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„Diagnose: Rett-Syndrom“ – und dann? - bei föpäd.net

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Brügelmann ist der Ansicht, dass der Schriftspracherwerbsprozess tiefgreifende<br />

gedankliche Veränderungen in der Vorstellungswelt des Kindes hervorruft.<br />

Schulanfänger müssen lernen, „daß Buchstaben willkürliche Zeichen für Laute sind<br />

<strong>und</strong> daß ihre Lage im Raum ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal darstellt“ (vgl.<br />

Brügelmann 1992, 19). Es wäre absurd zu glauben, so Ferreiro <strong>und</strong> Teberosky, dass<br />

Kinder, die in einer urbanen Umgebung aufwachsen, wo Schrift überall vorhanden<br />

ist (auf Spielzeugen, Werbeplakaten, Straßenschildern, auf der Kleidung <strong>und</strong> im<br />

Fernsehen), keine Ideen über diese Kulturtechnik entwickeln, bevor sie in die Schule<br />

kommen (vgl. Ferreiro/Teberosky 1986, 12). Auch <strong>bei</strong> den Mädchen mit <strong>Rett</strong>-<br />

Syndrom gehen wir davon aus, dass bestimmte Wortbilder, wie z.B. Mama oder der<br />

eigene Name, im Alter von etwa fünf Jahren erkannt werden.<br />

Koppenhaver et. al. zufolge beginnt der Lernprozess von Schrift- <strong>und</strong> Lesefähigkeit<br />

mit der Geburt.<br />

„Mit diesem Verständnis von Schriftspracherwerb sei es falsch, von der<br />

Heranführung der Schüler an das Medium Schrift erst irgendwelche<br />

Voraussetzungen schaffen zu wollen, denn »Lese-, Schreib-, Sprach- <strong>und</strong><br />

Hörfertigkeiten entwickeln sich gleichzeitig <strong>und</strong> bedingen einander«“<br />

(Koppenhaver et al. in Köster/Schwager 1999, 63).<br />

Diese Sichtweise ist gerade für die Ar<strong>bei</strong>t mit Kindern ohne Lautsprache besonders<br />

impulsgebend. Ginge man davon aus, dass die Lautsprache vorhanden sein muss,<br />

bevor die Schrift erlernt werden kann, würde man <strong>bei</strong> den nichtsprechenden Kindern<br />

ein enormes Entwicklungspotential verkümmern lassen. Foley ist der Ansicht, dass<br />

Kinder mit multiplen Behinderungen, die einen gewissen Grad an phonologischer<br />

Bewusstheit bereits erlangt haben, ein besseres Schriftsprachverständnis entwickeln<br />

als diejenigen, die in diesem Bereich nicht gefördert worden sind. Trotzdem besteht<br />

die Möglichkeit fehlendes Wissen zu kompensieren.<br />

“For example, a severely speech-impaired individual with poor phonological<br />

awareness and/or decoding skills may attempt to compensate for these deficiencies<br />

through more extensive use of visual or contextual cues” (Foley 1993, 19).<br />

Die Mädchen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom gehören, unserer Ansicht nach, zu dem von Foley<br />

beschriebenen Personenkreis. Der sprachliche Entwicklungsstand dieser Mädchen<br />

mit <strong>Rett</strong>-Syndrom wird oft falsch eingeschätzt, weil selbst Symbolsysteme immer<br />

Begrenzungen in der ein oder anderen Art erfahren <strong>und</strong> der passive Wortschatz<br />

größer ist als der aktive. Köster <strong>und</strong> Schwager fordern, dass das semantische Lexikon<br />

www.foepaed.<strong>net</strong> 79

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