„Diagnose: Rett-Syndrom“ – und dann? - bei föpäd.net
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werden können (vgl. ebd., 97). Wir haben <strong>bei</strong> Mädchen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom andere<br />
Erfahrungen gemacht, auf die an anderer Stelle noch eingegangen wird.<br />
Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass sich die Mädchen kaum<br />
Handlungsvollzüge merken können, wenn sie zu schnell demonstriert oder zu selten<br />
wiederholt werden (vgl. ebd., 230). Dies mag für spontane, neuartige Handlungen<br />
durchaus zutreffen. Für rituelle Handlungen des Alltags bzw. <strong>bei</strong> einem<br />
strukturierten Tages- <strong>und</strong> Wochenablauf können Gegenstände unserer Meinung nach<br />
generalisiert werden. Gegen die Hypothese, dass spontane Handlungsvollzüge von<br />
den Mädchen nicht gemerkt werden, spricht allerdings folgendes Beispiel: Adela (9<br />
Jahre) kam einmal zielstrebig in die Küche (sie hatte mich dorthin gehen sehen), um<br />
sich Kekse geben zu lassen. Sie identifizierte die Verpackung, in der sie lagen,<br />
konnte diese aber nicht eigenhändig öffnen. Sie fing an, mit der Hand auf die Kekse<br />
einzuschlagen. Dieses Verhalten hat sich in zwei weiteren Sitzungen wiederholt. Aus<br />
der anfangs spontanen Aktion (in einer fremden Küche!) wurde eine Art<br />
‚generalisierte’ Situation für uns <strong>bei</strong>de.<br />
Von Tetzchner weist ausdrücklich darauf hin, dass der Transfer von gewonnenen<br />
Erfahrungen <strong>bei</strong> den meisten unterstützt kommunizierenden Menschen<br />
unbefriedigend ist. Um solche unbefriedigende Situationen zu vermeiden, sollte der<br />
Transfer am besten in realen, für die Klientin bedeutsamen Situationen vermittelt<br />
werden. Adelas Motivation, Kekse zu essen, so vermuten wir, war der Auslöser<br />
dafür, dass sich die oben beschriebene Situation wiederholte. Auch für den Sprach-<br />
<strong>und</strong> Kommunikationsunterricht ist es von großer Bedeutung, dass er „soweit wie<br />
praktisch möglich in einer natürlichen Situation stattfindet, in der die erlernten<br />
Fähigkeiten der betroffenen Person mit Sicherheit nützen werden“ (vgl. Von<br />
Tetzchner 2000, 108).<br />
Lindberg <strong>und</strong> Dobslaff sind der Ansicht, dass Mädchen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom nur<br />
begrenzt in der Lage sind, Kausalitäten, also ‚Wenn-<strong>dann</strong>-Beziehungen’ zu verstehen<br />
(vgl. Lindberg 2000, 49f; Dobslaff 1999, 238ff.). Eine ausführliche<br />
Auseinandersetzung mit dem Begriff ‚Verstehen’ würde den Rahmen dieser Ar<strong>bei</strong>t<br />
sprengen.<br />
Hinsichtlich des Verstehens von Kausalität verweisen wir auf die Erörterungen von<br />
Seiler. Er vertritt die konstruktivistische Auffassung, dass Verstehen <strong>und</strong> Erkennen<br />
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