Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin

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30.12.2012 Aufrufe

Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 19. Kapitel - R. L.) werde ich nichts kriegen." Und jetzt hat Woronzow das Problem an der Wurzel gepackt: "So stellt sich heraus, daß auf dem Boden einer streng logischen Entwicklung der Ideen der bürgerlichen Nationalökonomie das Schicksal des Überschusses von Waren auf dem Markte und das Schicksal des kapitalistischen Profits dasselbe ist. Dieser Umstand berechtigt uns zu dem Schluß, daß sich beide Phänomene in gegenseitiger Abhängigkeit befinden, daß die Möglichkeit des einen durch das Vorhandensein des anderen bedingt ist. Und in der Tat: Solange es keinen Profit gibt, gibt es auch keinen Warenüberschuß ... Anders, wenn sich im Lande Profit bildet. Dieser steht in keinem organischen Zusammenhang mit der Produktion, er ist ein Phänomen, das mit der letzteren nicht durch technischnatürliche Bedingungen verbunden ist, sondern durch ihre äußere, soziale Form. Die Pro- duktion braucht zu ihrer Fortsetzung ... nur Stoff, Werkzeuge, Lebensmittel für die Arbeiter und verzehrt deshalb selbst nur den entsprechenden Teil der Produkte; der Überschuß aber, der den Profit bildet und der für sich in dem ständigen Element des industriellen Lebens - in der Produktion - keinen Platz findet, muß für sich andere Konsumenten suchen, die mit der Produktion nicht organisch verknüpft sind, Konsumenten bis zu einem gewissen Grad zufälligen Charakters. Er (der Überschuß) kann solche Konsumenten finden, es ist aber auch möglich, daß er sie nicht findet in dem erforderlichen Maße, in diesem Fall werden wir einen Warenüberschuß auf dem Markte haben."(4) Höchst zufrieden mit dieser "einfachen" Aufklärung, bei der er das Mehrprodukt zu einer Erfindung des Kapitals gemacht hat und den Kapitalisten zu einem "nicht organisch" mit der kapitalistischen Produktion verknüpften "zufälligen" Konsumenten, entwickelt Woronzow nunmehr auf Grund der Marxschen "konsequenten" Arbeitswerttheorie, die er nach seiner Erklärung im weiteren "benutzt" hat, die Krisen direkt aus dem Mehrwert in folgender Weise: "Wenn das, was in Gestalt des Arbeitslohnes in die Produktionskosten eingeht, von dem arbeitenden Teil der Bevölkerung verzehrt wird, so muß der Mehrwert, ausgenommen den Teil, der für die vom Markt erforderte Erweiterung der Produktion bestimmt ist, durch die Kapitalisten selbst vernichtet werden (wörtlich so! - R. L.). Sind sie dazu imstande und tun sie's, dann findet kein Warenüberschuß statt, wenn nicht - dann stellt sich Überproduktion, Industriekrise ein, Verdrängung der Arbeiter von den Fabriken und sonstige Übelstände." Wer aber an diesen Übelständen in letzter Linie schuld ist, das ist nach Herrn Woronzow "die ungenügende Elastizität des menschlichen Organismus, der seine Konsumtionsfähigkeit nicht mit der Rapidität zu erweitern vermag, mit der der Mehrwert wächst". Wiederholt formuliert er diesen genialen Gedanken in den folgenden Worten: "Somit liegt die Achillesferse der kapitalistischen Industrieorganisation in der Unfähigkeit der Unternehmer, ihr ganzes Einkommen zu verzehren." Hier gelangt also Woronzow, nachdem er die Ricardosche Werttheorie in der Marxschen "konsequenten" Fassung "benutzt" hat, zu der Sismondischen Krisentheorie, die er auch noch in einer möglichst rohen und simplistischen Form sich zu eigen macht. Während er aber die Auffassung Sismondis wiedergibt, glaubt er natürlich die von Rodbertus zu akzeptieren. "Die induktive Forschungsmethode hat zu derselben Theorie der Krisen und des Pauperismus geführt, die von Rodbertus objektiv aufgestellt wor- den war"(5), erklärt er triumphierend. Was Woronzow unter der "induktiven Forschungsmethode" versteht, die er der "objektiven" entgegenstellt, ist freilich nicht ganz klar, doch kann darunter, da bei Herrn Woronzow alles möglich ist, auch die Marxsche Theorie zu verstehen sein. Aber auch Rodbertus sollte nicht "unverbessert" aus den Händen des originellen russischen Denkers hervorgehen. Zu der file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR91.359/lu/lu05/lu05_231.htm (4 of 6) [19.07.2004 21:12:36]

Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 19. Kapitel Rodbertusschen Theorie macht Woronzow nur die Korrektur, daß er aus ihr ausschaltet, was bei Rodbertus der Zentralpunkt des ganzen Systems war: die Fixierung der Lohnquote am Wert des Gesamtprodukts. Nach Herrn Woronzow wäre nämlich auch diese Maßregel gegen Krisen ein Palliativmittel, denn "die unmittelbare Ursache der erwähnten Erscheinungen (Überproduktion, Arbeitslosigkeit usw.) liegt nicht darin, daß der Anteil der arbeitenden Klassen am Nationaleinkommen zu klein ist, sondern darin, daß die Kapitalistenklasse nicht imstande ist, jedes Jahr die Masse Produkte zu verzehren, die ihr zufällt."(6) Nachdem er aber soeben die Rodbertussche Reform der Einkommensverteilung abgelehnt hat, landet Woronzow mit der ihm eigenen "streng logischen Konsequenz" schließlich bei der folgenden Prognose für die künftigen Schicksale des Kapitalismus: "Wenn nach alledem der industriellen Organisation, die in Westeuropa herrscht, noch weiter zu blühen und zu gedeihen beschieden sein sollte, so nur unter der Bedingung, daß Mittel gefunden werden, denjenigen Teil des Nationaleinkommens zu vernichten (wörtlich so! - R. L.), der die Konsumtionsfähigkeit der Kapitalistenklasse übersteigt und nichtsdestoweniger in ihre Hände gelangt. Die allereinfachste Lösung dieser Frage wäre eine entsprechende Änderung in der Verteilung des Nationaleinkommens unter den Teilnehmern der Produktion. Das kapitalistische Regime wäre für lange Zeit gesichert, wenn die Unternehmer von jedem Zuwachs des Nationaleinkommens für sich nur soviel behielten, wie sie zur Befriedigung aller ihrer Einfälle und Launen brauchen, den Rest aber der Arbeiterklasse, d.h. der Masse der Bevölkerung, überließen."(7) So endet das Ragout aus Ricardo, Marx, Sismondi und Rodbertus mit der Entdeckung, daß die kapitalistische Produktion von der Überproduktion radikal kuriert wäre und in alle Ewigkeit "blühen und gedeihen" könnte, wenn die Kapitalisten auf die Kapitalisierung des Mehrwerts verzichteten und den entsprechenden Teil des Mehrwerts den Arbeitern zum Geschenk machen würden. Inzwischen, bis die Kapitalisten so vernünftig werden, den guten Rat des Herrn Woronzow anzunehmen, verfallen sie auf andere Mittel, alljährlich einen Teil ihres Mehrwerts zu "vernichten". Zu diesen probaten Mitteln gehört unter anderm der moderne Militarismus, und zwar, da Herr Woronzow mit tödlicher Sicherheit alles auf den Kopf zu stellen weiß, gerade in dem Maße, wie die Kosten des Militarismus nicht aus den Mitteln der arbeitenden Volksmasse, sondern aus dem Einkommen der Kapitalistenklasse bestritten werden. In erster Linie aber besteht das Rettungsmittel des Kapitalismus im auswärtigen Handel. Und das ist wiederum die "Achillesferse" des russischen Kapitalismus. Als letzter an der Tafel des Weltmarktes hat er bei der Konkurrenz älterer kapitalistischer Länder des Westens nur das Nachsehen, und so geht dem russischen Kapitalismus zusammen mit der Aussicht auf auswärtige Märkte auch die wichtigste Bedingung seiner Lebensfähigkeit ab, Rußland bleibt das "Reich der Bauern" und der "Volksproduktion". "Wenn das alles richtig ist", schließt W. W. seinen Aufsatz vom "Überschuß bei der Versorgung des Marktes mit Waren", "dann ergeben sich daraus auch die Schranken für die Herrschaft des Kapitalismus in Rußland: Die Landwirtschaft muß seiner Leitung entzogen werden; aber auch auf dem Gebiete der Industrie darf seine Entwicklung nicht zu sehr vernichtend auf die Hausindustrie einwirken, die bei unseren klimatischen Verhältnissen (!) für den Wohlstand eines großen Teils der Bevölkerung unentbehrlich ist. Wenn der Leser darauf bemerken wird, daß der Kapitalismus sich auf solche Kompromisse nicht einlassen wird, dann antworten wir: um so schlimmer für ihn." So wäscht Herr Woronzow zum Schluß seine Hände und lehnt für seine Person jede Verantwortung für die weiteren Schicksale der wirtschaftlichen Entwicklung in Rußland ab. file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR91.359/lu/lu05/lu05_231.htm (5 of 6) [19.07.2004 21:12:36]

<strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> - <strong>Die</strong> <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, 19. Kapitel<br />

Rodbertusschen Theorie macht Woronzow nur die Korrektur, daß er aus ihr ausschaltet, was bei<br />

Rodbertus der Zentralpunkt <strong>des</strong> ganzen Systems war: die Fixierung der Lohnquote am Wert <strong>des</strong><br />

Gesamtprodukts. Nach Herrn Woronzow wäre nämlich auch diese Maßregel gegen Krisen ein<br />

Palliativmittel, denn "die unmittelbare Ursache der erwähnten Erscheinungen (Überproduktion,<br />

Arbeitslosigkeit usw.) liegt nicht darin, daß der Anteil der arbeitenden Klassen am Nationaleinkommen<br />

zu klein ist, sondern darin, daß die Kapitalistenklasse nicht imstande ist, je<strong>des</strong> Jahr die Masse Produkte<br />

zu verzehren, die ihr zufällt."(6) Nachdem er aber soeben die Rodbertussche Reform der<br />

<strong>Ein</strong>kommensverteilung abgelehnt hat, landet Woronzow mit der ihm eigenen "streng logischen<br />

Konsequenz" schließlich bei der folgenden Prognose für die künftigen Schicksale <strong>des</strong> Kapitalismus:<br />

"Wenn nach alledem der industriellen Organisation, die in Westeuropa herrscht, noch weiter zu blühen<br />

und zu gedeihen beschieden sein sollte, so nur unter der Bedingung, daß Mittel gefunden werden,<br />

denjenigen Teil <strong>des</strong> Nationaleinkommens zu vernichten (wörtlich so! - R. L.), der die<br />

Konsumtionsfähigkeit der Kapitalistenklasse übersteigt und nichts<strong>des</strong>toweniger in ihre Hände gelangt.<br />

<strong>Die</strong> allereinfachste Lösung dieser Frage wäre eine entsprechende Änderung in der Verteilung <strong>des</strong><br />

Nationaleinkommens unter den Teilnehmern der Produktion. Das kapitalistische Regime wäre für lange<br />

Zeit gesichert, wenn die Unternehmer von jedem Zuwachs <strong>des</strong> Nationaleinkommens für sich nur soviel<br />

behielten, wie sie zur Befriedigung aller ihrer <strong>Ein</strong>fälle und Launen brauchen, den Rest aber der<br />

Arbeiterklasse, d.h. der Masse der Bevölkerung, überließen."(7) So endet das Ragout aus Ricardo, Marx,<br />

Sismondi und Rodbertus mit der Entdeckung, daß die kapitalistische Produktion von der Überproduktion<br />

radikal kuriert wäre und in alle Ewigkeit "blühen und gedeihen" könnte, wenn die Kapitalisten auf die<br />

Kapitalisierung <strong>des</strong> Mehrwerts verzichteten und den entsprechenden Teil <strong>des</strong> Mehrwerts den Arbeitern<br />

zum Geschenk machen würden. Inzwischen, bis die Kapitalisten so vernünftig werden, den guten<br />

Rat <strong>des</strong> Herrn Woronzow anzunehmen, verfallen sie auf andere Mittel, alljährlich einen Teil ihres<br />

Mehrwerts zu "vernichten". Zu diesen probaten Mitteln gehört unter anderm der moderne Militarismus,<br />

und zwar, da Herr Woronzow mit tödlicher Sicherheit alles auf den Kopf zu stellen weiß, gerade in dem<br />

Maße, wie die Kosten <strong>des</strong> Militarismus nicht aus den Mitteln der arbeitenden Volksmasse, sondern aus<br />

dem <strong>Ein</strong>kommen der Kapitalistenklasse bestritten werden. In erster Linie aber besteht das Rettungsmittel<br />

<strong>des</strong> Kapitalismus im auswärtigen Handel. Und das ist wiederum die "Achillesferse" <strong>des</strong> russischen<br />

Kapitalismus. Als letzter an der Tafel <strong>des</strong> Weltmarktes hat er bei der Konkurrenz älterer kapitalistischer<br />

Länder <strong>des</strong> Westens nur das Nachsehen, und so geht dem russischen Kapitalismus zusammen mit der<br />

Aussicht auf auswärtige Märkte auch die wichtigste Bedingung seiner Lebensfähigkeit ab, Rußland<br />

bleibt das "Reich der Bauern" und der "Volksproduktion".<br />

"Wenn das alles richtig ist", schließt W. W. seinen Aufsatz vom "Überschuß bei der Versorgung <strong>des</strong><br />

Marktes mit Waren", "dann ergeben sich daraus auch die Schranken für die Herrschaft <strong>des</strong> Kapitalismus<br />

in Rußland: <strong>Die</strong> Landwirtschaft muß seiner Leitung entzogen werden; aber auch auf dem Gebiete der<br />

Industrie darf seine Entwicklung nicht zu sehr vernichtend auf die Hausindustrie einwirken, die bei<br />

unseren klimatischen Verhältnissen (!) für den Wohlstand eines großen Teils der Bevölkerung<br />

unentbehrlich ist. Wenn der Leser darauf bemerken wird, daß der Kapitalismus sich auf solche<br />

Kompromisse nicht einlassen wird, dann antworten wir: um so schlimmer für ihn." So wäscht Herr<br />

Woronzow zum Schluß seine Hände und lehnt für seine Person jede Verantwortung für die weiteren<br />

Schicksale der wirtschaftlichen Entwicklung in Rußland ab.<br />

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