„Diagnose: Rett-Syndrom“ – und dann? - bei föpäd.net
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auf, dass es nicht möglich ist, diese Prozesse <strong>bei</strong> den Mädchen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom mit<br />
denen anderer nichtsprechender, körperbehinderter Kinder gleichzusetzen, auch<br />
wenn Ähnlichkeiten durchaus bestehen können. Es gibt bislang keine<br />
Untersuchungen, die den Schriftspracherwerb von Mädchen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom<br />
untersucht haben. Demzufolge ist es auch noch nicht erwiesen, ob alle Mädchen<br />
wirklich das Lesen <strong>und</strong> Schreiben erlernen können. Allerdings sprechen Klientinnen<br />
wie Melanie, Kim, Claire <strong>und</strong> Sarah für die These, dass unter bestimmten<br />
Voraussetzungen Lesefähigkeiten <strong>und</strong> Schriftfertigkeiten angebahnt <strong>und</strong> erlernt<br />
werden können. Die Studien, die wir vergleichsweise heranziehen, beziehen sich auf<br />
Menschen mit schwersten Sprachbeeinträchtigungen <strong>und</strong> körperlichen<br />
Behinderungen. Aufgr<strong>und</strong> eigener Beobachtungen möglicher pädagogischer<br />
Intervention durch Unterstützte <strong>und</strong> Gestützte Kommunikation, zeigten sich jedoch<br />
<strong>bei</strong> allen Klientinnen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom, außer die dreijährige Samantha (vgl. Kap.<br />
6.1), die wir im DEAL Communication Centre trafen, je nach Entwicklungsstand,<br />
schriftsprachliche Kenntnisse.<br />
Wir sind uns bewusst, dass eine Trennung vom Erwerb der Lesefähigkeit <strong>und</strong> dem<br />
Erwerb der Schriftsprache künstlich ist, da <strong>bei</strong>de Erwerbsprozesse integral verlaufen.<br />
Aus Gründen der Übersichtlichkeit muss diese Trennung jedoch vorgenommen<br />
werden.<br />
Beim Lesen benutzen wir visuelle <strong>und</strong> nichtvisuelle Informationen. Die visuellen<br />
Informationen entstehen aus dem Arrangement der graphischen Zeichen (in der<br />
.Regel Buchstaben), die nichtvisuellen Informationen werden von den Lesern mit<br />
Hilfe ihres Weltwissens selbst konstruiert (vgl. Ferreiro/Teberosky 1986, 272). Die<br />
meisten Theorien, die sich mit dem Erwerb von Lesefähigkeiten beschäftigt haben,<br />
gehen von der sogenannten lautorientierten Lesestrategie aus (vgl. Valtin 1986 in<br />
Crämer/Schumann 1997, 276ff.). Diese Theorien implizieren im Wesentlichen, dass<br />
die Grapheme in pho<strong>net</strong>isch-phonologische Repräsentationen dechiffriert werden.<br />
Diese Strategie setzt die Lautsprache für den Erwerb von Lesefähigkeit voraus <strong>und</strong><br />
ist deshalb für Mädchen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom ungeeig<strong>net</strong>.<br />
www.foepaed.<strong>net</strong> 76