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Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin

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<strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> - <strong>Die</strong> <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, 31. Kapitel<br />

So konnte der Freihandel als internationales System von vornherein nicht mehr als eine Episode in der<br />

Geschichte der Kapitalakkumulation bleiben. Schon aus diesem Grunde ist es verkehrt, die allgemeine<br />

Umkehr zum Schutzzoll seit Ende der 70er Jahre lediglich als eine Abwehrmaßregel gegen den<br />

englischen Freihandel erklären zu wollen.(4)<br />

Gegen diese Erklärung sprechen die Tatsachen, daß in Deutschland wie in Frankreich und Italien<br />

bei der Umkehr zum Schutzzoll die führende Rolle den agrarischen Interessen zufiel, die sich nicht gegen<br />

die Konkurrenz Englands, sondern gegen die der Vereinigten Staaten richteten, daß im übrigen das<br />

Schutzbedürfnis für die aufkommende einheimische Industrie in Rußland sich z.B. viel stärker gegen<br />

Deutschland, in Italien aber gegen Frankreich richtete als gegen England. <strong>Die</strong> allgemeine dauernde<br />

Depression auf dem Weltmarkt, die sich seit der Krise der 70er Jahre hinzog und die Stimmung für den<br />

Schutzzoll vorbereitet hatte, war ebensowenig mit Englands Monopol verbunden. <strong>Die</strong> allgemeine<br />

Ursache der schutzzöllnerischen Frontänderung lag denn auch tiefer. Der reine Standpunkt <strong>des</strong><br />

Warenaustausches, dem die freihändlerische Illusion der Interessenharmonie auf dem Weltmarkt<br />

entstammte, ist aufgegeben worden, sobald das großindustrielle Kapital in den wichtigsten Ländern <strong>des</strong><br />

europäischen Kontinents so weit Fuß gefaßt hatte, um sich auf seine <strong>Akkumulation</strong>sbedingungen zu<br />

besinnen. <strong>Die</strong>se aber schoben gegenüber der Gegenseitigkeit der Interessen der kapitalistischen Staaten<br />

ihren Antagonismus und die Konkurrenz im Kampfe um das nichtkapitalistische Milieu in den<br />

Vordergrund.<br />

Als die Freihandelsära anhub, wurde Ostasien erst durch die Chinakriege erschlossen, in Ägypten stellte<br />

das europäische Kapital die ersten Schritte. In den 80er Jahren setzt parallel mit dem Schutzzoll die<br />

Expanionspolitik mit zunehmender Energie ein: <strong>Die</strong> Okkupation Ägyptens durch England, die deutschen<br />

Kolonialeroberungen in Afrika, die französische Okkupation von Tunis und die Expedition nach<br />

Tonking, die Vorstöße Italiens in Assab und Massaua, der abessinische Krieg und die Bildung<br />

Eritreas, die englischen Eroberungen in Südafrika-, alle diese Schritte folgten sich in einer<br />

ununterbrochenen Kette die 80er Jahre hindurch. Der Konflikt zwischen Italien und Frankreich wegen<br />

der Interessensphäre in Tunis war das charakteristische Vorspiel zu dem franko-italienischen Zollkrieg<br />

sieben Jahre später, der als drastischer Epilog die freihändlerische Interessenharmonie auf dem<br />

europäischen Kontinent abgeschlossen hat. <strong>Die</strong> Monopolisierung der nichtkapitalistischen<br />

Expansionsgebiete im Innern der alten kapitalistischen Staaten wie draußen in den überseeischen<br />

Ländern wurde zur Losung <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, während der Freihandel, die Politik der "offenen Tür" zur<br />

spezifischen Form der Schutzlosigkeit nichtkapitalistischer Länder gegenüber dem internationalen<br />

Kapital und <strong>des</strong> Gleichgewichts dieses konkurrierenden <strong>Kapitals</strong> geworden ist, zum Vorstadium ihrer<br />

partiellen oder gänzlichen Okkupation als Kolonien oder Interessenssphären. Wenn England allein bisher<br />

dem Freihandel treu geblieben ist, so hängt das in erster Linie damit zusammen, daß es als ältestes<br />

Kolonialteich in seinem gewaltigen Besitz an nichtkapitalistischen Gebieten von Anfang an eine<br />

Operationsbasis fand, die seiner Kapitalakkumulation bis in die jüngste Zeit fast schrankenlose<br />

Aussichten bot und es tatsächlich außerhalb der Konkurrenz anderer kapitalistischen Länder stellte.<br />

Daher der allgemeine Drang der kapitalistischen Länder, sich voneinander durch Schutzzölle<br />

abzusperren, obwohl sie zugleich füreinander in immer höherem Maße Warenabnehmer, aufeinander bei<br />

der Erneuerung ihrer sachlichen Reproduktionsbedingungen immer mehr angewiesen sind und obwohl<br />

file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR10.4812/lu/lu05/lu05_391.htm (3 of 6) [19.07.2004 21:14:18]

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