Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin
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<strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> - <strong>Die</strong> <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, 18. Kapitel<br />
jetzt aufgewogen durch die emporhebende Tendenz: das hoffnungsvolle und siegreiche Aufstreben der<br />
Arbeiterklasse in ihrer gewerkschaftlichen und politischen Aktion.<br />
So war das Milieu in Westeuropa beschaffen. Anders sah es freilich um dieselbe Zeit in Rußland<br />
aus. Hier stellen die siebziger und achtziger Jahre in jeder Hinsicht eine Übergangszeit, eine Periode der<br />
inneren Krise mit all ihren Qualen dar. <strong>Die</strong> Großindustrie feierte erst eigentlich ihren <strong>Ein</strong>zug unter der<br />
<strong>Ein</strong>wirkung der hochschutzzöllnerischen Periode. In der nun einsetzenden forcierten Förderung <strong>des</strong><br />
Kapitalismus durch die absolutistische Regierung bildete namentlich die <strong>Ein</strong>führung <strong>des</strong> Goldzolls an der<br />
westlichen Grenze im Jahre 1877 einen Markstein. <strong>Die</strong> "primitive <strong>Akkumulation</strong>" <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong> gedieh in<br />
Rußland unter der Begünstigung allerlei staatlicher Subsidien, Garantien, Prämien und<br />
Staatsbestellungen herrlich und erntete Profite, die im Westen um jene Zeit bereits ins Reich der Fabel<br />
gehörten. <strong>Die</strong> inneren Zustände Rußlands boten dabei ein nichts weniger als anziehen<strong>des</strong> und<br />
hoffnungsvolles Bild dar. Auf dem platten Lande zeitigte der Niedergang und die Zersetzung der<br />
bäuerlichen Wirtschaft unter dem Druck der fiskalischen Auspowerung und der Geldwirtschaft<br />
grauenvolle Zustände, periodische Hungersnöte und periodische Bauernunruhen. Andererseits war das<br />
Fabrikproletariat in den Städten sozial und geistig noch nicht zu einer modernen Arbeiterklasse<br />
konsolidiert. Namentlich in dem größten industriellen Zentralbezirk Moskau-Wladimir, dem wichtigsten<br />
Sitz der russischen Textilindustrie, war es noch zum großen Teil mit der Landwirtschaft verwachsen und<br />
halb bäuerisch. Dementsprechend primitive Formen der Ausbeutung riefen primitive Äußerungen der<br />
Abwehr auf den Plan. Anfangs der 80er Jahre sollten erst die spontanen Fabriktumulte im Moskauer<br />
Bezirk, bei denen Maschinen zertrümmert wurden, den Anstoß zu den ersten Grundlagen einer<br />
Fabrikgesetzgebung im Zarenreiche geben.<br />
Wies so die wirtschaftliche Seite <strong>des</strong> öffentlichen Lebens in Rußland auf jedem Schritt schreiende<br />
Dissonanzen einer Übergangsperiode auf, so entsprach ihr auch eine Krise im geistigen Leben Der<br />
"volkstümlerische", bodenständige russische Sozialismus, der theoretisch auf den Eigentüm- <br />
lichkeiten der russischen Agrarverfassung basierte, war nach dem Fiasko seines äußersten revolutionären<br />
Ausdrucks: der terroristischen Partei der "Narodnaja Wolja", politisch bankrott. Andererseits waren die<br />
ersten Schriften Georg Plechanows, die den marxistischen Gedankengängen in Rußland <strong>Ein</strong>gang<br />
verschaffen sollten, erst 1883 und 1885 erschienen und etwa für ein Jahrzehnt noch von scheinbar<br />
geringem <strong>Ein</strong>fluß geblieben. Während der 80er Jahre und bis in die 90er Jahre hinein war das geistige<br />
Leben der russischen Intelligenz, namentlich der oppositionell gesinnten, sozialistischen Intelligenz, von<br />
einem seltsamen Gemisch "bodenständiger" Überbleibsel der Volkstümelei mit aufgegriffenen<br />
Elementen der Marxschen Theorie beherrscht, ein Gemisch, <strong>des</strong>sen hervorstechenden Zug die Skepsis in<br />
bezug auf die Entwicklungsmöglichkeiten <strong>des</strong> Kapitalismus in Rußland bildete.<br />
<strong>Die</strong> Frage, ob Rußland die kapitalistische Entwicklung nach dem Beispiel <strong>des</strong> westlichen Europa<br />
durchmachen soll, beschäftigte sehr früh die russische Intelligenz. <strong>Die</strong>se sah auch in Westeuropa vorerst<br />
nur die Schattenseiten <strong>des</strong> Kapitalismus, seine zersetzende Wirkung auf die hergebrachten<br />
patriarchalischen Produktionsformen und auf den Wohlstand und die Sicherheit der Existenz breiter<br />
Volksmassen. Andererseits erschien das russische bäuerliche Gemeineigentum an Grund und Boden, die<br />
berühmte "Obschtschina", als ein möglicher Ausgangspunkt für eine höhere soziale Entwicklung in<br />
Rußland, das unter Umgehung <strong>des</strong> kapitalistischen Stadiums mit seinen Leiden auf einem kürzeren und<br />
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