„Diagnose: Rett-Syndrom“ – und dann? - bei föpäd.net
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einträchtigtem Sprachvermögen lässt sich häufig beobachten, dass sie über mehr<br />
rezeptive als expressive Sprache verfügen.<br />
Die Meinungen über das Sprachverständnis von Menschen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom gehen<br />
sehr weit auseinander.<br />
Gillberg, der sechs Mädchen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom über einen Zeitraum von sieben<br />
Jahren beobachtete, beschreibt:<br />
“The level of language comprehension was low [...] and in no case above the level<br />
of a mental age of about 3 years” (Gillberg 1997, 22).<br />
Mount et al. vertreten sogar die Meinung, dass die Mädchen den Entwicklungsstand<br />
eines acht Monate alten Kindes nicht überschreiten <strong>und</strong> sich damit ihre<br />
Kommunikation auf einem vorintentionalem Level befindet (vgl. Mount et al. 2001,<br />
130).<br />
Lindberg hingegen bemerkt, dass alle Mädchen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom die Bedeutung<br />
einiger gelernter Worte, die meisten auch einfache Botschaften, verstehen <strong>und</strong><br />
Aufforderungen befolgen können (vgl. Lindberg 2000, 47).<br />
Dobslaff kommt aufgr<strong>und</strong> zielgerichteter Langzeitbeobachtungen zu dem Schluss,<br />
dass die Mädchen über ein gewisses Sprachverständnis verfügen. Darunter versteht<br />
er das konkret-situative Wortverständnis, <strong>bei</strong> dem aus dem Kontext oder mit Hilfe<br />
vorhandener Gegenstände die Bedeutung eines Wortes erschlossen werden kann<br />
(vgl. Dobslaff 1999, 136).<br />
Einige Mädchen scheinen aber auch über ein Satzverständnis zu verfügen. So<br />
schreibt eine Mutter über ihre achtjährige Tochter, diese wende <strong>bei</strong>m Sprechen Texte<br />
von Liedern situationsgemäß an (vgl. Fußnote 10). Auch andere Eltern <strong>und</strong><br />
Pädagogen berichten von situationsgemäßen Reaktionen ihrer Kinder auf einfache<br />
Sätze, wenn diese direkt an das Kind gerichtet werden 10 . Beispielsweise lachen die<br />
Mädchen über einen Witz oder demonstrieren ihr Missfallen, wenn sie zu einer<br />
vorgeschlagenen Aktion keine Lust haben.<br />
Trotz dieser positiven Erfahrungen zweifelt Dobslaff an einem ausgeprägten<br />
verbalen konkret-situativen Kontextverständnis. Demnach können die Mädchen<br />
häufig Begriffe nicht einordnen, die für sie unsichtbar oder nicht alltagsrelevant sind.<br />
10 Anmerk. d. Verf.: Diese Information stammt aus einer Email einer Mutter vom 12.10.2001, die den<br />
Autoren dieser Ar<strong>bei</strong>t vorliegt.<br />
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