Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin

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Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 22. Kapitel Dies setzt seinerseits ein Wachstum der Goldproduktion voraus, das der Wirklichkeit gar nicht entspricht. Soll der Goldproduzent verpflichtet werden, durch seine Arbeiter bei II den ganzen akkumulierten Mehrwert abzukaufen, dann bedeutet dies, daß sein variables Kapital täglich und stündlich wachsen muß. Aber dementsprechend muß auch das konstante Kapital wachsen und auch der Mehrwert, folglich muß die ganze Goldproduktion direkt ungeheuerliche Dimensionen annehmen (Bravo!) Anstatt diese läppische Voraussetzung statistisch nachzuprüfen (was übrigens kaum möglich wäre), genügt es, auf eine Tatsache hinzuweisen, die ganz allein diese Voraussetzung vernichtet. Diese Tatsache ist - die Entwicklung des Kredits, welche die Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft begleitet. (Bravo!) Der Kredit hat die Tendenz, die Menge des umlaufenden Geldes (natürlich relativ, nicht absolut) zu verringern und erscheint als notwendige Ergänzung zur Entwicklung der Tauschwirtschaft, die sonst sehr bald am Mangel an Metallgeld ihre Schranken finden würde. Ich finde es über- flüssig, hier zahlenmäßig nachzuweisen, wie gering jetzt die Rolle des Metallgeldes bei den Tauschgeschäften ist. Die aufgestellte Hypothese steht auf diese Weise in direktem und offenbarem Widerspruch mit den Tatsachen und muß abgelehnt werden."(6) Bravissimo! Sehr schön! Aber damit hat Bulgakow auch seine einzige bisherige Erklärung der Frage, wie und durch wen der kapitalisierte Mehrwert realisiert wird, selbst "abgelehnt". Übrigens hat er auch in dieser Selbstwiderlegung nur etwas ausführlicher dargelegt, was Marx bereits mit einem Wort gesagt hat, indem er die Hypothese von dem Goldproduzenten, der den ganzen gesellschaftlichen Mehrwert schluckt, "abgeschmackt" genannt hat. Freilich liegt die eigentliche Lösung bei Bulgakow wie überhaupt bei den russischen Marxisten, die sich mit der Frage eingehend beschäftigt haben, ganz anderswo. Sowohl er wie Tugan-Baranowski wie Iljin legen das Hauptgewicht darauf, daß die Gegenseite - die Skeptiker - in bezug auf die Möglichkeit der Akkumulation einen kapitalen Fehler in der Wertanalyse des Gesamtprodukts machen. Diese - namentlich Woronzow - nahmen an, das gesamte gesellschaftliche Produkt bestehe in Konsummitteln, und gingen von der irrtümlichen Voraussetzung aus, Konsumtion sei überhaupt Zweck der kapitalistischen Produktion. Hier - erklärten nun die Marxisten - liege die Quelle des ganzen Mißverständnisses, und aus dieser Quelle flössen die imaginären Schwierigkeiten der Realisierung des Mehrwerts, über die sich die Skeptiker den Kopf zerbrachen. "Dank dieser irrigen Vorstellung schuf sich diese Schule selbst nichtexistierende Schwierigkeiten: Da die normalen Bedingungen der kapitalistischen Produktion voraussetzen, daß der Konsumtionsfonds der Kapitalisten bloß einen und dazu geringeren Teil des Mehrwerts ausmacht, während der größere für die Erweiterung der Produktion abgerechnet wird, so ist es augenscheinlich, daß die Schwierigkeiten, die sich jene Schule (die Volkstümler - R. L.) vorstellte, in Wirklichkeit gar nicht existieren."(7) Es ist auffallend, mit welcher Selbstverständlichkeit Bulgakow hier das Problem übersieht und nicht einmal zu ahnen scheint, daß gerade erst bei der Annahme der erweiterten Reproduktion die Frage: für wen? unabweisbar wird, jene Frage, die unter der Voraussetzung der persönlichen Konsumtion des gesamten Mehrwerts sehr nebensächlich ist. Alle diese "imaginären Schwierigkeiten" lösen sich nun durch die zwei Entdeckungen Marxens in Dunst auf, die seine russischen Schüler nicht müde werden, ihren Widersachern entgegenzuhalten. Erstens die Tatsache, daß die Wertzusammensetzung des gesellschaftlichen Produkts nicht v + m, file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR93.453/lu/lu05/lu05_251.htm (4 of 10) [19.07.2004 21:12:58]

Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 22. Kapitel sondern c + v + m sei, und zweitens, daß mit den Fortschritten der kapitalistischen Produktion in dieser Zusammensetzung der Teil c im Verhältnis zu v immer größer werde, während gleichzeitig im Mehrwert der kapitalisierte Teil im Verhältnis zum konsumierten immer wachse. Von hier aus stellt Bulgakow eine ganze Theorie über das Verhältnis der Produktion zur Konsumtion in der kapitalistischen Gesellschaft auf. Sie spielt bei den russischen Marxisten und insbesondere bei Bulgakow eine so wichtige Rolle, daß es nötig ist, sie in extenso kennenzulernen. "Die Konsumtion", sagt Bulgakow, "die Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse, bildet nur ein nebensächliches Moment der Kapitalzirkulation. Der Umfang der Produktion wird durch den Umfang des Kapitals und nicht durch die Größe der gesellschaftlichen Bedürfnisse bestimmt. Die Entwicklung der Produktion wird nicht nur von dem Wachstum der Konsumtion nicht begleitet, sondern es besteht zwischen beiden sogar ein Antagonismus. Die kapitalistische Produktion kennt keine andere Konsumtion als die zahlungsfähige, zahlungsfähige Konsumenten können aber nur diejenigen sein, die Arbeitslohn oder Mehrwert beziehen, und ihre Kaufkraft entspricht genau dem Umfang dieser Einkommen. Wir haben aber gesehen, daß die Grundgesetze der Entwicklung der kapitalistischen Produktion die Tendenz haben, die relative Größe des variablen Kapitals wie des Konsumtionsfonds des Kapitalisten (obgleich sie absolut wächst) zu verringern. Man kann deshalb sagen, daß die Entwicklung der Produktion die Konsumtion verringert.(8) Auf diese Weise stehen die Bedingungen der Produktion und der Konsumtion zueinander im Widerspruch. Die Erweiterung der Produktion kann sich nicht vollziehen und vollzieht sich nicht für die Rechnung der Konsumtion. Diese Erweiterung ist aber ein inneres grundlegendes Gesetz der kapitalistischen Produktion, das jedem Einzelkapitalisten gegenüber die Form des strengen Gebotes der Konkurrenz annimmt. Der Ausweg aus diesem Widerspruch ist der, daß den Markt für die zuschüssige Menge Produkte die sich erweiternde Produktion selbst darstellt. 'Der innere Widerspruch wird gelöst durch die Erweiterung des äußeren Feldes der Produktion.' (Das Kapital, Bd. III, S.189.) (Hier zitiert Bulgakow einen Marxschen Satz in ganz verkehrtem Sinne, worauf noch weiter zurückzukommen sein wird. - R. L.) Wie das möglich, ist soeben gezeigt worden. (Bulgakow meint die Analyse des Schemas der erweiterten Reproduktion. - R. L.) Dabei entfällt offenbar der grö- ßere Teil dieser Erweiterung auf die Abteilung I. d.h. auf die Produktion des konstanten Kapitals, und nur der relativ kleinere Teil auf die Abteilung II, die Güter für die unmittelbare Konsumton produziert. In dieser Verschiebung allein im Verhältnis der Abteilungen I und II kommt mit genügender Klarheit die Rolle zum Ausdruck, welche die Konsumtion in der kapitalistischen Gesellschaft spielt, sowie auch der Hinweis, wo der wichtigste Absatz der kapitalistischen Waren zu suchen ist."(9) "Auch in diesen engen Schranken (des Profitinteresses und der Krisen - R. L.), auch auf diesem Dornenwege vermag sich die kapitalistische Produktion schrankenlos zu erweitern, ungeachtet und selbst trotz der Verringerung der Konsumtion. In der russischen Literatur wird mehrmals auf die Unmöglichkeit eines bedeutenden Wachstums der kapitalistischen Produktion ohne auswärtige Märkte hingewiesen, und zwar angesichts der Verringerung der Konsumtion. Dabei war die Rolle der Konsumtion in der kapitalistischen Gesellschaft ganz falsch eingeschätzt. Man hat übersehen, daß die Konsumtion gar nicht der Zweck der kapitalistischen Produktion ist, daß diese letztere nicht durch das Wachstum der Konsumtion, sondern durch die Erweiterung des äußeren Feldes der Produktion existiert, die eben den Absatzmarkt für die kapitalistisch hergestellten Produkte bildet. An der Lösung der unlösbaren Aufgabe: der Auffindung von Mitteln, um die Konsumtion zu erweitern, die die kapitalistische Produktionsweise zu verringern bestrebt ist, quälte sich eine ganze Reihe Forscher der Malthusschen Schule ab, die sich mit der oberflächlichen file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR93.453/lu/lu05/lu05_251.htm (5 of 10) [19.07.2004 21:12:58]

<strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> - <strong>Die</strong> <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, 22. Kapitel<br />

sondern c + v + m sei, und zweitens, daß mit den Fortschritten der kapitalistischen Produktion in dieser<br />

Zusammensetzung der Teil c im Verhältnis zu v immer größer werde, während gleichzeitig im Mehrwert<br />

der kapitalisierte Teil im Verhältnis zum konsumierten immer wachse. Von hier aus stellt Bulgakow eine<br />

ganze Theorie über das Verhältnis der Produktion zur Konsumtion in der kapitalistischen Gesellschaft<br />

auf. Sie spielt bei den russischen Marxisten und insbesondere bei Bulgakow eine so wichtige Rolle, daß<br />

es nötig ist, sie in extenso kennenzulernen.<br />

"<strong>Die</strong> Konsumtion", sagt Bulgakow, "die Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse, bildet nur ein<br />

nebensächliches Moment der Kapitalzirkulation. Der Umfang der Produktion wird durch den Umfang<br />

<strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong> und nicht durch die Größe der gesellschaftlichen Bedürfnisse bestimmt. <strong>Die</strong> Entwicklung<br />

der Produktion wird nicht nur von dem Wachstum der Konsumtion nicht begleitet, sondern es besteht<br />

zwischen beiden sogar ein Antagonismus. <strong>Die</strong> kapitalistische Produktion kennt keine andere Konsumtion<br />

als die zahlungsfähige, zahlungsfähige Konsumenten können aber nur diejenigen sein, die Arbeitslohn<br />

oder Mehrwert beziehen, und ihre Kaufkraft entspricht genau dem Umfang dieser <strong>Ein</strong>kommen. Wir<br />

haben aber gesehen, daß die Grundgesetze der Entwicklung der kapitalistischen Produktion die Tendenz<br />

haben, die relative Größe <strong>des</strong> variablen <strong>Kapitals</strong> wie <strong>des</strong> Konsumtionsfonds <strong>des</strong> Kapitalisten (obgleich<br />

sie absolut wächst) zu verringern. Man kann <strong>des</strong>halb sagen, daß die Entwicklung der Produktion die<br />

Konsumtion verringert.(8) Auf diese Weise stehen die Bedingungen der Produktion und der Konsumtion<br />

zueinander im Widerspruch. <strong>Die</strong> Erweiterung der Produktion kann sich nicht vollziehen und vollzieht<br />

sich nicht für die Rechnung der Konsumtion. <strong>Die</strong>se Erweiterung ist aber ein inneres grundlegen<strong>des</strong><br />

Gesetz der kapitalistischen Produktion, das jedem <strong>Ein</strong>zelkapitalisten gegenüber die Form <strong>des</strong> strengen<br />

Gebotes der Konkurrenz annimmt. Der Ausweg aus diesem Widerspruch ist der, daß den Markt für die<br />

zuschüssige Menge Produkte die sich erweiternde Produktion selbst darstellt. 'Der innere Widerspruch<br />

wird gelöst durch die Erweiterung <strong>des</strong> äußeren Fel<strong>des</strong> der Produktion.' (Das Kapital, Bd. III, S.189.)<br />

(Hier zitiert Bulgakow einen Marxschen Satz in ganz verkehrtem Sinne, worauf noch weiter<br />

zurückzukommen sein wird. - R. L.) Wie das möglich, ist soeben gezeigt worden. (Bulgakow meint die<br />

Analyse <strong>des</strong> Schemas der erweiterten Reproduktion. - R. L.) Dabei entfällt offenbar der grö- ßere<br />

Teil dieser Erweiterung auf die Abteilung I. d.h. auf die Produktion <strong>des</strong> konstanten <strong>Kapitals</strong>, und nur der<br />

relativ kleinere Teil auf die Abteilung II, die Güter für die unmittelbare Konsumton produziert. In dieser<br />

Verschiebung allein im Verhältnis der Abteilungen I und II kommt mit genügender Klarheit die Rolle<br />

zum Ausdruck, welche die Konsumtion in der kapitalistischen Gesellschaft spielt, sowie auch der<br />

Hinweis, wo der wichtigste Absatz der kapitalistischen Waren zu suchen ist."(9) "Auch in diesen engen<br />

Schranken (<strong>des</strong> Profitinteresses und der Krisen - R. L.), auch auf diesem Dornenwege vermag sich die<br />

kapitalistische Produktion schrankenlos zu erweitern, ungeachtet und selbst trotz der Verringerung der<br />

Konsumtion. In der russischen Literatur wird mehrmals auf die Unmöglichkeit eines bedeutenden<br />

Wachstums der kapitalistischen Produktion ohne auswärtige Märkte hingewiesen, und zwar angesichts<br />

der Verringerung der Konsumtion. Dabei war die Rolle der Konsumtion in der kapitalistischen<br />

Gesellschaft ganz falsch eingeschätzt. Man hat übersehen, daß die Konsumtion gar nicht der Zweck der<br />

kapitalistischen Produktion ist, daß diese letztere nicht durch das Wachstum der Konsumtion, sondern<br />

durch die Erweiterung <strong>des</strong> äußeren Fel<strong>des</strong> der Produktion existiert, die eben den Absatzmarkt für die<br />

kapitalistisch hergestellten Produkte bildet. An der Lösung der unlösbaren Aufgabe: der Auffindung von<br />

Mitteln, um die Konsumtion zu erweitern, die die kapitalistische Produktionsweise zu verringern bestrebt<br />

ist, quälte sich eine ganze Reihe Forscher der Malthusschen Schule ab, die sich mit der oberflächlichen<br />

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