„Diagnose: Rett-Syndrom“ – und dann? - bei föpäd.net
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4.2.5 Aktive Sprachäußerungen <strong>und</strong> deren Beeinträchtigungen<br />
Unsere Beobachtungen in Bezug auf die Klientinnen bestätigen die Annahme<br />
Dobslaffs, dass Mädchen <strong>und</strong> Frauen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom in der Regel nicht in der<br />
Lage sind, die Lautsprache ‚situationsangemessen’ einzusetzen. Lautsprachliche<br />
Äußerungen sind selten aufgr<strong>und</strong> multipler Beeinträchtigungen, die in diesem<br />
Kapitel genauer betrachtet werden sollen (vgl. Kap. 4.1.5; 4.2.4). Die Aussprache<br />
wird beeinträchtigt durch den veränderten Atemrhythmus <strong>und</strong> die Hyperventilation,<br />
wo<strong>bei</strong> der Regelkreis von Respiration <strong>–</strong> Phonation <strong>–</strong> Artikulation funktionstüchtig zu<br />
sein scheint. Bei genauerer Betrachtung einzelner Mädchen kann an den Reaktionen<br />
gesehen werden, dass den Mädchen die Worte ‚auf der Zunge liegen’, motorisch aber<br />
eine Blockade vorhanden ist. Lindberg berichtet, dass einige Mädchen während der<br />
Hyperventilation ein Wort aussprechen (flüstern), was sie sonst nicht sagen könnten<br />
(vgl. Lindberg 2000, 63). Die Sprechapraxie konnten wir <strong>bei</strong> allen Mädchen<br />
beobachten. Das Sprachverständnis ist <strong>bei</strong> der Sprechapraxie in der Regel nicht<br />
beeinträchtigt, es sei denn, die Sprechapraxie tritt in Verbindung mit aphasischen<br />
Störungen auf. Aphasien haben jedoch andere Ursachen, <strong>bei</strong>spielsweise<br />
Hirnverletzungen, <strong>und</strong> beruhen nicht auf einer ge<strong>net</strong>ischen Mutation. Dobslaff<br />
tendiert zu der Annahme, dass es sich wahrscheinlich um eine Sprechdyspraxie<br />
handelt, d.h. dass <strong>bei</strong> den Mädchen auch spontan <strong>und</strong> bewusst gesteuerte<br />
Äußerungen auftreten können. 16 Wir schließen uns dieser Meinung an, denn<br />
aufgr<strong>und</strong> unserer Beobachtungen kommen auch wir zu der Ansicht, dass vor allem<br />
eine Beeinträchtigung in der Auswahl der motorischen Bewegungselemente<br />
vorliegt. Diese hindert die Mädchen an der Ausführung von Handlungsfolgen. Die<br />
Sprechmuskulatur ist nicht in der Lage dazu, bestimmte Bewegungen auszuführen.<br />
„Das ‚nichtsprechende’ Kind kann Lautsprache nur passiv aufnehmen; es ist also<br />
nicht in der Lage, eigene Bewegungseindrücke der Sprechwerkzeuge als<br />
Erinnerungsstütze heranzuziehen.“ (Köster 1999, 27)<br />
16 Anmerk. d. Verf.: Information stammt aus einer Email von Herrn Dobslaff, die den Verfassern<br />
vorliegt.<br />
www.foepaed.<strong>net</strong> 74