Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin

Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin

30.12.2012 Aufrufe

file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR84.062/lu/lu05/lu05_166.htm 11. Kapitel | Inhalt | 13. Kapitel Rosa Luxemburg - Gesammelte Werke. Herausgegeben vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Band 5. Berlin/DDR. 1975. "Die Akkumulation des Kapitals", S. 166-173. 1. Korrektur. Erstellt am 20.10.1998 Zwölftes Kapitel Ricardo gegen Sismondi Für Ricardo war offenbar mit MacCullochs Erwiderung auf Sismondis theoretische Einwände die Sache nicht erledigt. Im Unterschied von dem geschäftstreibenden "schottischen Erzhumbug", wie ihn Marx nennt, suchte Ricardo nach Wahrheit und bewahrte sich die echte Bescheidenheit eines großen Denkers.(1) Daß Sismondis Polemik gegen ihn selbst wie gegen sei- nen "Schüler" auf Ricardo einen tiefen Eindruck gemacht hatte, beweist die Frontänderung Ricardos in der Frage über die Wirkung der Maschinen. Hier gerade gebührt Sismondi das Verdienst, zum erstenmal der klassischen Harmonielehre die andere Seite der Medaille vor die Augen geführt zu haben. Im Buch IV seiner "Nouveaux principes", im Kapitel VII: "Von der Teilung der Arbeit und von den Maschinen", wie im Buche VII, Kapitel VII, das den bezeichnenden Titel führt: "Maschinen schaffen eine überflüssige Bevölkerung", hatte Sismondi die von den Apologeten Ricardos breitgetretene Lehre angegriffen, als schufen die Maschinen immer ebensoviel oder noch mehr Arbeitsgelegenheit für die Lohnarbeiter, wie sie ihnen durch Verdrängung der lebendigen Arbeit wegnahmen. Gegen diese sogenannte Kompensationstheorie wandte sich Sismondi mit aller Schärfe. Seine "Nouveaux principes" waren 1819 erschienen - zwei Jahre nach dem Hauptwerk Ricardos. In der dritten Ausgabe seiner "Principles" im Jahre 1821, also bereits nach der Polemik zwischen MacCulloch und Sismondi, schaltete Ricardo ein neues Kapitel (Einunddreißigstes Hauptstück der Baumstarkschen Übersetzung, zweite Auflage, 1877) ein, wo er freimütig seinen Irrtum bekennt und ganz im Sinne Sismondis erklärt, "daß die Meinung der Arbeiterklasse, die Anwendung von Maschinen sei ihren Interessen häufig verderblich, nicht auf Vorurteil und Irrtum beruht, sondern mit den richtigen Grundgesetzen der Volks- und Staatswirtschaft übereinstimmt". Dabei sieht er sich genau wie Sismondi veranlaßt, sich gegen den Verdacht zu verwahren, als eifere er gegen den technischen Fortschritt, salviert sich aber - weniger rücksichtslos als Sismondi - durch die Ausflucht, daß das Übel nur allmählich auftrete: "Um das Grundgesetz zu beleuchten, habe ich angenommen, daß das verbesserte Maschinenwesen urplötzlich auf einmal entdeckt und in ganzer Ausdehnung angewendet worden sei. Aber in der Wirklichkeit treten diese Entdeckungen nach und nach auf und wirken mehr auf Anwendung des schon ersparten und angesammelten Kapitals als auf Zurückziehung von Kapital aus bisheriger Anlage." file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR84.062/lu/lu05/lu05_166.htm (1 of 6) [19.07.2004 21:11:26]

file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR84.062/lu/lu05/lu05_166.htm Doch auch das Problem der Krisen und der Akkumulation ließ Ricardo keine Ruhe. Im letzten Jahre seines Lebens, 1823, blieb er einige Tage in Genf, um mit Sismondi persönlich über diesen Gegenstand zu debattieren, und als Frucht jener Gespräche erschien im Mai 1824 in der "Revue ency- clopédique" der Aufsatz Sismondis " Sur la balance des consommations avec les productions".(2) Ricardo hatte in seinen "Principles" in der entscheidenden Frage gänzlich die Harmonielehre über das Verhältnis zwischen Produktion und Konsumtion von dem faden Say übernommen. Im Kapitel XXI sagt er: "Say hat genügend nachgewiesen, daß es kein noch so großes Kapital gibt, das nicht in einem Lande angewandt werden könnte, denn die Nachfrage findet nur in der Produktion ihre Grenzen. Niemand produziert außer in der Absicht, sein Produkt selbst zu konsumieren oder es zu verkaufen, und jeder verkauft nur in der Absicht, andere Güter zu kaufen, welche für ihn unmittelbar zur Konsumtion dienen oder aber dazu, in einer künftigen Produktion angewendet zu werden. Derjenige, der produziert, wird also notwendig entweder selbst Konsument seines Produktes oder Käufer und Konsument der Produkte anderer." Gegen diese Auffassung Ricardos polemisierte Sismondi heftig schon in seinen "Nouveaux principes", und die mündliche Debatte drehte sich ganz um die obige Frage. Die Tatsache der Krise, die eben erst in England und in anderen Ländern vorübergezogen war, konnte Ricardo nicht bestreiten. Es handelte sich bloß um ihre Erklärung. Bemerkenswert ist dabei die klare und präzise Stellung des Problems, auf die sich Sismondi mit Ricardo eingangs ihrer Debatte geeinigt harte: Sie eliminierten beide die Frage des auswärtigen Handels. Sismondi begriff wohl die Bedeutung und die Notwendigkeit des auswärtigen Handels für die kapitalistische Produktion und ihr Ausdehnungsbedürfnis. Darin stand er der Ricardoschen Freihandelsschule in nichts nach. Ja, er überragte sie bedeutend durch die dialektische Auffassung dieser Expansionstendenz des Kapitals, er sprach offen heraus, daß die Industrie "genötigt wird, auf fremden Märkten ihre Absatzwege zu suchen, wo noch größere Umwälzungen sie bedrohen"(3), er prophezeite, wie wir gesehen, das Erstehen einer gefähr- lichen Konkurrenz für die europäische Industrie in den überseeischen Ländern, was um das Jahr 1820 immerhin eine ganz achtbare Leistung war, die den tiefen Blick Sismondis für die weltwirtschaftlichen Beziehungen des Kapitals verriet. Bei alledem war Sismondi weit davon entfernt, das Problem der Realisierung des Mehrwerts, das Problem der Akkumulation von dem auswärtigen Handel als der einzigen Rettungsmöglichkeit abhängig zu machen, wie ihm das spätere Kritiker einzureden suchten. Im Gegenteil, Sismondi sagt selbst ausdrücklich gleich im Buch II, Kapitel VI: "Um diesen Berechnungen mit größerer Leichtigkeit folgen zu können und zur Vereinfachung dieser Fragen haben wir bis jetzt vollständig von dem auswärtigen Handel abgesehen und angenommen, daß eine Nation ganz allein für sich dastehe; die menschliche Gesellschaft ist selbst diese einzeln dastehende Nation, und alles, was bei einer Nation ohne Handel wahr ist, ist ebenso wahr beim Menschengeschlecht." Mit anderen Worten: Sismondi stellte sein Problem genau unter denselben Voraussetzungen wie später Marx: indem er den ganzen Weltmarkt als eine ausschließlich kapitalistisch produzierende Gesellschaft betrachtete. Auf diese Voraussetzungen einigte er sich auch mit Ricardo: "Wir schieden beide", sagt er, "aus der Frage den Fall aus, in dem eine Nation mehr den Fremden verkaufte, als sie von ihnen kaufte und so für eine wachsende Produktion im Innern einen wachsenden Markt nach außen fand ... Wir haben nicht die Frage zu entscheiden, ob Wechselfälle eines Krieges oder der Politik einer Nation nicht neue Verbraucher verschaffen können: Man muß beweisen, daß sie sie sich selbst schafft, wenn sie ihre Produktion file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR84.062/lu/lu05/lu05_166.htm (2 of 6) [19.07.2004 21:11:26]

file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR84.062/lu/lu05/lu05_166.htm<br />

Doch auch das Problem der Krisen und der <strong>Akkumulation</strong> ließ Ricardo keine Ruhe. Im letzten Jahre<br />

seines Lebens, 1823, blieb er einige Tage in Genf, um mit Sismondi persönlich über diesen Gegenstand<br />

zu debattieren, und als Frucht jener Gespräche erschien im Mai 1824 in der "Revue ency- <br />

clopédique" der Aufsatz Sismondis " Sur la balance <strong>des</strong> consommations avec les productions".(2)<br />

Ricardo hatte in seinen "Principles" in der entscheidenden Frage gänzlich die Harmonielehre über das<br />

Verhältnis zwischen Produktion und Konsumtion von dem faden Say übernommen. Im Kapitel XXI sagt<br />

er: "Say hat genügend nachgewiesen, daß es kein noch so großes Kapital gibt, das nicht in einem Lande<br />

angewandt werden könnte, denn die Nachfrage findet nur in der Produktion ihre Grenzen. Niemand<br />

produziert außer in der Absicht, sein Produkt selbst zu konsumieren oder es zu verkaufen, und jeder<br />

verkauft nur in der Absicht, andere Güter zu kaufen, welche für ihn unmittelbar zur Konsumtion dienen<br />

oder aber dazu, in einer künftigen Produktion angewendet zu werden. Derjenige, der produziert, wird<br />

also notwendig entweder selbst Konsument seines Produktes oder Käufer und Konsument der Produkte<br />

anderer."<br />

Gegen diese Auffassung Ricardos polemisierte Sismondi heftig schon in seinen "Nouveaux principes",<br />

und die mündliche Debatte drehte sich ganz um die obige Frage. <strong>Die</strong> Tatsache der Krise, die eben erst in<br />

England und in anderen Ländern vorübergezogen war, konnte Ricardo nicht bestreiten. Es handelte sich<br />

bloß um ihre Erklärung. Bemerkenswert ist dabei die klare und präzise Stellung <strong>des</strong> Problems, auf die<br />

sich Sismondi mit Ricardo eingangs ihrer Debatte geeinigt harte: Sie eliminierten beide die Frage <strong>des</strong><br />

auswärtigen Handels. Sismondi begriff wohl die Bedeutung und die Notwendigkeit <strong>des</strong> auswärtigen<br />

Handels für die kapitalistische Produktion und ihr Ausdehnungsbedürfnis. Darin stand er der<br />

Ricardoschen Freihandelsschule in nichts nach. Ja, er überragte sie bedeutend durch die dialektische<br />

Auffassung dieser Expansionstendenz <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, er sprach offen heraus, daß die Industrie "genötigt<br />

wird, auf fremden Märkten ihre Absatzwege zu suchen, wo noch größere Umwälzungen sie<br />

bedrohen"(3), er prophezeite, wie wir gesehen, das Erstehen einer gefähr- lichen Konkurrenz für<br />

die europäische Industrie in den überseeischen Ländern, was um das Jahr 1820 immerhin eine ganz<br />

achtbare Leistung war, die den tiefen Blick Sismondis für die weltwirtschaftlichen Beziehungen <strong>des</strong><br />

<strong>Kapitals</strong> verriet. Bei alledem war Sismondi weit davon entfernt, das Problem der Realisierung <strong>des</strong><br />

Mehrwerts, das Problem der <strong>Akkumulation</strong> von dem auswärtigen Handel als der einzigen<br />

Rettungsmöglichkeit abhängig zu machen, wie ihm das spätere Kritiker einzureden suchten. Im<br />

Gegenteil, Sismondi sagt selbst ausdrücklich gleich im Buch II, Kapitel VI: "Um diesen Berechnungen<br />

mit größerer Leichtigkeit folgen zu können und zur Vereinfachung dieser Fragen haben wir bis jetzt<br />

vollständig von dem auswärtigen Handel abgesehen und angenommen, daß eine Nation ganz allein für<br />

sich dastehe; die menschliche Gesellschaft ist selbst diese einzeln dastehende Nation, und alles, was bei<br />

einer Nation ohne Handel wahr ist, ist ebenso wahr beim Menschengeschlecht." Mit anderen Worten:<br />

Sismondi stellte sein Problem genau unter denselben Voraussetzungen wie später Marx: indem er den<br />

ganzen Weltmarkt als eine ausschließlich kapitalistisch produzierende Gesellschaft betrachtete. Auf diese<br />

Voraussetzungen einigte er sich auch mit Ricardo: "Wir schieden beide", sagt er, "aus der Frage den Fall<br />

aus, in dem eine Nation mehr den Fremden verkaufte, als sie von ihnen kaufte und so für eine wachsende<br />

Produktion im Innern einen wachsenden Markt nach außen fand ... Wir haben nicht die Frage zu<br />

entscheiden, ob Wechselfälle eines Krieges oder der Politik einer Nation nicht neue Verbraucher<br />

verschaffen können: Man muß beweisen, daß sie sie sich selbst schafft, wenn sie ihre Produktion<br />

file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR84.062/lu/lu05/lu05_166.htm (2 of 6) [19.07.2004 21:11:26]

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!