Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin

Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin

30.12.2012 Aufrufe

Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 15. Kapitel Worten, der Rat, den der gute Mann den Kapitalisten gibt, die nicht wissen, wohin mit ihrem unrealisierbaren Mehrwert, ist, sie sollen ihn selbst aufessen. In der kapitalistischen Gesellschaft ist nun freilich Luxus auch eine längst bekannte Erfindung, und die Krisen wüten trotzdem. - Woher kommt denn das? "Die Antwort kann nur die sein", belehrt uns v. Kirchmann, "daß diese Stockung des Absatzes in der wirklichen Welt lediglich daher kommt, weil noch zu wenig Luxus vorhanden ist oder, mit anderen Worten, daß von den Kapitalisten, d.h. von denen, welche die Mittel zur Konsumtion haben, noch zu wenig konsumiert wird." Diese unangebrachte Enthaltsamkeit der Kapitalisten kommt aber von einer durch die Nationalökonomie fälschlich geförderten Untugend: vom Hang zum Sparen zu Zwecken der "produktiven Konsumtion". Anders gesagt: Die Krisen kommen von der Akkumulation - das ist die Hauptthese v. Kirchmanns. Er beweist sie wieder an einem Beispiel von rührender Einfalt. Man setze den Fall, sagt er, "den von der Nationalökonomie als den besseren gepriesenen Fall", wo die Unternehmer sagen: Wir wollen unsere Revenuen nicht in Pracht und Luxus bis auf den letzten Heller verzehren, sondern wir wollen sie wieder produktiv anlegen. Was heißt das? Nichts anderes als neue Produktionsgeschäfte aller Art begründen, mittelst deren wieder Produkte gewonnen werden, durch deren Verkauf die Zinsen (v. K. will sagen: Profit) für jenes Kapital erlangt werden können, das aus den nicht verzehrten Revenuen der drei Unternehmer abgespart und angelegt worden ist. Die drei Unternehmer entschließen sich demgemäß, nur das Produkt von 100 Arbeitern zu verzehren, d.h. ihren Luxus erheblich einzuschränken, und die Arbeitskraft der übrigen 350 Arbeiter mit dem von diesen benutzten Kapital zur Anlegung neuer Produktionsgeschäfte zu verwenden. Hier entsteht die Frage, in welchen Produktionsgeschäften sollen diese Fonds verwendet werden? "Die drei Unternehmer haben nur die Wahl, entweder wieder Geschäfte für ordinäre Waren einzurichten oder Geschäfte für Luxuswaren", da nach der v. Kirchmannschen Annahme das konstante Kapital nicht reproduziert wird und das gesamte gesellschaft- liche Produkt in lauter Konsumtionsmitteln besteht. Damit kommen die Unternehmer aber in das uns schon bekannte Dilemma: Produzieren sie "ordinäre Waren", so entsteht eine Krise, da die Arbeiter keine Mittel zum Ankauf dieser zuschüssigen Lebensmittel haben, sind sie doch bereits mit der Hälfte des Produktenwerts abgefunden; produzieren sie aber Luxuswaren, so müssen sie sie auch selbst verzehren, Tertium non datur. Auch der auswärtige Handel ändert nichts an dem Dilemma, denn die Wirkung des Handels besteht nur darin, "die Mannigfaltigkeit der Waren des inländischen Markts zu vergrößern" oder die Produktivität zu steigern. "Entweder also sind diese ausländischen Waren - ordinäre Waren, dann mag sie der Kapitalist nicht kaufen, und der Arbeiter kann sie nicht kaufen, weil er die Mittel nicht hat, oder es sind Luxuswaren, dann kann sie natürlich der Arbeiter noch weniger kaufen, und der Kapitalist mag wegen seines Bestrebens zu sparen sie ebenfalls nicht." So primitiv die Beweisführung, so kommt dabei doch der Grundgedanke v. Kirchmanns und der Alp der theoretischen Nationalökonomie ganz hübsch und klar zum Ausdruck: In einer lediglich aus Arbeitern und Kapitalisten bestehenden Gesellschaft erscheint die Akkumulation als eine Unmöglichkeit. v. Kirchmann zieht daraus die Konsequenz, indem er unumwunden die Akkumulation, das "Sparen", die "produktive Konsumtion" des Mehrwerts bekämpft, gegen die Befürwortung dieser Irrtümer durch die klassische Nationalökonomie heftig polemisiert und den mit der Produktivität der Arbeit steigenden Luxus als das Mittel gegen die Krisen predigt. Man sieht, wenn v. Kirchmann in seinen theoretischen Prämissen eine Karikatur Ricardo-Says war, so ist er in seinen Schlußfolgerungen eine Karikatur Sismondis. Es war jedoch notwendig, die Fragestellung v. Kirchmanns ganz scharf ins Auge zu fassen, um die Antikritik Rotibertus' und den Ausgang der Kontroverse würdigen zu können. file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR87.390/lu/lu05/lu05_186.htm (7 of 8) [19.07.2004 21:11:54]

Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 15. Kapitel (1) Die Kirchmannsche Beweisführung ist bei Rodbertus sehr ausführlich wörtlich zitiert. Ein vollständiges Exemplar der "Demokratischen Blätter" mit dem Originalaufsatz ist nach der Versicherung der Herausgeber Rodbertus' nicht zu erlangen.

<strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> - <strong>Die</strong> <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, 15. Kapitel<br />

Worten, der Rat, den der gute Mann den Kapitalisten gibt, die nicht wissen, wohin mit ihrem<br />

unrealisierbaren Mehrwert, ist, sie sollen ihn selbst aufessen. In der kapitalistischen Gesellschaft ist nun<br />

freilich Luxus auch eine längst bekannte Erfindung, und die Krisen wüten trotzdem. - Woher kommt<br />

denn das? "<strong>Die</strong> Antwort kann nur die sein", belehrt uns v. Kirchmann, "daß diese Stockung <strong>des</strong> Absatzes<br />

in der wirklichen Welt lediglich daher kommt, weil noch zu wenig Luxus vorhanden ist oder, mit<br />

anderen Worten, daß von den Kapitalisten, d.h. von denen, welche die Mittel zur Konsumtion haben,<br />

noch zu wenig konsumiert wird." <strong>Die</strong>se unangebrachte Enthaltsamkeit der Kapitalisten kommt aber von<br />

einer durch die Nationalökonomie fälschlich geförderten Untugend: vom Hang zum Sparen zu Zwecken<br />

der "produktiven Konsumtion". Anders gesagt: <strong>Die</strong> Krisen kommen von der <strong>Akkumulation</strong> - das ist die<br />

Hauptthese v. Kirchmanns. Er beweist sie wieder an einem Beispiel von rührender <strong>Ein</strong>falt. Man setze den<br />

Fall, sagt er, "den von der Nationalökonomie als den besseren gepriesenen Fall", wo die Unternehmer<br />

sagen: Wir wollen unsere Revenuen nicht in Pracht und Luxus bis auf den letzten Heller verzehren,<br />

sondern wir wollen sie wieder produktiv anlegen. Was heißt das? Nichts anderes als neue<br />

Produktionsgeschäfte aller Art begründen, mittelst deren wieder Produkte gewonnen werden, durch<br />

deren Verkauf die Zinsen (v. K. will sagen: Profit) für jenes Kapital erlangt werden können, das aus den<br />

nicht verzehrten Revenuen der drei Unternehmer abgespart und angelegt worden ist. <strong>Die</strong> drei<br />

Unternehmer entschließen sich demgemäß, nur das Produkt von 100 Arbeitern zu verzehren, d.h. ihren<br />

Luxus erheblich einzuschränken, und die Arbeitskraft der übrigen 350 Arbeiter mit dem von diesen<br />

benutzten Kapital zur Anlegung neuer Produktionsgeschäfte zu verwenden. Hier entsteht die Frage, in<br />

welchen Produktionsgeschäften sollen diese Fonds verwendet werden? "<strong>Die</strong> drei Unternehmer haben nur<br />

die Wahl, entweder wieder Geschäfte für ordinäre Waren einzurichten oder Geschäfte für Luxuswaren",<br />

da nach der v. Kirchmannschen Annahme das konstante Kapital nicht reproduziert wird und das gesamte<br />

gesellschaft- liche Produkt in lauter Konsumtionsmitteln besteht. Damit kommen die<br />

Unternehmer aber in das uns schon bekannte Dilemma: Produzieren sie "ordinäre Waren", so entsteht<br />

eine Krise, da die Arbeiter keine Mittel zum Ankauf dieser zuschüssigen Lebensmittel haben, sind sie<br />

doch bereits mit der Hälfte <strong>des</strong> Produktenwerts abgefunden; produzieren sie aber Luxuswaren, so müssen<br />

sie sie auch selbst verzehren, Tertium non datur. Auch der auswärtige Handel ändert nichts an dem<br />

Dilemma, denn die Wirkung <strong>des</strong> Handels besteht nur darin, "die Mannigfaltigkeit der Waren <strong>des</strong><br />

inländischen Markts zu vergrößern" oder die Produktivität zu steigern. "Entweder also sind diese<br />

ausländischen Waren - ordinäre Waren, dann mag sie der Kapitalist nicht kaufen, und der Arbeiter kann<br />

sie nicht kaufen, weil er die Mittel nicht hat, oder es sind Luxuswaren, dann kann sie natürlich der<br />

Arbeiter noch weniger kaufen, und der Kapitalist mag wegen seines Bestrebens zu sparen sie ebenfalls<br />

nicht." So primitiv die Beweisführung, so kommt dabei doch der Grundgedanke v. Kirchmanns und der<br />

Alp der theoretischen Nationalökonomie ganz hübsch und klar zum Ausdruck: In einer lediglich aus<br />

Arbeitern und Kapitalisten bestehenden Gesellschaft erscheint die <strong>Akkumulation</strong> als eine Unmöglichkeit.<br />

v. Kirchmann zieht daraus die Konsequenz, indem er unumwunden die <strong>Akkumulation</strong>, das "Sparen", die<br />

"produktive Konsumtion" <strong>des</strong> Mehrwerts bekämpft, gegen die Befürwortung dieser Irrtümer durch die<br />

klassische Nationalökonomie heftig polemisiert und den mit der Produktivität der Arbeit steigenden<br />

Luxus als das Mittel gegen die Krisen predigt. Man sieht, wenn v. Kirchmann in seinen theoretischen<br />

Prämissen eine Karikatur Ricardo-Says war, so ist er in seinen Schlußfolgerungen eine Karikatur<br />

Sismondis. Es war jedoch notwendig, die Fragestellung v. Kirchmanns ganz scharf ins Auge zu fassen,<br />

um die Antikritik Rotibertus' und den Ausgang der Kontroverse würdigen zu können.<br />

file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR87.390/lu/lu05/lu05_186.htm (7 of 8) [19.07.2004 21:11:54]

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!