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Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin

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<strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> - <strong>Die</strong> <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, 27. Kapitel<br />

dahinter steckte. In den vierzig Jahren, die seit der Unterwerfung Algeriens verflossen waren, hat<br />

bekanntlich kein europäischer Staat so häufigen Wechsel <strong>des</strong> politischen Systems durchgemacht wie<br />

Frankreich. Auf die Restauration war die Julirevolution und das Bürgerkönigtum gefolgt, auf diese die<br />

Februarrevolution, die Zweite Republik, das Zweite Kaiserreich, endlich das Debakel <strong>des</strong> Jahres 1870<br />

und die Dritte Republik. Adel, Hochfinanz, Kleinbürgertum, die breite Schicht der Mittelbourgeoisie<br />

lösten einander in der politischen Herrschaft ab. Aber ein ruhender Pol in dieser Erscheinungen Flucht<br />

war die Politik Frankreichs in Algerien, die von Anfang bis Ende auf ein und dasselbe Ziel gerichtet war<br />

und am Saum der afrikanischen Wüste am besten ver- riet, daß sich sämtliche Staatsumwälzungen<br />

Frankreichs im 19. Jahrhundert um ein und dasselbe Grundinteresse: um die Herrschaft der<br />

kapitalistischen Bourgeoisie und ihrer Eigentumsform, drehten.<br />

"<strong>Die</strong> Ihrem Studium unterbreitete Gesetzesvorlage", sagte der Abgeordnete Humbert am 30. Juni 1873 in<br />

der Sitzung der französischen Nationalversammlung als Berichterstatter der Kommission zur Ordnung<br />

der Agrarverhältnisse in Algerien, "ist nicht mehr als die Krönung <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>, <strong>des</strong>sen Fundament<br />

durch eine ganze Reihe von Ordonnanzen, Dekreten, Gesetzen und Senatuskonsulten gelegt war, die alle<br />

zusammen und je<strong>des</strong> insbesondere ein und dasselbe Ziel verfolgen: die Etablierung <strong>des</strong> Privateigentums<br />

bei den Arabern." <strong>Die</strong> planmäßige, bewußte Vernichtung und Aufteilung <strong>des</strong> Gemeineigentums, das war<br />

der unverrückbare Pol, nach dem sich der Kompaß der französischen Kolonialpolitik ungeachtet aller<br />

Stürme im inneren Staatsleben während eines halben Jahrhunderts richtete, und zwar aus dem folgenden<br />

klar erkannten Doppelinteresse. <strong>Die</strong> Vernichtung <strong>des</strong> Gemeineigentums sollte vor allem die Macht der<br />

arabischen Geschlechter als sozialer Verbände zertrümmern und damit ihren hartnäckigen Widerstand<br />

gegen das französische Joch brechen, der sich trotz aller Militärübermacht Frankreichs in unaufhörlichen<br />

Rebellionen der Stämme kundtat und einen unaufhörlichen Kriegszustand in der Kolonie zur Folge<br />

hatte.(9) Ferner war der Ruin <strong>des</strong> Gemeineigentums eine Vorbedingung, um in den wirtschaftlichen<br />

Genuß <strong>des</strong> eroberten Lan<strong>des</strong> zu treten, d.h. den seit einem Jahrtausend von den Arabern besessenen<br />

Grund und Boden ihren Händen zu entreißen und in die Hände französischer Kapitalisten zu bringen. Zu<br />

diesem Behufe diente vor allem dieselbe uns schon bekannte Fiktion, wonach der gesamte Grund und<br />

Boden nach muselmännischem Gesetz Eigentum <strong>des</strong> jeweiligen Herrschers wäre. Genau wie die<br />

Engländer in Britisch-Indien erklärten die Gouverneure Louis-Philippes in Algerien die Existenz eines<br />

Gemeineigentums ganzer Geschlechter für eine "Unmöglichkeit" Auf Grund dieser Fiktion wurden die<br />

meisten unbebauten Ländereien, namentlich aber die Almenden, Wälder und Wiesen für Staatseigentum<br />

erklärt und zu Kolonisationszwecken verwendet. Es kam ein ganzes System der Ansiedelungen, die sog.<br />

Cantonnements, auf, bei dem inmitten der Geschlechterländereien französische Kolonisten gesetzt, die<br />

Stämme selbst aber auf einem minimalen Gebiet zusammengepfercht werden sollten. Durch Er- <br />

lasse vom Jahre 1830, 1831,1840, 1844, 1845, 1846 wurden diese <strong>Die</strong>bstähle an arabischen<br />

Geschlechterländereien "gesetzlich" begründet. <strong>Die</strong>ses Ansiedelungssystem führte aber in Wirklichkeit<br />

gar nicht zur Kolonisation, es hat bloß zügellose Spekulation und Wucher großgezogen. <strong>Die</strong> Araber<br />

verstanden in den meisten Fällen, die ihnen weggenommenen Ländereien zurückzukaufen, wobei sie<br />

freilich tief in Schulden gerieten. Der französische Steuerdruck wirkte nach derselben Richtung.<br />

Namentlich aber hat das Gesetz vom 16. Juni 1851, das alle Forsten zum Staatseigentum erklärte und so<br />

2,4 Millionen Hektar halb Weide, halb Gestrüpp den <strong>Ein</strong>geborenen stahl, der Viehzucht die<br />

Existenzbasis entzogen. Unter dem Platzregen all dieser Gesetze, Ordonnanzen und Maßnahmen<br />

entstand in den Eigentumsverhältnissen <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> eine unbeschreibliche Verwirrung. Zur Ausnutzung<br />

file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR97.843/lu/lu05/lu05_316.htm (8 of 14) [19.07.2004 21:13:36]

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