Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin
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<strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> - <strong>Die</strong> <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, 15. Kapitel<br />
Schwierigkeiten, welche die Natur der menschlichen Arbeit in der Rohproduktion bereitet, endlich die<br />
Mangelhaftigkeit <strong>des</strong> Handels als der vermittelnden Operation zwischen Produktion und Konsumtion.<br />
Ohne uns auf die beiden letzten "Hindernisse" <strong>des</strong> Sayschen Gesetzes näher einzulassen, betrachten wir<br />
die Argumentation v. Kirchmanns im Zusammenhang mit dem ersten Punkt:<br />
"Das erste Verhältnis", erklärt er, "kann kürzer dahin ausgedrückt werden, 'daß der Arbeitslohn zu<br />
niedrig steht', daß daraus eine Stockung <strong>des</strong> Absatzes entsteht. Für denjenigen, der weiß, daß die Preise<br />
der Waren sich nur aus den zwei Teilen, aus dem Kapitalzins und dem Arbeitslohn, zusammensetzen,<br />
kann dieser Satz auffallend erscheinen; ist der Arbeitslohn niedrig, so sind auch die Warenpreise niedrig,<br />
und sind jene hoch, so sind auch diese hoch. (Man sieht, v. Kirchmann akzeptiert das Smithsche<br />
Dogma auch noch in seiner verkehrtesten Fassung: nicht der Preis löst sich in Arbeitslohn + Mehrwert<br />
auf, sondern er setzt sich als einfache Summe aus ihnen zusammen - eine Fassung, in der Smith sich von<br />
seiner Arbeitswerttheorie am weitesten entfernt hatte. - R. L.) Lohn und Preis stehen so in geradem<br />
Verhältnis und gleichen sich einander aus. England hat nur <strong>des</strong>halb seine Getreidezölle und seine Zölle<br />
auf Fleisch und andere Lebensmittel aufgehoben, um die Arbeitslöhne sinken zu machen und so den<br />
Fabrikanten in den Stand zu setzen, durch noch billigere Ware auf den Weltmärkten jeden anderen<br />
Konkurrenten zu verdrängen. Es ist in<strong>des</strong> dies nur zum Teil richtig und berührt nicht das Verhältnis, in<br />
dem sich das Produkt zwischen Kapital und Arbeiter verteilt. In der zu ungleichen Verteilung zwischen<br />
diesen beiden liegt der erste und wichtigste Grund, weshalb Says Gesetz sich in der Wirklichkeit nicht<br />
vollzieht, weshalb trotz der Produktion in allen Zweigen doch alle Märkte an Überfüllung leiden." <strong>Die</strong>se<br />
seine Behauptung illustriert v. Kirchmann ausführlich an einem Beispiel. Nach dem Muster der<br />
klassischen Schule werden wir natürlich versetzt in eine imaginäre isolierte Gesellschaft, die ein<br />
widerstandsloses, wenn auch nicht dankbares Objekt für die nationalökonomischen Experimente<br />
darbietet.<br />
Man stelle sich einen Ort vor - suggeriert uns v. Kirchmann -, der ausgerechnet 903 <strong>Ein</strong>wohner umfaßt,<br />
und zwar 3 Unternehmer mit je 300 Arbeitern. Der Ort befriedige alle Bedürfnisse seiner <strong>Ein</strong>wohner<br />
durch eigene Produktion, und zwar in drei Unternehmungen, von denen die eine für Kleidung sorgt, die<br />
zweite für Nahrung, Licht, Feuerung und Rohstoffe, die dritte für Wohnung, Möbel und Werkzeuge. In<br />
jeder dieser drei Abteilungen liefere der Unternehmer "das Kapital samt Rohstoffen". <strong>Die</strong> Entlohnung<br />
der Arbeiter erfolgt in jedem dieser drei Geschäfte so, daß die Arbeiter die Hälfte <strong>des</strong> jährlichen Produkts<br />
als Lohn erhalten und der Unternehmer die andere Hälfte "als Zins seines <strong>Kapitals</strong> und als<br />
Unternehmergewinn". <strong>Die</strong> von jedem Geschäft gelieferte Menge Produkt reiche gerade hin, um alle<br />
Bedürfnisse sämtlicher 903 <strong>Ein</strong>wohner zu decken. So enthält dieser Ort "alle Bedingungen eines<br />
allgemeinen Wohlseins" für seine sämtlichen <strong>Ein</strong>wohner, alles macht sich demgemäß frisch und mutig<br />
an die Arbeit. Aber nach wenigen Tagen wandelt sich Freude und Wohlgefallen in allgemeinen Jammer<br />
und in Zähneklappern, es passiert nämlich auf der v. Kirchmannschen Insel der Glückseligen etwas, was<br />
man dort sowenig erwarten mochte wie den <strong>Ein</strong>sturz <strong>des</strong> Himmels: Es bricht eine regelrechte moderne<br />
Industrie- und Handelskrise aus! <strong>Die</strong> 900 Arbeitet haben nur die allernotdürftigste Kleidung, Nahrung<br />
und Wohnung, die drei Unternehmer aber haben ihre Magazine voll Kleider und Rohstoffe, sie<br />
haben Wohnungen leer stehen; sie klagen über Mangel an Absatz, während die Arbeiter umgekehrt über<br />
unzureichende Befriedigung ihrer Bedürfnisse klagen. Und woher illae lacrimae? Etwa weil, wie Say und<br />
Ricardo annahmen, von den einen Produkten zuviel und von den anderen zuwenig da sei? Mitnichten!<br />
file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR87.390/lu/lu05/lu05_186.htm (4 of 8) [19.07.2004 21:11:54]