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Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 14. Kapitel Hier hört aber die Gemeinsamkeit auf. Wenn Sismondi die Ursache der Krisen in dem niedrigen Stand der Löhne und in der beschränkten Konsumtionsfähigkeit der Kapitalisten sucht, so verwandelt Malthus umgekehrt die niedrigen Löhne in ein Naturgesetz der Bevölkerungsbewegung, für die beschränkte Konsumtion der Kapitalisten findet er aber Ersatz in der Konsumtion der Parasiten des Mehrwerts, wie Landadel, Klerus, deren Aufnahmefähigkeit für Reichtum und Luxus keine Schranken hat: Die Kirche hat einen guten Magen. Und wenn beide, Malthus wie Sismondi, für das Heil der kapitalistischen Akkumulation und ihre Rettung aus der Klemme nach einer Kategorie von Konsumenten suchen, die kaufen ohne zu verkaufen, so sucht sie Sismondi zu dem Zwecke, um den Überschuß des gesellschaftlichen Produkts über die Konsumtion der Arbeiter und der Kapitalisten, also den kapitalisierten Teil des Mehrwerts, abzusetzen, Malthus - um den Profit überhaupt zu schaffen. Wie übrigens die Rentenempfänger und die Pfründner des Staates, die ja selbst erst ihre Kaufmittel hauptsächlich aus der Hand der Kapitalisten kriegen müssen, diesen letzteren durch das Abkaufen von Waren mit einem Preisaufschlag zur Aneignung des Profits verhelfen können, bleibt natürlich ein Geheimnis von Malthus. Bei so weitgehenden Gegensätzen ist die Waffengemeinschaft zwischen Malthus und Sismondi ziemlich oberflächlicher Natur gewesen. Und wenn Malthus die Sismondischen "Nouveaux principes", wie Marx sagt, zum malthusianischen Zerrbild gemacht hat, so macht Sismondi die Kritiken von Malthus gegen Ricardo etwas stark sismondisch, indem er nur das Gemeinsame hervorhebt und ihn als Kronzeugen zitiert. Andererseits unterliegt er freilich gelegentlich dem Malthusschen Einfluß, so, wenn er zum Teil dessen Theorie der staatlichen Verschwendung als eines Notbehelfs der Akkumulation übernimmt, die seinem eigenen Ausgangspunkt direkt zuwiderläuft. Im ganzen hat Malthus weder zum Problem der Reproduktion etwas Eigenes beigetragen noch es begriffen, er dreht sich in seiner Kontroverse mit den Ricardianern wie diese in ihrer Kontroverse mit Sismondi hauptsächlich in den Begriffen der einfachen Warenzirkulation. Im Streit zwischen ihm und der Schule Ricardos handelte es sich um die unproduktive Konsumtion der Parasiten des Mehrwerts, es war ein Zank um die Verteilung des Mehrwerts, nicht ein Streit um die gesellschaftlichen Grundlagen der kapitalistischen Reproduktion. Die Malthussche Konstruktion fällt zu Boden, sobald man ihn auf seine absurden Schnitzer in der Theorie des Profits festgenagelt hat. Die Sismondische Kritik behauptet sich, und sein Problem bleibt ungelöst auch bei der Annahme der Ricardoschen Werttheorie mit allen ihren Konsequenzen. Fußnoten von Rosa Luxemburg (1) Vgl. Marx: Theorien über den Mehrwert, Bd. III, S. 1-29, wo die Malthussche Wert- und Profittheorie eingebend analysiert ist. [Karl Marx: Theorien über den Mehrwert, Dritter Teil. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke. Bd. 26.3, S. 7-38.]
Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 14. Kapitel (3) l.c., S. 64.
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<strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> - <strong>Die</strong> <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, 14. Kapitel<br />
Hier hört aber die Gemeinsamkeit auf. Wenn Sismondi die Ursache der Krisen in dem niedrigen Stand<br />
der Löhne und in der beschränkten Konsumtionsfähigkeit der Kapitalisten sucht, so verwandelt Malthus<br />
umgekehrt die niedrigen Löhne in ein Naturgesetz der Bevölkerungsbewegung, für die beschränkte<br />
Konsumtion der Kapitalisten findet er aber Ersatz in der Konsumtion der Parasiten <strong>des</strong> Mehrwerts, wie<br />
Landadel, Klerus, deren Aufnahmefähigkeit für Reichtum und Luxus keine Schranken hat: <strong>Die</strong> Kirche<br />
hat einen guten Magen.<br />
Und wenn beide, Malthus wie Sismondi, für das Heil der kapitalistischen <strong>Akkumulation</strong> und ihre<br />
Rettung aus der Klemme nach einer Kategorie von Konsumenten suchen, die kaufen ohne zu verkaufen,<br />
so sucht sie Sismondi zu dem Zwecke, um den Überschuß <strong>des</strong> gesellschaftlichen Produkts über die<br />
Konsumtion der Arbeiter und der Kapitalisten, also den kapitalisierten Teil <strong>des</strong> Mehrwerts, abzusetzen,<br />
Malthus - um den Profit überhaupt zu schaffen. Wie übrigens die Rentenempfänger und die Pfründner<br />
<strong>des</strong> Staates, die ja selbst erst ihre Kaufmittel hauptsächlich aus der Hand der Kapitalisten kriegen<br />
müssen, diesen letzteren durch das Abkaufen von Waren mit einem Preisaufschlag zur Aneignung <strong>des</strong><br />
Profits verhelfen können, bleibt natürlich ein Geheimnis von Malthus. Bei so weitgehenden Gegensätzen<br />
ist die Waffengemeinschaft zwischen Malthus und Sismondi ziemlich oberflächlicher Natur gewesen.<br />
Und wenn Malthus die Sismondischen "Nouveaux principes", wie Marx sagt, zum malthusianischen<br />
Zerrbild gemacht hat, so macht Sismondi die Kritiken von Malthus gegen Ricardo etwas stark<br />
sismondisch, indem er nur das Gemeinsame hervorhebt und ihn als Kronzeugen zitiert. Andererseits<br />
unterliegt er freilich gelegentlich dem Malthusschen <strong>Ein</strong>fluß, so, wenn er zum Teil <strong>des</strong>sen Theorie der<br />
staatlichen Verschwendung als eines Notbehelfs der <strong>Akkumulation</strong> übernimmt, die seinem eigenen<br />
Ausgangspunkt direkt zuwiderläuft.<br />
Im ganzen hat Malthus weder zum Problem der Reproduktion etwas Eigenes beigetragen noch es<br />
begriffen, er dreht sich in seiner Kontroverse mit den Ricardianern wie diese in ihrer Kontroverse mit<br />
Sismondi hauptsächlich in den Begriffen der einfachen Warenzirkulation. Im Streit zwischen ihm und<br />
der Schule Ricardos handelte es sich um die unproduktive Konsumtion der Parasiten <strong>des</strong> Mehrwerts, es<br />
war ein Zank um die Verteilung <strong>des</strong> Mehrwerts, nicht ein Streit um die gesellschaftlichen Grundlagen der<br />
kapitalistischen Reproduktion. <strong>Die</strong> Malthussche Konstruktion fällt zu Boden, sobald man ihn auf seine<br />
absurden Schnitzer in der Theorie <strong>des</strong> Profits festgenagelt hat. <strong>Die</strong> Sismondische Kritik behauptet sich,<br />
und sein Problem bleibt ungelöst auch bei der Annahme der Ricardoschen Werttheorie mit allen ihren<br />
Konsequenzen.<br />
Fußnoten von <strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong><br />
(1) Vgl. Marx: Theorien über den Mehrwert, Bd. III, S. 1-29, wo die Malthussche Wert- und<br />
Profittheorie eingebend analysiert ist. [Karl Marx: Theorien über den Mehrwert, Dritter Teil. In: Karl<br />
Marx/Friedrich Engels: Werke. Bd. 26.3, S. 7-38.]