrt, dass<br />
die Objekte der Welt an die vorhandene Schemata angepasst werden.
Assimilation ist die Benutzung bestehender Schemata um mit Objekten umzugehen<br />
oder mit Problemen fertig zu werden; ich passe die Objekte an mich an.<br />
Akkommodation ist somit die Veränderung bereits bestehender Schemata gemäß<br />
den Erfordernissen veränderter Umweltbedingungen; ich passe meine Schemata<br />
(mich) an die Objekte an. Die Pole der Assimilation und der Akkommodation lassen<br />
Vergleiche zu Hurrelmann zu, wenn man die Akkommodation dem Prozess der<br />
Integration, nämlich die Anpassung an die Umwelt, gleichsetzt. Ebenso kann die<br />
Assimilation als eine Veränderung in der inneren Realität der Individuation<br />
zugeordnet werden.<br />
3.2. Mead<br />
Ebenso lässt sich die Theorie des symbolischen Interaktionismus von Mead der<br />
Theorie Hurrelmanns subsumieren.<br />
Zeichen und Gesten sichern Kommunikation, indem sie passende Reaktionen<br />
auslösen. Gesten im weiteren Sinne sind Symbole, die interpretiert werden müssen.<br />
Signifikante Symbole sind von der Gesellschaft gleich interpretierte Symbole. Zu den<br />
signifikanten Symbolen gehört die Sprache, durch die das Denken erst ermöglich<br />
wird.<br />
Durch Interpretation von Gesten und Sprache des anderen wird es möglich, den<br />
Erwartungen des anderen gerecht zu werden. Die Fähigkeit, von der Position des<br />
Anderen aus zu denken, nennt Mead Rollenübernahme.<br />
Mead unterstellt ein allgemeines Interesse am Funktionieren "der Gesellschaft", alle<br />
verfügen über Empathie und übernehmen ihre Rollen. Aus der Empathie in<br />
Verhaltenserwartungen, leitet Mead ab, entstehe Identität. Diese Identität nennt<br />
Mead „self“<br />
Es entsteht ein Spiel der wechselseitigen Übernahme der Rolle Anderer. In der<br />
Nachahmung der Bezugsperson als „play“ und später als „game“, wenn die Rolle des<br />
„generalisierten Anderen übernommen wird. Je mehr ein Kind lernt den Erwartungen<br />
anderer gerecht zu werden und je höher die Zahl der anderen ist, desto<br />
verallgemeinert ist das Rollenbild des Erwachsenen. Play und game sind<br />
Sichtweisen des Kindes und später des Jugendlichen und Erwachsenen auf die Welt,<br />
auf die Gesellschaft, auf das System der Rollen.<br />
Der Jugendliche orientiert seine Identität an die Erwartungen der Gesellschaft an ihn<br />
– und geht darauf ein ("Interaktion"). Er bildet aus diesen Erwartungen und der
entsprechenden Rollenübernahme seine Identität. Der generalisierte Andere "sind<br />
die Normen und Werte der Gesellschaft.<br />
Mead unterscheidet weiter zwischen dem spontanen, unreflektierten Handeln des<br />
impulsiven Ichs, „I“ und der Perspektive, die sich aus der Sicht der Anderen auf das<br />
Individuum ergibt und dem reflektierten Ich, „Me“, dass ein reflexives Bewusstsein<br />
entwickelt. Das Ergebnis soll dann eine Synthese dieses reflexiven Bewusstseins<br />
und des reflektierten Ichs, genannt self, eben Identität, sein.<br />
Auch bei Mead lässt sich durchaus eine Polarisierung erkennen. Zum einen das „I“,<br />
das impulsive aus dem inneren zum anderen, das reflektierte „me“, im<br />
Zusammenhang mit der Rollenübernahme der generalisierenden anderen als Normund<br />
Wertesystem der Gesellschaft. Mead beschreibt die Entwicklung allerdings nicht<br />
als Prozess der Bearbeitung von Entwicklungsaufgaben, sondern beschreibt die<br />
Entwicklung als zunehmende Interaktion und die Fähigkeit zur Rollenübernahme und<br />
damit verbundene Fähigkeit die Erwartung anderer vorauszunehmen.<br />
3.3. Erikson<br />
Erikson beschreibt die Entwicklung vom Kind zum Erwachsen in einem Stufenmodell<br />
der Bewältigung von Krisen. Er geht davon aus, dass jeder Entwicklungszeitraum mit<br />
der Bewältigung einer Krise abschließt, und das die erfolgreiche Bewältigung erst<br />
den Zugang zum nächst möglichen Entwicklungsschritt zulässt.<br />
In dem Entwicklungsmodell setzt sich Erikson mit der Adoleszenz auseinander.<br />
Demnach gibt es in der Adoleszenz eine Krise, und zwar eine Krise basierend auf<br />
der Entwicklung der eigenen Identität. Wenn der Jugendliche diese Krise bewältigt,<br />
dann schafft er sich ein kohärentes Selbstbild. Aber wenn er es nicht schafft, die<br />
Krise zu bewältigen, dann hat er ein Selbstbild ohne stabilen Kern.<br />
Das heißt, dass der Jugendliche dann wenig Selbstvertrauen hat. Maßgeblich für die<br />
Bewältigung der Krise ist der Umgang mit Gleichaltrigen, da die Jugendlichen.<br />
sich mit den sozialen Komponenten ihrer eigenen Identität definieren.<br />
Wie für Hurrelmann ist auch für Erikson die Identitätsfindung im Jugendalter<br />
entscheidend. Die äußere Realität, bei Erikson, die Peergroup oder die Familie sind<br />
entscheidende Unterstützer in der Persönlichkeitsbildung des Jugendlichen.<br />
3.4. Montessori
Montessori Leitgedanke ist der Ausspruch „Hilf mir es selbst zu tun“. Auch hier findet<br />
sich das Unterstützungssystem wieder, das Hurrelmann postuliert, wenn eine<br />
positive Entwicklung stattfinden soll. Anderseits lassen sich auch die Begriffe,<br />
Selbstorganisation, produktive Realitätsverarbeitung, schöpferische Konstruktion und<br />
selbständige Lebensführung mit den Gedanken Montessoris verbinden. Sie ging<br />
davon aus, dass man den Kindern geeignetes Material zur Verfügung stellen müsse,<br />
damit sie selbstständig, vertieft und schöpferisch und mit allen Sinnen neue<br />
Situationen begreift.<br />
3.5. systemische Therapie<br />
Der elementare Gedanke des systemischen Ansatzes ist die Vernetztheit von<br />
Systemen, also alles ist mit allem verbunden. Der systemische Ansatz schreibt<br />
lebenden Systemen bestimmte Eigenschaften zu, welche sie als solche<br />
kennzeichnen. Dazu gehört die Strukturdeterminiertheit und bedeutet, dass die<br />
lebendigen Systeme durch ihre Struktur festgelegt sind. Im Fall Beate und Markus<br />
zeigte sich, dass die Strukturen, in der sie lebten, maßgeblich für die<br />
Verhaltensauffälligkeiten sind. In dem Identitätsprozess bezeichnet Hurrelmann<br />
diesen Weg als krisenhaft, spannungsreich und musterbildend. Beate und Markus<br />
sind ein Beispiel für eine falsche Musterbildung.<br />
Bezugnehmend auf Hurrelmanns Individuationsbegriff, also der<br />
Persönlichkeitsfindung des Jugendlichen, geht es in erster Linie um die Ausbildung<br />
und Erhaltung individueller Eigenschaften und um die Abgrenzung zu anderen. Diese<br />
Bestrebungen sind wichtig um sich als Jugendlicher in einer Beziehung als getrennt<br />
und zugleich bezogen zu erleben. Bei dem Jugendlichen, der in Systemen wie<br />
Familie agiert, kann es zu einer Störung der bezogenen Individuation kommen, wenn<br />
sich Angehörige ungenügend gegeneinander abgrenzen (symbiotisch miteinander<br />
verschwimmen) oder voneinander abkapseln (kommunikationsfeindlich werden). So<br />
kann es entweder zu einer Unter- oder Überindividuation kommen.<br />
Hurrelmann beschreibt in seinen Maximen die förderliche Wirkung von<br />
Unterstützungssysteme wie Familie oder Schule, .die als emotionaler Haltepunkt die<br />
Entwicklung der Ich-Identität fördern. In der systemischen Therapie sind die<br />
Schlüsselwörter hierfür Bindung und Abstoßung, die bei auffälligen<br />
Entwicklungsstörungen systemisch korrigiert werden müssen. Dazu gehört
eispielsweise, die Schwierigkeit einiger Eltern loszulassen, also die Bindung<br />
rechtzeitig zu lösen.<br />
4. Zusammenfassung<br />
Hurrelmann beschreibt die Jugendphase als einen Identitätsprozess zwischen den<br />
Polen Individuation und Integration und meint damit die Auseinandersetzung mit der<br />
inneren und der äußeren Realität. Ebenso lassen sich auch bei anderen Theorien,<br />
die sich durch den wissenschaftlichen Blickwinkel unterscheiden, Ausführungen zu<br />
innerer und äußerer Auseinandersetzung des Individuums wiederfinden. Piaget<br />
spricht von Assimilation und Akkommodation, Mead beschreibt die Rollenübernahme<br />
und die Ausbildung des „self“ und für Erikson ist die Bewältigung von Krisen wichtig<br />
für die Identitätsbildung. Weitere Anknüpfungen zu Hurrelmann finden sich in seinem<br />
Maxim der Unterstützungssysteme, die sowohl Montessori als auch die systemische<br />
Therapie nutzen, um positiven Einfluss auf die Entwicklung zu nehmen. Andere<br />
Modelle, wie die der Erlebnispädagogik, die hier nicht explizit erwähnt wurden, bieten<br />
Jugendlichen Bewegungsräume zum Ausprobieren, um mit „Kopf, Herz und Hand“<br />
eigene Grenzen zu erfahren.