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Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 25. Kapitel Schema, das auf ihrer strengen Gleichmäßigkeit beruht, direkt ausgeschlossen. An sich steht nichts der Annahme im Wege, daß mit dem Fortschritt der Akkumulation und ihrer technischen Basis von der Gesellschaft fortlaufend eine größere Portion des zu kapitalisierenden Mehrwerts in der Abteilung der Produktionsmittel statt in derjenigen der Konsumtionsmittel angelegt wird. Da die beiden Abteilungen der Produktion nur Zweige derselben gesellschaftlichen Gesamtproduktion oder, wenn man will, Teilbetriebe des Gesamtkapitalisten darstellen, so ist gegen die Annahme einer solchen fortschreitenden Übertragung eines Teils des akkumulierten Mehrwerts - den technischen Erfordernissen gemäß - aus der einen Abteilung in die andere nichts einzuwenden, sie entspricht auch der tatsächlichen Praxis des Kapitals. Allein diese Annahme ist nur so lange möglich, wie wir den zur Kapitalisierung bestimmten Mehrwert als Wertgröße ins Auge fassen. Durch das Marxsche Schema und seine Zusammenhänge jedoch ist dieser Teil des Mehrwerts an eine bestimmte Sachgestalt gebunden, die direkt zur Kapitalisierung bestimmt ist. So stellt sich der Mehrwert der Abteilung II in Konsumtionsmitteln dar. Und da diese nur durch die Abteilung I realisiert werden können, so scheitert die beabsichtigte Übertragung eines Teils des kapitalisierten Mehrwerts aus der Abteilung II in de Abteilung I erstens an der Sachgestalt dieses Mehrwerts, mit der die Abteilung I offenbar nichts anfangen kann, zweitens aber an den Austauschverhältnissen zwischen beiden Abteilungen, die es mit sich bringen, daß der Übertragung eines Teiles des Mehrwerts in Pro- dukten II in die erste Abteilung eine gleichwertige Übertragung von Produkten I in die zweite Abteilung entsprechen muß. Das raschere Wachstum der Abteilung I im Vergleich zur Abteilung II ist somit innerhalb der Zusammenhänge des Marxschen Schemas schlechterdings nicht zu erreichen. Wie wir also immer die technische Verschiebung der Produktionsweise im Fortgang der Akkumulation ins Auge fassen, sie kann sich nicht durchsetzen, ohne die grundlegenden Beziehungen des Marxschen Schemas aus den Fugen zu bringen. Ferner: Nach dem Marxschen Schema geht der jeweilige kapitalisierte Mehrwert in der nächsten Produktionsperiode unmittelbar und restlos in der Produktion auf, hat er doch von vornherein die Naturalgestalt, die seine Verwendung (außer der konsumierbaren Portion) nur in dieser Weise zulässig macht. Eine Bildung und Aufschatzung des Mehrwerts in Geldform, als anlagesuchendes Kapital, ist nach diesem Schema ausgeschlossen. Für das Einzelkapital nimmt Marx selbst als jeweilig freie Geldformen des Kapitals: erstens den allmählichen Geldniederschlag, der dem Verschleiß des fixen Kapitals entspricht und zu seiner späteren Erneuerung bestimmt ist, zweitens die Geldsummen, die den realisierten Mehrwert darstellen, aber noch nicht die zur Anlage erforderliche Minimalgröße erreicht haben. Beide Quellen des freien Kapitals in Geldgestalt kommen jedoch vom Standpunkt des Gesamtkapitals nicht in Betracht. Denn setzen wir nur einen Teil des realisierten gesellschaftlichen Mehrwerts als in Geldform verharrend und anlagesuchend voraus, dann entsteht sofort die Frage: Wer hat denn die Naturalgestalt dieses Teils abgenommen, und wer hat das Geld dafür gegeben? Antwortet man: eben andere Kapitalisten, dann muß bei der Klasse der Kapitalisten, wie sie im Schema durch die zwei Abteilungen dargestellt ist, auch dieser Teil des Mehrwerts als tatsächlich angelegt, in der Produktion verwendet gelten, und wir werden zu der unmittelbaren und restlosen Anlage des Mehrwerts zurückgeführt. Oder aber bedeutet das Festgerinnen eines Teils des Mehrwerts in den Händen gewisser Kapitalisten in file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR95.187/lu/lu05/lu05_279.htm (10 of 15) [19.07.2004 21:13:21]
Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 25. Kapitel Geldform das Verharren eines entsprechenden Teiles des Mehrprodukts in den Händen anderer Kapitalisten in seiner sachlichen Form, die Aufspeicherung des realisierten Mehrwerts bei den einen - die Unrealisierbarkeit des Mehrwerts bei den anderen, sind doch die Kapitalisten die einzigen Abnehmer des Mehrwerts füreinander. Damit wäre aber der glatte Fortgang der Reproduktion und also auch der Akkumulation, wie ihn das Schema schildert, unterbrochen. Wir hätten eine Krise, aber nicht eine Krise aus Überproduktion, sondern aus bloßer Absicht der Akkumulation, eine Krise, wie sie Sismondi vorschwebte. An einer Stelle seiner "Theorien" erklärt Marx ausdrücklich, daß er hier gar nicht auf den Fall eingehe, "daß mehr Kapital akkumuliert ist, als in der Produktion unterzubringen, z.B. in der Form von Geld, {das} brach bei Bankiers liegt. Daher das Ausleihen ins Ausland etc."(3) Marx verweist diese Erscheinungen in den Abschnitt von der Konkurrenz. Aber es ist wichtig festzustellen, daß sein Schema die Bildung eines solchen überschüssigen Kapitals direkt ausschließt. Die Konkurrenz, wie weit wir auch den Begriff fassen, kann offenbar nicht erst Werte, also auch Kapital, schaffen, die sich nicht aus dem Reproduktionsprozeß ergeben. Das Schema schließt auf diese Weise die sprunghafte Erweiterung der Produktion aus. Es läßt nur die stetige Erweiterung zu, die mit Bildung des Mehrwerts genau Schritt hält und auf der Identität zwischen Realisierung und Kapitalisierung des Mehrwerts beruht. Aus demselben Grunde unterstellt das Schema eine Akkumulation, die beide Abteilungen, also sämtliche Zweige der kapitalistischen Produktion, gleichmäßig ergreift. Eine sprungweise Erweiterung des Absatzes erscheint hier ebenso ausgeschlossen wie die einseitige Entwicklung einzelner kapitalistischer Produktionszweige, die anderen weit vorauseilen. Das Schema setzt also eine Bewegung des Gesamtkapitals voraus, die dem tatsächlichen Gang der kapitalistischen Entwicklung widerspricht. Die Geschichte der kapitalistischen Produktionsweise wird durch zwei Tatsachen auf den ersten Blick charakterisiert: einerseits periodische sprungweise Expansion des ganzen Produktionsfeldes, andererseits höchst ungleichmäßige Entwicklung verschiedener Produktionszweige. Die Geschichte der englischen Baumwollindustrie, das charakteristischste Kapitel in der Geschichte der kapitalistischen Produktionsweise seit dem letzten Viertel des 18. bis in die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts, erscheint vom Standpunkte des Marxschen Schemas völlig unerklärlich. Endlich widerspricht das Schema der Auffassung vom kapitalistischen Gesamtprozeß und seinem Verlauf, wie sie von Marx im dritten Bande des "Kapitals" niedergelegt ist. Der Grundgedanke dieser Auffassung ist der immanente Widerspruch zwischen der schrankenlosen Expansionsfähigkeit der Produktivkraft und der beschränkten Expansionsfähigkeit der gesellschaftlichen Konsumtion unter kapitalistischen Verteilungsverhältnissen. Hören wir zu, wie Marx ihn im 15. Kapitel "Entfaltung der innern Widersprüche des Gesetzes" (der fallenden Profitrate) ausführlich schildert: "Die Schöpfung von Mehrwert findet, die nötigen Produktionsmittel, d.h. hinreichende Akkumulation von Kapital vorausgesetzt, keine andre Schranke als die Arbeiterbevölkerung, wenn die Rate des file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR95.187/lu/lu05/lu05_279.htm (11 of 15) [19.07.2004 21:13:21]
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<strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> - <strong>Die</strong> <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, 25. Kapitel<br />
Geldform das Verharren eines entsprechenden Teiles <strong>des</strong> Mehrprodukts in den Händen anderer<br />
Kapitalisten in seiner sachlichen Form, die Aufspeicherung <strong>des</strong> realisierten Mehrwerts bei den einen - die<br />
Unrealisierbarkeit <strong>des</strong> Mehrwerts bei den anderen, sind doch die Kapitalisten die einzigen Abnehmer <strong>des</strong><br />
Mehrwerts füreinander. Damit wäre aber der glatte Fortgang der Reproduktion und also auch der<br />
<strong>Akkumulation</strong>, wie ihn das Schema schildert, unterbrochen. Wir hätten eine Krise, aber nicht eine<br />
Krise aus Überproduktion, sondern aus bloßer Absicht der <strong>Akkumulation</strong>, eine Krise, wie sie Sismondi<br />
vorschwebte.<br />
An einer Stelle seiner "Theorien" erklärt Marx ausdrücklich, daß er hier gar nicht auf den Fall eingehe,<br />
"daß mehr Kapital akkumuliert ist, als in der Produktion unterzubringen, z.B. in der Form von Geld,<br />
{das} brach bei Bankiers liegt. Daher das Ausleihen ins Ausland etc."(3) Marx verweist diese<br />
Erscheinungen in den Abschnitt von der Konkurrenz. Aber es ist wichtig festzustellen, daß sein Schema<br />
die Bildung eines solchen überschüssigen <strong>Kapitals</strong> direkt ausschließt. <strong>Die</strong> Konkurrenz, wie weit wir auch<br />
den Begriff fassen, kann offenbar nicht erst Werte, also auch Kapital, schaffen, die sich nicht aus dem<br />
Reproduktionsprozeß ergeben.<br />
Das Schema schließt auf diese Weise die sprunghafte Erweiterung der Produktion aus. Es läßt nur die<br />
stetige Erweiterung zu, die mit Bildung <strong>des</strong> Mehrwerts genau Schritt hält und auf der Identität zwischen<br />
Realisierung und Kapitalisierung <strong>des</strong> Mehrwerts beruht.<br />
Aus demselben Grunde unterstellt das Schema eine <strong>Akkumulation</strong>, die beide Abteilungen, also sämtliche<br />
Zweige der kapitalistischen Produktion, gleichmäßig ergreift. <strong>Ein</strong>e sprungweise Erweiterung <strong>des</strong><br />
Absatzes erscheint hier ebenso ausgeschlossen wie die einseitige Entwicklung einzelner kapitalistischer<br />
Produktionszweige, die anderen weit vorauseilen.<br />
Das Schema setzt also eine Bewegung <strong>des</strong> Gesamtkapitals voraus, die dem tatsächlichen Gang der<br />
kapitalistischen Entwicklung widerspricht. <strong>Die</strong> Geschichte der kapitalistischen Produktionsweise wird<br />
durch zwei Tatsachen auf den ersten Blick charakterisiert: einerseits periodische sprungweise Expansion<br />
<strong>des</strong> ganzen Produktionsfel<strong>des</strong>, andererseits höchst ungleichmäßige Entwicklung verschiedener<br />
Produktionszweige. <strong>Die</strong> Geschichte der englischen Baumwollindustrie, das charakteristischste Kapitel in<br />
der Geschichte der kapitalistischen Produktionsweise seit dem letzten Viertel <strong>des</strong> 18. bis in die 70er Jahre<br />
<strong>des</strong> 19. Jahrhunderts, erscheint vom Standpunkte <strong>des</strong> Marxschen Schemas völlig unerklärlich.<br />
Endlich widerspricht das Schema der Auffassung vom kapitalistischen Gesamtprozeß und seinem<br />
Verlauf, wie sie von Marx im dritten Bande <strong>des</strong> "<strong>Kapitals</strong>" niedergelegt ist. Der Grundgedanke dieser<br />
Auffassung ist der immanente Widerspruch zwischen der schrankenlosen Expansionsfähigkeit der<br />
Produktivkraft und der beschränkten Expansionsfähigkeit der gesellschaftlichen Konsumtion unter<br />
kapitalistischen Verteilungsverhältnissen. Hören wir zu, wie Marx ihn im 15. Kapitel "Entfaltung der<br />
innern Widersprüche <strong>des</strong> Gesetzes" (der fallenden Profitrate) ausführlich schildert:<br />
"<strong>Die</strong> Schöpfung von Mehrwert findet, die nötigen Produktionsmittel, d.h. hinreichende <strong>Akkumulation</strong><br />
von Kapital vorausgesetzt, keine andre Schranke als die Arbeiterbevölkerung, wenn die Rate <strong>des</strong><br />
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