„Diagnose: Rett-Syndrom“ – und dann? - bei föpäd.net
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zu verringern, sie verschwinden aber nicht völlig. Je mehr Erfahrungen die Mädchen in Bezug auf Reizempfindungen sammeln, desto besser werden ihre Lösungsstrategien (vgl. Lindberg 2000, 21). Außerdem erscheint die Umwelt nicht mehr ganz so unstrukturiert, sobald bestimmte Eindrücke verinnerlicht und einige Situationen verstanden werden. Jedoch besteht immer die Gefahr, dass neue Situationen für die Mädchen diffus sind, sie überfordern und somit zu Frustrationen führen. Weiterhin ist das Reizempfinden vieler Mädchen mit Rett-Syndrom auffällig. Die Kinder scheinen besonders im zweiten Stadium ihrer Behinderung bestimmte Reize überintensiviert wahrzunehmen, andere wiederum überhaupt nicht zu beachten, was sich z. B. durch häufiges Erschrecken, Angst, Passivität oder andere Auffälligkeiten äußern kann (vgl. Lindberg 2000, 21). Diese „inkonstante Reizsensibilität“, wie Dobslaff sie nennt, kann durch völlig unterschiedliche visuelle, auditive oder taktile Reize zu verschiedenen Zeitpunkten hervorgerufen werden (vgl. Dobslaff 1999, 95). Es ist möglich, dass ein Mädchen z. B. das Klingeln eines Telefons an einem Morgen nicht zu hören scheint, nachmittags allerdings davon so sehr erschreckt, dass es zu weinen beginnt. Seine Aufnahmefähigkeit ist wahrscheinlich von inneren und äußeren Bedingungen sowie seiner Stimmungslage abhängig. Außerdem kann die „inkonstante Reizsensibilität“ möglicherweise auf Störungen des Filtersystems in Bezug auf Reize oder auf eine gestörte sensorische Integration zurückzuführen sein. Mit Hilfe der Thesen von Dobslaff und Lindberg lassen sich einige Verhaltensauffälligkeiten und uns sinnlos erscheinende Wutausbrüche und Frustrationen erklären. Es ist nur zu erahnen, wie Mädchen und Frauen mit Rett-Syndrom Sinneseindrücke aufnehmen und verarbeiten. Doch mit Hilfe dieses Hintergrundwissens ist es eher möglich diese Probleme aufzufangen und auf sie einzugehen. So haben sich z. B. Reizreduktionen und Strukturierungshilfen bewährt, um bestimmte Situationen zu veranschaulichen oder vorhersehbar zu machen, deren praktische Anwendung in Kapitel VI des Leitfadens näher erläutert wird. Weiterhin sind im Umgang mit diesen Mädchen eventuell verzögerte Reaktionen zu beachten. Nehmen die Mädchen einen Reiz auf, kann die Reaktion erst zu einem www.foepaed.net 28
späteren Zeitpunkt oder gar nicht erfolgen. Das bedeutet nicht unbedingt, dass sie den Reiz nicht wahrnehmen. Die verminderte oder ausbleibende Reaktion auf einen Reiz hin kann verschiedene Ursachen haben. Sie kann auf eine sehr geringe Merkfähigkeit, auf Unverständnis oder Trägheit (vgl. Dobslaff 1999, 96), aber auch auf eine Apraxie zurückzuführen sein. Bei Reizen, die nur kurze Zeit auftreten, fällt es den Mädchen schwer, auf diese zu reagieren. Den Bezugspersonen erscheint es, als hätten die Mädchen die Information nicht aufgenommen (vgl. ebd.). Bei der Beurteilung der Mädchen sollte immer mit großer Vorsicht vorgegangen werden, denn was und wie (viel) die Mädchen wahrnehmen, kann bislang nur vermutet werden. Wahrnehmung bedient sich verschiedener Informationskanäle die nachstehend näher erläutert werden. 2.2.1 Visuelle Wahrnehmung Wie schon oben erwähnt, ist das Rett-Syndrom nicht zwanghaft mit schweren Sinnesbeeinträchtigungen zu verbinden. Allerdings treten häufiger leichte Sinnesschädigungen im visuellen Bereich auf, wie z. B. Weit- und Kurzsichtigkeit sowie Schielen (vgl. ebd., 24), wovon ca. 50 % der Mädchen mit Rett-Syndrom betroffen sind (vgl. Lindberg 2000, 22). Die Kinder sollten diesbezüglich frühzeitig untersucht werden, vor allem dann, wenn mit einer Kommunikationsförderung begonnen wird oder das Kind in die Schule geht. Eine Brille ist häufig zu empfehlen. Den beiden genannten Autoren Lindberg und Dobslaff fällt bei den Mädchen auch die eigentümliche visuelle Erfassung von Objekten und Personen auf. Viele von ihnen schauen nicht direkt auf ein Objekt, sondern erfassen dieses aus den Augenwinkeln heraus, was häufig nicht auffällt. Dieses periphere Sehen ist auch oft bei Menschen mit Autismus festzustellen. Somit erfassen die betroffenen Menschen höchstwahrscheinlich mehr als wir annehmen. Haben sie sich einen Überblick über das Objekt verschafft, nähern sie sich ihm häufig und beobachten es ausdauernd und intensiv (vgl. ebd., 23; Dobslaff 1999, 99). Auch Allan beobachtete in ihrer Arbeit mit Kindern mit dem Rett-Syndrom häufig sehr guten Augenkontakt, der häufig dazu führen kann, dass das Kind zu lautieren beginnt (vgl. Allan 1991, 4). Dieser gezielte Blick kann auch gut für eine www.foepaed.net 29
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Weiterhin ist das Reizempfinden vieler Mädchen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom auffällig. Die<br />
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äußern kann (vgl. Lindberg 2000, 21). Diese „inkonstante Reizsensibilität“, wie<br />
Dobslaff sie nennt, kann durch völlig unterschiedliche visuelle, auditive oder taktile<br />
Reize zu verschiedenen Zeitpunkten hervorgerufen werden (vgl. Dobslaff 1999, 95).<br />
Es ist möglich, dass ein Mädchen z. B. das Klingeln eines Telefons an einem Morgen<br />
nicht zu hören scheint, nachmittags allerdings davon so sehr erschreckt, dass es zu<br />
weinen beginnt. Seine Aufnahmefähigkeit ist wahrscheinlich von inneren <strong>und</strong><br />
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„inkonstante Reizsensibilität“ möglicherweise auf Störungen des Filtersystems in<br />
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Mit Hilfe der Thesen von Dobslaff <strong>und</strong> Lindberg lassen sich einige<br />
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Es ist nur zu erahnen, wie Mädchen <strong>und</strong> Frauen mit <strong>Rett</strong>-Syndrom Sinneseindrücke<br />
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veranschaulichen oder vorhersehbar zu machen, deren praktische Anwendung in<br />
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