Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin

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30.12.2012 Aufrufe

file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR73.500/lu/lu05/lu05_138.htm allen seinen Vermögensbeziehungen den größten Zuckungen ausgesetzt, wenn ein feindlicher Einfall oder eine Revolution den Kredit der Nationalbank erschüttert. Die englische Nation hat es für sparsamer befunden, auf die Bodenbestellungsarten zu verzichten, die viel Handarbeit erfordern, und hat die Hälfte der Landbebauer, die seine Felder bewohnten, verabschiedet ebenso wie die Handwerker in den Städten; die Weber machen Platz den 'power looms' (Dampfwebstuhl) und erliegen heute dem Hunger; sie hat es für sparsamer befunden, alle Arbeiter auf den niedrigsten Lohn zu setzen, mit dem sie leben können, so daß die Arbeiter, die nur noch Proletarier sind, keine Furcht hegen, sich in ein noch tieferes Elend zu stützen, wenn sie immer zahlreichere Familien aufziehen; sie hat es für sparsamer befunden, die Irländer nur mit Kartoffeln zu nähren und ihnen nur Lumpen zur Kleidung zu geben, und so bringt jedes Schiff täglich Legionen Irländer, die zu billigerem Preise arbeiten als die Engländer und diese aus allen Gewerben vertreiben. Was sind also die Früchte dieses ungeheuren angehäuften Reichtums? Haben sie eine andere Wirkung gehabt, als die Sorgen, die Entbehrungen, die Gefahr eines vollständigen Untergangs allen Klassen mitzuteilen? Hat England, als es die Menschen über den Dingen vergaß, nicht den Zweck den Mitteln geopfert?"(2) Man muß gestehen, daß dieser der kapitalistischen Gesellschaft vor bald hundert Jahren vorgehaltene Spiegel an Deutlichkeit wie an Vollständigkeit nichts zu wünschen übrigläßt. Sismondi legt den Finger in alle wunden Stellen der bürgerlichen Ökonomie: Ruin des Kleingewerbes, Entvölkerung des platten Landes, Proletarisierung der Mittelschichten, Verelendung der Arbeiter, Verdrängung der Arbeiter durch Maschinerie, Arbeitslosigkeit, Gefahren des Kreditsystems, soziale Kontraste, Unsicherheit der Existenz, Krisen, Anarchie. Seine herbe und eindringliche Skepsis fiel namentlich wie ein schriller Mißton in den satten Optimismus der vulgärökonomischen Harmonieduselei, die sich bereits in England wie in Frankreich in den Personen dort MacCullochs, hier J. B. Says breitmachte und die ganze offizielle Wissenschaft beherrschte. Man kann sich leicht vorstellen. welchen tiefen und peinlichen Eindruck Äußerungen machen mußten wie die folgenden: "Der Luxus ist nur möglich, wenn man ihn mit der Arbeit eines anderen kauft, angestrengte Arbeit ohne Erholung ist nur möglich, wenn man sich nicht leichtfertigen Tand, sondern Lebensbedürfnisse verschaffen will." (Bd. I, S.60.) "Obgleich die Erfindung der Maschinen, die die Kräfte des Menschen vervielfacht, eine Wohltat für die Menschen ist, verwandelt die ungerechte Verteilung ihrer Wohltaten sie in Geißeln der Armen." (Bd. I, S. XXI.) "Der Profit des Unternehmers ist nichts als ein Raub an dem Arbeiter, er gewinnt nicht, weil sein Unternehmen viel mehr einbringt, als es kostet, sondern weil er nicht bezahlt, was es kostet, weil er dem Arbeiter einen genügenden Entgelt für seine Arbeit nicht gewährt. Eine solche Industrie ist ein gesellschaftliches Übel, sie stößt diejenigen, welche arbeiten, in das äußerste Elend, während sie nur den gewöhnlichen Kapitalprofit dem Leiter zu gewähren vorgibt." (Bd. I, S. 71.) "Von denen, die sich in das Nationaleinkommen teilen, erwerben die einen jedes Jahr ein neues Recht auf dasselbe durch eine neue Arbeit, die anderen haben von alters her ein dauerndes Recht durch eine file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR73.500/lu/lu05/lu05_138.htm (4 of 14) [19.07.2004 21:09:38]

file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR73.500/lu/lu05/lu05_138.htm frühere Arbeit erworben, welche die jährliche Arbeit lohnender gemacht hat." (Bd. I, S.86.) "Nichts kann verhindern, daß jede neue Erfindung in der angewandten Mechanik nicht die arbeitende Bevölkerung vermindert. Dieser Gefahr ist sie stets ausgesetzt, und die bürgerliche Gesellschaft kennt kein Mittel dagegen." (Bd. II, S. 258.) "Ohne Zweifel wird eine Zeit kommen, in der unsere Enkel uns als nicht minder barbarisch ansehen werden, weil wir die arbeitenden Klassen ohne Garantie gelassen haben, wie sie und wir selbst die Nationen als barbarisch ansehen, die diese selben Klassen als Sklaven behandelt haben." (Bd. II, S. 337.) Sismondi geht also in seiner Kritik aufs Ganze; er lehnt jede Schönfärberei und jede Ausflucht ab, die etwa die von ihm aufgezeigten Schattenseiten der kapitalistischen Bereicherung bloß als temporäre Schäden einer Übergangsperiode zu entschuldigen suchte, und er schließt seine Untersuchung mit der folgenden Bemerkung gegen Say: "Seit sieben Jahren habe ich diese Krankheit des sozialen Körpers dargelegt, sieben Jahre hat sie nicht aufgehört zuzunehmen. Ich kann in einem so fortgesetzten Leiden nicht nur Unbequemlichkeiten sehen, die stets die Übergänge begleiten, und ich glaube dadurch, daß ich auf den Ursprung des Einkommens zurückgegangen bin, gezeigt zu haben, daß die Übel, unter denen wir leiden, die notwendige Folge der Fehler unserer Organisation sind, die keineswegs nahe daran sind aufzuhören."(3) Die Quelle aller Übel sieht Sismondi nämlich in dem Mißverhältnis zwischen der kapitalistischen Produktion und der durch sie bedingten Einkommensverteilung, und hier greift er in das uns interessierende Problem der Akkumulation ein. Das Leitmotiv seiner Kritik gegenüber der klassischen Ökonomie ist dies: Die kapitalistische Produktion wird ermuntert zur schrankenlosen Erweiterung ohne jede Rücksicht auf die Konsumtion, diese aber ist bemessen durch das Einkommen. "Alle neueren Volkswirte", sagt er, "haben tatsächlich anerkannt, daß das öffentliche Vermögen, insofern es nur die Zusammensetzung des Privatvermögens ist, durch dieselben Vorgänge wie das jedes Privatmannes entsteht, sich vermehrt, verteilt wird, zugrunde geht. Alle wußten gar wohl, daß bei einem Privatvermögen der Teil, der ganz besonders beachtet werden muß, das Einkommen ist, daß nach dem Einkommen der Verbrauch oder die Ausgabe sich richten muß, wenn man nicht das Kapital zerstören will. Da aber in dem öffentlichen Vermögen aus dem Kapital des einen das Einkommen des anderen wird, waren sie in Verlegenheit zu entscheiden, was Kapital ist und was Einkommen, und haben es deshalb für das einfachste gehalten, das letztere vollständig bei ihren Berechnungen beiseite zu lassen. Durch die Unterlassung der Bestimmung einer so wesentlichen Menge sind Say und Ricardo zu dem Glauben gelangt, daß der Verbrauch eine unbegrenzte Macht sei oder wenigstens daß seine Grenzen lediglich durch die Produktion bestimmt werden, während er doch tatsächlich durch das Einkommen begrenzt wird. Sie haben gemeint, daß jeder produzierte Reichtum stets Verbraucher finde, und sie haben die Produzenten zu dieser Überfüllung der Märkte ermutigt, die heute das Elend der gesitteten Welt ausmacht, anstatt daß sie die Produzenten hätten darauf hinweisen sollen, daß sie nur auf Verbraucher rechnen können, die ein Einkommen haben."(4) file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR73.500/lu/lu05/lu05_138.htm (5 of 14) [19.07.2004 21:09:38]

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allen seinen Vermögensbeziehungen den größten Zuckungen ausgesetzt, wenn ein feindlicher <strong>Ein</strong>fall<br />

oder eine Revolution den Kredit der Nationalbank erschüttert. <strong>Die</strong> englische Nation hat es für sparsamer<br />

befunden, auf die Bodenbestellungsarten zu verzichten, die viel Handarbeit erfordern, und hat die Hälfte<br />

der Landbebauer, die seine Felder bewohnten, verabschiedet ebenso wie die Handwerker in den Städten;<br />

die Weber machen Platz den 'power looms' (Dampfwebstuhl) und erliegen heute dem Hunger; sie hat es<br />

für sparsamer befunden, alle Arbeiter auf den niedrigsten Lohn zu setzen, mit dem sie leben können, so<br />

daß die Arbeiter, die nur noch Proletarier sind, keine Furcht hegen, sich in ein noch tieferes Elend zu<br />

stützen, wenn sie immer zahlreichere Familien aufziehen; sie hat es für sparsamer befunden, die Irländer<br />

nur mit Kartoffeln zu nähren und ihnen nur Lumpen zur Kleidung zu geben, und so bringt je<strong>des</strong> Schiff<br />

täglich Legionen Irländer, die zu billigerem Preise arbeiten als die Engländer und diese aus allen<br />

Gewerben vertreiben. Was sind also die Früchte dieses ungeheuren angehäuften Reichtums? Haben sie<br />

eine andere Wirkung gehabt, als die Sorgen, die Entbehrungen, die Gefahr eines vollständigen<br />

Untergangs allen Klassen mitzuteilen? Hat England, als es die Menschen über den Dingen vergaß, nicht<br />

den Zweck den Mitteln geopfert?"(2)<br />

Man muß gestehen, daß dieser der kapitalistischen Gesellschaft vor bald hundert Jahren vorgehaltene<br />

Spiegel an Deutlichkeit wie an Vollständigkeit nichts zu wünschen übrigläßt. Sismondi legt den Finger in<br />

alle wunden Stellen der bürgerlichen Ökonomie: Ruin <strong>des</strong> Kleingewerbes, Entvölkerung <strong>des</strong> platten<br />

Lan<strong>des</strong>, Proletarisierung der Mittelschichten, Verelendung der Arbeiter, Verdrängung der Arbeiter durch<br />

Maschinerie, Arbeitslosigkeit, Gefahren <strong>des</strong> Kreditsystems, soziale Kontraste, Unsicherheit der Existenz,<br />

Krisen, Anarchie. Seine herbe und eindringliche Skepsis fiel namentlich wie ein schriller Mißton in den<br />

satten Optimismus der vulgärökonomischen Harmonieduselei, die sich bereits in England wie in<br />

Frankreich in den Personen dort MacCullochs, hier J. B. Says breitmachte und die ganze offizielle<br />

Wissenschaft beherrschte. Man kann sich leicht vorstellen. welchen tiefen und peinlichen <strong>Ein</strong>druck<br />

Äußerungen machen mußten wie die folgenden:<br />

"Der Luxus ist nur möglich, wenn man ihn mit der Arbeit eines anderen kauft, angestrengte<br />

Arbeit ohne Erholung ist nur möglich, wenn man sich nicht leichtfertigen Tand, sondern<br />

Lebensbedürfnisse verschaffen will." (Bd. I, S.60.)<br />

"Obgleich die Erfindung der Maschinen, die die Kräfte <strong>des</strong> Menschen vervielfacht, eine Wohltat für die<br />

Menschen ist, verwandelt die ungerechte Verteilung ihrer Wohltaten sie in Geißeln der Armen." (Bd. I,<br />

S. XXI.)<br />

"Der Profit <strong>des</strong> Unternehmers ist nichts als ein Raub an dem Arbeiter, er gewinnt nicht, weil sein<br />

Unternehmen viel mehr einbringt, als es kostet, sondern weil er nicht bezahlt, was es kostet, weil er dem<br />

Arbeiter einen genügenden Entgelt für seine Arbeit nicht gewährt. <strong>Ein</strong>e solche Industrie ist ein<br />

gesellschaftliches Übel, sie stößt diejenigen, welche arbeiten, in das äußerste Elend, während sie nur den<br />

gewöhnlichen Kapitalprofit dem Leiter zu gewähren vorgibt." (Bd. I, S. 71.)<br />

"Von denen, die sich in das Nationaleinkommen teilen, erwerben die einen je<strong>des</strong> Jahr ein neues Recht<br />

auf dasselbe durch eine neue Arbeit, die anderen haben von alters her ein dauern<strong>des</strong> Recht durch eine<br />

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