Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin

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Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 17. Kapitel Bei diesen ausgezeichneten kritischen Bemerkungen, deren letzte namentlich fein ist und in gewissem Sinne die betreffende Kritik im zweiten Bande des Marxschen "Kapitals" vorwegnimmt, akzeptiert Rodbertus ruhig den Hauptschnitzer der klassischen Schule und ihrer vulgären Nachtreter: die völlige Vernachlässigung des Wertteils des Gesamtprodukts, der zum Ersatz des konstanten Kapitals der Gesellschaft notwendig ist. Diese Konfusion war es denn auch, die ihm erleichterte, sich in seinen wunderlichen Kampf gegen die "fallende Lohnquote" zu verbeißen. Der Wert des gesellschaftlichen Gesamtprodukts zerfällt unter kapitalistischen Produktionsformen in drei Teile, von denen der eine dem Wert des konstanten Kapitals, der andere der Lohnsumme, d.h. dem variablen Kapital und der dritte dem Gesamtmehrwert der Kapitalistenklasse entspricht. Nun wird innerhalb dieser Wertzusammensetzung der dem variablen Kapital entsprechende Wertteil relativ immer geringer, und das aus zwei Gründen. Erstens verschiebt sich innerhalb c + v + m das Verhältnis von c zu (v + m), d.h. des konstanten Kapitals zum Neuwert, in der Richtung, daß c relativ immer größer, (v + m) immer kleiner wird. Dies ist ein einfacher Ausdruck der steigenden Produktivität der menschlichen Arbeit, der absolute Geltung hat für alle ökonomisch fortschreitenden Gesellschaften, unabhängig von ihren historischen Formen, und der nur bedeutet, daß die lebendige Arbeit imstande wird, immer mehr Produktionsmittel in immer kürzerer Zeit zu Gebrauchsgegenständen zu verarbeiten. Da (v + m) im Verhältnis zum Gesamtwert des Produkts sinkt, so sinkt damit auch v als Wertteil des Gesamtprodukts. Sich dagegen sträuben, diesem Sinken Einhalt tun wollen heißt mit anderen Worten, sich dem Fortschritt der Produktivität der Arbeit in seinen allgemeinen Wirkungen widersetzen. Sodann tritt auch innerhalb (v + m) eine Verschiebung ein in der Richtung, daß v relativ immer kleiner, m relativ immer größer wird, d.h. daß von dem geschaffenen Neuwert ein immer kleinerer Teil auf Löhne entfällt, ein immer größerer als Mehrwert angeeignet wird. Dies ist der spezifisch kapitalistische Ausdruck der fortschreitenden Produktivität der Arbeit, der aber innerhalb der kapitalistischen Bedingungen der Produktion ebenso absolute Geltung hat wie jenes erste Gesetz. Durch staatliche Mittel nun verbieten wollen, daß v immer geringer im Verhältnis zu m wird, heißt verbieten wollen, daß sich die fortschreitende Produktivität der Arbeit, die die Herstellungskosten aller Waren verringert, auch auf die grundlegende Ware Arbeitskraft beziehe, heißt diese eine Ware von den ökonomischen Wirkungen der technischen Fortschritte ausnehmen wollen. Aber noch mehr: Die "fallende Lohnquote" ist nur ein anderer Ausdruck für steigende Mehrwertrate, die das stärkste und wirksamste Mittel darstellt, den Fall der Profitrate aufzuhalten, und deshalb das treibende Motiv der kapitalistischen Produktion überhaupt wie namentlich des technischen Fortschritts innerhalb dieser Produktion darstellt. Die "fallende Lohnquote" auf dem Wege der Gesetzgebung beseitigen heißt also soviel, wie das Existenzmotiv der kapitalistischen Wirtschaft ausschalten, ihr Lebensprinzip unterbinden wollen. Man stelle sich aber die Sache konkret vor. Der einzelne Kapitalist wie die kapitalistische Gesellschaft im ganzen kennt ja überhaupt den Wert der Produkte als eine Summe gesellschaftlich notwendiger Arbeit nicht und ist gar nicht imstande, ihn so zu fassen. Der Kapitalist kennt ihn nur in der abgeleiteten und durch die Konkurrenz auf den Kopf gestellten Form der Produktionskosten. Während der Wert des Produkts in die Wertteile c + v + m zerfällt, setzen sich die Produktionskosten im Bewußtsein des Kapitalisten umgekehrt aus c + v + m zusammen Und zwar stellen sich ihm auch diese in der verschobenen und abgeleiteten Form dar 1. als Verschleiß seines fixen Kapitals, 2. als seine Auslagen an zirkulierendem Kapital einschließlich der Auslagen für Löhne der Arbeiter, 3. als die "übliche", d.h. durchschnittliche Profitrate auf sein gesamtes Kapital. Wie soll nun der Kapitalist, sagen wir, durch ein Gesetz im Rodbertusschen Sinne gezwun- gen, eine "feste file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR89.687/lu/lu05/lu05_209.htm (5 of 13) [19.07.2004 21:12:18]

Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 17. Kapitel Lohnquote" gegenüber dem gesamten Produktwert einhalten? Der Einfall ist genauso geistreich, wie wenn man durch Gesetz fixieren wollte, bei der Herstellung aller Waren dürfe der Rohstoff nie mehr oder weniger als ein Drittel des Gesamtpreises der Waren ausmachen. Es ist klar, daß die Hauptidee Rodbertus', auf die er stolz war und baute wie auf eine neue archimedische Entdeckung und mit der er die kapitalistische Produktion radikal kurieren wollte, von allen Standpunkten der kapitalistischen Produktionsweise ein barer, blühender Unsinn ist, zu dem man aber auch nur aus jener Konfusion über die Werttheorie heraus gelangen konnte, die bei Rodbertus in dem unvergleichlichen Satze kulminiert, "das Produkt müsse jetzt (in der kapitalistischen Gesellschaft - R. L.) so Tauschwert haben, wie es in der antiken Wirtschaft Gebrauchswert haben mußte".(11) In der antiken Gesellschaft mußten Brot und Fleisch gegessen werden, damit man von ihnen leben konnte, jetzt aber wird man schon satt, wenn man den Preis von Fleisch und Brot weiß! Was jedoch am deutlichsten aus der fixen Idee der "fixen Lohnquote" bei Rodbertus herausschaut, ist seine völlige Unfähigkeit, die kapitalistische Akkumulation zu begreifen. Man hat schon aus den früheren Zitaten entnehmen können, daß er, im Einklang mit der verkehrten Vorstellung, der Zweck der kapitalistischen Produktion sei die Herstellung von Konsumgegenständen zur Befriedigung "menschlicher Bedürfnisse", ausschließlich die einfache Reproduktion im Auge hat. Spricht er doch immer nur vom "Ersatz des Kapitals" und von der Notwendigkeit, die Kapitalisten zu befähigen, "ihre Betriebe in dem bisherigen Umfange" fortzusetzen. Seine Hauptidee wendet sich aber direkt gegen die Akkumulation des Kapitals. Die Mehrwertrate fixieren, ihr Wachstum verhindern heißt die Akkumulation des Kapitals lahmlegen. In der Tat war für Sismondi wie für v. Kirchmann die Frage des Gleichgewichts zwischen Produktion und Konsumtion eine Frage der Akkumulation, d.h. der erweiterten kapitalistischen Reproduktion. Beide leiteten die Störungen in dem Gleichgewicht der Reproduktion von der Akkumulation her, deren Möglichkeit beide verneinten. Nur daß der eine als Mittel dagegen die Dämpfung der Produktivkräfte überhaupt, während der andere ihre steigende Verwendung in der Luxusproduktion, das restlose Verzehren des Mehrwerts empfahl. Rodbertus geht auch hier seine eigenen Wege. Während jene mit mehr oder weniger Erfolg die Erscheinung der kapitalistischen Akkumulation zu fassen suchten, kämpft Rodbertus gegen den Begriff. "Die Nationalökonomen haben seit A. Smith einander nachgesprochen und es als allgemeine und absolute Wahrheit aufgestellt, daß das Kapital nur durch Sparen und Ansammeln entstehe."(12) Gegen diese "Verirrung" zieht nun Rodbertus wohlgerüstet zu Felde, und er weist auf 60 Druckseiten haarklein nach, daß Kapital nicht durch Sparen, sondern durch Arbeit entsteht, daß der "Irrtum" der Nationalökonomen in bezug auf das "Sparen" daher rühre, weil sie die irrtümliche Auffassung hätten, die Produktivität hafte dem Kapital an, dieser Irrtum endlich von einem anderen Irrtum: daß Kapital - Kapital sei. v. Kirchmann seinerseits verstand sehr gut, was hinter dem kapitalistischen "Sparen" steckt. Er führt ganz hübsch aus: "Kapitalansammlung besteht bekanntlich nicht in dem bloßen Anhäufen von Vorräten oder in dem Sammeln von Metall- und Geldvorräten, die dann in den Kellern des Eigentümers ungenützt liegenbleiben, sondern wer sparen will, tut es, um selbst oder durch andere seine ersparte Summe als Kapital wieder nutzbar anzuwenden, um davon Revenuen zu ziehen. Diese Revenuen sind nur möglich, wenn diese Kapitale zu neuen Unternehmungen verwendet werden, die durch ihre Produkte imstande file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR89.687/lu/lu05/lu05_209.htm (6 of 13) [19.07.2004 21:12:18]

<strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> - <strong>Die</strong> <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, 17. Kapitel<br />

Lohnquote" gegenüber dem gesamten Produktwert einhalten? Der <strong>Ein</strong>fall ist genauso geistreich, wie<br />

wenn man durch Gesetz fixieren wollte, bei der Herstellung aller Waren dürfe der Rohstoff nie mehr oder<br />

weniger als ein Drittel <strong>des</strong> Gesamtpreises der Waren ausmachen. Es ist klar, daß die Hauptidee<br />

Rodbertus', auf die er stolz war und baute wie auf eine neue archimedische Entdeckung und mit der er die<br />

kapitalistische Produktion radikal kurieren wollte, von allen Standpunkten der kapitalistischen<br />

Produktionsweise ein barer, blühender Unsinn ist, zu dem man aber auch nur aus jener Konfusion über<br />

die Werttheorie heraus gelangen konnte, die bei Rodbertus in dem unvergleichlichen Satze kulminiert,<br />

"das Produkt müsse jetzt (in der kapitalistischen Gesellschaft - R. L.) so Tauschwert haben, wie es in der<br />

antiken Wirtschaft Gebrauchswert haben mußte".(11) In der antiken Gesellschaft mußten Brot und<br />

Fleisch gegessen werden, damit man von ihnen leben konnte, jetzt aber wird man schon satt, wenn man<br />

den Preis von Fleisch und Brot weiß! Was jedoch am deutlichsten aus der fixen Idee der "fixen<br />

Lohnquote" bei Rodbertus herausschaut, ist seine völlige Unfähigkeit, die kapitalistische <strong>Akkumulation</strong><br />

zu begreifen.<br />

Man hat schon aus den früheren Zitaten entnehmen können, daß er, im <strong>Ein</strong>klang mit der verkehrten<br />

Vorstellung, der Zweck der kapitalistischen Produktion sei die Herstellung von Konsumgegenständen zur<br />

Befriedigung "menschlicher Bedürfnisse", ausschließlich die einfache Reproduktion im Auge hat. Spricht<br />

er doch immer nur vom "Ersatz <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>" und von der Notwendigkeit, die Kapitalisten zu befähigen,<br />

"ihre Betriebe in dem bisherigen Umfange" fortzusetzen. Seine Hauptidee wendet sich aber direkt gegen<br />

die <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>. <strong>Die</strong> Mehrwertrate fixieren, ihr Wachstum verhindern heißt die<br />

<strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong> lahmlegen. In der Tat war für Sismondi wie für v. Kirchmann die Frage <strong>des</strong><br />

Gleichgewichts zwischen Produktion und Konsumtion eine Frage der <strong>Akkumulation</strong>, d.h. der erweiterten<br />

kapitalistischen Reproduktion. Beide leiteten die Störungen in dem Gleichgewicht der Reproduktion von<br />

der <strong>Akkumulation</strong> her, deren Möglichkeit beide verneinten. Nur daß der eine als Mittel dagegen die<br />

Dämpfung der Produktivkräfte überhaupt, während der andere ihre steigende Verwendung in der<br />

Luxusproduktion, das restlose Verzehren <strong>des</strong> Mehrwerts empfahl. Rodbertus geht auch hier seine eigenen<br />

Wege. Während jene mit mehr oder weniger Erfolg die Erscheinung der kapitalistischen <strong>Akkumulation</strong><br />

zu fassen suchten, kämpft Rodbertus gegen den Begriff.<br />

"<strong>Die</strong> Nationalökonomen haben seit A. Smith einander nachgesprochen und es als allgemeine und<br />

absolute Wahrheit aufgestellt, daß das Kapital nur durch Sparen und Ansammeln entstehe."(12) Gegen<br />

diese "Verirrung" zieht nun Rodbertus wohlgerüstet zu Felde, und er weist auf 60 Druckseiten haarklein<br />

nach, daß Kapital nicht durch Sparen, sondern durch Arbeit entsteht, daß der "Irrtum" der<br />

Nationalökonomen in bezug auf das "Sparen" daher rühre, weil sie die irrtümliche Auffassung hätten, die<br />

Produktivität hafte dem Kapital an, dieser Irrtum endlich von einem anderen Irrtum: daß Kapital - Kapital<br />

sei.<br />

v. Kirchmann seinerseits verstand sehr gut, was hinter dem kapitalistischen "Sparen" steckt. Er führt ganz<br />

hübsch aus: "Kapitalansammlung besteht bekanntlich nicht in dem bloßen Anhäufen von Vorräten oder in<br />

dem Sammeln von Metall- und Geldvorräten, die dann in den Kellern <strong>des</strong> Eigentümers ungenützt<br />

liegenbleiben, sondern wer sparen will, tut es, um selbst oder durch andere seine ersparte Summe als<br />

Kapital wieder nutzbar anzuwenden, um davon Revenuen zu ziehen. <strong>Die</strong>se Revenuen sind nur möglich,<br />

wenn diese Kapitale zu neuen Unternehmungen verwendet werden, die durch ihre Produkte imstande<br />

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