Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin

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Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 14. Kapitel Waffengemeinschaft bestanden hätte. Marx betrachtet die "Principles of Political Economy" von Malthus, die 1820 erschienen, direkt als ein Plagiat an den ein Jahr früher erschienenen "Nouveaux principes". In der uns interessierenden Frage besteht jedoch zwischen beiden vielfach ein direkter Gegensatz. Sismondi kritisiert die kapitalistische Produktion, er greift sie wuchtig an, er ist ihr Ankläger. Malthus ist ihr Apologet. Nicht etwa in dem Sinne daß er ihre Widersprüche leugnete, wie MacCulloch oder Say, sondern umgekehrt, daß er diese Widersprüche brutal zum Naturgesetz erhebt und absolut heiligspricht. Sismondis leitender Gesichtspunkt sind die Interessen der Arbeitenden, das Ziel, auf das er, wenn auch in allgemeiner und vager Form, hinsteuert, durchgreifende Reform der Verteilung zugunsten der Proletarier. Malthus ist der Ideologe der Interessen jener Schicht von Parasiten der kapitalistischen Ausbeutung, die sich von Grundrente und der Staatskrippe nähren, und das Ziel, das er befürwortet, ist die Zuwendung einer möglichst großen Portion Mehrwert an diese "unproduktiven Konsumenten". Sismondis allgemeiner Standpunkt ist vorwiegend ethisch, sozialreformerisch: Er "verbessert" die Klassiker, indem er ihnen gegenüber hervorhebt, "der einzige Zweck der Akkumulation sei die Konsumtion", er plädiert für Dämpfung der Akkumulation. Malthus spricht umgekehrt schroff aus, daß die Akkumulation der einzige Zweck der Produktion sei und befürwortet die schrankenlose Akkumulation auf seiten der Kapitalisten, die er durch die schrankenlose Konsumtion ihrer Parasiten ergänzen und sichern will. Endlich war Sismondis kritischer Ausgangspunkt die Analyse des Reproduktionsprozesses, das Verhältnis von Kapital und Einkommen auf gesellschaftlichem Maßstab. Malthus geht in seiner Opposition gegen Ricardo von einer absurden Werttheorie und einer von ihr abgeleiteten vulgären Mehrwerttheorie aus, die den kapitalistischen Profit aus dem Preisaufschlag auf den Wert der Waren erklären will.(1) Malthus wendet sich mit einer ausführlichen Kritik gegen den Satz von der Identität zwischen Angebot und Nachfrage im sechsten Kapitel seines 1827 erschienenen "Definitions in Political Economy", das er James Mill widmet. Mill erklärte in seinen "Elements of Political Economy", S. 233: "Was ist damit notwendigerweise gemeint, wenn wir sagen, daß Angebot und Nachfrage einander angepaßt (accomodated to one another) sind? Es ist dies, daß Güter, die mit einer großen Menge Arbeit hergestellt worden sind, gegen Güter ausgetauscht werden, die mit einer gleichen Menge Arbeit hergestellt worden sind. Wird diese Annahme zugegeben, dann ist alles übrige klar. So, wenn ein Paar Schuhe mit der gleichen Menge Arbeit hergestellt werden wie ein Hut, wird, solange der Hut und die Schuhe gegeneinander ausgetauscht werden, Angebot und Nachfrage einander angepaßt sein. Sollte es vorkommen, daß die Schuhe im Werte fallen im Vergleich zum Hut, so würde dies beweisen, daß mehr Schuhe auf den Markt gebracht worden sind als Hüte. Schuhe wären dann in mehr als nötigem Überfluß vorhanden. Weshalb? Weil ein Produkt einer gewissen Menge Arbeit in Schuhen nicht mehr gegen ein anderes Produkt derselben Menge Arbeit ausgetauscht werden könnte. Aber aus demselben Grunde wären Hüte in unzureichender Menge vorhanden, weil eine gewisse Summe Arbeit, in Hüten dargestellt, jetzt gegen eine größere Summe Arbeit in Schuhen ausgetauscht wäre." Gegen diese faden Tautologien führt Malthus zweierlei ins Feld. Zunächst macht er Mill darauf aufmerksam, daß seine Konstruktion in der Luft hänge. Tatsächlich könne die Austauschproportion zwischen Hüten und Schuhen ganz unverändert bleiben, beide können aber trotzdem in einer zu großen file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR86.922/lu/lu05/lu05_181.htm (2 of 5) [19.07.2004 21:11:46]

Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 14. Kapitel Menge im Vergleich zur Nachtrage vorhanden sein. Und dies wird sich darin äußern, daß beide zu Preisen verkauft werden, die unter den Produktionskosten (mit einem angemessenen Profit) stehen. "Kann man aber in diesem Fall sagen", fragt er, "daß das Angebot von Hüten der Nachfrage nach Hüten oder das Angebot an Schuhen der Nachfrage nach Schuhen entspräche, wenn sowohl diese wie jene in solchem Überfluß vorhanden sind, daß sie sich nicht unter den Bedingungen austauschen können, die ihr fortlaufendes Angebot sichern?"(2) Malthus stellt also hier Mill die Möglichkeit einer allgemeinen Überproduktion entgegen: "Im Vergleich mit den Produktionskosten können alle Waren steigen oder fallen (im Angebot) zu gleicher Zeit."(3) Zweitens protestiert er gegen die ganze bei Mill wie Ricardo und deren Epigonen beliebte Manier, ihre Thesen auf direkten Produktenaustausch zuzuschneiden. "Der Hopfenpflanzer", sagt er, "der etwa hundert Sack Hopfen zu Markt bringt, denkt soviel an das Angebot von Hüten und Schuhen wie an Sonnenflecke. Woran denkt er alsdann? Und was will er in Austausch für seinen Hopfen kriegen? Mr. Mill scheint der Meinung zu sein, daß es die größte Ignoranz in der politischen Ökonomie verraten hieße, zu sagen, er wolle Geld. Dennoch habe ich keine Bedenken, auf die Gefahr hin, dieser großen Ignoranz geziehen zu werden, zu erklären, daß es gerade Geld ist, was er (der Pflanzer) braucht." Denn sowohl die Rente, die er dem Grundherrn, wie die Löhne, die er den Arbeitern zahlen muß, wie endlich der Ankauf seiner Rohstoffe und Werkzeuge, die er zur Fortführung seiner Pflanzungen braucht, können nur mit Geld gedeckt werden. Auf diesem Punkt besteht Malthus mit großer Ausführlichkeit; er findet es direkt "erstaunlich", daß Nationalökonomen von Ruf zu den gewagtesten und unmöglichsten Beispielen lieber Zuflucht nehmen als zu der Annahme des Geldaustausches."(4) Im übrigen begnügt sich Malthus damit, den Mechanismus zu schildern, wie ein zu großes Angebot durch die Senkung der Preise unter die Produktionskosten von selbst eine Einschränkung der Produktion herbeiführe und umgekehrt. "Aber diese Tendenz, durch den natürlichen Lauf der Dinge die Überproduktion oder die Unterproduktion zu kurieren, ist kein Beweis, daß diese Übel nicht existieren." Man sieht, Malthus bewegt sich, trotz seines entgegengesetzten Standpunktes in der Frage der Krisen, genau in demselben Geleise wie Ricardo, Mill, Say und MacCulloch: Für ihn existiert gleichfalls nur der Warenaustausch. Der gesellschaftliche Reproduktionsprozeß mit seinen großen Kategorien und Zusammenhängen, der Sismondi ganz in Anspruch nahm, wird hier nicht im geringsten berücksichtigt. Bei so vielfachen Gegensätzen in der grundsätzlichen Auffassung bestand das Gemeinsame zwischen der Kritik Sismondis und derjenigen Malthus' lediglich im folgenden: 1. Beide lehnen gegen die Ricardianer und Say den Satz von dem prästabilierten Gleichgewicht zwischen Konsumtion und Produktion ab. 2. Beide behaupten die Möglichkeit nicht bloß partieller, sondern allgemeiner Krisen. file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR86.922/lu/lu05/lu05_181.htm (3 of 5) [19.07.2004 21:11:46]

<strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> - <strong>Die</strong> <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, 14. Kapitel<br />

Waffengemeinschaft bestanden hätte. Marx betrachtet die "Principles of Political Economy" von<br />

Malthus, die 1820 erschienen, direkt als ein Plagiat an den ein Jahr früher erschienenen<br />

"Nouveaux principes". In der uns interessierenden Frage besteht jedoch zwischen beiden vielfach ein<br />

direkter Gegensatz.<br />

Sismondi kritisiert die kapitalistische Produktion, er greift sie wuchtig an, er ist ihr Ankläger. Malthus ist<br />

ihr Apologet. Nicht etwa in dem Sinne daß er ihre Widersprüche leugnete, wie MacCulloch oder Say,<br />

sondern umgekehrt, daß er diese Widersprüche brutal zum Naturgesetz erhebt und absolut heiligspricht.<br />

Sismondis leitender Gesichtspunkt sind die Interessen der Arbeitenden, das Ziel, auf das er, wenn auch in<br />

allgemeiner und vager Form, hinsteuert, durchgreifende Reform der Verteilung zugunsten der Proletarier.<br />

Malthus ist der Ideologe der Interessen jener Schicht von Parasiten der kapitalistischen Ausbeutung, die<br />

sich von Grundrente und der Staatskrippe nähren, und das Ziel, das er befürwortet, ist die Zuwendung<br />

einer möglichst großen Portion Mehrwert an diese "unproduktiven Konsumenten". Sismondis<br />

allgemeiner Standpunkt ist vorwiegend ethisch, sozialreformerisch: Er "verbessert" die Klassiker, indem<br />

er ihnen gegenüber hervorhebt, "der einzige Zweck der <strong>Akkumulation</strong> sei die Konsumtion", er plädiert<br />

für Dämpfung der <strong>Akkumulation</strong>. Malthus spricht umgekehrt schroff aus, daß die <strong>Akkumulation</strong> der<br />

einzige Zweck der Produktion sei und befürwortet die schrankenlose <strong>Akkumulation</strong> auf seiten der<br />

Kapitalisten, die er durch die schrankenlose Konsumtion ihrer Parasiten ergänzen und sichern will.<br />

Endlich war Sismondis kritischer Ausgangspunkt die Analyse <strong>des</strong> Reproduktionsprozesses, das<br />

Verhältnis von Kapital und <strong>Ein</strong>kommen auf gesellschaftlichem Maßstab. Malthus geht in seiner<br />

Opposition gegen Ricardo von einer absurden Werttheorie und einer von ihr abgeleiteten vulgären<br />

Mehrwerttheorie aus, die den kapitalistischen Profit aus dem Preisaufschlag auf den Wert der Waren<br />

erklären will.(1)<br />

Malthus wendet sich mit einer ausführlichen Kritik gegen den Satz von der Identität zwischen Angebot<br />

und Nachfrage im sechsten Kapitel seines 1827 erschienenen "Definitions in Political Economy", das er<br />

James Mill widmet. Mill erklärte in seinen "Elements of Political Economy", S. 233: "Was ist damit<br />

notwendigerweise gemeint, wenn wir sagen, daß Angebot und Nachfrage einander angepaßt<br />

(accomodated to one another) sind? Es ist dies, daß Güter, die mit einer großen Menge Arbeit hergestellt<br />

worden sind, gegen Güter ausgetauscht werden, die mit einer gleichen Menge Arbeit hergestellt worden<br />

sind. Wird diese Annahme zugegeben, dann ist alles übrige klar. So, wenn ein Paar Schuhe mit<br />

der gleichen Menge Arbeit hergestellt werden wie ein Hut, wird, solange der Hut und die Schuhe<br />

gegeneinander ausgetauscht werden, Angebot und Nachfrage einander angepaßt sein. Sollte es<br />

vorkommen, daß die Schuhe im Werte fallen im Vergleich zum Hut, so würde dies beweisen, daß mehr<br />

Schuhe auf den Markt gebracht worden sind als Hüte. Schuhe wären dann in mehr als nötigem Überfluß<br />

vorhanden. Weshalb? Weil ein Produkt einer gewissen Menge Arbeit in Schuhen nicht mehr gegen ein<br />

anderes Produkt derselben Menge Arbeit ausgetauscht werden könnte. Aber aus demselben Grunde<br />

wären Hüte in unzureichender Menge vorhanden, weil eine gewisse Summe Arbeit, in Hüten dargestellt,<br />

jetzt gegen eine größere Summe Arbeit in Schuhen ausgetauscht wäre."<br />

Gegen diese faden Tautologien führt Malthus zweierlei ins Feld. Zunächst macht er Mill darauf<br />

aufmerksam, daß seine Konstruktion in der Luft hänge. Tatsächlich könne die Austauschproportion<br />

zwischen Hüten und Schuhen ganz unverändert bleiben, beide können aber trotzdem in einer zu großen<br />

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