Rosa Luxemburg Die Akkumulation des Kapitals Ein ... - Attac Berlin

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file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR73.500/lu/lu05/lu05_138.htm den berichteten über Verluste der englischen Warenhändler. In Italien, Deutschland, Rußland, in Brasilien schlugen die Engländer ihre Warenvorräte einem Verlust von 1/4 bis 3/4 los. 1818 beklagte man sich am Kap der Guten Hoffnung, daß alle Läden mit europäischen Waren angefüllt waren, die man zu niedrigeren Preisen als in Europa anbot, ohne sie loswerden zu können. Aus Kalkutta ertönten ähnliche Klagen. Ganze Warenladungen kamen aus Neuholland nach England zurück. In den Vereinigten Staaten gab es nach dem Reisebericht eines Zeitgenossen "von einem Ende dieses ungeheuren und so wohlhabenden Festlandes bis zum anderen keine Stadt, keinen Marktflecken, in dem die Menge der zum Verkaufe ausliegenden Waren die Mittel der Käufer nicht bedeutend überstiege, obgleich die Verkäufer sich bemühten, durch sehr lange Kredite und zahlreiche Arten von Zahlungserleichterungen, durch Abzahlungen und Annahme von Waren an Zahlungs Statt die Kunden anzulocken". Gleichzeitig ertönte in England der Verzweiflungsschrei der Arbeiter. In der "Edinburgh Review" vom Mai 1820 ist die Adresse der Strumpfwirker von Nottingham angeführt, die folgende Worte enthält: "Bei einer vierzehn- bis sechzehnstündigen täglichen Arbeit verdienen wir nur vier bis sieben Schilling die Woche, von welchem Verdienst wir unsere Frauen und Kinder ernähren müssen. Wir stellen ferner fest, daß, trotzdem wir Brot und Wasser oder Kartoffeln mit Salz an Stelle der gesünderen Nahrung haben setzen müssen, welche ehemals stets reichlich auf den englischen Tischen zu sehen war, wir nach der ermüdenden Arbeit eines ganzen Tages häufig gezwungen gewesen sind, unsere Kinder hungrig zu Bett zu schicken um ihr Schreien nach Brot nicht zu hören. Wir erklären auf das feierlichste, daß wir während der letzten achtzehn Monate kaum je das Gefühl der Sättigung gehabt haben."(1) Fast gleichzeitig erhoben dann ihre Stimme zu einer wuchtigen Anklage gegen die kapitalistische Gesellschaft Owen in England und Sismondi in Frankreich. Während Owen jedoch, als praktischer Engländer und als Bürger des ersten Industriestaates, sich zum Wortführer einer großzügigen sozialen Reform machte, verlief sich der schweizerische Kleinbürger in breite Anklagen gegen die Unvollkommenheiten der bestehenden Gesellschaftsordnung und gegen die klassische Ökonomie. Doch dadurch gerade hat Sismondi der bürgerlichen Ökonomie viel härtere Nüsse zu knacken gegeben als Owen, dessen fruchtbare praktische Wirksamkeit sich direkt an das Proletariat wendete. Daß es England und namentlich die erste englische Krise war, wovon Sismondi zu seiner sozialen Kritik Anstoß erhielt, schildert er uns selbst ausführlich in der Vorrede zur 2. Auflage seiner "Nouveaux principes d'économie politique ou de la richesse dans ses rapports avec la population". (Die erste Auflage ist 1819, die zweite acht Jahre später erschienen.) "In England war es, wo ich diese Aufgabe gelöst habe. England hat die berühmtesten Volkswirte hervorgebracht. Ihre Lehren werden dort heute noch mit einer verdoppelten Wärme vorgetragen ... Der allgemeine Wettbewerb oder der Wunsch, immer mehr zu produzieren und zu immer billigerem Preise, ist seit langer Zeit das in England maßgebende System. Ich habe dieses System als gefährlich angegriffen, dies System, das Englands Industrie die ungeheuerlichsten Fortschritte hat machen lassen, aber das in seinem Verlauf die Arbeiter in ein erschreckendes Elend gestürzt hat. Neben diese Zuckungen des Reichtums habe ich geglaubt mich stellen zu sollen, um meine Ausführungen noch einmal zu file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR73.500/lu/lu05/lu05_138.htm (2 of 14) [19.07.2004 21:09:38]

file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR73.500/lu/lu05/lu05_138.htm überlegen und sie mit den Tatsachen zu vergleichen. Das Studium Englands hat mich in meinen 'neuen Grundsätzen' befestigt. In diesem überraschenden Lande, das eine große Erfahrung zur Belehrung der übrigen Welt in sich zu bergen scheint, habe ich die Produktion zunehmen und die Genüsse abnehmen sehen. Die Masse der Bevölkerung scheint dort ebenso wie die Philosophen zu vergessen, daß das Anwachsen der Reichtümer nicht der Zweck der politischen Ökonomie ist, sondern das Mittel, dessen sie sich bedient, um das Glück aller zu fördern. Ich habe dieses Glück in allen Klassen gesucht, es aber nirgends finden können. Tatsächlich ist die hohe englische Aristokratie bei einem Grad des Reichtums und des Luxus angelangt, der alles übersteigt, was man bei allen übrigen Völkern zu sehen bekommt. Indessen erfreut sie sich selbst nicht der Fülle, die sie auf Kosten der anderen Klassen erworben zu haben scheint; es mangelt ihr die Sicherheit: Entbehrung macht sich in jeder Familie noch mehr bemerkbar als der Überfluß ... Unter dieser betitelten und nicht betitelten Aristokratie nimmt der Handel eine hervorragende Stellung ein, seine Unternehmungen umfassen die ganze Welt, seine Angestellten bieten dem Polareise und der Hitze des Äquators Trotz, während jeder der Chefs, die sich auf der Börse versammeln, über Millionen gebietet. Zu gleicher Zeit stellen in allen Straßen Londons sowie in denen der anderen großen Städte Englands die Läden Waren zur Schau, die dem Verbrauch des Weltalls genügen würden. Bringt aber der Reichtum dem englischen Händler die Art von Glück, die er zu gewähren imstande ist? Nein, in keinem Lande sind die Bankrotte so häufig. Nirgends werden diese ungeheuren Vermögen, von denen jedes für eine öffentliche Anleihe zur Erhaltung eines Reiches oder einer Republik ausreichen würde, mit solcher Schnelligkeit in alle Winde zerstreut. Alle beklagen sich, daß die Geschäfte nicht ausreichend, daß sie schwierig und wenig einträglich sind. Vor wenigen Jahren haben zwei schreckliche Krisen einen Teil der Bankiers zugrunde gerichtet, und die Verheerung hat sich auf alle englischen Manufakturen erstreckt. Zu gleicher Zeit hat eine andere Krise die Pächter zugrunde gerichtet und hat ihre Rückwirkung den Kleinhandel fühlen lassen. Andererseits ist dieser Handel trotz seiner ungeheuren Ausdehnung nicht imstande, jungen Leuten einen Platz zu bieten; alle Stellen sind besetzt, und in den oberen Schichten der Gesellschaft wie in den niederen bietet der größre Teil vergebens seine Arbeit an, ohne einen Lohn erhalten zu können. Hat dieser nationale Wohlstand, dessen materielle Fortschritte alle Augen blenden, hat dieser endlich zum Vorteil der Armen gedient? Nichts weniger als das. In England hat das Volk ebensowenig Behaglichkeit in der Gegenwart wie die Sicherung für die Zukunft. Keine Bauern gibt es mehr auf dem Lande; man hat sie gezwungen, Taglöhnern Platz zu machen; fast keine Handwerker mehr in den Städten oder unabhängige Kleinindustrielle, sondern nur Fabrikarbeiter. Der Industrielle (soll heißen Lohnarbeiter - R. L.), um ein Wort anzuwenden, das dieses System selbst aufgebracht hat, weiß nicht mehr, was es heißt, einen Beruf zu haben, er erhält einfach Lohn, und da dieser Lohn ihm nicht gleichmäßig zu allen Zeiten genügen kann ist er fast in jedem Jahr gezwungen, von der Börse der Armen ein Almosen zu erbitten. Diese reiche Nation hat es für vorteilhafter befunden, alles Gold und Silber, das sie besaß, zu verkaufen, zu Anweisungen überzugehen und ihren ganzen Umlauf mittels Papier zu bewirken. Sie hat sich so freiwillig des bedeutendsten Vorteils des Zahlmittels beraubt, der Beständigkeit des Preises; die Inhaber von Anweisungen auf Provinzialbanken laufen täglich Gefahr, durch häufige und gewissermaßen epidemisch auftretende Bankrotte der Bankiers zugrunde gerichtet zu werden, und der ganze Staat ist in file:///C|/DOKUME~1/peter1/LOKALE~1/Temp/Rar$DR73.500/lu/lu05/lu05_138.htm (3 of 14) [19.07.2004 21:09:38]

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überlegen und sie mit den Tatsachen zu vergleichen.<br />

Das Studium Englands hat mich in meinen 'neuen Grundsätzen' befestigt. In diesem überraschenden<br />

Lande, das eine große Erfahrung zur Belehrung der übrigen Welt in sich zu bergen scheint, habe ich die<br />

Produktion zunehmen und die Genüsse abnehmen sehen. <strong>Die</strong> Masse der Bevölkerung scheint dort ebenso<br />

wie die Philosophen zu vergessen, daß das Anwachsen der Reichtümer nicht der Zweck der politischen<br />

Ökonomie ist, sondern das Mittel, <strong>des</strong>sen sie sich bedient, um das Glück aller zu fördern. Ich habe dieses<br />

Glück in allen Klassen gesucht, es aber nirgends finden können. Tatsächlich ist die hohe englische<br />

Aristokratie bei einem Grad <strong>des</strong> Reichtums und <strong>des</strong> Luxus angelangt, der alles übersteigt, was man bei<br />

allen übrigen Völkern zu sehen bekommt. In<strong>des</strong>sen erfreut sie sich selbst nicht der Fülle, die sie auf<br />

Kosten der anderen Klassen erworben zu haben scheint; es mangelt ihr die Sicherheit: Entbehrung macht<br />

sich in jeder Familie noch mehr bemerkbar als der Überfluß ... Unter dieser betitelten und nicht<br />

betitelten Aristokratie nimmt der Handel eine hervorragende Stellung ein, seine Unternehmungen<br />

umfassen die ganze Welt, seine Angestellten bieten dem Polareise und der Hitze <strong>des</strong> Äquators Trotz,<br />

während jeder der Chefs, die sich auf der Börse versammeln, über Millionen gebietet. Zu gleicher Zeit<br />

stellen in allen Straßen Londons sowie in denen der anderen großen Städte Englands die Läden Waren<br />

zur Schau, die dem Verbrauch <strong>des</strong> Weltalls genügen würden. Bringt aber der Reichtum dem englischen<br />

Händler die Art von Glück, die er zu gewähren imstande ist? Nein, in keinem Lande sind die Bankrotte<br />

so häufig. Nirgends werden diese ungeheuren Vermögen, von denen je<strong>des</strong> für eine öffentliche Anleihe<br />

zur Erhaltung eines Reiches oder einer Republik ausreichen würde, mit solcher Schnelligkeit in alle<br />

Winde zerstreut. Alle beklagen sich, daß die Geschäfte nicht ausreichend, daß sie schwierig und wenig<br />

einträglich sind. Vor wenigen Jahren haben zwei schreckliche Krisen einen Teil der Bankiers zugrunde<br />

gerichtet, und die Verheerung hat sich auf alle englischen Manufakturen erstreckt. Zu gleicher Zeit hat<br />

eine andere Krise die Pächter zugrunde gerichtet und hat ihre Rückwirkung den Kleinhandel fühlen<br />

lassen. Andererseits ist dieser Handel trotz seiner ungeheuren Ausdehnung nicht imstande, jungen Leuten<br />

einen Platz zu bieten; alle Stellen sind besetzt, und in den oberen Schichten der Gesellschaft wie in den<br />

niederen bietet der größre Teil vergebens seine Arbeit an, ohne einen Lohn erhalten zu können.<br />

Hat dieser nationale Wohlstand, <strong>des</strong>sen materielle Fortschritte alle Augen blenden, hat dieser endlich<br />

zum Vorteil der Armen gedient? Nichts weniger als das. In England hat das Volk ebensowenig<br />

Behaglichkeit in der Gegenwart wie die Sicherung für die Zukunft. Keine Bauern gibt es mehr auf dem<br />

Lande; man hat sie gezwungen, Taglöhnern Platz zu machen; fast keine Handwerker mehr in den Städten<br />

oder unabhängige Kleinindustrielle, sondern nur Fabrikarbeiter. Der Industrielle (soll heißen<br />

Lohnarbeiter - R. L.), um ein Wort anzuwenden, das dieses System selbst aufgebracht hat, weiß nicht<br />

mehr, was es heißt, einen Beruf zu haben, er erhält einfach Lohn, und da dieser Lohn ihm nicht<br />

gleichmäßig zu allen Zeiten genügen kann ist er fast in jedem Jahr gezwungen, von der Börse der Armen<br />

ein Almosen zu erbitten.<br />

<strong>Die</strong>se reiche Nation hat es für vorteilhafter befunden, alles Gold und Silber, das sie besaß, zu verkaufen,<br />

zu Anweisungen überzugehen und ihren ganzen Umlauf mittels Papier zu bewirken. Sie hat sich so<br />

freiwillig <strong>des</strong> bedeutendsten Vorteils <strong>des</strong> Zahlmittels beraubt, der Beständigkeit <strong>des</strong> Preises; die<br />

Inhaber von Anweisungen auf Provinzialbanken laufen täglich Gefahr, durch häufige und gewissermaßen<br />

epidemisch auftretende Bankrotte der Bankiers zugrunde gerichtet zu werden, und der ganze Staat ist in<br />

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