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<strong>Universität</strong> <strong>Hamburg</strong><br />

Fachbereich: Klinische Psychologie<br />

Seminarleiter: Professor Berbalk<br />

Praxishalbjahr in <strong>de</strong>r Klinik Roseneck<br />

vorgelegt von:<br />

Hannah Uhle<br />

Wentorfer Straße 63<br />

21029 <strong>Hamburg</strong><br />

Tel. 040-72541592<br />

Email: Hannah-Uhle@gmx.<strong>de</strong>


Inhaltsverzeichnis<br />

1) Einleitung.............................................................................................................................<br />

3<br />

2) „Hallo, ich heiße Klinik Roseneck“ ..................................................................................... 3<br />

2.2 Behandlungsschwerpunkte.......................................................................................................3<br />

2.3 Patienten auf <strong>de</strong>r Station B1......................................................................................................4<br />

3) Behandlungsangebot und mein persönlicher Einsatzbereich.............................................<br />

4<br />

3.1 Einzelpsychotherapie................................................................................................................5<br />

3.2 Gruppenpsychotherapie............................................................................................................6<br />

3.3 Medizinische Behandlung.......................................................................................................34<br />

3.4 Sport- und Bewegungstherapie..............................................................................................35<br />

3.5 Gestaltungstherapie.................................................................................................................36<br />

3.6 Meine I<strong>de</strong>e: Kreatives Schreiben............................................................................................37<br />

3.7 Physikalische Therapie und Biofeedback..............................................................................38<br />

4) Therapeutische Behandlung von Essstörungen.................................................................<br />

38<br />

4.1 Essprotokolltisch, Gemeinschaftstisch und Familientisch.....................................................39<br />

4.2 Tischgruppen............................................................................................................................39<br />

4.3 Anti-Diät-Konzept....................................................................................................................41<br />

4.4 Behandlung <strong>de</strong>r Körperschemastörung („body-image“).......................................................45<br />

4.5 Zimmerkontrollen....................................................................................................................46<br />

5) Das therapeutische Team....................................................................................................<br />

47<br />

5.1 Teamsitzungen..........................................................................................................................47<br />

5.2 Visite und Kurvenvisite............................................................................................................47<br />

5.3 Supervisionen............................................................................................................................48<br />

5.4 Co-Therapie und ihre Aufgaben.............................................................................................49<br />

6) Konferenzen, Fortbildungen und Kongresse.....................................................................<br />

50<br />

7) Schlussbemerkungen..........................................................................................................<br />

51<br />

2


1) Einleitung<br />

Im Folgen<strong>de</strong>n möchte ich meine sechsmonatige Praktikumstätigkeit in <strong>de</strong>r Klinik<br />

Roseneck in Prien am Chiemsee vorstellen. Ich stelle die Klinik mit ihrem<br />

verhaltenstherapeutischen Behandlungskonzept und ihren Angebote einzeln dar. Dabei<br />

gehe ich bei <strong>de</strong>r Darstellung <strong>de</strong>r einzelnen therapeutischen Angebote auf meine Rolle als<br />

Praktikantin ein und beschreibe meine Tätigkeit. Ich habe mich übersichtshalber dazu<br />

entschlossen, dies in die Arbeitsbeschreibungen zu integrieren. Da meine Abteilung<br />

während meines Praktikums von einer Allgemeinen Station in eine Essstörungsabteilung<br />

umgewan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>, beschreibe ich zuerst die Allgemeinstation (vom 1. September bis<br />

20. November) und in einem geson<strong>de</strong>rten Kapitel die therapeutischen Angebote, die<br />

speziell für Essstörungen angeboten wer<strong>de</strong>n (vom 20. November bis 29. Februar). Um die<br />

Lesefreundlichkeit <strong>de</strong>s Textes zu erhöhen, habe ich mich entschlossen, immer die<br />

männliche Form zu wählen, auch wenn es sich bei <strong>de</strong>n Essstörungspatienten nur um<br />

Frauen gehan<strong>de</strong>lt hat.<br />

2) „Hallo, ich heiße Klinik Roseneck“<br />

Die Medizinisch-psychosomatische Klinik Roseneck bietet Behandlungsplätze für 352<br />

Patienten. Sie besteht aus drei Gebäu<strong>de</strong>teilen: Haus C, das älteste <strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r<br />

Hauptrezeption, Haus A, das durch einen Gang mit <strong>de</strong>m Haus C verbun<strong>de</strong>n ist und Haus B,<br />

welches auf <strong>de</strong>r gegenüberliegen<strong>de</strong>n Straßenseite liegt und drei Abteilungen integriert. Im<br />

Haus B habe ich die meiste Zeit gearbeitet. Auf <strong>de</strong>r Station B1.<br />

2.1 Das Behandlungskonzept <strong>de</strong>r Klinik<br />

Das Behandlungskonzept <strong>de</strong>r Klinik Roseneck basiert auf <strong>de</strong>n Behandlungsmetho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

Verhaltensmedizin. Dies umfasst mehrere Säulen, v.a. fundierter psychotherapeutischer<br />

Verfahren. Ausgehend von <strong>de</strong>m Vulnerabilitäts-Stress-Mo<strong>de</strong>ll wer<strong>de</strong>n hierbei sowohl<br />

medizinisch-biologische als auch psychosoziale Faktoren <strong>de</strong>r Erkrankung gleichermaßen<br />

berücksichtigt. Dieser Ansatz zielt hauptsächlich auf eine konkrete und pragmatische<br />

Verän<strong>de</strong>rung im Hier und Jetzt ab. Ziele und Vorgehen wer<strong>de</strong>n von Therapeuten und<br />

Patienten i<strong>de</strong>alerweise gemeinsam festgelegt, doch natürlich herrscht auch hier nicht immer<br />

Einigkeit.<br />

2.2 Behandlungsschwerpunkte<br />

Die Klinik hat einen psycho-somatischen Ansatz, d.h. es wird davon ausgegangen, dass sich<br />

Psyche und Körper gegenseitig beeinflussen. Chronische Schmerzen o<strong>de</strong>r Herzbeschwer<strong>de</strong>n<br />

können über eine Bearbeitung <strong>de</strong>r damit einhergehen<strong>de</strong>n seelischen Schwierigkeiten<br />

beeinflusst wer<strong>de</strong>n.<br />

Folgen<strong>de</strong> Behandlungsschwerpunkte wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Klinik Roseneck angeboten:<br />

3


� Essstörungen: Anorexia nervosa, Bulimia nervosa, psychisch bedingtes Übergewicht<br />

� Chronischer Tinnitus<br />

� Angsterkrankungen: Panikstörung, generalisierte Angststörung, soziale Ängste,<br />

phobische Störungen<br />

� Zwangserkrankungen<br />

� Somatoforme Störungen: Konversionsstörungen, Hypochondrie<br />

� Depressionen<br />

� Chronische Schmerzerkrankungen: Kopfschmerz, Rückenschmerz, Migräne<br />

� Psychosomatische Erkrankungen <strong>de</strong>s Magen-Darm-Traktes: Reizdarmsyndrom,<br />

Morbus Crohn, Colitis ulcerosa<br />

� Psychosomatische Hauterkrankungen: Neuro<strong>de</strong>rmitis, Psoriasis<br />

� Persönlichkeitsstörungen<br />

� Schlafstörungen<br />

� Posttraumatische Störungen<br />

� Belastungsreaktionen<br />

2.3 Patienten auf <strong>de</strong>r Station B1<br />

Zu Beginn meines Praktikums war die Station B1 noch eine Allgemeinstation, d.h. hier waren<br />

vorwiegend Patienten mit Depressionen, aber auch mit Posttraumatischen<br />

Belastungsstörungen, Angststörungen, Somatoformen Störungen und Zwangserkrankungen.<br />

Die Patienten hatten alle gemeinsam, dass sie ein starkes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und<br />

Zuwendung hatten. (Aber haben wir das nicht alle?). Außer<strong>de</strong>m zeichneten sie sich durch eine<br />

heterogene Mischung bezüglich Geschlecht, Alter und Erfahrungsgeschichte aus.<br />

Gegen En<strong>de</strong> November bekamen wir dann Essstörungspatienten, weshalb die wenigen<br />

Männerzimmer aufgelöst wer<strong>de</strong>n mussten. Die Station wur<strong>de</strong> damit auch homogener. Es<br />

han<strong>de</strong>lte sich vorwiegend um junge Frauen im Alter von ca. 18 bis 28 Jahren. Wir hatten<br />

sowohl Patienten mit Bulimia nervosa, Anorexia nervosa sowie Essstörungen NNB. Daneben<br />

wur<strong>de</strong>n häufig Persönlichkeitsstörungsdiagnosen vergeben.<br />

3) Behandlungsangebot und mein persönlicher Einsatzbereich<br />

Das Behandlungsprogramm <strong>de</strong>r Klinik Roseneck umfasst ein breites Spektrum<br />

therapeutischer Metho<strong>de</strong>n, allerdings nur evi<strong>de</strong>nzbasierte. Ich wer<strong>de</strong> im Folgen<strong>de</strong>n alle<br />

Bereiche und meine persönlichen Arbeitsfel<strong>de</strong>r im jeweiligen Bereich beschreiben. Es war<br />

lei<strong>de</strong>r nicht möglich, alle Behandlungsangebote zu begleiten.<br />

4


3.1 Einzelpsychotherapie<br />

Bei <strong>de</strong>r Aufnahme wird je<strong>de</strong>m Patienten ein Bezugstherapeut (Arzt o<strong>de</strong>r Diplompsychologe)<br />

zugeteilt. Beim so genannten Aufnahmegespräch durfte ich mehrmals zuhören. Dabei wer<strong>de</strong>n<br />

die Symptome, die zur Wahl eines stationären Aufenthalts geführt haben, abgefragt. Auch die<br />

Therapiemotivation wird erfasst. Hier zeichnen sich bestimmte Patientengruppen (nur<br />

Allgemeinpatienten) bereits darin aus, dass sie einen expliziten o<strong>de</strong>r impliziten Rentenwunsch<br />

haben, was die Therapie massiv beeinträchtigen kann, da es <strong>de</strong>n Patienten nach <strong>de</strong>m<br />

Aufenthalt ja schließlich nicht besser gehen darf. Es zeigt sich außer<strong>de</strong>m häufig ein<br />

ausgeprägt medizinisches Krankheitsmo<strong>de</strong>ll: <strong>de</strong>r Therapeut soll die „Wun<strong>de</strong>rpille“ haben und<br />

<strong>de</strong>n Patienten „heilen“. Außer<strong>de</strong>m wird erwartet, dass etwas mit <strong>de</strong>m Patienten „gemacht<br />

wird“, und die eigene Verantwortung sowie die Möglichkeit seelischer Ursachen für die<br />

Störung muss erst langsam bearbeitet wer<strong>de</strong>n. Trotz dieser Widrigkeiten können viele<br />

Patienten von <strong>de</strong>m Aufenthalt <strong>de</strong>utlich profitieren.<br />

Im Erstgespräch wird entsprechend <strong>de</strong>m Krankheitsbild ein Therapieplan entworfen, d.h. die<br />

verschie<strong>de</strong>nen Indikativgruppen und Sportangebote wer<strong>de</strong>n koordiniert. Mit <strong>de</strong>m<br />

Bezugstherapeuten fin<strong>de</strong>n dann wöchentlich Einzeltherapiesitzungen statt, in <strong>de</strong>nen es um<br />

eine offene Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeitigen psychosomatischen Beschwer<strong>de</strong>n, eine<br />

Analyse von Konflikten und Problemsituationen, die Suche nach konstruktiven Lösungen und<br />

erfolgreichen Bewältigungsstrategien geht.<br />

Hier zeigt sich auch <strong>de</strong>utlich <strong>de</strong>r Selbstmanagement-Ansatz nach Kanfer et al. Anhand <strong>de</strong>s<br />

SORCK-Mo<strong>de</strong>lls wer<strong>de</strong>n die Konsequenzen und aufrechterhalten<strong>de</strong>n Bedingungen analysiert.<br />

Es gab auch einen Patienten, <strong>de</strong>r sich gegen das ständige Suchen nach Lösungsansätzen<br />

massiv gewehrt hat und lieber „einfach nur frei assoziiert“ hätte. Begrenzt wird auch solchen<br />

Wünschen nachgegeben, allerdings geht es in dieser Klinik schon vorwiegend um die Suche<br />

nach Lösungsstrategien. Bei <strong>de</strong>n Essstörungspatienten beschäftigen sich Therapeut und<br />

Patient sehr ausgiebig mit <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>r Vorteile <strong>de</strong>r Essstörung. Dabei wer<strong>de</strong>n die Patienten<br />

5


eispielsweise gebeten, einen Brief an die „Freundin Essstörung & Feindin Essstörung“ zu<br />

schreiben, o<strong>de</strong>r es wird ein Vier-Fel<strong>de</strong>r-Schema mit Kurz- und langfristigen Folgen <strong>de</strong>r<br />

Essstörung erstellt. Nach einer <strong>de</strong>taillierten biographischen Anamnese geht es häufig an die<br />

kognitive Umstrukturierung dysfunktionaler Gedanken. Ich konnte nur einmal einer<br />

Einzeltherapie vollständig beiwohnen, da die meisten Patienten dies nicht wollten o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

zeitliche Rahmen dies nicht zuließ. Die Patientin hatte abgesehen von <strong>de</strong>r Essstörung auch<br />

eine ausgeprägte PTSD sowie Ansätze einer Bor<strong>de</strong>rline-Persönlichkeitsstörung. Es war<br />

faszinierend ihre Entwicklung im Laufe <strong>de</strong>s Aufenthalts zu beobachten. Zu Beginn nahm sie<br />

zwar alles, was ihr hier erzählt wur<strong>de</strong>, wissbegierig auf, aber es erreichte sie nur kognitiv. Als<br />

dann die Behandlung <strong>de</strong>r PTSD begann kam sie auch an ihr Gefühl. Dabei wur<strong>de</strong>n viele<br />

„leere Stuhl“-Übungen und die Entwicklung eines phantasierten „sicheren Raumes“ gemacht.<br />

In meiner letzten Arbeitswoche durfte ich selbst ein Vertretungseinzel führen. Ich war sehr<br />

aufgeregt. Es han<strong>de</strong>lte sich aber um eine sehr dankbare Patientin. Sie hatte einen Brief an<br />

ihren Vater geschrieben, <strong>de</strong>r die Familie verlassen hatte, als sie noch sehr jung war. Er hatte<br />

geantwortet und sie hatte zum einen ein schlechtes Gewissen gegenüber <strong>de</strong>r Mutter, zum<br />

an<strong>de</strong>ren freute sie sich über seinen lieben Brief. Zunächst machten wir die „leere Stuhl-<br />

Übung“, wo sie die Verantwortung <strong>de</strong>r Mutter zurückgab, dann las sie mir <strong>de</strong>n Brief <strong>de</strong>s<br />

Vaters vor und weinte dabei. Eine Bemerkung <strong>de</strong>s Vaters diskutierten wir genauer und fan<strong>de</strong>n<br />

eines ihrer Lebensmottos („Ich muß immer perfekt sein.“) heraus. Dieser ließ sich sehr gut<br />

kognitiv umstrukturieren.<br />

3.2 Gruppenpsychotherapie<br />

Einen Schwerpunkt stellt in „Roseneck“ die Gruppentherapie dar, die meist von einem Arzt<br />

und einem Diplompsychologen geleitet wird. Hier durfte ich je<strong>de</strong>s Mal teilnehmen. Wenn<br />

eine <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Leiter Urlaub hatte o<strong>de</strong>r wegen zu hohen Arbeitsaufwands nicht an <strong>de</strong>r<br />

Gruppe teilnehmen konnte, dann durfte ich auch die Rolle einer Art Co-Therapeut<br />

übernehmen und habe mich aktiv an <strong>de</strong>n Diskussionen beteiligt.<br />

In <strong>de</strong>n Gruppensitzungen erfolgt gemeinsam mit allen Betroffenen eine Aussprache über die<br />

<strong>de</strong>rzeitigen Probleme und <strong>de</strong>ren Hintergrün<strong>de</strong>. Die Patienten wer<strong>de</strong>n dabei unterstützt, das<br />

eigene Selbstbewusstsein zu stärken und wie<strong>de</strong>r mehr Selbstsicherheit zu erlangen.<br />

Die Gruppen folgen bestimmten Regeln, die bei je<strong>de</strong>m neu angekommen Patient wie<strong>de</strong>rholt<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Regeln lauten:<br />

• Schweigepflicht<br />

• Störungen haben Vorrang<br />

• Es darf gelacht und geweint wer<strong>de</strong>n<br />

• Rausgehen nur mit Abmeldung<br />

• Keine Seitengespräche<br />

• Sprich in <strong>de</strong>r Ich-Form<br />

• Therapeuten sind keine Alleinunterhalter<br />

Wie man unschwer erkennen kann sind in diese Gruppenregeln sowohl pragmatische Ansätze<br />

eingeflochten (keine Seitengespräche) als auch Grundsätze aus <strong>de</strong>r Themenzentrierten<br />

Interaktion (Störungspostulat, Ich-Form). Die Schweigepflicht ist selbstverständlich wichtig,<br />

um Vertrauen in die Gruppe zu ermöglichen und Gruppenkohäsion zu för<strong>de</strong>rn.<br />

6


Zunächst fin<strong>de</strong>t immer ein kurzes „Blitzlicht“ statt, in<strong>de</strong>m die Patienten sagen sollen, wie sie<br />

sich fühlen. Dabei wird viel Wert darauf gelegt, dass sie nicht nur körperliche Symptome<br />

beschreiben o<strong>de</strong>r einfach sagen „gut“ o<strong>de</strong>r „schlecht“. Sie sollen lernen, ihre Gefühle<br />

wahrzunehmen und benennen zu können.<br />

Grundsätzlich sollen die Patienten selbst Themen einbringen. Dabei stellt ein Patient seinen<br />

Konflikt vor und dieser wird dann durch die Erfahrungen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren erweitert. Die<br />

Therapeuten haben eher Lenkungs- und Auffangfunktion. Manchmal wird jedoch auch von<br />

Seiten <strong>de</strong>r Therapeuten ein Thema vorgeschlagen, so zum Beispiel eine „Ent<strong>de</strong>ckungsreise“,<br />

in <strong>de</strong>r die Patienten sich einen Gegenstand aus <strong>de</strong>r Vergangenheit und einen für die Zukunft<br />

suchen sollen. Im Anschluss wer<strong>de</strong>n dann die damit verbun<strong>de</strong>nen Gefühle besprochen. Zu<strong>de</strong>m<br />

wer<strong>de</strong>n zu einem bestimmten Thema Übungen in Form von Rollenspielen gemacht. O<strong>de</strong>r es<br />

wird eine „Familienaufstellung“ nach <strong>de</strong>m Mo<strong>de</strong>ll von Bernd Hellinger angeregt.<br />

Gruppentherapie für soziale Kompetenz (GSK)<br />

Diese Gruppe stellt ein geson<strong>de</strong>rtes Angebot zur Verbesserung von Problemen und Ängsten<br />

im zwischenmenschlichen Bereich dar. Die Patienten erhalten zu <strong>de</strong>m Kurs Begleitmaterial.<br />

Die Patienten sollen lernen, ihr Verhalten besser kennen lernen und in kleinen Schritten<br />

selbstsicheres und sozial kompetentes Verhalten aufzubauen, zu erweitern und zu stärken. Es<br />

ist manualisiert und umfasst folgen<strong>de</strong> Themenschwerpunkte:<br />

• Selbstsicherheit: was ist das?<br />

• Unterschie<strong>de</strong>: Unsicheres, Selbstsicheres und Aggressives Verhalten<br />

• Persönliche Rechte<br />

• Annehmen von Lob<br />

• Wünsche und For<strong>de</strong>rungen<br />

• Nein-sagen<br />

• Was ist Kritik?<br />

• Abschlussrun<strong>de</strong><br />

7


Diesen Kurs durfte ich teilweise eigenverantwortlich übernehmen. Problematisch wur<strong>de</strong> dies<br />

jedoch, als wir einen Patienten mit psychogenen Anfällen bekamen, bei <strong>de</strong>m eine<br />

Krankenschwester in Notfällen sofort erreichbar sein musste.<br />

In <strong>de</strong>r ersten Stun<strong>de</strong> lernen die Patienten, was unter Selbstsicherheit zu verstehen ist.<br />

Grundlage ist die Definition von Ulrich <strong>de</strong> Mynck & Ulrich: „Mit <strong>de</strong>m Begriff<br />

Selbstsicherheit ist die Fähigkeit einer Person gemeint, in Bezug auf ihre soziale Umgebung<br />

eigene Ansprüche zu stellen und sie zu verwirklichen. Die umfasst 3 Schritte:<br />

1. sich zu erlauben, eigene Ansprüche zu haben<br />

2. sich zu trauen, sie zu äußern und<br />

3. die Fähigkeit zu besitzen, sie auch durchzusetzen“<br />

In <strong>de</strong>r ersten Sitzung wer<strong>de</strong>n außer<strong>de</strong>m organisatorische Punkte geklärt und <strong>de</strong>r Unterschied<br />

und die Be<strong>de</strong>utung von verbalem und nonverbalem Verhalten diskutiert.<br />

In <strong>de</strong>r zweiten Stun<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n - zumeist in Form von Gruppenarbeit - die Merkmale von<br />

unsicherem, aggressivem und selbstsicheren Verhalten an Flipcharts erarbeitet. Dabei wird<br />

darauf geachtet, dass sowohl verbale als auch nonverbale Signale beachtet wer<strong>de</strong>n und<br />

zwischen Gedanken und Verhalten unterschie<strong>de</strong>n wird. Im Anschluss wer<strong>de</strong>n die<br />

gesammelten Punkte in <strong>de</strong>r Gruppe besprochen. Dabei kommt es immer wie<strong>de</strong>r vor, dass<br />

selbstsicheres und aggressives Verhalten gleichgesetzt wird. Es ist wichtig, darauf zu achten,<br />

dass sich diese Verhaltensweisen <strong>de</strong>utlich unterschei<strong>de</strong>n. Einmal hatte ich einen sehr<br />

hartnäckigen (und latent aggressiven) Patienten, <strong>de</strong>r sich partout dagegen gewehrt hat, dass<br />

sich diese bei<strong>de</strong>n Arten unterschei<strong>de</strong>n. In solchen Fällen ist es hilfreich, Situationen mit <strong>de</strong>n<br />

Patienten durchzugehen und sie auf die drei verschie<strong>de</strong>nen Arten reagieren zu lassen. Dann<br />

wird sehr <strong>de</strong>utlich, dass man nicht aggressiv wer<strong>de</strong>n muss, um seine Bedürfnisse <strong>de</strong>utlich zu<br />

machen.<br />

In <strong>de</strong>r dritten Stun<strong>de</strong> geht es um das Anerkennen persönlicher Rechte. Hier kann man<br />

entwe<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r in Gruppenarbeit Flipcharts erstellen lassen (was manchmal sehr gut ist,<br />

<strong>de</strong>nn die Patienten, die es sehr nötig haben, sich selbst Rechte zuzugestehen, können diese<br />

dann mitnehmen) o<strong>de</strong>r in Form von Diskussionen entwickeln lassen. Auch möglich ist eine<br />

kurze Phantasiereise, in <strong>de</strong>r die Patienten sich vorstellen müssen, was passieren wür<strong>de</strong>, wenn<br />

sie das Recht nicht haben o<strong>de</strong>r wenn sie es haben. Hierbei wird von Patienten gerne das<br />

„Recht auf Liebe“ genannt. Es fällt ihnen oft nicht leicht einzusehen, dass man dieses Recht<br />

nicht einfor<strong>de</strong>rn kann, und es somit kein persönliches Recht ist. Als Abschluss haben die<br />

Patienten dann die Chance, einmal ihr persönliches Recht laut und <strong>de</strong>utlich vor je<strong>de</strong>m<br />

Gruppenmitglied auszusprechen. Diese Übung ist für viele eine sehr wertvolle Erfahrung, es<br />

kommt häufig zu Tränen <strong>de</strong>r Ergriffenheit.<br />

In <strong>de</strong>r vierten Stun<strong>de</strong> geht es thematisch um Lob. Dabei wer<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>m „Blitzlicht“ die<br />

persönlichen Erfahrungen ausgetauscht. Vielen Patienten fällt es sehr leicht, Lob zu erteilen.<br />

Schwierigkeiten haben sie jedoch häufig damit, Lob anzunehmen. In dieser Sitzung gibt es<br />

einen so genannten „Heißen Stuhl“. Ein Patient setzt sich auf <strong>de</strong>n Stuhl und die an<strong>de</strong>ren<br />

dürfen ihn o<strong>de</strong>r sie loben. Der Patient auf <strong>de</strong>m „Heißen-Stuhl“ darf lediglich: „Danke“ sagen<br />

und nicht abwehren o<strong>de</strong>r wi<strong>de</strong>rsprechen. Diese Sitzung wird manchmal auch auf einen<br />

späteren Termin verlegt, wenn sich die Patienten noch nicht gut genug kennen. Auf diese<br />

Übungen kommt es zu sehr unterschiedlichen Reaktionen: einige weinen, an<strong>de</strong>re<br />

verschränken die Arme und behaupten sie hätten „kein Problem“ Lob anzunehmen, wie<strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>re sind einfach nur gerührt. Auch diese Stun<strong>de</strong> ist immer sehr intensiv.<br />

8


In <strong>de</strong>r fünften Stun<strong>de</strong> geht es um Wünsche und For<strong>de</strong>rungen. Viele Patienten haben verlernt,<br />

sich eigene Wünsche zuzugestehen. Es wird zunächst theoretisch erarbeitet, wie Wünsche<br />

formuliert wer<strong>de</strong>n sollten:<br />

• direkt ansprechen, nicht allgemein<br />

• positiv formulieren<br />

• sachlich argumentieren<br />

Nach <strong>de</strong>r Theorie kommt die Praxis. Häufig ist es so, dass <strong>de</strong>n Patienten zunächst keine<br />

eigenen Wünsche einfallen. Wenn dies <strong>de</strong>r Fall ist, dann ist es sinnvoll, zunächst Beispiele<br />

vorzugeben. Erfahrungsgemäß fallen <strong>de</strong>n Patienten dann nach und nach eigene Wünsche<br />

wie<strong>de</strong>r ein, die dann im Rollenspiel erprobt wer<strong>de</strong>n können. Etwas erstaunt war ich über die<br />

Art, wie Rollenspiele in <strong>de</strong>r Klinik strukturiert wer<strong>de</strong>n. In einem Uni-Seminar zu diesem<br />

Thema hatte ich gelernt, dass die Leute in die Rolle hineintreten müssen und wie<strong>de</strong>r hinaus,<br />

um <strong>de</strong>n „Spielcharakter“ <strong>de</strong>utlich zu machen und eine gewisse Distanz zu <strong>de</strong>r Rolle<br />

beizubehalten. Ich hatte auch gelernt, dass <strong>de</strong>r Aufbau <strong>de</strong>r Situation, d.h. die Umgebung sehr<br />

wichtig sei. In <strong>de</strong>r Klinik Roseneck wur<strong>de</strong> we<strong>de</strong>r das eine noch das an<strong>de</strong>re beson<strong>de</strong>rs<br />

beachtet, son<strong>de</strong>rn einfach losgespielt. Ich glaube, dass ich dies in meiner späteren<br />

Berufspraxis etwas an<strong>de</strong>rs handhaben wer<strong>de</strong>.<br />

In <strong>de</strong>r sechsten Stun<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n weitere Rollenspiele geübt. Diesmal allerdings zum Thema<br />

„Nein-sagen“. Dabei bekommen die Patienten zunächst folgen<strong>de</strong>s Gedicht:<br />

Das „Nein“, das ich sagen will,<br />

ist 100-mal überlegt<br />

ist 1000-mal gedacht<br />

ist 1000-mal geformt<br />

es brennt mir im Magen<br />

es nimmt mir <strong>de</strong>n Atem<br />

wird zwischen <strong>de</strong>n Zähnen zermalen<br />

und verlässt als freundliches<br />

„Ja“<br />

meinen Mund!<br />

9


Wenn dieses Gedicht vorgelesen wird, dann nicken viele Patienten wissend. Viele von ihnen<br />

machen diese Erfahrung immer wie<strong>de</strong>r. In dieser Stun<strong>de</strong>, die oft noch in <strong>de</strong>r nächsten<br />

fortgesetzt wird, sollen sie nun lernen, die langfristigen Konsequenzen eines solchen<br />

Verhaltens zu begreifen. Bevor sie dies in Rollenspielen üben, wer<strong>de</strong>n ihnen auch hier die<br />

Regeln erklärt:<br />

• klare Botschaft (Nein mit kurzer Begründung)<br />

• keine Ausre<strong>de</strong>n<br />

• keine o<strong>de</strong>r kurze Diskussion<br />

• „Schallplatte mit Sprung“<br />

• bei Nichtakzeptieren <strong>de</strong>s „Neins“ <strong>de</strong>n Ärger äußern<br />

In <strong>de</strong>r siebten Stun<strong>de</strong> geht es um Kritik. Dabei wer<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r Erfahrungen und <strong>de</strong>r bisherige<br />

Umgang besprochen. Im theoretischen Teil wird <strong>de</strong>utlich gemacht, dass Kritik nicht heißt,<br />

dass man die Person nicht mag und dass man, wenn man Kritik äußern will, wie<strong>de</strong>rum<br />

bestimmte Regeln und Formen wahren muss. Außer<strong>de</strong>m wird ergänzend <strong>de</strong>r eigene Umgang<br />

mit Kritik besprochen. Rollenspiele gibt es aber nur zum Äußern von Kritik. Die Regeln zum<br />

Äußern von Kritik wer<strong>de</strong>n dann präsentiert:<br />

• Ich-Botschaften<br />

• Konkret<br />

• Beschreibend<br />

• Ausgelöste Gefühle sagen<br />

In <strong>de</strong>r achten Stun<strong>de</strong> wird über Reste o<strong>de</strong>r weitere thematische Wünsche <strong>de</strong>r Patienten<br />

diskutiert und letzte Rollenübungen gemacht. Oft möchte ein Patient auch noch mal sein<br />

persönliches Recht aussprechen.<br />

Indikativgruppen<br />

In <strong>de</strong>r Klinik Roseneck wur<strong>de</strong>n spezielle, störungsspezifische Gruppentherapieangebote<br />

entwickelt.<br />

Die erste Gruppe, die ich besuchen durfte, war die so genannte<br />

Depressionsbewältigungsgruppe, kurz DBT genannt. Die DBT dient dazu, eigene<br />

Möglichkeiten zum Umgang mit <strong>de</strong>pressiven Stimmungseinbrüchen sowie zur langfristigen<br />

Bewältigung <strong>de</strong>r Depression zu erarbeiten. Es glie<strong>de</strong>rt sich auf in einen verhaltensbezogenen<br />

Teil, <strong>de</strong>r die ersten vier Sitzungen umfasst, und einen kognitiven Teil, <strong>de</strong>r die letzten vier<br />

Sitzungen einnimmt.<br />

Der Leiter <strong>de</strong>s Kurses, <strong>de</strong>n ich besuchte, begann je<strong>de</strong> Sitzung mit einer kleinen aktivieren<strong>de</strong>n<br />

Maßnahme wie beispielsweise kurzen Kennlernspielen o<strong>de</strong>r Umherlaufen und die an<strong>de</strong>ren<br />

Grüßen. Es zeigte sich, dass dies sehr gut war, um die Patienten etwas mehr zu motivieren.<br />

(Ich habe im Gespräch mit an<strong>de</strong>ren Praktikanten gehört, dass dies nicht immer geschieht.)<br />

Die erste Sitzung bestand aus organisatorischem und psychoedukativer<br />

Informationsvermittlung über die Ursachen von Depressionen. Diese wur<strong>de</strong>n in biologische<br />

Faktoren und psychologische Faktoren unterteilt. Das so genannte Depressionsdreieck wur<strong>de</strong><br />

10


dargestellt:<br />

Denken<br />

Fühlen<br />

Han<strong>de</strong>ln<br />

Dabei wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Patienten <strong>de</strong>utlich gemacht, dass man an <strong>de</strong>m Fühlen direkt nichts än<strong>de</strong>rn<br />

kann, aber an <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Punkten. Es wur<strong>de</strong> eine Spirale nach unten beschrieben:<br />

traurige Gefühl-Rückzug-Fehlen-positiver Erlebnisse, noch mehr Traurigkeit. Die Patienten<br />

sollten selbst auslösen<strong>de</strong> Ereignisse und ihren bisherigen Umgang damit beschreiben.<br />

Die zweite Sitzung befasste sich mit <strong>de</strong>r Einführung in <strong>de</strong>n Themenbereich „Ziele“. Dabei<br />

wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Patienten erklärt, dass es wichtig ist, sich konkrete Ziele zu setzen, also<br />

beispielsweise zweimal die Woche schwimmen zu gehen, sich die großen Ziele in Teilziele zu<br />

zerlegen, beispielsweise: Selbstsicherheit in das Teilziel; nein-sagen, wenn ich das möchte.<br />

Außer<strong>de</strong>m sollten die Ziele erreichbar sein, also nicht so etwas wie: „Ich darf keine Fehler<br />

machen“. Anhand von Arbeitsblättern sollten die Patienten dann „allgemeine und konkrete<br />

Ziele“ erarbeiten. Diese sollten sie als Hausaufgabe vervollständigen. Dann wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r<br />

klassischen „Wun<strong>de</strong>rfrage“ gearbeitet: „Angenommen, es wür<strong>de</strong> eines nachts, während Sie<br />

schlafen, ein Wun<strong>de</strong>r geschehen, und Ihre Depression wäre verschwun<strong>de</strong>n. Wie wür<strong>de</strong>n Sie<br />

das merken? Was wäre an<strong>de</strong>rs? Wie wür<strong>de</strong>n die an<strong>de</strong>ren davon erfahren, ohne dass Sie ein<br />

Wort darüber sagen?“ Die Ergebnisse wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Gruppe besprochen.<br />

Dann wur<strong>de</strong>n Patientenbeispiele zu allgemeinen und konkreten Zielen erarbeitet. Dabei trat in<br />

<strong>de</strong>r Gruppe Unmut über eine Teilnehmerin auf, die sich in endlosem entwe<strong>de</strong>r-o<strong>de</strong>r verlor.<br />

Als <strong>de</strong>r Leiter ihr sagte, das müsse sie wohl in <strong>de</strong>r Einzeltherapie noch mal besprechen, war<br />

die Teilnehmerin beleidigt. Sie verlangte später noch ein persönliches Gespräch, fühlte sich<br />

missachtet und benachteiligt. Sie verstand die nun unterschwellig vorhan<strong>de</strong>ne Ablehnung ihr<br />

gegenüber überhaupt nicht. Meiner Ansicht nach hätte man an dieser Stelle vom Manual<br />

abweichen müssen und – frei nach Ruth Cohn - <strong>de</strong>r Störung <strong>de</strong>n Vorrang geben müssen. Dies<br />

ist nicht geschehen. Hier zeigt sich ein Nachteil von streng manualisierten Kursen. Es wur<strong>de</strong><br />

unterschie<strong>de</strong>n zwischen hedonistischen Zielen und aufgaben- und problemzentrierten Zielen.<br />

Die meisten angeführten Beispiele aus <strong>de</strong>n Patientenreihen waren hedonistische Ziele, ganz<br />

so, als trauten sie sich nicht an ihre Probleme heran.<br />

Auch in <strong>de</strong>r dritten Sitzung ging es um die Erarbeitung konkreter Ziele und Teilziele für je<strong>de</strong>n<br />

Patienten.<br />

11


Patientenbeispiel:<br />

Hedonistisches Ziel: „Ich möchte Freu<strong>de</strong> am Leben und am Beruf haben.“<br />

Teilziele, die <strong>de</strong>m Patienten helfen, das Therapieziel zu erreichen:<br />

• Ich treibe 2 pro Woche Sport.<br />

• Ich wer<strong>de</strong> alte Freun<strong>de</strong> treffen und neue Freundschaften weiter aktivieren.<br />

• Ich wer<strong>de</strong> mich aktiv um eine Wohnung kümmern.<br />

• Ich wer<strong>de</strong> regelmäßig Entspannungsübungen machen.<br />

• Ich wer<strong>de</strong> mich über berufliche Möglichkeiten erkundigen.<br />

Die Hausaufgabe bestand nun darin, von <strong>de</strong>r Liste mit Teilzielen in <strong>de</strong>r Klinik schon einiges<br />

umzusetzen.<br />

In <strong>de</strong>r vierten Sitzung wur<strong>de</strong>n die Erfahrungen mit <strong>de</strong>n positiven Aktivitäten ausgetauscht.<br />

Die Patienten sollten das Spiralmo<strong>de</strong>ll an <strong>de</strong>n eigenen Erfahrungen validieren.<br />

Im Anschluss daran ging es um <strong>de</strong>n Umgang mit Erfolg. Die Patienten sollten beschreiben<br />

wie sie auf erste Erfolge reagierten. Dabei wur<strong>de</strong>n die Antworten unterteilt in<br />

Erfolgsver<strong>de</strong>rber und Erfolgsverstärker:<br />

� Erfolgsver<strong>de</strong>rber:<br />

• An<strong>de</strong>re schaffen mehr als ich!<br />

• Ich hätte das noch besser machen können!<br />

• Wie soll das weitergehen – es geht ja doch nicht gut!<br />

• Wahrscheinlich war das nur Zufall!<br />

• Ich bin viel zu blö<strong>de</strong>!<br />

• Die an<strong>de</strong>ren können das besser! Etc.<br />

☺Erfolgsverstärker:<br />

• Ich habe insbeson<strong>de</strong>re für meine Generation viel erreicht!<br />

• Toll, dass ich das geschafft habe!<br />

• Du hast dich doch getraut und das war gut!<br />

• Ich bin doch stärker als ich dachte!<br />

• Ich kann auch an<strong>de</strong>rs und das ist gut!<br />

• Auf mich kann man sich verlassen!<br />

• Die Anstrengung hat sich gelohnt!<br />

• Ich bin eine Powerfrau!<br />

• An<strong>de</strong>re hätten das nicht so gut gemacht! Etc.<br />

Des Weiteren wur<strong>de</strong> in dieser Stun<strong>de</strong> ein so genannter „Notfallkoffer“ zusammengestellt. Die<br />

Patienten sollten eine Liste erstellen, die ihnen in Krisensituationen hilft. Es ging vor allem<br />

darum, diese Liste für sich selbst zu vervollständigen und so konkret wie möglich zu<br />

gestalten, d.h. möglichst schon die Nummer <strong>de</strong>r Telefonseelsorge daneben schreiben o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

besten Freund vorwarnen, dass er im Notfall angerufen wird.<br />

Ab <strong>de</strong>r fünften Sitzung ging es um <strong>de</strong>n kognitiven Teil. Die Patienten wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Bereich<br />

<strong>de</strong>r automatischen Gedanken eingeführt. Es wur<strong>de</strong> ihnen erklärt, dass Depressive dazu neigen<br />

12


sehr viele negative Gedanken zu haben und diese oft nicht einmal mehr wahrnehmen wür<strong>de</strong>n.<br />

Um eine Verän<strong>de</strong>rung zu erreichen, sei es <strong>de</strong>shalb zunächst sehr wichtig, negative<br />

„automatische Gedanken“ zu erkennen. Am Flipchart wur<strong>de</strong>n zu diesem Zweck Situationen,<br />

Gedanken und Gefühle aufgeschrieben wie bei folgen<strong>de</strong>m Patientenbeispiel:<br />

Situation: Im Büro bleibt Arbeit liegen.<br />

Automatische Gedanken: Ich schaffe es nicht, ich bin unfähig.<br />

Gefühl: Nie<strong>de</strong>rgeschlagenheit, Trauer, Anspannung, Angst<br />

Dann wur<strong>de</strong> das Arbeitsblatt „Welche Gedanken führen zu welchen Gefühlen“ gemeinsam<br />

bearbeitet. Es stellt zwei Situationen dar. Die dazugehörigen Gedanken sind ausgelassen und<br />

die Gefühle wie<strong>de</strong>rum beschrieben: einmal eine Trauerreaktion und einmal eine entspannte<br />

Reaktion. Die Patienten sollen herausfin<strong>de</strong>n, welche Gedanken <strong>de</strong>r Reaktion vorausgegangen<br />

sind.<br />

Die Hausaufgabe für diese Stun<strong>de</strong> bestand nun darin, das Arbeitsblatt „Erkennen<br />

automatischer Gedanken“ auszufüllen, das nach <strong>de</strong>m oben gezeigten Schema aufgebaut ist.<br />

Die sechste Sitzung folgte <strong>de</strong>mselben Muster wie die fünfte. Es ging um die erarbeiteten<br />

Beispiele, die von <strong>de</strong>n Patienten in Heimarbeit erstellt wur<strong>de</strong>n. Allerdings wur<strong>de</strong> das obige<br />

Schema nun erweitert. Jetzt wur<strong>de</strong> ein konkreter dysfunktionaler Gedanke herausgegriffen<br />

und disputiert wie in folgen<strong>de</strong>m Patientenbeispiel:<br />

Situation: Gruppe nimmt mich nicht zum Ausflug mit.<br />

Gedanke: Ich bin nicht lustig genug.<br />

Subjektive Überzeugung: 70%<br />

Gefühle: Enttäuschung, Traurigkeit, Verletzung<br />

Argumente dafür:<br />

• Nehmen mich nicht mit.<br />

• Mir fehlt die „Leichtigkeit <strong>de</strong>s Seins.“<br />

• Ich kann selten von Herzen lachen.<br />

Argumente dagegen:<br />

• Ich kann witzig sein.<br />

• Ich habe Humor.<br />

• An<strong>de</strong>re verstehen meinen Humor nicht.<br />

• An<strong>de</strong>re können nicht immer folgen.<br />

• Man braucht nicht über je<strong>de</strong>n „Mist“ zu lachen.<br />

• Platter Humor ist nicht mein Ding.<br />

• Ich kann auch über mich selbst lachen.<br />

• Es gibt unterschiedliche Arten von Humor.<br />

• Unter „Lachzwang“ klappt es nicht.<br />

• Häufig ist mir einfach nicht zum Lachen.<br />

13


Alternativer Gedanke:<br />

• Ich habe meinen eigenen Humor.<br />

• Ich habe an<strong>de</strong>re Stärken.<br />

Glaube an alten Gedanken: 50%<br />

Nach vielen weiteren Patientenbeispielen, die in dieser Art erfolgten, wur<strong>de</strong> das<br />

Informationsblatt für Patienten gemeinsam gelesen. Darin geht es um Hilfsfragen zur<br />

Überprüfung dysfunktionaler Gedanken: z.B. Welche Beweise gibt es? Was wür<strong>de</strong> ich einem<br />

guten Freund in dieser Situation raten? Kann ich ein an<strong>de</strong>res Verhalten ausprobieren? Als<br />

Hausaufgabe sollten die Patienten weitere automatische Gedanken nach <strong>de</strong>m erweiterten<br />

Schema disputieren.<br />

Die siebte Sitzung war eigentlich eine Wie<strong>de</strong>rholung <strong>de</strong>r sechsten. Es ging darum, die<br />

kognitive Überprüfung spezifischer Gedanken weiter einzuüben. Es fiel <strong>de</strong>n Patienten<br />

zusehends schwerer, sich zu konzentrieren. Einige hatten Schwierigkeiten, das Schema zu<br />

verstehen, wie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren hätte ein Beispiel gereicht. Die Patienten meuterten in dieser<br />

Sitzung leicht und verlangten nach einer Stun<strong>de</strong> eine 10 Minuten-Pause. Als Hausaufgabe<br />

sollten sie weitere Gedanken überprüfen und das Informationsblatt „Einige Einstellungen und<br />

Annahmen, die ihr Leben ruinieren können“ durchlesen. Sie sollten sich einige Annahmen<br />

heraussuchen, die sie selbst hatten. Dies sollte eine Vorübung sein zum Thema in <strong>de</strong>r<br />

nächsten Sitzung, wo es um übergeordnete Gedanken gehen sollte. Auf <strong>de</strong>m Informationsblatt<br />

waren Sätze zu fin<strong>de</strong>n wie: „Wenn ich nicht alles perfekt mache, bin ich ein Versager.“ O<strong>de</strong>r<br />

„Ich muss unbedingt von allen Menschen, die mir etwas be<strong>de</strong>uten, geliebt und akzeptiert<br />

wer<strong>de</strong>n.“<br />

In <strong>de</strong>r letzten Sitzung wur<strong>de</strong>n dann die übergeordneten Gedanken <strong>de</strong>r Patienten besprochen.<br />

Diese Gedanken wur<strong>de</strong>n in Kategorien eingeteilt:<br />

1) Alles-o<strong>de</strong>r-nichts-Denken<br />

2) Willkürliche o<strong>de</strong>r voreilige Schlussfolgerungen<br />

3) Übertriebene Verallgemeinerung<br />

Dann wur<strong>de</strong>n einzelne übergeordnete Annahmen am Flipchart disputiert. Die zentrale Frage<br />

dabei war, welche Vorteile und welche Nachteile hat eine entsprechen<strong>de</strong> Lebenseinstellung?<br />

Patientenbeispiel:<br />

„Wenn ich nichts leiste, bin ich nichts wert.“<br />

Vorteile Nachteile<br />

Überprüfbares Außenkriterium Selbstwertgefühl ist abhängig von<br />

Leistungen<br />

Kontrolle Verbissenheit<br />

Anerkennung Überfor<strong>de</strong>rung<br />

Gesteigertes Selbstwertgefühl Anspannung<br />

Ansporn Lebensqualität lei<strong>de</strong>t<br />

Bewahrt vor Trägheit Kontakte lei<strong>de</strong>n (Einsamkeit)<br />

Schützt vor Introspektion Selbstentfremdung durch fehlen<strong>de</strong><br />

14


Introspektion<br />

Abhängigkeit von Urteilen an<strong>de</strong>rer<br />

Krankheit<br />

Alternatives Motto: Als Mensch bin ich etwas Wert!<br />

Die Patienten bekommen <strong>de</strong>s Weiteren die Aufgabe, in „Heimarbeit“ <strong>de</strong>n Zettel<br />

„Verän<strong>de</strong>rung automatischer Gedanken“ auszufüllen. Es wird zwar nicht mehr besprochen,<br />

sei aber sehr wichtig, um eine langfristige Verbesserung zu erreichen. Dann wird gemeinsam<br />

das Informationsblatt „Techniken zur Gedankenkontrolle“ gelesen, in <strong>de</strong>m Techniken <strong>de</strong>s<br />

„Gedanken-Stopps“, Gummiband-Technik“ und „Rot-Punkte-Technik“ beschrieben wer<strong>de</strong>n.<br />

Als endgültiger Abschluss fin<strong>de</strong>t eine etwas längere Patienten-Rückmeldungsrun<strong>de</strong> statt.<br />

Dabei wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Patienten die folgen<strong>de</strong>n Fragen gestellt: War die Gruppe hilfreich? Welche<br />

Sitzungen haben mir beson<strong>de</strong>rs geholfen? Kritik? Verbesserungsvorschläge? Hierbei<br />

beklagten viele Patienten die Langatmigkeit und das „Abreißen von Themen“.<br />

Die zweite Gruppe, die ich begleiten durfte war die so genannte „Soziale-Phobie-Gruppe“.<br />

Die Gruppe erstrecken sich über neun Sitzungen und zwei Expositionshalbtage. Sie setzen<br />

sich aus verschie<strong>de</strong>nen Bausteinen zusammen: Die ersten Sitzungen befassen sich mit <strong>de</strong>m<br />

theoretischen Hintergrund zu „Sozialen Phobien“ und die späteren Sitzungen sind zunächst<br />

mit Expositionen innerhalb <strong>de</strong>r Gruppe beschäftigt. Schließlich fin<strong>de</strong>n die Expositionen in <strong>de</strong>r<br />

etwas größeren Nachbarstadt Rosenheim statt.<br />

In <strong>de</strong>r ersten Gruppensitzung fand zunächst ein Vorstellspiel statt. Die Teilnehmer mussten<br />

sich nach Namen, Herkunftsort und Geburtsdatum sortieren. Dann sollten sich die Patienten<br />

nochmals mündlich vorstellen und dabei ihre beson<strong>de</strong>ren Probleme in sozialen Situationen<br />

beschreiben. Schwierig gestaltete sich die Verteilung <strong>de</strong>s Protokolls, da <strong>de</strong>r mündliche Vortag<br />

in <strong>de</strong>r nächsten Sitzung für viele bereits eine kleine Exposition darstellen wür<strong>de</strong>.<br />

Die Einstiegsfrage war, wie es Menschen ohne soziale Phobie geht. Dabei wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich,<br />

dass viele Patienten fälschlich annahmen, dass Menschen ohne soziale Phobie vollständig<br />

angstfrei seien. Die leiten<strong>de</strong> Therapeutin erklärte ihnen, dass es völlige Angstfreiheit kaum<br />

gebe, aber durch beständiges Üben ließe sich die Angst gut reduzieren. Daran schloss sie<br />

gleich <strong>de</strong>n Appell an, selbst so viele persönliche Expos wie möglich zu machen. Dann sollten<br />

die Teilnehmer in Gruppenarbeit die Symptome <strong>de</strong>r körperlichen- , gedanklichen- und<br />

Verhaltensebene auf Flipcharts zusammentragen. Dann sollten die Patienten einen<br />

Fragebogen ausfüllen und ihre Angst zu vorgestellten sozialen Situation auf einer Skala von 0<br />

(keine Angst) bis 3 (panische Angst) bewerten. Diese Liste diente <strong>de</strong>r Therapeutin zur<br />

Vorbereitung <strong>de</strong>r Expos und sollte später mit <strong>de</strong>mselben Bogen <strong>de</strong>n Patienten ihre<br />

persönlichen Verbesserungen nochmals vor Augen führen. Auch hier wur<strong>de</strong> wie im DBT-<br />

Kurs über das Sinnvolle setzen von Zielen gesprochen. Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n die Patienten darauf<br />

hingewiesen sich konkrete, positiv formulierte und erreichbare Ziele zu setzen. Des Weiteren<br />

sollten sie als Hausaufgabe eine Liste mit ihren größten sozialen Ängsten und ihren Zielen<br />

ausfüllen.<br />

Die nächste Stun<strong>de</strong> begann mit <strong>de</strong>m Vortrag über das Protokoll. Dabei wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Protokollant<br />

zwischendurch immer wie<strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeitigen Anspannung befragt. Dann stellten die<br />

Kursteilnehmer ihre Hausaufgaben vor. Dabei berichteten einige von Ängsten vor Vorträgen,<br />

aber auch davor, Frauen anzusprechen o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit zu trinken o<strong>de</strong>r essen.<br />

15


Anschließend fand eine kleine Übung statt: nacheinan<strong>de</strong>r müssten die Patienten sich drei<br />

verschie<strong>de</strong>ne Partner suchen, <strong>de</strong>nen sie jeweils drei Minuten lang wortlos in die Augen<br />

schauen müssten. Die Aufgabe bestand darin, die Aufmerksamkeit von <strong>de</strong>r eigenen<br />

Unsicherheit wegzuleiten und sich auf <strong>de</strong>n An<strong>de</strong>ren zu konzentrieren. Nach Beendigung <strong>de</strong>r<br />

Übung berichteten die Patienten von ihren begleiten<strong>de</strong>n Emotionen und Gedanken während<br />

<strong>de</strong>s Blickkontakts. Als Hausaufgabe bekamen die Teilnehmer auf, in <strong>de</strong>r Klinik immer wie<strong>de</strong>r<br />

Blickkontakt zu <strong>de</strong>n Leuten aufzunehmen und <strong>de</strong>ren Reaktionen zu beobachten.<br />

Es wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Gruppe gesammelt, welche Erlebnisse in <strong>de</strong>r Kindheit für die Entwicklung<br />

einer sozialen Phobie eine Rolle spielen könnten. Dabei wur<strong>de</strong>n zum Beispiel folgen<strong>de</strong><br />

Punkte aufgezählt:<br />

• Hänseleien in <strong>de</strong>r Kindheit<br />

• schwere Krankheit mit Son<strong>de</strong>rrolle und Unverständnis<br />

• Gewalt, Missbrauch<br />

• Erziehung mit Verboten, Strafe, mangeln<strong>de</strong>r Anerkennung<br />

• Kritik an Kleidung und Geschmack<br />

• Schule (autoritäre Lehrer, Bloßstellung)<br />

Die dritte Gruppensitzung begann wie nun alle folgen<strong>de</strong>n: mit <strong>de</strong>m Vorlesen <strong>de</strong>s Protokolls<br />

und <strong>de</strong>r Besprechung <strong>de</strong>s Sinkens <strong>de</strong>r Anspannung sowie <strong>de</strong>r Besprechung <strong>de</strong>r impliziten<br />

Ziele, zum Beispiel <strong>de</strong>r Aufgabe, die Formulierungen beson<strong>de</strong>rs gut, witzig, locker etc.<br />

rüberzubringen. Diese anspruchsvollen Nebenziele wur<strong>de</strong>n diskutiert und möglichst<br />

ausgeräumt (je<strong>de</strong> Stun<strong>de</strong> von neuem!). Es wur<strong>de</strong> dann die Hausaufgabe besprochen: wie<br />

erging es <strong>de</strong>n Patienten mit <strong>de</strong>m Halten <strong>de</strong>s Blickkontaktes? Viele stellten überrascht fest,<br />

dass beson<strong>de</strong>rs die Therapeuten <strong>de</strong>r Klinik immer wegschauten.<br />

Die Therapeut stellte nun ein Mo<strong>de</strong>ll zur Entstehung und Aufrechterhaltung sozialer Ängste<br />

vor. Es basiert darauf, dass negative Erfahrung in <strong>de</strong>r Kindheit und Jugend zu Ängsten in<br />

sozialen Situationen geführt haben. Die Reaktion darauf war eine Vermeidung ähnlicher<br />

Situationen, daraus resultiert wie<strong>de</strong>rum ein Mangel an Fertigkeiten in solchen Situationen, so<br />

dass die Ängste schließlich auf viele Bereiche ausgeweitet wer<strong>de</strong>n. Deshalb wird in <strong>de</strong>r<br />

Therapie darauf geachtet, dass die Patienten von <strong>de</strong>n angenommenen Beurteilungen durch<br />

An<strong>de</strong>re unabhängiger wer<strong>de</strong>n, das heißt: das eigene Han<strong>de</strong>ln nicht durch die vermeintliche<br />

Abwertung An<strong>de</strong>rer bestimmen lassen, son<strong>de</strong>rn zu lernen, die Situation selbst<br />

mitzubestimmen. Das be<strong>de</strong>utet, aktiv zu han<strong>de</strong>ln, die Reaktionen <strong>de</strong>r An<strong>de</strong>ren genau zu<br />

beobachten und neue Verhaltensweisen zu erproben (siehe oben stehen<strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>ll).<br />

16


Negative<br />

Erfahrungen<br />

in Kindheit<br />

Kurzfristige<br />

Konsequenz:<br />

- Angstanfall<br />

Langfristige<br />

Konsequenz:<br />

Wichtige<br />

soziale<br />

Fertigkeiten<br />

wer<strong>de</strong>n nicht<br />

gelernt<br />

Generalisierung <strong>de</strong>r Angst<br />

Sozialer Rückzug<br />

Soziale Vereinsamung<br />

Angst in<br />

ähnlichen<br />

sozialen<br />

Situationen<br />

Dann wur<strong>de</strong> typisches Sicherheitsverhalten <strong>de</strong>r Patienten gesammelt, zum Beispiel sich<br />

irgendwo festzuhalten, sich in einer Ecke zu verstecken, mit <strong>de</strong>m Handy rumzuspielen, nichts<br />

von sich zu erzählen o<strong>de</strong>r Blickkontakt zu vermei<strong>de</strong>n. In einer Partnerübung musste sich dann<br />

einer von bei<strong>de</strong>n möglichst interessant darstellen, einmal mit Sicherheitsverhalten und einmal<br />

ohne, <strong>de</strong>r An<strong>de</strong>re sollte nur zuhören. Dann wur<strong>de</strong> jeweils die Anspannung <strong>de</strong>s Redners<br />

erhoben sowie eine Selbst- und eine Frem<strong>de</strong>inschätzung. Die Ergebnisse waren, dass die<br />

Anspannung beim zweiten Mal <strong>de</strong>utlich sank, dass sowohl die Selbsteinschätzung als auch die<br />

Frem<strong>de</strong>inschätzung ohne Sicherheitsverhalten gestiegen war. Fazit <strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong> war also, dass<br />

<strong>de</strong>r Teufelskreis zur Aufrechterhaltung sozialer Ängste durchbrochen wer<strong>de</strong>n kann, wenn man<br />

<strong>de</strong>r Angst kein Sicherheitsverhalten folgen lässt. Die Hausaufgabe bestand nun darin, die<br />

vorgegebene Liste mit seinem individuellen Sicherheitsverhalten zu ergänzen und das oben<br />

17


gezeichnete Mo<strong>de</strong>ll zur Aufrechterhaltung sozialer Ängste mit einem eigenen Beispiel<br />

durchzuspielen.<br />

In <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Stun<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n die Hausaufgaben besprochen. Ich gebe ein Beispiel aus <strong>de</strong>r<br />

Gruppe:<br />

Situation: Auf eine Gruppe zugehen<br />

Grundannahme: Ich bin unwillkommen!<br />

Aktueller Gedanke: Ich kann das nicht!<br />

Körperliche Reaktion: Arme verschränken, Schweißausbrüche<br />

Sicherheitsverhalten: Kaugummikauen, mit <strong>de</strong>m Handy spielen<br />

→ keine neue Erfahrung<br />

Um <strong>de</strong>n Theorieteil etwas aufzulockern, wur<strong>de</strong> eine kleine Übung gemacht. Die Patienten<br />

sollten einen Kreis bil<strong>de</strong>n. Die Therapeutin ging um <strong>de</strong>n Kreis herum und zählte angeblich bis<br />

20, um dann <strong>de</strong>r Person, vor <strong>de</strong>r sie stehen bleiben wür<strong>de</strong>, eine peinliche Frage zu stellen. Die<br />

Spannung stieg und die Frage blieb aus. Die Patienten sollten im Anschluss erzählen, welche<br />

Gedanken ihnen durch <strong>de</strong>n Kopf gegangen waren. Je nach <strong>de</strong>n Kognitionen fielen auch die<br />

körperlichen Reaktionen unterschiedlich stark aus.<br />

Auch in <strong>de</strong>r Sozialen-Phobie-Gruppe geht es um „automatische Gedanken“. Anhand<br />

folgen<strong>de</strong>n Beispiels wur<strong>de</strong> das so genannte ABC-Mo<strong>de</strong>ll von Ellis erklärt:<br />

A (auslösen<strong>de</strong>s Ereignis): Ihre Freun<strong>de</strong> feiern eine Party und Sie sind nicht eingela<strong>de</strong>n.<br />

B (Bewertungen): „Die haben mich vergessen.“ „Die wollen mich nicht dabei haben.“<br />

C (Konsequenzen):<br />

Gefühle: beleidigt, wütend, enttäuscht, hilflos<br />

Verhalten: Passiv: grübelnd in <strong>de</strong>r Ecke sitzen, Rückzug<br />

Aktiv: Freun<strong>de</strong> ansprechen<br />

Die Hausaufgabe bestand nun darin, nach <strong>de</strong>m ABC-Mo<strong>de</strong>ll eine individuelle Situation zu<br />

beschreiben.<br />

In <strong>de</strong>r fünften Sitzung wur<strong>de</strong>n typische Situationen vorgestellt. Dabei wur<strong>de</strong>n die<br />

begleiten<strong>de</strong>n Gedanken auf einer Flipchart gesammelt, um sie anschließend mit <strong>de</strong>m<br />

Informationsblatt: „Die zehn typischen Denkfehler“ zu vergleichen. Diese Denkfehler sind<br />

<strong>de</strong>nen Depressiver sehr ähnlich, <strong>de</strong>shalb führe ich sie nicht noch mal auf. Nun wur<strong>de</strong> das<br />

ABC-Mo<strong>de</strong>ll um <strong>de</strong>n Punkt D: realistische, hilfreiche Gedanken, erweitert. Die Hausaufgabe<br />

bestand darin, dieses erweiterte Mo<strong>de</strong>ll auf das eigene Beispiel anzuwen<strong>de</strong>n. Die Patienten<br />

sollten zum Abschluss noch soziale Situationen mit Angsteinschätzungen ausfüllen. Diese<br />

Zettel bil<strong>de</strong>ten die Grundlage für die Expos. Sie beinhalteten Übungen wie:<br />

• Ein Vorstellungsgespräch üben (in Klinik)<br />

• Aufgabe <strong>de</strong>s Stationssprechers übernehmen<br />

• In <strong>de</strong>r Gruppe laut singen<br />

• Blickkontakt halten auf <strong>de</strong>r Straße mit Passanten<br />

• Kurzes Ansprechen von Passanten nach Uhrzeit, Wegstrecken usw.<br />

• Eine frem<strong>de</strong> Person dazu bringen, eine Skizze eines Weges anzufertigen<br />

• Passanten um Wechselgeld fragen für die Parkuhr<br />

18


• Interview mit Passanten führen, zum Beispiel, was sie über Personen <strong>de</strong>nken, die<br />

leicht rot wer<strong>de</strong>n<br />

• Sich etwas sehr Buntes anziehen und damit herumlaufen<br />

• Mit Regenschirm durch die Straßen laufen, obwohl es nicht regnet<br />

• Am frequentierten Platz laut aus <strong>de</strong>r Zeitung vorlesen<br />

• Etwas bewirken: zum Beispiel jeman<strong>de</strong>n dazu bringen, dass er ihnen auf <strong>de</strong>r Straße<br />

zeigt, wie man Walzer tanzt<br />

• Sich in größeren Geschäften laut etwas zurufen<br />

• Persönliche Stellungnahme <strong>de</strong>s Verkäufers erfragen zu einem Artikel<br />

• Sich im Geschäft beraten lassen ohne Kauf<br />

• An Kasse wegen Geldmangel etwas zurückgehen lassen<br />

• Im Lebensmittelgeschäft <strong>de</strong>r zweiten Person zurufen, sie solle das fehlen<strong>de</strong> Stück<br />

holen (während die Kassiererin wartet)<br />

• Sich im Lokal zu jeman<strong>de</strong>m setzten, kein Gespräch beginnen<br />

• Sich im Lokal zu jeman<strong>de</strong>m setzen, ein Gespräch beginnen<br />

Bei <strong>de</strong>r Besprechung <strong>de</strong>r Hausaufgabe in <strong>de</strong>r nächsten Stun<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> beson<strong>de</strong>rs betont, dass<br />

die hilfreichen Gedanken noch ungewohnt sind und daher die negativen erst langsam ersetzen<br />

müssen. Ab jetzt begannen die Expos vor und in <strong>de</strong>r Gruppe. Die erste bestand darin, dass<br />

eine Patienten, die es ganz furchtbar fand, vor Gruppen vorzulesen, aus „Der kleine Prinz“<br />

vorgelesen hat. Dieses Beispiel wer<strong>de</strong> ich noch mal ausführlich darstellen. Die folgen<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong> ich nur noch thematisch vorstellen:<br />

A Vorlesen vor <strong>de</strong>r Gruppe<br />

B<br />

• Ich könnte zu laut/ zu leise o<strong>de</strong>r un<strong>de</strong>utlich lesen<br />

• Ich schaffe es nicht!<br />

• Ich könnte versagen!<br />

• Die An<strong>de</strong>ren könnten <strong>de</strong>nken: “Ich hätte es besser gemacht“<br />

C Angst, Bauchschmerzen<br />

D<br />

• Ich hab’s schon mal gemacht und es war gut.<br />

• Fehler stehen mir zu!<br />

• Wie<strong>de</strong>r eine Übung, nach <strong>de</strong>r du dich besser fühlst<br />

• Sobald ich anfange, sinkt meine Angst!<br />

Übungsziel: 10 min. lesen, die an<strong>de</strong>ren sollen es akustisch verstehen, ab und zu in die Run<strong>de</strong><br />

schauen<br />

Mögliches Sicherheitsverhalten: leiser wer<strong>de</strong>n, Blickkontakt mei<strong>de</strong>n<br />

19


Angsteinschätzung:<br />

Angst<br />

Die Anspannung ging schon sehr schnell <strong>de</strong>utlich runter und die Rückmeldung durch die<br />

Gruppe war durchgehend positiv.<br />

In <strong>de</strong>n nächsten Sitzungen wur<strong>de</strong>n noch folgen<strong>de</strong> Gruppenexpositionen gemacht:<br />

• Über sich selbst positiv berichten<br />

• Vortrag über das Wetter halten<br />

• Rollenspiel: Kontaktaufnahme im Zugabteil<br />

X<br />

X<br />

X<br />

Dann begannen die zwei Exponachmittage in Rosenheim. Zunächst mussten die Patienten<br />

sich gegenseitig bei Karstadt zurufen und überschwänglich begrüßen. Die meisten fan<strong>de</strong>n es<br />

im Nachhinein sogar lustig. Die Anspannung war bei allen sehr schnell gefallen. Dann<br />

mussten sie mit erhobenen Armen und im Abstand von etwa 15 Metern durch die<br />

Fußgängerzone gehen. Ich musste voranschreiten. Etwas murmelig war mir zunächst schon,<br />

schließlich macht man das ja nicht alle Tage. Aber die Reaktion <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Stadtbummler<br />

war sehr lustig: einige hoben ebenfalls die Arme, einer klatschte ab und wie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />

fragten, ob wir eine Sekte seien.<br />

Dann mussten die Patienten die Übungen, die ich oben aufgezählt hatte, alleine machen.<br />

Allerdings wagte sich keiner daran, jeman<strong>de</strong>m zum Walzer aufzufor<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r laut aus <strong>de</strong>r<br />

Zeitung vorzulesen. Von diesem Therapeuten wur<strong>de</strong> von keinem etwas verlangt, was er auf<br />

gar keinen Fall tun wollte. (Ich war allerdings später noch mal als Expobegleitung dabei und<br />

da hat eine Patient tatsächlich die Männer in <strong>de</strong>r Fußgängerzone gefragt, ob sie ihr Walzer<br />

beibringen wür<strong>de</strong>. Und tatsächlich erklärte sich <strong>de</strong>r dritte Befragte bereits bereit.) Die<br />

Nachbesprechungen waren durchweg positiv. Bei <strong>de</strong>r zweiten Expo lief es ähnlich. Diesmal<br />

mussten sie sich zu Anfang in <strong>de</strong>r Fußgängerzone verteilen und min<strong>de</strong>stens 10 min winken,<br />

dann mussten sie wie<strong>de</strong>r Leute interviewen, Passanten nach <strong>de</strong>m Weg fragen o<strong>de</strong>r sich<br />

beraten lassen. Auch dieser Tag war insgesamt sehr erfolgreich.<br />

In <strong>de</strong>r letzten Gruppensitzung sollten die Teilnehmer noch einmal <strong>de</strong>n oben genannten<br />

Fragebogen ausfüllen. Sie durften ihn dann mit <strong>de</strong>m alten vergleichen. Alle Teilnehmer hatten<br />

sich <strong>de</strong>utlich verbessert. Dann sollten sie noch mal Rückmeldung zu <strong>de</strong>m Kurs geben. Trotz<br />

<strong>de</strong>s hohen Anteils an aktiven Übungen war es <strong>de</strong>n Patienten immer noch zuviel Theorie.<br />

Innerlich musste ich sehr schmunzeln. Das war mir von <strong>de</strong>r Uni nicht unbekannt. Aber<br />

insgesamt wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kurs sehr positiv bewertet und alle füllten am En<strong>de</strong> noch artig das Blatt<br />

„Übungsblatt für geplante Expositionen in Eigenregie“ aus.<br />

x<br />

Zeit<br />

20


Mein nächster Kurs war Stressbewältigung am Arbeitsplatz, kurz SBA. In <strong>de</strong>r SBA geht es<br />

darum, zu i<strong>de</strong>ntifizieren, wo berufliche Schwierigkeiten bestehen, um diese gemeinsam in <strong>de</strong>r<br />

Gruppe unter Anleitung zu bearbeiten. Zu Beginn <strong>de</strong>r ersten Sitzung betonte <strong>de</strong>r<br />

Seminarleiter, dass dieser Kurs nicht für Patienten mit Rentenbegehren sei. Dann stellte je<strong>de</strong>r<br />

Teilnehmer sich und sein Arbeitsfeld vor. Der Leiter machte <strong>de</strong>utlich, dass dieser Kurs von<br />

<strong>de</strong>n Erfahrungen je<strong>de</strong>s einzelnen abhänge und dass die Teilnehmer die eigentlichen<br />

„Experten“ seien. Dann wur<strong>de</strong>n die Kursteilnehmer gebeten, die Ursachen für ihre beruflichen<br />

Schwierigkeiten zusammenzutragen. Diese Ursachen (z.B. Lärm, Arbeitsstun<strong>de</strong>n,<br />

Unterfor<strong>de</strong>rung) wur<strong>de</strong>n anschließend entsprechend ihrer Beeinflussbarkeit sortiert. Der<br />

Leiter machte <strong>de</strong>utlich, dass nicht alle beruflichen Schwierigkeiten verän<strong>de</strong>rbar sind, so zum<br />

Beispiel Unternehmensstrukturen o<strong>de</strong>r auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Es wur<strong>de</strong><br />

betont, dass man Einfluss darauf hat, in welcher Art und Weise man mit Belastungen <strong>de</strong>s<br />

Alltagslebens umgeht.<br />

Anschließend ging es um die Frage, welche Be<strong>de</strong>utung Arbeit im Leben je<strong>de</strong>s Einzelnen<br />

hatte. Viele betonten <strong>de</strong>n finanziellen Hintergrund, bei weiterem Nachfragen kamen aber auch<br />

an<strong>de</strong>re Argumente wie Erwerb von Fähigkeiten, Kompetenzerleben, Selbstentfaltung, soziale<br />

Kontakte, Sinnstiftung, Zeitstrukturierung und gesellschaftliche Anerkennung. Als<br />

Hausaufgabe sollten die Patienten sich damit beschäftigen, wie wichtig für sie persönlich die<br />

einzelnen möglichen Funktionen <strong>de</strong>r Arbeitstätigkeit sind. Außer<strong>de</strong>m sollten sie anhand eines<br />

Arbeitsblattes die aktuelle Tätigkeit mit <strong>de</strong>r gewünschten Tätigkeit vergleichen.<br />

In <strong>de</strong>r zweiten Sitzung wur<strong>de</strong> folgen<strong>de</strong>r Belastungskreislauf dargestellt (rote Bereiche sind<br />

verän<strong>de</strong>rbar):<br />

(1) Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r<br />

Arbeitsumwelt anregen<br />

(ungünstige)<br />

Bewältigungs-<br />

Verhalten<br />

(vermehrte<br />

Anstrengung od.<br />

Vermeidung)<br />

(5) Verän<strong>de</strong>rtes<br />

Gesundheitsverhalten<br />

(Tabak, Kaffee, Bewegung)<br />

Probleme im Beruf:<br />

Abweichung ihrer bestehen<strong>de</strong>n<br />

Situation von Erwartung<br />

(4) Verbesserung eigener<br />

Bewältigungsfertigkeiten<br />

Beschwer<strong>de</strong>bildung<br />

Muskuläre Anspannung<br />

Psychische Anspannung<br />

Chronifizierte vegetative<br />

Symptome<br />

(3) Wie<strong>de</strong>r ent<strong>de</strong>cken<br />

eigener<br />

Erholungsmöglichkeiten<br />

(2) Überprüfung <strong>de</strong>r<br />

persönlichen<br />

Anspruchshaltung<br />

Gefühls-<br />

Reaktionen<br />

(z.B.<br />

Enttäuschung,<br />

Selbstzweifel,<br />

Angst)<br />

Der Belastungskreislauf soll dazu dienen, verständlich zu machen, wie es zu Problemen<br />

kommen kann und wie sich berufliche Probleme stabilisieren und verschlimmern können. Der<br />

Belastungskreislauf soll Anregung bieten, wo mit Verän<strong>de</strong>rungen angesetzt wer<strong>de</strong>n kann, wo<br />

Möglichkeiten bestehen, <strong>de</strong>n „Kreislauf“ zu durchbrechen.<br />

21


Der oben gezeichnete Belastungskreislauf besteht aus vier Elementen. Berufliche Probleme<br />

können allgemein verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n als „Knackpunkte“, in <strong>de</strong>nen die Arbeitsstelle nicht <strong>de</strong>n<br />

gewünschten Erwartungen entspricht. In <strong>de</strong>r Regel bleibt das Gefühlsleben davon nicht<br />

unberührt. Bleibt das Problem ungelöst, so können Beschwer<strong>de</strong>n entwickelt wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Anschluss wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Belastungskreislauf an einem individuellen Beispiel durchgespielt.<br />

Bei diesem Beispiel trat <strong>de</strong>utlich hervor, dass <strong>de</strong>r Patient die Ebene <strong>de</strong>r Gefühle komplett<br />

ignorierte und gleich zu somatisieren anfing. Er begann gera<strong>de</strong> erst in <strong>de</strong>r Klinik die<br />

begleiten<strong>de</strong>n Gefühle überhaupt einmal wahrzunehmen. Für die folgen<strong>de</strong> Sitzung sollten die<br />

Patienten anhand eines Arbeitsblattes ihren individuellen Belastungskreislauf schreiben und<br />

Verän<strong>de</strong>rungsziele <strong>de</strong>finieren.<br />

In <strong>de</strong>r dritten Sitzung wur<strong>de</strong>n zunächst ein paar Patientenbeispiele durchgespielt.<br />

Anschließend sollte es thematisch um <strong>de</strong>n Umgang mit Kollegen gehen. Dabei wur<strong>de</strong>n<br />

Elemente aus <strong>de</strong>m oben beschriebenen GSK angewandt. Die Teilnehmer sollten verschie<strong>de</strong>ne<br />

Formen sozialen Verhaltens kennen lernen und erfahren, wie selbstsicheres Verhalten am<br />

Arbeitsplatz aussehen könnte. Es wur<strong>de</strong> zunächst gesammelt, was aggressives, unsicheres und<br />

selbstsicheres Verhalten ausmacht, dann wur<strong>de</strong>n diese Situationen im Rollenspiel geübt. (Ich<br />

durfte einmal <strong>de</strong>n aggressiven Kollegen spielen, was mir enorm viel Spaß gemacht hat!)<br />

Abschließend wur<strong>de</strong> für die nächste Stun<strong>de</strong> die Aufgabe vergeben zu überlegen, in welchen<br />

sozialen Situationen Probleme auftreten und wie sich zukünftig zu verhalten wäre. Bei <strong>de</strong>n<br />

Überlegungen zu neuen Verhaltensweisen sollte auf die in <strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong> entwickelten Lösungen<br />

zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n.<br />

In <strong>de</strong>r vierten Sitzung wur<strong>de</strong>n akute Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten besprochen,<br />

dabei wur<strong>de</strong>n sie danach eingeordnet, wie lösbar sie sind und woran man ihre Lösbarkeit<br />

festmachen kann. Außer<strong>de</strong>m sollten die Fertigkeiten je<strong>de</strong>s Einzelnen zum<br />

Konfliktmanagement verbessert wer<strong>de</strong>n. Es wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Patienten erklärt, dass nicht je<strong>de</strong>r<br />

Lösungsversuch für je<strong>de</strong>n Konflikt angemessen ist. Bei kleineren Meinungsverschie<strong>de</strong>nheiten<br />

und möglichen Missverständnissen sei eine direkte Ansprache <strong>de</strong>s Problems oft ein gutes<br />

Vorgehen. Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n Tipps für Konfliktgespräche gegeben:<br />

Sprecher- und Zuhörer-Regeln in Konfliktgesprächen<br />

Zuhörer Sprecher<br />

1. Hören Sie sich die Kritik in Ruhe an und<br />

nutzen Sie die Gelegenheit, die Position <strong>de</strong>s<br />

Gegenübers auch wirklich zu verstehen.<br />

2. Signalisieren Sie, dass Sie das Gesagte<br />

verstan<strong>de</strong>n haben, und danken Sie ggf. für<br />

die Rückmeldung.<br />

3. Fassen Sie kurz die Position <strong>de</strong>s An<strong>de</strong>ren<br />

mit eigenen Worten zusammen. („Wenn ich<br />

dich richtig verstan<strong>de</strong>n habe, möchtest du….)<br />

4. Verzichten Sie auf überflüssige<br />

Rechtfertigungen.<br />

5. Teilen Sie Ihrem Gegenüber mit; was Sie<br />

1. Beschreiben Sie <strong>de</strong>n Sachverhalt und<br />

erinnern Sie ggf. an frühere Absprachen.<br />

Dabei geht es Ihnen um <strong>de</strong>n Sachverhalt,<br />

ohne dass die an<strong>de</strong>re Person abgewertet<br />

wer<strong>de</strong>n soll.<br />

2. Sprechen Sie in <strong>de</strong>r Ich-Form und drücken<br />

Sie das eigene negative Gefühl aus.<br />

3. Beschränken Sie ihre Kritik auf eine<br />

konkrete Situation und ein bestimmtes<br />

Verhalten ihres Gegenübers.<br />

4. Machen Sie einen realisierbaren<br />

Än<strong>de</strong>rungsvorschlag und signalisieren Sie<br />

damit Ihre wertschätzen<strong>de</strong> und konstruktive<br />

Grundhaltung.<br />

22


zu tun beabsichtigen und was nicht. Zeigen<br />

Sie Bereitschaft zu einer gemeinsamen<br />

Absprache.<br />

Es wur<strong>de</strong> daraufhin gewiesen, dass im Falle eines anhalten<strong>de</strong>n Konflikts eine externe<br />

Vermittlung in Form eines Vorgesetzten o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Betriebsrates vonnöten sein kann.<br />

Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Patienten erklärt, dass die Reflexion eigener Erwartungen und <strong>de</strong>r<br />

Motive <strong>de</strong>s An<strong>de</strong>ren hilfreich sein können. Zur Gestaltung <strong>de</strong>r Lösung von Problemen wur<strong>de</strong>n<br />

ein paar Tipps zur Strukturierung gegeben:<br />

• Problem<strong>de</strong>finition<br />

• Ziel<strong>de</strong>finition<br />

• Zusammentragen von Lösungsmöglichkeiten („Brainstorming“)<br />

• Bewertung <strong>de</strong>r Lösungsmöglichkeiten<br />

• Entscheidung für eine Lösung<br />

• Umsetzung <strong>de</strong>r Lösung mit möglichen Hin<strong>de</strong>rnissen<br />

Die genannten Strukturierungspunkte zur Konfliktlösung sollten von <strong>de</strong>n Patienten zur<br />

nächsten Stun<strong>de</strong> an einem persönlichen Beispiel durchgespielt wer<strong>de</strong>n. Eine Patientin spielte<br />

das „leere Stuhl-Spiel“. Sie musste zwei Stühle aufstellen und sich dahinter stellen: zunächst<br />

ihre eigenen Gedanken beschreiben, dann die ihres schwierigen Kollegen. Dabei wur<strong>de</strong> ihr<br />

klar, dass er auch ehr unter Stress steht und viele Konflikte daraus resultieren.<br />

In <strong>de</strong>r fünften Sitzung ging es um <strong>de</strong>n Themenkomplex „Stressbewältigung“. Es wur<strong>de</strong> in<br />

einer Run<strong>de</strong> besprochen, welche Bedingungen bei <strong>de</strong>n einzelnen zu Stressreaktionen führen<br />

und wie sich diese auswirken. In Stresssituationen traten bei <strong>de</strong>n meisten typische Gedanken<br />

(„Wie soll ich das nur schaffen?“), typische Gefühle (Verunsicherung, Angst), typische<br />

körperliche Reaktionen (Schwitzen, weiche Knie) und typische Verhaltensweisen (weniger<br />

Pausen machen, länger arbeiten) auf. Die Patienten sollten ein Arbeitsbogen zu<br />

stressauslösen<strong>de</strong> Arbeitsbedingungen ausfüllen, um die eigenen Belastungsbedingungen zu<br />

konkretisieren. Dann wur<strong>de</strong>n gemeinsam Lösungsstrategien entwickelt. Dabei wur<strong>de</strong><br />

unterschie<strong>de</strong>n zwischen kurzfristigen Maßnahmen: wie zum Beispiel sich kurz ablenken, sich<br />

abreagieren, progressive Muskelentspannung machen o<strong>de</strong>r positiv <strong>de</strong>nken, und langfristigen<br />

Maßnahmen wie die Pflege zwischenmenschlicher Kontakte und eine ausgeglichene<br />

Freizeitgestaltung. Schließlich wur<strong>de</strong> die eigene Arbeitseinstellung thematisiert. Auch hier<br />

bekamen die Teilnehmer einen Fragebogen zu ihren beruflichen Ansprüchen, um sich<br />

schriftlich vor Augen zu führen, was sie erwarten.<br />

Die sechste Sitzung behan<strong>de</strong>lte thematisch immer noch die Belastungsreduktion. Es wur<strong>de</strong><br />

nun <strong>de</strong>r Fragebogen zu beruflicher Anspruchshaltung aus <strong>de</strong>r letzten Sitzung besprochen.<br />

Bestimmte Grundsätze wur<strong>de</strong>n thematisiert: „Ich darf keine Fehler machen.“ wur<strong>de</strong> relativiert<br />

zu „Bei Tätigkeit A sollte ich mir wirklich keine Fehler erlauben. Dafür ist es bei Tätigkeit B<br />

weniger schlimm.“<br />

Weiterhin wur<strong>de</strong> das Thema „Zufrie<strong>de</strong>nheitserlebnisse“ besprochen. Es wur<strong>de</strong> angeregt, sich<br />

angenehme Erlebnisse durch einfache Mittel zu verschaffen, zum Beispiel ein kurzes<br />

Gespräch mit einem befreun<strong>de</strong>ten Kollegen führen. Den Patienten wur<strong>de</strong>n die so genannten<br />

Genussregeln vorgelesen (sollte man selbst auch öfter mal durchlesen!):<br />

23


� Genuss braucht Zeit<br />

� Genuss muss erlaubt sein.<br />

� Genuss geht nicht nebenbei.<br />

� Weniger ist mehr.<br />

� Genuss be<strong>de</strong>utet: Aussuchen, was mir gut tut.<br />

� Genuss kann man nicht erzwingen.<br />

� Ohne Sinneserfahrung kein Genuss.<br />

� Genuss ist je<strong>de</strong>n Tag möglich.<br />

Am Flipchart wur<strong>de</strong>n dann Beispiele für angenehme Aktivitäten (Wan<strong>de</strong>rn, Radfahren,<br />

Lachen) zusammengetragen.<br />

Abschließend wur<strong>de</strong> darüber gesprochen, welchen Einfluss die Art und Weise haben kann, in<br />

<strong>de</strong>r man in Stresssituationen mit sich selbst kommuniziert. Sagt man unter Zeitdruck zu sich<br />

selbst: „Wie soll ich das schaffen?“, dann verstärkt dies natürlich die bestehen<strong>de</strong>n<br />

Belastungen. Ein Gedanke wie: „Jetzt mach’ erst mal eins nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren, dann schauen<br />

wir weiter“ geht mit einem erheblich entspannteren Befin<strong>de</strong>n einher. Es wur<strong>de</strong> dazu angeregt,<br />

sich zu bemühen, in stressigen Arbeitssituationen einmal solche hilfreichen Gedanken<br />

einzusetzen, und Beispiele für folgen<strong>de</strong> Strategien gegeben:<br />

� Gezielte Umbewertung („Das hab’ ich doch früher schon geschafft.“)<br />

� Selbstinstruktion („Nicht ablenken lassen. Es kommt jetzt darauf an, dass ich…)<br />

� Selbstermunterung („Du schaffst das.“)<br />

Zur nächsten Sitzung wur<strong>de</strong> die Aufgabe gegeben, min<strong>de</strong>stens drei angenehme Pausen zu<br />

machen und dabei die Genussregeln zu beachten. (Die Klinik bietet dafür kein schlechtes<br />

Übungsfeld, da die Stun<strong>de</strong>npläne hier zum Teil sehr eng strukturiert sind.)<br />

In <strong>de</strong>r siebten Sitzung wur<strong>de</strong> zunächst die Hausaufgabe <strong>de</strong>r letzten Sitzung besprochen. Die<br />

Patienten hatten sich überwiegend sehr schwer getan, die Genussregeln zu befolgen.<br />

Beson<strong>de</strong>rs hin<strong>de</strong>rlich waren die „inneren Antreiber“ – so will ich sie mal nennen – das<br />

Gefühl, immer produktiv sein zu müssen. Es wur<strong>de</strong> darüber diskutiert, was bei <strong>de</strong>r Schaffung<br />

angenehmer Alltagsbedingungen noch schwer fällt und was je<strong>de</strong>r Einzelne dagegen tun kann.<br />

Dann wur<strong>de</strong>n die Patienten dazu aufgefor<strong>de</strong>rt, sich zu überlegen, welche Eigenschaften ihre<br />

Tätigkeit erfor<strong>de</strong>rt und was sie zur erfolgreichen Erfüllung ihrer beruflichen Aufgaben<br />

mitbringen. Sie sollten sich eigene Stärken auf einem vorstrukturierten Zettel notieren. Die<br />

Ergebnisse wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Gruppe vorgetragen wie bei einer Bewerbungssituation vor <strong>de</strong>n<br />

Personalchefs. Im Anschluss bekam je<strong>de</strong>r eine Rückmeldung durch das Plenum. Das Ziel<br />

dieser Übung war zweierlei: Erstens sollten Eigenschaften gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, an die die<br />

Patienten zukünftig bei <strong>de</strong>r Bewältigung <strong>de</strong>s beruflichen Alltags anknüpfen können. Zum<br />

an<strong>de</strong>ren sollte es eine Übung zur Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche sein.<br />

Die letzte Stun<strong>de</strong> befasste sich mit Bewerbungen. In einer Phasenbeschreibung wur<strong>de</strong><br />

durchgegangen, was bei einer Bewerbung zu beachten ist:<br />

• Phase 1: Die Vorüberlegungen<br />

• Phase 2: Die Entscheidung<br />

• Phase 3: Die Stellensuche<br />

• Phase 4: Das Vorhab-Telefonat<br />

• Phase 5: Die Bewerbungsmappe<br />

24


• Phase 6: Das Vorstellungsgespräch<br />

• Phase 7: Die Einstellung<br />

Dann wur<strong>de</strong> besprochen, was nötig ist, um sich erfolgreich präsentieren zu können. Dann<br />

wur<strong>de</strong>n Tipps zur Stellensuche gegeben (zum Beispiel: Arbeitsamt, klassische<br />

Stellenanzeigen, Initiativbewerbungen, interne Ausschreibungen, Internet, Kontaktmessen,<br />

private Arbeitsvermittler, Fachzeitschriften <strong>de</strong>s Berufsverban<strong>de</strong>s, etc.). Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong><br />

gemeinsam erarbeitet, was eine Bewerbungsmappe alles beinhalten sollte. Es wur<strong>de</strong> ein<br />

Vorstellungsgespräch im Rollenspiel geübt. Mit welchen Fragen ist zu rechnen? Welches<br />

Verhalten ist angemessen? Dann wur<strong>de</strong> über <strong>de</strong>n Umgang mit „problematischen Themen“<br />

(wie <strong>de</strong>r eigenen Krankheit) gesprochen.<br />

Zum Abschluss mussten die Teilnehmer eine Rückmeldung zu diesem Kurs geben. Diese fiel<br />

ambivalent aus: einige sagten von sich, sie hätten einen großen Nutzen aus <strong>de</strong>n Sitzungen<br />

ziehen können, einige waren überzeugt, dass das alles auf ihre persönliche Arbeitssituation<br />

nicht passen wür<strong>de</strong>.<br />

Die nächste Indikativgruppe, die ich besuchen durfte, war die Angstbewältigungs-Therapie,<br />

kurz ABT. Auch hier gibt es ungefähr acht Sitzungen, davon zwei Expo-Tage. Die Leiterin<br />

erklärte zunächst, das Angst einen hohen Überlebenswert hat, also durchaus eine Funktion.<br />

Sie erklärte, dass wenn die Angst jedoch ein gewisses Ausmaß überschreitet, dass sie dann<br />

mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringe. Überstarke Angst schränke unser Denken und<br />

unser Verhalten stark ein und verringere die Konzentrationsfähigkeit. Aus diesem Grund<br />

könne eine zu große Angst auch zur Selbstgefährdung führen: die Person verliere <strong>de</strong>n<br />

Überblick und „rette“ sich mit einer unüberlegten, panischen Kurzschlussreaktion. Sie führte<br />

das Beispiel einer Baustelle auf <strong>de</strong>r Autobahn an, an <strong>de</strong>m man mit extrem hoher<br />

Geschwindigkeit „vorbeibrettere“, damit man schnell aus <strong>de</strong>r Situation heraus sei. In <strong>de</strong>r<br />

ersten Sitzung wur<strong>de</strong>n dann die Themen <strong>de</strong>r Folgetermine vorgestellt:<br />

• Entstehung von Angstattacken<br />

• Komponenten <strong>de</strong>r Angst<br />

• Körperliche Merkmale<br />

• Umgang mit körperlichen Komponenten<br />

• Verhalten bei Angst und Panikattacken<br />

• Katastrophengedanken<br />

• Reale Angstsituationen<br />

Dann sollten die Gruppenmitglie<strong>de</strong>r sich mit folgen<strong>de</strong>n drei Fragen gegenseitig interviewen<br />

und dies anschließend <strong>de</strong>r Gruppe vorstellen:<br />

• In welchen Situationen trat die erste Angstattacke / überwertige Angst auf?<br />

Häufige Antworten waren: Angst in Menschenmengen, vor <strong>de</strong>m Fahrstuhl, beim<br />

Zugfahren, beim Autofahren, vor <strong>de</strong>m Einkaufen, vor Brücken<br />

• Wie waren meine damaligen Lebensumstän<strong>de</strong>?<br />

Es wur<strong>de</strong> häufig Stress bei <strong>de</strong>r Arbeit und Überbelastung angeführt.<br />

• Gab es beson<strong>de</strong>re Ereignisse o<strong>de</strong>r Belastungen in <strong>de</strong>r Zeit vor <strong>de</strong>r ersten<br />

Angstattacke / überwertigen Angst?<br />

Dabei wur<strong>de</strong> vor allem <strong>de</strong>r Zwang, immer funktionieren zu müssen, genannt.<br />

Allerdings konnten die meisten Patienten diese Frage nicht sehr gut beantworten. Oft<br />

wussten sie keine beson<strong>de</strong>ren Ereignisse, die <strong>de</strong>r Angstattacke vorausgegangen waren.<br />

25


Anschließend wur<strong>de</strong>n Punkte zu auslösen<strong>de</strong>n Faktoren <strong>de</strong>r Angstattacken am Flipchart<br />

gesammelt:<br />

� Angst unangenehm aufzufallen<br />

� Angst vor Kontrollverlust<br />

� Angst zu sterben<br />

� Angst vor <strong>de</strong>m Leben<br />

� Angst nicht funktionieren zu können<br />

� Stress<br />

� Ungelöste Beziehungskonflikte<br />

In <strong>de</strong>r zweiten Sitzung sollten die Patienten sich einen „Angstkuchen“ backen, <strong>de</strong>r schließlich<br />

ungefähr wie folgt aussah:<br />

Im Anschluss wur<strong>de</strong>n die Stichworte systematisiert. Ich gebe nur einen kurzen Ausschnitt, um<br />

die Glie<strong>de</strong>rung darzustellen:<br />

Körperliche<br />

Symptome<br />

Angst zu sterben<br />

Herzklopfen<br />

Schweißausbrüche Zittern<br />

Tunnelblick<br />

Gedanken/ Bil<strong>de</strong>r Verhalten Gefühle<br />

Schwin<strong>de</strong>l Ich falle um. Weglaufen Traurigkeit<br />

Schweißausbrüche Ich sterbe. Telefonieren Min<strong>de</strong>rwertigkeitsgefühl<br />

Herzklopfen Du blö<strong>de</strong> Angst, geh’<br />

weg!<br />

Kontrollverlust<br />

Angst verrückt zu<br />

wer<strong>de</strong>n<br />

Min<strong>de</strong>rwertigkeitsgefühle<br />

Atemnot Bo<strong>de</strong>nverlust<br />

Gänsehaut Hilflosigkeit<br />

Medikamente Wut<br />

26


Hyperventilation Ich muss raus! festklammern Hilflosigkeit<br />

Abschließend wur<strong>de</strong> festgestellt, dass zu einer Angstattacke immer körperliche Symptome,<br />

bestimmte Gedanken und Verhalten gehören. Gefühle – außer <strong>de</strong>r Angst – können sein,<br />

müssen aber nicht. Die Patienten sollten systematisch eine Situation anhand dieser Bereiche<br />

darstellen. Die meisten wählten das Autofahren.<br />

Ein Patientenbeispiel:<br />

Eine bestimmte Situation (Ort, beteiligte Personen, weitere wichtige Merkmale):<br />

Autofahrt zum Einkaufen, es geht durch einen Tunnel.<br />

Welche körperlichen Empfindungen habe ich?<br />

Herzklopfen<br />

Schwin<strong>de</strong>l<br />

Tunnelblick<br />

Die Strasse verschwimmt vor <strong>de</strong>n Augen<br />

Welche Gedanken gehen mir durch <strong>de</strong>n Kopf?<br />

Ich muss sofort anhalten!<br />

Ich rase gegen die Tunnelwand!<br />

Ich wer<strong>de</strong> eine Massenkarambulage verursachen!<br />

Wie verhalte ich mich in dieser Situation?<br />

Fahre an <strong>de</strong>n Straßenrand und rufe meinen Freund an.<br />

Welche Gefühle sind außer <strong>de</strong>r Angst vorhan<strong>de</strong>n?<br />

Erleichterung durch das Telefonat.<br />

Als Hausaufgabe bekamen die Patienten auf, ihre allgemeinen Ziele (wie zum Beispiel:<br />

selbständig zu wer<strong>de</strong>n) in konkrete Ziele aufzuschlüsseln (zum Beispiel: alleine in <strong>de</strong>n<br />

Supermarkt zu gehen, alleine Zug zu fahren, ohne Begleitung in die Stadt zu gehen etc.)<br />

In <strong>de</strong>r dritten Sitzung wur<strong>de</strong> die „Ziel-Liste“ besprochen. Einige allgemeine Ziele waren:<br />

� Eigene Entscheidungen treffen<br />

� Tun-und-lassen, was ich will<br />

� Angst vor <strong>de</strong>r Angst verlieren<br />

� Gelassenheit<br />

� Selbstsicherheit<br />

� Selbstbewusstsein<br />

� Selbstvertrauen<br />

Konkrete Ziele <strong>de</strong>r Teilnehmerinnen waren:<br />

� Alleine im Supermarkt einkaufen<br />

� Alleine Zug fahren<br />

� Ohne Begleitung in die Stadt gehen<br />

� Autofahren<br />

� An Familienfeiern teilnehmen<br />

27


� An geschäftliche Besprechungen teilnehmen<br />

� Essengehen, Konzerte besuchen, Kinobesuch<br />

� Gon<strong>de</strong>lfahren<br />

� Alleine im Wald spazieren gehen<br />

� Auf Türme steigen<br />

� Fliegen<br />

� Es in Menschenmengen aushalten<br />

An einem Patientenbeispiel wur<strong>de</strong> das typische Verhalten (und die damit<br />

zusammenhängen<strong>de</strong>n Katastrophengedanken) besprochen:<br />

Angstsituation:<br />

Kaufhaus an <strong>de</strong>r Kasse (Schlange) � Enge in <strong>de</strong>r Brust, schnelle Atmung� Wie lange dauert das noch?<br />

� noch nervöser, Verlust <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns unter <strong>de</strong>n Füßen � Ich will raus! Ich kippe um. Ich sterbe!<br />

1) � Abhauen an die frische Luft, nach 5-10 Minuten normalisiert sich die Atmung, alle Symptome<br />

wer<strong>de</strong>n besser<br />

2) � auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n setzen, peinlich � umfallen � sterben<br />

Im Anschluss wur<strong>de</strong> darüber diskutiert, was an dieser Reaktion auffallend ist. Die Patienten<br />

stellten fest, dass die negative Bewertung stark hervorsticht. Die Seminarleiterin erklärte, dass<br />

sich die Angstattacke durch Gedanken ankündigt. Die Patienten nehmen körperliche<br />

Symptome war und diese wer<strong>de</strong>n gleichgesetzt mit Gefahr. Es han<strong>de</strong>lt sich um einen<br />

spiralförmigen Prozess, <strong>de</strong>r sich dann zur Panikattacke ausweitet.<br />

Anhand eines Schaubil<strong>de</strong>s wur<strong>de</strong>n nun die physiologischen Grundlagen einer Angstattacke<br />

erklärt. Es wur<strong>de</strong> betont, dass <strong>de</strong>r Unterschied zu normalen, schnellen Reaktionen – wie<br />

beispielsweise beim Bremsen – vor allem in <strong>de</strong>r Bewertung <strong>de</strong>r körperlichen Symptome<br />

bestün<strong>de</strong>.<br />

Es wur<strong>de</strong> ein typischer Angstkreislauf beschrieben. Ich möchte ihn nicht aufzeichnen, da er<br />

<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Sozialen Phobie ähnelt. Er hat dieselben Eckpunkte:<br />

� Auslöser<br />

� Wahrnehmung<br />

� Gedanken<br />

� Bewertung<br />

� Angst<br />

� Flucht/ Vermeidung<br />

� Körperliche Beschwer<strong>de</strong>n<br />

Zu diesem Kreislauf bekamen die Patienten die Aufgabe zu beschreiben, was ihrer Meinung<br />

nach passieren wür<strong>de</strong>, wenn sie auf das Vermeidungsverhalten verzichten wür<strong>de</strong>n. Sie sollten<br />

also ihren persönlichen Teufelskreis darstellen.<br />

Dann fand ein thematischer Wechsel statt. Es wur<strong>de</strong> das Thema „Stress“ behan<strong>de</strong>lt. Es wur<strong>de</strong><br />

erklärt, dass das Ausgangsniveau, d.h. die Grundanspannung, bei <strong>de</strong>r Entstehung einer<br />

Angstattacke eine Rolle spielt. Dabei beschrieben alle Patienten ihre Grundanspannung als<br />

enorm hoch (60-80%). (Meine eigene Anspannung in dieser Stun<strong>de</strong> lag bei unter 10%, ich<br />

war – ehrlich gesagt – eher sehr mü<strong>de</strong>. Nur so, zum Vergleich!) Die Patienten sollten in <strong>de</strong>r<br />

Folgezeit immer mal wie<strong>de</strong>r überlegen, wie hoch ihre eigene Grundanspannung so ist. Als<br />

28


Grundlage für die anstehen<strong>de</strong>n Expos sollten die Patienten einen Fragebogen mit<br />

Angstauslösen<strong>de</strong>n Situation auf einer Skala von 0 (gar nicht) bis 4 (extreme Angst) ausfüllen.<br />

In <strong>de</strong>r vierten Sitzung wur<strong>de</strong>n Patientenbeispiele zu <strong>de</strong>n persönlichen Teufelskreisen<br />

besprochen und alternative Handlungsmöglichkeiten durchgespielt.<br />

Patientenbeispiel:<br />

Aben<strong>de</strong>ssen mit Freun<strong>de</strong>n � nervös, zappelig, Schwin<strong>de</strong>l � Was wer<strong>de</strong>n die an<strong>de</strong>ren Denken?<br />

Reaktion 1. � Flucht<br />

Reaktion 2. � Kontrollverlust (verrückt wer<strong>de</strong>n)<br />

Nach <strong>de</strong>r Besprechung <strong>de</strong>r Teufelskreise wur<strong>de</strong> das Thema: „Körperliche Beschwer<strong>de</strong>n“<br />

besprochen. Die Patienten mussten ihre körperlichen Symptome in einer Angstattacke auf<br />

einer Skala von 0 (unbe<strong>de</strong>nklich) bis 6 (sehr bedrohlich) bewerten. Der Summenscore wur<strong>de</strong><br />

am Flipchart aufgeschrieben.<br />

Anschließend wur<strong>de</strong> eine praktische Übung gemacht: Hyperventilation. Dann wur<strong>de</strong>n kurz<br />

die körperlichen Folgen einer Hyperventilation dargestellt. Die Patienten wur<strong>de</strong>n dann<br />

aufgefor<strong>de</strong>rt, 30 Kniebeugen zu machen und dann Kopf und Arme schnell auf und ab zu<br />

bewegen. Sie sollten nun die begleiten<strong>de</strong>n körperlichen Beschwer<strong>de</strong>n auf ihre Be<strong>de</strong>nklichkeit<br />

nach obigem Muster beurteilen. Der Summenscore hatte sich bei allen stark reduziert (zum<br />

Teil um die Hälfte). Dadurch sollte <strong>de</strong>n Patienten plastisch vor Augen geführt wer<strong>de</strong>n, dass<br />

<strong>de</strong>r Unterschied in <strong>de</strong>r Bewertung <strong>de</strong>r Symptome liegt. Als Hausaufgabe sollten die Patienten<br />

zur nächsten Sitzung min<strong>de</strong>stens dreimal eine Hyperventilationsübung machen. Außer<strong>de</strong>m<br />

sollten sie sich sportlich betätigen, um zu sehen, dass dabei ähnliche (harmlose) Symptome<br />

entstehen können.<br />

In <strong>de</strong>r fünften Sitzung ging es um Sicherheitsverhalten. Anhand einer kleinen Anekdote<br />

wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Patienten klargemacht, dass ihr Sicherheitsverhalten ihnen zwar vorgaukelt, dass<br />

die Angst besser zu ertragen sei, die Angst dadurch aber nur verlängert wür<strong>de</strong>. Es wur<strong>de</strong><br />

typisches Sicherheitsverhalten <strong>de</strong>r Gruppe gesammelt (z.B. Handy haben, sprechen,<br />

bewusstes Atmen, Fluchtwege offen halten, etc.). Es wur<strong>de</strong> betont, wie wichtig es sei, dass<br />

eigene Sicherheits- und Vermeidungsverhalten zu kennen, um es dann bewusst zu unterlassen.<br />

Anhand einer Graphik wur<strong>de</strong> dargestellt wie die Angstbewältigungstherapie wirken kann und<br />

welche Leistung die Patienten dabei zeigen müssen.<br />

29


100<br />

0<br />

Die rot gestrichelte Linie symbolisiert die Befürchtungen <strong>de</strong>r Patienten, dass es zum Kollaps<br />

kommt (Herzinfarkt, Tod, etc.). Die Leiterin machte <strong>de</strong>utlich, dass es dieses über 100 % nicht<br />

geben wür<strong>de</strong>. Die blaue Linie zeigt das Resultat, wenn man sich <strong>de</strong>r Angst ohne<br />

Sicherheitsverhalten aussetzten wür<strong>de</strong>. Kurzfristig wür<strong>de</strong>n massive Ängste entstehen, dann<br />

aber schnell abfallen. Genau dies wür<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Expositionen auch gemacht. Die Patienten<br />

fragten dann, wie es sein könne, dass die Angst bei ihnen so lange anhalten wür<strong>de</strong>. Die grüne<br />

Linie zeigt, wie das Vermeidungsverhalten dazu führt, das die Anspannung auf einem hohen<br />

Niveau bestehen bleibt.<br />

Der „neue Weg durch die Angst“ wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Patienten am Flipchart vorgestellt:<br />

drin bleiben Konsequenzen<br />

nicht vermei<strong>de</strong>n kurzfristig negativ -<br />

aushalten langfristig positiv +<br />

alles zulassen<br />

alles akzeptieren<br />

Danach wur<strong>de</strong> gemeinsam die „Kurzanleitung für die Teilnahme an en Expositionen“ gelesen,<br />

die folgen<strong>de</strong> Punkte enthält:<br />

• Lassen Sie alle aufkommen<strong>de</strong>n Ängste und Gefühle zu.<br />

• Beobachten und beschreiben Sie sich selbst die Wirklichkeit. Was nehmen Sie in <strong>de</strong>r<br />

Umgebung wahr, was nehmen Sie körperlich wahr?<br />

• Versuchen Sie nicht, Ihre Angst zu unterdrücken o<strong>de</strong>r zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

30


• Wenn die Situation Ihnen unerträglich scheint, so geben Sie sich noch weitere 10<br />

Sekun<strong>de</strong>n, um in <strong>de</strong>r Situation zu bleiben. Fahren Sie mit <strong>de</strong>r Beschreibung <strong>de</strong>r<br />

äußeren und inneren Wirklichkeit fort.<br />

• Bleiben Sie solange in <strong>de</strong>r Situation, bis Sie spüren, dass die Angst <strong>de</strong>utlich<br />

nachgelassen hat.<br />

Schließlich wur<strong>de</strong>n die Patienten nochmals eindringlich darauf hingewiesen, dass dies die<br />

einzige Metho<strong>de</strong> sei, die Angst zu verlieren, dass es aber auch seien könne, dass die Krankheit<br />

zum jetzigen Zeitpunkt noch zu viele Vorteile mit sich bringen wür<strong>de</strong>. Die Patienten sollten<br />

nun entschei<strong>de</strong>n, ob sie an <strong>de</strong>n zwei Expositionstagen teilnehmen wollen o<strong>de</strong>r nicht. Ein<br />

Patient war sich <strong>de</strong>ssen nicht mehr sicher, alle an<strong>de</strong>ren waren ängstlich-motiviert, ihre Angst<br />

zu verlieren.<br />

Zwei volle Tage waren jeweils geplant für die Expositionen. Am ersten Expotag fuhren wir<br />

nach München. Schon die Zugfahrt stellte für einige Patienten eine Herausfor<strong>de</strong>rung da. Je<strong>de</strong>r<br />

sollte sich allein in ein Abteilung setzten, je nach <strong>de</strong>m, was schwieriger war, in ein überfülltes<br />

Abteil o<strong>de</strong>r ein leeres. Die Patienten waren alle sehr angespannt, da ihnen bewusst nicht<br />

mitgeteilt wur<strong>de</strong>, wie genau die Tage ablaufen wür<strong>de</strong>n. Während <strong>de</strong>r Fahrt kritisierte die<br />

Leiterin mich massiv. Sie sagte, sie sei erstaunt, dass ich so wenig Fragen gestellt habe. Ich<br />

war sehr <strong>de</strong>primiert und kam mir vor, als sei ich eine schlechte Praktikantin. Der Grund,<br />

warum ich wirklich wenig Fragen gestellt hatte, war, dass die Leiterin von einer Patientin, die<br />

sie mit Fragen gelöchert hatte, so genervt war. Ich wollte nicht noch eine zusätzliche<br />

Belastung sein. Ihre Kritik belastet mich so stark, dass ich mich am Abend hinsetzte und das<br />

in DBT Gelernte anwandte und <strong>de</strong>n Gedanken, ich sei eine schlechte Praktikantin, pro und<br />

contra abwog, um schließlich <strong>de</strong>n alternativen Gedanken zu formulieren, dass ich vielleicht in<br />

ABT eine eher schlechte Praktikantin war, aber über das halbe Jahr verteilt sehr fleißig war.<br />

Am Hauptbahnhof angekommen wur<strong>de</strong>n die Patienten nach ihrer Anspannung gefragt, auf<br />

einer Skala von 0 % bis 100 % erreichten fast alle etwa 80 %. Schließlich fuhren wir mit <strong>de</strong>r<br />

U-Bahn zum Marienplatz. Die Enge <strong>de</strong>r Abteile und die Unmöglichkeit einer Flucht ließ die<br />

allgemeine Anspannung noch hochschnellen. Die erste Übung bestand in <strong>de</strong>r Besteigung <strong>de</strong>s<br />

„Alten Peters“, eines Turmes, <strong>de</strong>r etwa 300 Stufen hat. Die Patienten wur<strong>de</strong>n jeweils allein<br />

hoch geschickt. Zuvor wur<strong>de</strong> die Angst noch angestachelt. Die Patienten sollten eine<br />

Panikattacke erleben, um zu sehen, dass, wenn sie diese ohne Sicherheitsverhalten<br />

durchstehen, die Angst langsam abflacht. Alle Teilnehmer stellten sich ihrer Angst. Oben<br />

angelangt mussten sie eine ganze Weile in die Tiefe schauen. Alle Patienten waren – wie<strong>de</strong>r<br />

auf sicherem Bo<strong>de</strong>n angekommen – stolz auf sich.<br />

Die anschließen<strong>de</strong> Mittagspause hatten sich die mü<strong>de</strong>n Patienten verdient. Einige waren nach<br />

<strong>de</strong>m ersten Erfolgserlebnis so motiviert, dass sie ihre nächsten Aufgaben selbst bestimmten.<br />

Eine Patient mit Schlangenphobie wollte in <strong>de</strong>n Münchner Zoo gehen und sich dort an die<br />

Schlangenfenster lehnen, ein an<strong>de</strong>rer Patient, <strong>de</strong>r schreckliche Angst vor <strong>de</strong>m U-Bahn fahren<br />

hatte, wollte allein durch München fahren und anschließend in ein Kaufhaus gehen – was er<br />

ebenfalls seit Jahren nicht getan hatte. Ich begleitete eine Patientin, die schreckliche Angst<br />

davor hatte, durch eine Ohnmacht blamiert zu wer<strong>de</strong>n, und musste ihr laut zurufen. Sie selbst<br />

stellte aber bald fest, dass ihr dies keine Angst machen wür<strong>de</strong>. Deshalb gingen wir zur<br />

Hyperventilationsübung in Menschenmassen über, da sie diese bereits als sehr unangenehm<br />

erlebt hatte. Dann sollte sie sich eine Stun<strong>de</strong> allein in ein Kaffee setzten. Nach einer<br />

Dreiviertelstun<strong>de</strong> kam ich zu ihr zurück und befragte sie zu ihrer Angst. Dabei stellte sie fest,<br />

dass die Angst nicht allzu groß sei, da sie wusste, dass sie die Möglichkeit hatte, je<strong>de</strong>rzeit zu<br />

gehen. An<strong>de</strong>rerseits kamen sehr viele Trauergefühle bei ihr hoch. Im Gespräch wur<strong>de</strong><br />

31


<strong>de</strong>utlich, dass, wenn die Angst geht, unerträgliche Trauer hochkommt und dass sie diese nicht<br />

zulassen kann. Sie hat durch ihren Vater immer gelernt Gefühle zu unterdrücken. Außer<strong>de</strong>m<br />

hat sie ja gar kein Recht traurig zu sein. Diese Gefühle passten absolut nicht in ihr<br />

„Selbstkonzept“ (um einmal einen gesprächstherapeutischen Ausdruck zu verwen<strong>de</strong>n). Ich<br />

habe mich bemüht, sie darin zu bestärken, dass diese Gefühle sein dürfen und dass es sich<br />

dabei nicht um eine „Schwäche“ han<strong>de</strong>lt, wie sie immer wie<strong>de</strong>r betonte. Anschließend<br />

wur<strong>de</strong>n die Erfahrungen <strong>de</strong>r Teilnehmer gemeinsam besprochen. Fast alle waren sehr stolz<br />

auf ihre Leistungen. Dann durfte je<strong>de</strong>r noch eine Stun<strong>de</strong> in München umherbummeln und<br />

schließlich fuhren wir gemeinsam zurück.<br />

Die nächste Exposition begann mit einer 1 ½ stündigen Autofahrt zur „Lambrechtshöhle“.<br />

Meine Erwartungen wur<strong>de</strong>n allerdings enttäuscht. Ich hatte eine sehr enge und dunkle Höhle<br />

erwartet. Diese war in<strong>de</strong>s sehr groß (und auch sehr ästhetisch) und hatte wie<strong>de</strong>r viele Stufen,<br />

mit <strong>de</strong>nen man eine beträchtliche Höhe erreichte. Den vorangegangenen Sätzen <strong>de</strong>r Patienten<br />

zufolge hatte ich eigentlich nicht erwartet, dass diese Exposition jeman<strong>de</strong>n in die Angst<br />

treiben wür<strong>de</strong>. Die meisten begannen mit einer Anspannung von 40 %. Eine Patientin<br />

erreichte jedoch eine enorme Anspannung, als sie an <strong>de</strong>r Spitze <strong>de</strong>r Höhle stand. Die<br />

Patienten mussten dann <strong>de</strong>n Weg aus <strong>de</strong>r Höhle allein wie<strong>de</strong>r zurückgehen, um dann noch<br />

einmal allein hineinzugehen. Auch hier berichteten alle von sinken<strong>de</strong>r Anspannung. Dann<br />

fuhren wir noch zu einer Brücke, wo die Patienten sich ihrer Höhenangst abermals stellen<br />

mussten. Jetzt schien es wirklich kaum noch jeman<strong>de</strong>m etwas auszumachen. Insgesamt<br />

bewerteten fast alle Patienten die Expositionen als Erfolg. Eine Ausnahme stellte die Patient<br />

dar, die ich begleitet hatte. Sie sagte, dass sie gar nicht bis zur großen Panik gekommen sei<br />

und dass sie nicht stolz auf sich sein könne, son<strong>de</strong>rn nur traurig sei. Sie weinte.<br />

In <strong>de</strong>r sechsten Sitzung wur<strong>de</strong>n die Expositionen nachbesprochen: Was war das Wichtigste<br />

bei <strong>de</strong>n Expos? Wur<strong>de</strong>n noch weitere Vermeidungsstrategien ent<strong>de</strong>ckt? Die meisten<br />

Teilnehmer fühlten sich gelöst, einige sprachen sogar davon, dass sie sich „frei fühlen“<br />

wür<strong>de</strong>n. Es wur<strong>de</strong> nochmals graphisch <strong>de</strong>utlich gemacht, wie die Angst nachlässt. Außer<strong>de</strong>m<br />

wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Patienten erzählt, dass dadurch, dass man sich <strong>de</strong>r Angst aussetzt, auch die<br />

Grundanspannung insgesamt nachlassen wür<strong>de</strong>, was wie<strong>de</strong>rum dazu führt, dass Panikattacken<br />

nicht mehr so häufig auftreten wür<strong>de</strong>n. Ähnlich wie in DBT wur<strong>de</strong> kurz auf <strong>de</strong>m Umgang mit<br />

Erfolg eingegangen. Es wur<strong>de</strong>n Erfolgsverstärker und –ver<strong>de</strong>rber i<strong>de</strong>ntifiziert und<br />

besprochen. Dann wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich angesagt, dass es jetzt darum geht, auf <strong>de</strong>m<br />

eingeschlagenen Weg weiterzugehen und so viele Expositionen selbst zu machen wie<br />

möglich. Die Patienten sollten auf einen Zielebogen ihre nächsten Expositionen aufschreiben,<br />

d.h. mit Tag und Zeit, und sich damit selbst in die Pflicht nehmen.<br />

In <strong>de</strong>r letzten Sitzung ging es noch einmal um Katastrophengedanken. Den Patienten wur<strong>de</strong><br />

vor Augen geführt, wie sich die Katastrophengedanken im Zuge <strong>de</strong>r Expositionserfahrung<br />

verän<strong>de</strong>rt haben. Dann wur<strong>de</strong> anhand eines Patientenbeispiels durchgegangen, wie sich solche<br />

Gedanken umstrukturieren lassen. Dabei wur<strong>de</strong>n dieselbe Metho<strong>de</strong> wie in <strong>de</strong>r DBT<br />

angewandt, weshalb ich sie hier nicht noch einmal beschreiben möchte. Die Patienten<br />

bekamen Blätter zum Thema „Wie geht es weiter?“, auf <strong>de</strong>nen ein weiteres Mal darauf<br />

hingewiesen wur<strong>de</strong>, wie wichtig das ständige Üben ist. Dann wur<strong>de</strong>n die allgemeinen Ziele<br />

anhand eines Flipcharts nochmals ver<strong>de</strong>utlicht:<br />

� Stellen Sie sich Ihren Ängsten und nehmen Sie die körperlichen und seelischen<br />

Reaktionen an.<br />

� Arbeiten Sie nicht gegen die Angst, son<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>r Angst!<br />

32


� Sie haben erlebt, dass die körperlichen Reaktionen nachlassen, wenn Sie sich <strong>de</strong>r<br />

Angstsituation aussetzten.<br />

� Wer<strong>de</strong>n Sie Meister in <strong>de</strong>r Bewältigung Ihrer Angst!<br />

Ein Patient lächelte über diese Regeln und sagte, dass er dies in <strong>de</strong>r Theorie durchaus auch<br />

vorher gewusst habe, aber die Erfahrungen <strong>de</strong>r Expositionen seien eine Grundvoraussetzung,<br />

um diese Regeln annehmen zu können. Er war zutiefst zufrie<strong>de</strong>n und blickte sehr positiv in<br />

die Zukunft.<br />

Die letzte Gruppe, die ich in meiner Zeit in <strong>de</strong>r Klinik Roseneck besuchen durfte, war die sog.<br />

ZBT-Gruppe, die Zwangsbewältigungsgruppe. Auch diese Gruppe beruht auf <strong>de</strong>r<br />

kognitiven Verhaltenstherapie und hat aufgrund <strong>de</strong>ssen Überschneidungen mit an<strong>de</strong>ren<br />

Gruppen, weshalb ich bestimmte Bereiche verhältnismäßig kurz abhan<strong>de</strong>ln möchte. Auch das<br />

Verlesen <strong>de</strong>s Protokolls wer<strong>de</strong> ich im Folgen<strong>de</strong>n nicht mehr erwähnen. In <strong>de</strong>n ersten bei<strong>de</strong>n<br />

Sitzungen wur<strong>de</strong>n die Zwänge <strong>de</strong>r Teilnehmer besprochen, Gemeinsamkeiten gesucht und<br />

gefun<strong>de</strong>n und das <strong>de</strong>rzeitige Wissen über Zwangserkrankungen verlesen. Die beschriebenen<br />

Zwänge waren klassisch: Kontrollzwang, Waschzwang und Planungszwang. Eine Patientin<br />

hatte einen, ich will es mal, „Einprägungszwang“ nennen, sie musste immer wissen, wie alles<br />

aussah, was sie vergessen hatte, was dazu führte, dass sie Gebäu<strong>de</strong> und Fenster stun<strong>de</strong>nlang<br />

beobachten musste. Am Wichtigsten erschien mir in diesen Stun<strong>de</strong>n das Prozessmo<strong>de</strong>ll für<br />

Zwangserkrankungen, dass – ähnlich wie in Sozphop und ABT – die auslösen<strong>de</strong> Situation, die<br />

Gedanken, die Bewertung, die Angst/Anspannung, <strong>de</strong>n Drang und dann die Entstehung <strong>de</strong>r<br />

Zwangsgedanken und – handlungen beschreibt. Als Hausaufgabe sollten die Patienten<br />

Protokolle über ihre Zwänge führen, auf <strong>de</strong>ren Grundlage später auch die Hierarchie erstellt<br />

wer<strong>de</strong>n sollte.<br />

Die Zwangsprotokolle wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r dritten Sitzung in Vierer-Gruppen besprochen. Dabei<br />

wur<strong>de</strong> das Augenmerk auf die Bewertung gelegt und sichergestellt, dass alle ihre Zwänge in<br />

dieses Schema einfügen konnten. Es wur<strong>de</strong> gesammelt, welche Vorteile Zwänge haben und<br />

betont, dass diese ersetzt wer<strong>de</strong>n müssen (z.B. Beschäftigung, Zuwendung, Vermeidung), um<br />

wirklich die Zwänge verlassen zu können. Als Hausaufgabe sollten sich die Patienten<br />

Gedanken dazu machen, was sie statt<strong>de</strong>ssen tun wollen. Außer<strong>de</strong>m sollten sie das Papier<br />

„Funktionsblatt Zwänge“ ausfüllen, um sich über ihre persönlichen Vorteile noch einmal klar<br />

zu wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r vierten Sitzung wur<strong>de</strong> das Arbeitsblatt diskutiert. Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> die<br />

Grundlage <strong>de</strong>r Exposition erklärt, mit <strong>de</strong>r gleichen „Spannungskurve“ wie im ABT-Kurs.<br />

Anschließend ging es um die klassischen Vermeidungsstrategien (zeitliche/ räumliche<br />

Verschiebung, Reiz vermei<strong>de</strong>n/ ignorieren, Ablenkung, Verantwortung abgeben,<br />

Gedankenablenkung, Absicherung bei an<strong>de</strong>ren). Es wur<strong>de</strong> darauf hingewiesen, dass diese<br />

Strategien <strong>de</strong>m Erfolg <strong>de</strong>r „Reizkonfrontation“ entgegenstehen. Als Hausaufgabe sollten sie<br />

eine Symptomhierarchie aufstellen, auf <strong>de</strong>ren Grundlage die späteren Expositionen stattfin<strong>de</strong>n<br />

sollten. In <strong>de</strong>r fünften Sitzung wur<strong>de</strong>n die Hierarchien in Vierer-Gruppen besprochen. Ich<br />

gebe ein Patientenbeispiel:<br />

100 % :<br />

• Geldbeutel o<strong>de</strong>r Schlüssel verlieren<br />

• Türen, Fenster, Lichtschalter kontrollieren<br />

• Haarshampoo, Deo wie<strong>de</strong>rholt lesen, kontrollieren<br />

• Ordnungszwang<br />

Mit <strong>de</strong>m Patienten wird folgen<strong>de</strong> Expo gemacht: Er muss sich duschen und darf sein<br />

Shampoo nicht lesen. Anschließend wur<strong>de</strong> im großen Plenum noch mal darauf hingewiesen,<br />

33


dass <strong>de</strong>r Zwang ab <strong>de</strong>m Expo-Tag nie wie<strong>de</strong>r ausgeführt wird und dass man in Eigenregie die<br />

nächsten Expos planen muss, wenn die Anspannung <strong>de</strong>r ersten nachlässt. In <strong>de</strong>r sechsten und<br />

letzten theoretischen Sitzung wur<strong>de</strong>n die zwei Strategien zur Behandlung von<br />

Zwangserkrankungen in <strong>de</strong>r Verhaltenstherapie besprochen:<br />

• Kognitive Umstrukturierung: Dabei geht es darum, die Wahrscheinlichkeit auf das<br />

richtige Maß zu bringen, da Zwangspatienten die Wahrscheinlichkeit von zum<br />

Beispiel Brandgefahr <strong>de</strong>utlich überschätzen<br />

• Expositions-Strategie: Das durchaus vorhan<strong>de</strong>ne Restrisiko und die damit<br />

einhergehen<strong>de</strong>n Gefühle wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Exposition ausgehalten.<br />

Die Exposition fan<strong>de</strong>n ausschließlich in <strong>de</strong>r Klinik Roseneck statt, wobei je<strong>de</strong>r Patient einzeln<br />

betreut wur<strong>de</strong>. Eine sehr zwanghafte Patientin musste erstmals ihre Bücher „verkehrt herum“<br />

hinstellen, eine an<strong>de</strong>re musste die öffentlichen Toiletten <strong>de</strong>r Klinik benutzen und eine weitere<br />

Patientin musste die Zeitungsüberschriften lesen und sie anschließend wegwerfen und nicht<br />

sammeln. Es wur<strong>de</strong> darauf geachtet, dass die Anspannung ihr Maximum erreichen wür<strong>de</strong>.<br />

Insgesamt waren die meisten Expositionen begrenzt erfolgreich. Das exponierte Verhalten<br />

wur<strong>de</strong> verän<strong>de</strong>rt. Fraglich bleibt, ob die Patienten das Verhalten auf weitere problematische<br />

Bereiche generalisieren können und wer<strong>de</strong>n.<br />

3.3 Medizinische Behandlung<br />

In <strong>de</strong>r Klinik Roseneck ist eine 24-Stun<strong>de</strong>n-Betreuung durch erfahrene Ärzte mit<br />

Fachqualifikationen auf <strong>de</strong>n Gebieten <strong>de</strong>r Neurologie, Psychiatrie/ Psychotherapie,<br />

Psychosomatischen Medizin, Inneren Medizin, Dermatologie und Allgemeinmedizin<br />

gegeben. Darüber hinaus erfolgen zusätzliche diagnostische und therapeutische Maßnahmen<br />

durch Konsiliarärzte aller medizinischen Fachgebiete bei entsprechen<strong>de</strong>r medizinischer<br />

Notwendigkeit. Die Medizinische Zentrale, genannt MZ, habe ich vor allem durch das Hin-<br />

und Hertransportieren von Akten kennen gelernt. Hier wer<strong>de</strong>n die medizinischen Akten<br />

gelagert, die die Bedarfsmedikationen enthalten. Ten<strong>de</strong>nziell gilt die Klinik Roseneck nicht<br />

als eine Klinik, die viele Medikamente verschreibt, aber zum Teil fin<strong>de</strong>t eine therapeutische<br />

Unterstützung bei Depressionen o<strong>de</strong>r Zwangserkrankungen mit Selektiven Serotonin<br />

Reuptake Inhibitoren (SSRI) statt.<br />

34


3.4 Sport- und Bewegungstherapie<br />

Die Sport- und Bewegungstherapie soll die körperlichen Fähigkeiten wie Kraft, Ausdauer,<br />

Beweglichkeit und Koordination för<strong>de</strong>rn, um wie<strong>de</strong>r Vertrauen in die eigene<br />

Leistungsfähigkeit zu erwerben. Die Übungen zielen darauf ab, Freu<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Bewegung und<br />

am eigenen Körper (wie<strong>de</strong>r-) zu ent<strong>de</strong>cken. Zum Angebot gehören zum Beispiel Frühsport,<br />

verschie<strong>de</strong>ne Gymnastiken (u.a. Wirbelsäulengymnastik, Hockergymnastik,<br />

Beckenbo<strong>de</strong>ngymnastik, Wassergymnastik). Diese Bereiche waren allerdings eher <strong>de</strong>n<br />

Sportpraktikanten vorbehalten. An diesem Angebot habe ich nicht teilgenommen.<br />

Bei <strong>de</strong>n körpererfahrungsorientierten Gruppen wer<strong>de</strong>n Bewegungstherapie sowie<br />

Atemtherapie angeboten. Diese Therapieansätze nutzen <strong>de</strong>n Körper und die Bewegung als<br />

Ausgangspunkt und Medium für eine ganzheitliche Therapie. An diesen Gruppen habe ich –<br />

wenn es die Zeit zuließ – teilgenommen. Es wur<strong>de</strong>n Übungen wie zum Beispiel<br />

Umgebungswahrnehmungen gemacht (<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n zu spüren, die Gerüche im Wald<br />

wahrnehmen, etc.). Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> u.a. das Vertrauen und Fallenlassen geübt. So mussten<br />

die Patienten einmal die Augen schließen und sich von einem Partner führen lassen. Dabei<br />

wur<strong>de</strong>n sie angehalten, Bäume zu berühren, an Moos zu riechen, Steine und Stöcke<br />

35


anzufassen und bei geschlossenen Augen die Welt an<strong>de</strong>rs zu erfahren. In einer an<strong>de</strong>rn Sitzung<br />

mussten sie beispielsweise gymnastische Streckübungen machen. Der Leiter erklärte mir, dass<br />

sich das Angebot je nach Patientengruppen richten wür<strong>de</strong>. Bei Essgestörten müsste man ein<br />

an<strong>de</strong>res Programm absolvieren als zum Beispiel bei Depressiven. So ging es bei Essgestörten<br />

stärker um Körperwahrnehmung und Körperakzeptanz.<br />

3.5 Gestaltungstherapie<br />

In dieser Therapie soll die eigene Kreativität als ein wichtiges Potential neu erlebt wer<strong>de</strong>n.<br />

Durch kreatives Arbeiten mit verschie<strong>de</strong>nen Materialien (z.B. Acrylfarben, Krei<strong>de</strong>,<br />

Fingerfarbe o<strong>de</strong>r Plastizierton) kann <strong>de</strong>r Ausdruck von Gefühlen geübt und erfahren wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Werkbesprechung bietet dann die Möglichkeit, die zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n seelischen<br />

Konflikte bewusst zu machen und zu bearbeiten. Es wird <strong>de</strong>n Patienten keine Interpretation<br />

aufgezwungen! Die Gestaltungstherapie för<strong>de</strong>rt die Fähigkeit <strong>de</strong>r Patienten, ihre Probleme<br />

kennen zu lernen und trägt dazu bei, problemlösen<strong>de</strong> Entwicklungsmöglichkeiten<br />

aufzuzeigen. Künstlerische Fähigkeiten wer<strong>de</strong>n nicht vorausgesetzt und ästhetische Maßstäbe<br />

sind <strong>de</strong>r therapeutischen Arbeit untergeordnet, allerdings kommt es recht häufig zu wirklich<br />

schönen Kunstwerken, die dann auch in <strong>de</strong>r Klinik ausgestellt wer<strong>de</strong>n.<br />

Eine erste Übung für die Patienten ist häufig, das Malen eines „Lebensbaumes“, eines<br />

Baumes, <strong>de</strong>r die eigene Entwicklung darstellt. Dann wird daran häufig weitergearbeitet, ein<br />

Patient hat seinen Baum durch die obige Blattbegrenzung zum Beispiel sehr eingegrenzt. Er<br />

wur<strong>de</strong> aufgefor<strong>de</strong>rt „sich Raum zu schaffen“, in<strong>de</strong>m er einfach ein weiteres Blatt anklebt und<br />

seinen Baum noch wachsen lässt. Ein an<strong>de</strong>rer Patient konnte seinen Lebensbaum nicht<br />

getrennt von seinem kleinen „Sohnbaum“ malen. Er wur<strong>de</strong> aufgefor<strong>de</strong>rt zu malen, was<br />

passiert, wenn bei<strong>de</strong> ganz einzelne Bäume darstellen. Patienten wer<strong>de</strong>n auch häufig<br />

aufgefor<strong>de</strong>rt, ihre gewünschte Entwicklung darzustellen zum Beispiel in Comic-Form. Bei<br />

Essstörungen wer<strong>de</strong>n häufig Körperbil<strong>de</strong>r gemalt, d.h. <strong>de</strong>r Patient muss ihre angenommenen<br />

Körperformen in Echtgröße malen. Anschließend legt sie sich auf das Papier und ihre wahren<br />

Proportionen wer<strong>de</strong>n dargestellt. Diese Übung soll <strong>de</strong>r Körperschemastörung („Body-Image-<br />

Disturbence“) <strong>de</strong>r Patienten entgegenwirken.<br />

36


3.6 Meine I<strong>de</strong>e: Kreatives Schreiben<br />

Ich habe während meiner gesamten Schulzeit Kreative Schreibkurse besucht. Da ich gerne<br />

schreibe und weiß, dass in verfrem<strong>de</strong>ten Geschichten eine ungefährlichere Verarbeitung<br />

persönlicher Erfahrungen möglich ist, habe ich unserem Chefpsychologen Jörg Heuser<br />

vorgeschlagen, auf unserer Station eine AG Kreatives Schreiben anzubieten. Da ich nur<br />

Praktikantin bin, musste ich betonen, dass dies keine therapeutische Veranstaltung sei. Ich bin<br />

jedoch sehr wohl <strong>de</strong>r Meinung, dass die schriftliche Gestaltung von Kurzgeschichten und<br />

Gedichten einen therapeutischen Effekt haben kann. Lei<strong>de</strong>r konnte ich aufgrund <strong>de</strong>r<br />

Umstrukturierungsmaßnahmen zur Essstörungsabteilung erst in <strong>de</strong>n letzten zwei Monaten<br />

meines Praktikums mit <strong>de</strong>m Kurs beginnen. Ich habe im Anschluss ein Manual für sechs<br />

solcher Veranstaltungen geschrieben und es <strong>de</strong>r Klinik in <strong>de</strong>r Hoffnung, sie wer<strong>de</strong>n die I<strong>de</strong>e<br />

vielleicht übernehmen, überlassen. Aus Platzgrün<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong> ich nur ein Beispiel für eine<br />

Kreative Schreibübung mit einer Patientengruppe geben:<br />

Aufgabe:<br />

Erste Stun<strong>de</strong>: Kreatives Schreiben<br />

1) Notieren Sie auf einem Blatt einen männlichen o<strong>de</strong>r weiblichen Vornamen, <strong>de</strong>r Ihnen beson<strong>de</strong>rs gut<br />

gefällt o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Sie vielleicht selbst gerne gehabt hätten. (In Klammern dahinter <strong>de</strong>n eigenen<br />

Namen.)<br />

2) Beschreiben Sie unter Punkt 2 nun eine Person, <strong>de</strong>r Sie gern einmal begegnen wür<strong>de</strong>n. Das kann<br />

eine Person sein, die Sie persönlich kennen o<strong>de</strong>r aus Film und Fernsehen. Aber auch aus <strong>de</strong>r<br />

Vergangenheit o<strong>de</strong>r einem Buch o<strong>de</strong>r eine komplett selbst erfun<strong>de</strong>ne Person. Sie müssen nur darauf<br />

achten, dass die an<strong>de</strong>ren Gruppenmitglie<strong>de</strong>r sich Ihre Person vorstellen können.<br />

3) Nun geben Sie Ihren Namen mit <strong>de</strong>r Beschreibung an ihren Nachbarn weiter. Dieser notiert unter<br />

Punkt 3 ein ungewöhnliches Ereignis, durch das ein Treffen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Personen<br />

(Namen/Personenbeschreibung) erschwert wird.<br />

4) Das Blatt wird gefaltet und wird dann in <strong>de</strong>r Gruppe verlost.<br />

5) Sie schreiben jetzt eine Geschichte mit <strong>de</strong>m Titel „Zwei Stun<strong>de</strong>n im Leben <strong>de</strong>s… o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r… Dabei<br />

setzt du <strong>de</strong>n oben genannten Namen ein. Du musst dabei die Angaben auf <strong>de</strong>m erlosten Blatt<br />

unbedingt verwen<strong>de</strong>n.<br />

6) Im Anschluss wer<strong>de</strong>n die Geschichten vorgelesen. Der Namensgeber sollte dann einen kleinen<br />

Kommentar zu folgen<strong>de</strong>n Fragen abgeben:<br />

� Das hätte erstaunlich gut zu mir gepasst, weil…<br />

� Das hätte ich nicht von mir erwartet, weil…<br />

� Das hätte ich bestimmt nie getan o<strong>de</strong>r gedacht, weil…<br />

Es han<strong>de</strong>lte sich meist um 5 bis 7 Patienten, die <strong>de</strong>utlich Freu<strong>de</strong> am Verfassen von Texten<br />

hatten.<br />

37


3.7 Physikalische Therapie und Biofeedback<br />

In <strong>de</strong>r Klinik Roseneck steht eine eigene physiotherapeutische Abteilung zur Verfügung. Zu<br />

ihr hatte ich während meines Praktikums keinen Zugang. Allerdings haben die Patienten<br />

oftmals von <strong>de</strong>m Angebot berichtet. Hier wer<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>ren Aussagen Bä<strong>de</strong>r,<br />

Elektrotherapien, Massagen, Fango-Anwendungen u.a. angeboten.<br />

In einem eigenen Biofeedback-Labor können Zusammenhänge zwischen körperlichen und<br />

psychischen Vorgängen überprüft wer<strong>de</strong>n. Beispielsweise können mit Hilfe von Elektro<strong>de</strong>n<br />

Muskelverspannungen gezielt am Bildschirm eines PC sichtbar gemacht wer<strong>de</strong>n. Hier sollen<br />

Patienten lernen, durch Training die Verspannungen bestimmter Muskelgruppen zu<br />

verringern. Dies gilt beson<strong>de</strong>rs für Schmerzpatienten, da Muskelverspannung und Schmerzen<br />

oft eng zusammenhängen. Am häufigsten wird Biofeedback bei Kopfschmerzen und Migräne<br />

eingesetzt, daneben kann es aber auch bei Angststörungen und Tinnitus sinnvoll eingesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n. Hier durfte ich auch mal zugucken.<br />

4) Therapeutische Behandlung von Essstörungen<br />

In <strong>de</strong>r Klinik Roseneck stehen für die Behandlung von Patienten mit Essstörungen insgesamt<br />

ca. 100 Plätze zur Verfügung. Das therapeutische Angebot für Patienten mit Essstörungen ist<br />

hier beson<strong>de</strong>rs ausgeweitet wor<strong>de</strong>n und stellt einen Schwerpunkt im Behandlungsprogramm<br />

<strong>de</strong>s Hauses dar. Essgestörte Patienten haben oft ausgeprägte Gefühle eigener<br />

Unzulänglichkeit und sind dadurch anfälliger für belasten<strong>de</strong> Ereignisse und chronische<br />

Schwierigkeiten. Häufig besteht auch ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Kontrolle sowie eine<br />

Störung <strong>de</strong>r Wahrnehmung von Körperempfindungen und Gefühlen. Die Entwicklung einer<br />

Essstörung kann unter an<strong>de</strong>rem als ein Versuch gesehen wer<strong>de</strong>n, aufkommen<strong>de</strong> Gefühle zu<br />

„harmonisieren“ und auf diese Weise Spannungen künstlich abzubauen. Ein zentraler<br />

Bestandteil <strong>de</strong>r Therapie ist daher <strong>de</strong>r Ausbau von Fertigkeiten, die es ermöglichen,<br />

belasten<strong>de</strong> Situationen und chronische Schwierigkeiten besser zu bewältigen. In <strong>de</strong>r Therapie<br />

sollen durch verschie<strong>de</strong>nen Anwendungen und Kurse, die ich einzelnd beschreiben wer<strong>de</strong>,<br />

unter an<strong>de</strong>rem folgen<strong>de</strong> Ziele erreicht wer<strong>de</strong>n:<br />

• Verbesserung <strong>de</strong>r Wahrnehmung eigener Körpersignale<br />

• Aufbau von Selbstsicherheit und Entkopplung <strong>de</strong>s Selbstwertgefühls von Figur und<br />

Gewicht<br />

• Verbesserter Umgang mit negativen Gefühlen und Steigerung <strong>de</strong>r angemessenen<br />

emotionalen Ausdruckskraft<br />

• Normalisierung <strong>de</strong>s Essverhaltens<br />

• Erweiterung <strong>de</strong>r Problemlösefähigkeit und Verbesserung <strong>de</strong>r Interaktion und<br />

Kommunikation im sozialen Umfeld<br />

• Erhöhung <strong>de</strong>r Freizeitaktivitäten und Aktivieren von Eigenverantwortlichkeit<br />

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4.1 Essprotokolltisch, Gemeinschaftstisch und Familientisch<br />

In <strong>de</strong>r Klinik wird zunächst schwerpunktmäßig an <strong>de</strong>r Normalisierung <strong>de</strong>s Essverhaltens<br />

gearbeitet. Es han<strong>de</strong>lt sich um eine Kombination aus einem möglichst hohen Maß an<br />

Eigenverantwortlichkeit, was durch ein unbegleitetes Frühstück und Aben<strong>de</strong>ssen<br />

gewährleistet wird, und einem ausreichen<strong>de</strong>n Maß an Fremdkontrolle an<strong>de</strong>rerseits. Zunächst<br />

kommt je<strong>de</strong>r Patient an <strong>de</strong>n sog. Essprotokolltisch. Dieser ist durch folgen<strong>de</strong> Regeln<br />

gekennzeichnet:<br />

• Es sollen 100 % gegessen wer<strong>de</strong>n.<br />

• Es gibt ein Blitzlicht zu Beginn und am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Mahlzeiten. Die Patienten sollen<br />

angeben, was sie sich für das Essen vornehmen (50%, 75%, 100% o<strong>de</strong>r 150%) und<br />

wie sie sich gera<strong>de</strong> fühlen.<br />

• Anschließend darf man sich Salat und ein Glas Wasser holen.<br />

• Auflage ist es alle Nahrungsmittel zu probieren.<br />

• Negative Äußerungen über das Essen sind nicht gestattet.<br />

Der Gemeinschaftstisch unterschei<strong>de</strong>t sich nur darin, dass er freie Zeiten innerhalb <strong>de</strong>r<br />

Essensausgabe hat und damit kein gemeinsames Blitzlicht. Er wird aber genau wie <strong>de</strong>r<br />

Essprotokolltisch therapeutisch begleitet, wenn es institutionell möglich ist von Therapeuten<br />

und nicht von Co-Therapeuten.<br />

Der Familientisch beinhaltet ein Essen, das in Töpfen serviert wird. Die Patienten sollen hier<br />

lernen ihr Essen frei zu portionieren, um eine möglichst alltagsnahe Erprobung zu<br />

ermöglichen.<br />

Generell sind die Ziele <strong>de</strong>s gemeinschaftlichen Essens, dass die Patienten das eigene<br />

Essverhalten durch Selbstbeobachtung kennen lernen sollen. Sie sollen (wie<strong>de</strong>r) lernen in<br />

Gemeinschaft zu essen und eine regelmäßige Mahlzeitenstruktur einzuhalten. Das<br />

Essverhalten soll schließlich angemessen, ausgewogen und genussvoll sein. Die<br />

Essensmengen sollen an die individuellen Bedürfnisse und Notwendigkeiten angepasst<br />

wer<strong>de</strong>n. Auch die Essgeschwindigkeit soll sich normalisieren. Essverbote („Schwarze<br />

Listen“) sollen abgebaut wer<strong>de</strong>n. Es soll wie<strong>de</strong>r ein Gefühl für Hunger, Appetit und Sättigung<br />

erlernt wer<strong>de</strong>n. Gedanken und Gefühle über das Essen sollen wahrgenommen und besprochen<br />

wer<strong>de</strong>n. Außer<strong>de</strong>m soll sich die Gruppe gegenseitig unterstützen und Rückmeldungen geben.<br />

Ich begleitete <strong>de</strong>n Essprotokolltisch ein- bis zweimal die Woche. Es ist ein sehr anstrengen<strong>de</strong>s<br />

Mittagessen. Die Atmosphäre ist gereizt und gespannt. Meistens halten sich die Patienten an<br />

die Regeln, aber es kommt immer wie<strong>de</strong>r zu Krisen, Ausbrüchen und Beschwer<strong>de</strong>n. Sehr oft<br />

ist im Anschluss ein Krisengespräch notwendig.<br />

4.2 Tischgruppen<br />

Einmal wöchentlich fin<strong>de</strong>t die so genannte Essprotokollgruppe statt. Die Patienten müssen<br />

täglich Protokolle über ihr Essverhalten führen. Diese sind wie folgt aufgebaut:<br />

Zeit Situation vor <strong>de</strong>m Essen:<br />

Tätigkeit, Gefühle,<br />

Gedanken<br />

Bedürfnisse,<br />

Lust auf?<br />

Hunger<br />

(in %)<br />

Was, wie viel und<br />

wie gegessen?<br />

Satt<br />

(%)<br />

Abführmittel, Erbrechen,<br />

Bewegung<br />

Situation nach<br />

<strong>de</strong>m Essen:<br />

Tätigkeit,<br />

Gefühle<br />

39


In dieser Gruppe geht es darum, sich über Mengen und die Ziele bezüglich <strong>de</strong>s Essverhaltens<br />

auszutauschen. Dabei sollen die Impulse nicht einzig und allein vom Therapeuten ausgehen,<br />

son<strong>de</strong>rn die Patienten sollen sich gegenseitig Rückmeldung geben. Die kurzfristigen Ziele <strong>de</strong>s<br />

Essprotokolls sowie <strong>de</strong>r Gruppe besteht in <strong>de</strong>r Erfassung von Nahrungsmengen,<br />

Nahrungsstruktur und Nahrungszusammensetzung. Zu<strong>de</strong>m sollen Zusammenhänge zwischen<br />

inneren und äußeren Auslösern sowie aufrechterhalten<strong>de</strong> Bedingungen (horizontale und<br />

vertikale Verhaltensanalyse) erkannt wer<strong>de</strong>n. Außer<strong>de</strong>m sollen die Patienten hier lernen, ihre<br />

Gefühle vom Essen zu trennen. Die längerfristigen Ziele bestehen darin, typische<br />

Problemsituationen zu i<strong>de</strong>ntifizieren und eine schrittweise Planung und Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s<br />

Essverhaltens, z.B. mit <strong>de</strong>m Abbau <strong>de</strong>r „verbotenen Nahrungsmittel“. Oft wird in dieser<br />

Gruppe aber auch über Tischkonflikte diskutiert. Außer<strong>de</strong>m wird hier die Set-Point-Theorie<br />

vorgestellt. Diese Gruppe durfte ich nach ein wenig Einarbeitung teilweise selbst leiten.<br />

In <strong>de</strong>r Gemeinschaftstischgruppe sind die Patienten dazu angehalten, ihr Essverhalten in <strong>de</strong>r<br />

letzten Woche aufzuschreiben. Je<strong>de</strong>r Einzelne trägt dann sein Essverhalten vor, dabei wird auf<br />

kritische Punkte hingewiesen. Oft erkennen die Patienten selbst, wo ihre Schwachpunkte<br />

liegen.<br />

Patientenbeispiel:<br />

Frühstück: 2 x Müslistangen + 2x 20g Butter<br />

2 x Schälchen Marmela<strong>de</strong><br />

3 x Esslöffel Rosinen<br />

Therapeutische Kritik: Rosinen dienen lediglich <strong>de</strong>r Abführung und sind kein normales Essverhalten zum<br />

Frühstück.<br />

Mittagessen: 100% Hauptgericht + Salat<br />

3 x pro Woche Nachtisch (einschließlich Puddings)<br />

Aben<strong>de</strong>ssen: 2 x Brote + 1 x 20g Butter<br />

Senf<br />

3 x Scheiben Wurst o<strong>de</strong>r Käse<br />

Zwischenmahlzeit: 100g Schokola<strong>de</strong> + Salzstangen<br />

Therapeutische Kritik: Senf als Geschmacksverstärker verdirbt die natürliche Geschmacksempfindung und<br />

sollte abgebaut wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Patienten sollen dann aus <strong>de</strong>n therapeutischen Kritikpunkten ein o<strong>de</strong>r zwei Ziele bis zur<br />

nächsten Sitzung formulieren. Die oben genannte Patientin nahm sich vor, regelmäßige<br />

Zwischenmahlzeiten einzunehmen und einmal in <strong>de</strong>r Woche ganz auf <strong>de</strong>n Senf zu verzichten.<br />

In <strong>de</strong>r Familientischgruppe geht es zunächst oft darum, ob es Konflikte am Tisch gibt. Und<br />

diese treten bei Essgestörten immer wie<strong>de</strong>r auf, da die Patienten sehr häufig das Gefühl<br />

haben, die An<strong>de</strong>ren wür<strong>de</strong>n sich in ihr Essverhalten einmischen. Auch hier wer<strong>de</strong>n Probleme<br />

mit <strong>de</strong>m Essen und <strong>de</strong>n „verbotenen Nahrungsmitteln“ besprochen, allerdings in etwas freier<br />

Form, d.h. die Patienten sollen selbst ihre kritischen Punkte benennen und müssen nicht alles<br />

einzeln vortragen.<br />

40


4.3 Anti-Diät-Konzept<br />

Zu Beginn je<strong>de</strong>r Anti-Diät-Gruppe gibt es – wie in fast allen Gruppen – ein „Blitzlicht“,<br />

in<strong>de</strong>m die Patienten kurz über ihr Befin<strong>de</strong>n und vor allem ihre Gefühle berichten.<br />

In <strong>de</strong>r ersten Sitzung wur<strong>de</strong> das Organisatorische geklärt. Anschließend stellten sich die<br />

Teilnehmer kurz vor. Dann sollten sich die Patienten gegenseitig zu folgen<strong>de</strong>n Fragen<br />

interviewen:<br />

• Was war <strong>de</strong>r Auslöser <strong>de</strong>iner Essstörung?<br />

• Welche Erfahrungen hast du mit Diäten, Appetitzüglern, Abführmitteln, u.a. gemacht?<br />

• Wie ist <strong>de</strong>ine Essstörung bis heute verlaufen?<br />

• Wie ist <strong>de</strong>in problematisches Essverhalten im Augenblick?<br />

Dann berichtete <strong>de</strong>r Interviewer als Stellvertreter und wur<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>n Partner ergänzt. Das<br />

Partnerinterview soll <strong>de</strong>n Kontakt untereinan<strong>de</strong>r vertiefen und soll dazu dienen, dass die<br />

Patienten aus <strong>de</strong>r Heimlichkeit ihres Essverhaltens herauskommen. Außer<strong>de</strong>m soll eine<br />

Konfrontation mit <strong>de</strong>r persönlichen Essstörungskarriere erfolgen und damit eine realistische<br />

Sichtweise erworben wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Anschluss wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong> Überblick über die folgen<strong>de</strong>n Gruppensitzungen gegeben:<br />

Theorie und Praxis<br />

Ziel<br />

• Einführung in das Konzept<br />

• Persönliche Ziele zum Essverhalten<br />

• Konsequenzen <strong>de</strong>r Essstörung<br />

• Informationen über <strong>de</strong>n Zusammenhang zwischen Gedanken, Gefühlen, persönlichen<br />

Einstellungen und <strong>de</strong>m Essverhalten<br />

• Das problematische Essverhalten verstehen und verän<strong>de</strong>rn<br />

• Die ungünstigen Gedanken und Einstellungen bemerken und verän<strong>de</strong>rn<br />

• Abbau von „verbotenen“ Nahrungsmitteln<br />

• Informationen über körperliche Schä<strong>de</strong>n durch die Essstörung<br />

• Informationen über eine ausgewogenes Essverhalten<br />

• Informationen über die Gewichtsregulation <strong>de</strong>s Körpers<br />

• Rückfallprophylaxe<br />

• Abbau alter und Aufbau neuer Gewohnheiten = konkrete Verhaltensän<strong>de</strong>rung<br />

• Strukturiertes, ausreichen<strong>de</strong>s, angemessenes, vielfältiges und lustvolles Essen<br />

• Sie wer<strong>de</strong>n zum Experten in eigener (Ess-)Sache und nehmen etwas mit, auf das Sie<br />

dauerhaft zurückgreifen können.<br />

Anschließend sollten die Patienten anhand eines Arbeitsblattes „Ziele für mein neues<br />

Essverhalten“ sammeln. Dabei wur<strong>de</strong> unterschie<strong>de</strong>n zwischen kurzfristigen Zielen (In <strong>de</strong>r<br />

nächsten Stun<strong>de</strong>/ bis morgen früh/… will ich… machen), mittelfristigen Zielen (Bis zum<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Anti-Diät Gruppe/ bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Therapie/… will ich…. erreichen.) und<br />

langfristigeren Zielen (In einem Jahr/in <strong>de</strong>n nächsten Jahren/möchte ich….). Diese Übung soll<br />

dazu dienen, konkrete Ziele zu explorieren und eine Verhaltensän<strong>de</strong>rung in kleinen Schritten<br />

mit Hilfe <strong>de</strong>r kurzfristigen Ziele zu erreichen. Außer<strong>de</strong>m soll es die Patienten zur Arbeit an<br />

ihrer Störung motivieren.<br />

41


In <strong>de</strong>r zweiten Stun<strong>de</strong> ging es vor allem um persönliche Ziele bezogen auf das Essverhalten.<br />

Zunächst wur<strong>de</strong>n die persönlichen Ziele, die in <strong>de</strong>r vorangegangenen Sitzung<br />

zusammengetragen wur<strong>de</strong>n, besprochen. Die Ziele wur<strong>de</strong>n zum Teil konkretisiert o<strong>de</strong>r<br />

ergänzt. Anhand einer kleinen Geschichte wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich gemacht, was <strong>de</strong>r Unterschied<br />

zwischen großen und kleinen Zielen ist:<br />

Als Ziel habe ich, quasi visionär, <strong>de</strong>n Berggipfel vor Augen (ein langfristiges, großes Ziel) –<br />

aber wer<strong>de</strong> ich ihn jemals besteigen können? Doch, ich will es! Ich mache mich auf <strong>de</strong>n Weg,<br />

Schritt für Schritt (kurzfristige Ziele). Ich habe die richtige Richtung eingeschlagen. Und<br />

immer wie<strong>de</strong>r suche ich einen neuen Standort zum Sichern, mache Pausen und freue mich<br />

über die schöne Aussicht und über die Strecke, die ich schon bewältigt habe (mittelfristige<br />

Ziele). Das Ganze ist eine lohnen<strong>de</strong> Herausfor<strong>de</strong>rung, ist aber schweißtreibend, erfor<strong>de</strong>rt<br />

Mut und Durchhaltevermögen und, an schwierigen Passagen, Unterstützung.<br />

Als nächstes ging es um eine konkrete Verhaltensanalyse. Den Patienten wur<strong>de</strong> erklärt, dass<br />

das problematische Essverhalten zur Gewohnheit gewor<strong>de</strong>n ist und sich schließlich im<br />

Teufelskreis <strong>de</strong>r Essstörung verselbständigt hat. Als Vorbereitung auf eine genaue<br />

Verhaltensanalyse wur<strong>de</strong>n die Patienten gebeten zur nächsten Stun<strong>de</strong> fünf konkrete<br />

Situationen aufzuschreiben, in <strong>de</strong>nen Sie mit problematischem Essverhalten (z.B. Fressanfall,<br />

Erbrechen o<strong>de</strong>r Nicht-Essen) reagieren.<br />

Patientenbeispiel:<br />

1. Streit mit <strong>de</strong>m Freund<br />

2. Ärger mit <strong>de</strong>n Eltern<br />

3. Konflikte mit Arbeitskollegen<br />

4. Durchblättern einer Frauenzeitschrift mit Mo<strong>de</strong>ls<br />

5. Mo<strong>de</strong>geschäft mit Klei<strong>de</strong>rgröße 34<br />

In <strong>de</strong>r fünften Sitzung wur<strong>de</strong> das SORK-Schema (situative Verhaltensanalyse) anhand eines<br />

Patientenbeispiels erklärt:<br />

Patientenbeispiel:<br />

Stimulus Organismus Reaktion Konsequenz<br />

Auslösen<strong>de</strong> Situation:<br />

Streit mit <strong>de</strong>m Freund<br />

Innere Situation:<br />

Gedanken: Er liebt mich<br />

nicht mehr!<br />

Gefühle: Verlassenheit,<br />

Einsamkeit<br />

Äußerliche Reaktionen:<br />

Heißhungeranfall,<br />

Erbrechen<br />

Innerliche Reaktionen:<br />

Gedanken: Jetzt ist eh<br />

alles egal!<br />

Gefühle:<br />

Angst vor <strong>de</strong>r Waage,<br />

Spannung, Enttäuschung<br />

Körperreaktionen:<br />

Hunger, Heißhunger,<br />

Völlegefühl, Übelkeit<br />

42


Die Patienten sollten nun eigene auslösen<strong>de</strong> Situationen nach <strong>de</strong>m bisher beschriebenen<br />

Mo<strong>de</strong>ll durchgehen. Die Organismusvariablen sowie die Konsequenzen sollten erst in <strong>de</strong>r<br />

nächsten Stun<strong>de</strong> besprochen wer<strong>de</strong>n. Zuvor erscheint es <strong>de</strong>r Klinik Roseneck sinnvoll, dass<br />

sich die Patienten mit <strong>de</strong>r Frage auseinan<strong>de</strong>rsetzen, was die Vor- und Nachteile <strong>de</strong>r<br />

Essstörung sind. Dazu bekamen die Patienten ein Arbeitsblatt: „Belasten<strong>de</strong> und entlasten<strong>de</strong><br />

Funktionen (Vor- und Nachteile) meiner Essstörung“ mit folgen<strong>de</strong>n Fragen:<br />

• Inwieweit schädige ich mich durch meine Essstörung im<br />

körperlichen, seelischen und sozialen Bereich?<br />

• Was habe ich von meiner Essstörung? Welche Entlastung bietet<br />

sie mir?<br />

• Was wür<strong>de</strong> ich tun, wenn ich keine Essstörung mehr hätte?<br />

Die Patienten diskutierten im großen Plenum die Punkte, die sich in Einzelarbeit<br />

zusammengetragen hatten.<br />

In <strong>de</strong>r vierten Stun<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> die Verhaltensanalyse auf die Makroebene erweitert und die<br />

überdauern<strong>de</strong>n Faktoren mit einbezogen.<br />

Stimulus Organismus Reaktion Konsequenz<br />

Körperliche<br />

Verfassung:<br />

Kurzfristig<br />

Mangelernährung,<br />

Dauerstress mit <strong>de</strong>m<br />

Positiv<br />

Freund,<br />

Erleichterung,<br />

Grun<strong>de</strong>instellung: Ich<br />

Spannungsmuss<br />

perfekt sein!“<br />

Reduktion,<br />

Kein<br />

Verlassenheitsgefüh<br />

l<br />

Regeln & Pläne:<br />

„Vermei<strong>de</strong> <strong>de</strong>ine eigene<br />

Meinung zu sagen. Sie<br />

ist unerwünscht.“<br />

„Zeige keine Fehler<br />

und Schwächen“<br />

„Vermei<strong>de</strong> es, allein zu<br />

sein!“<br />

„Versuche die<br />

Wünsche an<strong>de</strong>rer zu<br />

spüren und zu<br />

erfüllen“<br />

Negativ<br />

Ekel, Mattigkeit,<br />

Erschöpfung,<br />

Schuld-Gefühle<br />

Langfristig<br />

Negativ<br />

Körperliche<br />

Schä<strong>de</strong>n,<br />

Gedankliche<br />

Fixierung<br />

um Essen<br />

und<br />

Gewicht,<br />

Depression,<br />

Interessen-<br />

Verlust,<br />

Isolation,<br />

Leere<br />

Positiv:<br />

????????<br />

Für das Zusammentragen <strong>de</strong>r Konsequenzen nahmen die Patienten ihr Blatt zu <strong>de</strong>n Vor- und<br />

Nachteilen <strong>de</strong>r Essstörung zur Hilfe.<br />

Die Patienten bekamen dann ein Infoblatt zu <strong>de</strong>n „Körperlichen Schä<strong>de</strong>n als Folge <strong>de</strong>r<br />

Essstörung“, in <strong>de</strong>m über die subjektiven Beschwer<strong>de</strong>n, die Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s<br />

Hormonhaushaltes und <strong>de</strong>s Stoffwechsels, die langfristige Organschä<strong>de</strong>n, die Folgen von<br />

Erbrechen und Abführmitteln berichtet wird. Als Hausaufgabe sollen sie sich diesen<br />

durchlesen.<br />

43


In <strong>de</strong>r fünften Stun<strong>de</strong> sollten die Patienten in Kleingruppen das SORK-Schema eigenständig<br />

üben und auf ihre individuellen Probleme anwen<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong>r bekam dann die Möglichkeit, sein<br />

eigenständig entwickeltes Schema vorzustellen. Dabei war interessant zu sehen, dass die<br />

Probleme <strong>de</strong>r Patienten zum Großteil sehr ähnlich gelagert sind. Es ging vorwiegend um die<br />

Vermeidung davon, Konflikte auszutragen. Als Hausaufgabe sollten die Patienten Punkte zu<br />

ihren bisherigen Än<strong>de</strong>rungsstrategien sammeln.<br />

In <strong>de</strong>r sechsten Stun<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> eine kurze Zwischenbilanz gezogen. Dazu wur<strong>de</strong>n die aus <strong>de</strong>r<br />

ersten Stun<strong>de</strong> gesammelten kurzfristigen Ziele in Kleingruppen besprochen. Die bereits<br />

angewandten Än<strong>de</strong>rungsstrategien wur<strong>de</strong>n in die entsprechen<strong>de</strong>n Spalten <strong>de</strong>s SORK-Schemas<br />

eingeordnet, wobei die Organismus-Variable ausgelassen wur<strong>de</strong> und auf die Einzel- und<br />

Gruppenangebote <strong>de</strong>r Klinik verwiesen wur<strong>de</strong>, da diese <strong>de</strong>n Rahmen dieses Kurses sprengen<br />

wür<strong>de</strong>.<br />

Dann ging es um die naheliegendsten Verän<strong>de</strong>rungsmöglichkeiten auf <strong>de</strong>r Verhaltensebene.<br />

Die I<strong>de</strong>en <strong>de</strong>r Patienten wur<strong>de</strong>n auf einem Flipchart gesammelt und durch das Infoblatt<br />

„Strategien zur Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Problemverhaltens“ ergänzt. Als Hausaufgabe bekamen die<br />

Patienten Infoblätter über die ernährungsphysiologischen Grundlagen zum Körpergewicht.<br />

In <strong>de</strong>r siebten Stun<strong>de</strong> ging es vornehmlich um Verän<strong>de</strong>rungsstrategien. Dazu wur<strong>de</strong> das<br />

Arbeitsblatt „Strategien zur Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Problemverhaltens“ besprochen. Es wur<strong>de</strong> dann<br />

über einen neuen Umgang mit <strong>de</strong>m Stimulus diskutiert. Dabei wur<strong>de</strong>n zwei Strategien<br />

vorgestellt: Vermeidung und Verän<strong>de</strong>rung. Von <strong>de</strong>n Teilnehmern wur<strong>de</strong> sehr gut erkannt,<br />

dass die letzte Variante die langfristig bessere Lösung ist. Dann wur<strong>de</strong> an <strong>de</strong>n Konsequenzen<br />

gearbeitet. Es wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich, dass die negative Verstärkung durch <strong>de</strong>n Wegfall <strong>de</strong>r langfristig<br />

negativen Konsequenzen bei einem neuen Umgang mit <strong>de</strong>n Stimuli entsteht. Dann wur<strong>de</strong> auf<br />

die positive Verstärkung eingegangen. Dabei wur<strong>de</strong>n die Patienten auf sich selbst<br />

zurückgeworfen. Es wur<strong>de</strong> ihnen klar gemacht, dass sie sich selbst belohnen müssen und dass<br />

dies eine ausgezeichnete Möglichkeit sei, ein neues Verhalten in kleinen Schritten<br />

aufzubauen. Den Patienten wur<strong>de</strong> gezeigt, dass die Ziele sehr konkret sein müssen und die<br />

Belohnung vorher auch klar formuliert sein sollte. Die Patienten sollten dann mögliche<br />

Belohnungen für sich sammeln. Dabei wur<strong>de</strong> darauf verwiesen, dass dies nicht nur materiell<br />

sein müsse, son<strong>de</strong>rn auch positive Aktivitäten beinhalten könnte.<br />

In <strong>de</strong>r achten Stun<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n die Selbstbelohnungspunkte im Plenum besprochen.<br />

Anschließend wur<strong>de</strong> die Einheit: kognitive Umstrukturierung automatischer negativer<br />

Gedanken begonnen. Dabei gab es eine theoretische Einführung, die <strong>de</strong>r in DBT stark ähnelt,<br />

wobei die Beispiele etwas an<strong>de</strong>rs gelagert sind. Ich verweise aus Platzgrün<strong>de</strong>n auf die<br />

theoretischen Ausführungen <strong>de</strong>r Indikativgruppe DBT. Im Anschluss an die Übungen zur<br />

Umstrukturierung automatischer Gedanken bekamen die Patienten noch zwei Arbeitsblätter<br />

als Hausaufgabe zur Vorbereitung auf die nächste Sitzung: „Anregungen zur Tagesplanung“<br />

und „Mein Tagesplan für einen typischen Tag nach Roseneck“, in <strong>de</strong>nen es darum ging, die<br />

Zeit nach <strong>de</strong>m Klinikaufenthalt zu planen. Dabei wur<strong>de</strong> darauf verwiesen, dass sich Aufgaben<br />

und Pflichten mit Dingen, die Spaß machen, abwechseln sollten.<br />

In <strong>de</strong>r letzten Sitzung ging es dann um die Tagesstrukturierung und Rückfallprophylaxe.<br />

Zunächst wur<strong>de</strong> die Hausaufgabe besprochen. Das Ziel bestand darin, dass die Patienten<br />

regelmäßige Mahlzeiten einplanen, ausgewogene Tagesabläufe haben. Es zeigte sich, dass<br />

Essgestörte perfektionistische Ten<strong>de</strong>nzen haben und wenig Begabung für eine ausgewogene<br />

Freizeitgestaltung ohne Arbeit, Pflichterfüllung und Leistung. Im zweiten Teil ging es dann<br />

um die Rückfallprophylaxe. Je<strong>de</strong>r Patient nannte eine Situation, die für ihn kritisch wer<strong>de</strong>n<br />

könnte. Gemeinsam mit <strong>de</strong>r Gruppe wur<strong>de</strong>n dann Strategien überlegt, mit <strong>de</strong>nen sie entwe<strong>de</strong>r<br />

44


die Situation vermei<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r adäquat bewältigen können. Den Patienten wur<strong>de</strong> dann nahe<br />

gelegt, im Falle eines Rückfalls die erlernten kognitiven Metho<strong>de</strong>n anzuwen<strong>de</strong>n, um<br />

übermäßige Selbstvorwürfe zu vermei<strong>de</strong>n. Als Aufgabe und „Spickzettel für Notsituationen“<br />

machte sich dann je<strong>de</strong> Patient eine „Erinnerungs-Karte“, auf die sie schreiben sollten, was bei<br />

einem drohen<strong>de</strong>n Rückfall zu tun ist. Die Leiterin machte dann Vorschläge zur Teilnahme an<br />

Selbsthilfegruppen im heimischen Umfeld. Abschließend gab es eine Feedbackrun<strong>de</strong>.<br />

Ich durfte diesen Kurs mehrmals begleiten (wie <strong>de</strong>n GSK-Kurs) und durfte immer mal wie<strong>de</strong>r<br />

Teile davon übernehmen.<br />

4.4 Behandlung <strong>de</strong>r Körperschemastörung („body-image“)<br />

Der Bodyanalyser ist eine mo<strong>de</strong>rne Waage, die nicht nur das Gewicht angibt, son<strong>de</strong>rn auch<br />

die Muskelmasse, Fettmasse sowie die Wasserverteilung in Armen und Beinen. Das Gerät zu<br />

bedienen erfor<strong>de</strong>rt nicht eben viel Wissen, so dass ich diese Aufgabe <strong>de</strong>s Öfteren<br />

übernommen habe. Die Patienten sollen lernen, auch Muskeln und Wasser als Bestandteile<br />

<strong>de</strong>s Gewichtes wahrzunehmen.<br />

Des Weiteren wer<strong>de</strong>n sog. Körpervi<strong>de</strong>os gemacht. Anlässlich <strong>de</strong>r Umstrukturierung zur<br />

Essstörungsabteilung bekam die B1 eine sehr mo<strong>de</strong>rne, kleine, handliche Camera. Es war cotherapeutische<br />

Aufgabe, die Körpervi<strong>de</strong>os zu drehen. Besprochen wur<strong>de</strong>n sie in <strong>de</strong>r<br />

Einzeltherapie. Da aber nur eine Therapeut Erfahrung in <strong>de</strong>r Besprechung solcher Vi<strong>de</strong>os<br />

hatte, bekamen wir eine Art Kurzfortbildung in einer unserer Teamsitzungen. Die Aufnahmen<br />

konnte ich nach einmaligem Zuschauen auch übernehmen. Im Grun<strong>de</strong> musste ich nur die<br />

Patienten einmal mit Kleidung von oben bis unten, seitlich und im Vollbild filmen.<br />

Anschließend dasselbe in Unterwäsche. Zusätzlich noch im Sitzen. Dabei war darauf zu<br />

achten, die hervorstechen<strong>de</strong>n Knochen beson<strong>de</strong>rs aufzunehmen. Die Körpervi<strong>de</strong>os wer<strong>de</strong>n,<br />

wegen <strong>de</strong>r erhöhten Distanz zu sich selbst, vor <strong>de</strong>n Spiegelkonfrontationen gemacht, laufen<br />

aber ähnlich ab. Es wird nur ergänzend mit anatomischen Lehrbuchbil<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r<br />

Patientenkörper mit einem „normalen“ Körper verglichen. Bei starken<br />

Körperschemastörungen wird zum Teil auch nachgemessen.<br />

Darüber hinaus wur<strong>de</strong>n dann die so genannte „Spiegelübung“ erprobt und angewandt. Sie<br />

wer<strong>de</strong>n von erfahrenen Therapeuten geleitet und ich durfte lediglich zuschauen. Sie dienen<br />

<strong>de</strong>m Ziel, ein emotionales „priming“ zu för<strong>de</strong>rn, um die körperrelevanten Gedanken zu<br />

aktualisieren. Kognitive Techniken erlauben es, dabei auftreten<strong>de</strong> Ängste und dysfunktionale<br />

Gedanken realitätsadäquat zu korrigieren.<br />

Durchführung<br />

Der Patient steht in Unterwäsche vor <strong>de</strong>m Spiegel. Zu Beginn <strong>de</strong>r Spiegelübung soll <strong>de</strong>r<br />

Patient sein Gesicht in Frontalansicht beschreiben, ohne <strong>de</strong>n Körper vorher zu betrachten.<br />

Dabei wer<strong>de</strong>n u.a. folgen<strong>de</strong> Fragen gestellt:<br />

• Wirkt Ihr Blick ernst o<strong>de</strong>r fröhlich?<br />

• Ist Ihr Blick offen o<strong>de</strong>r verschlossen?<br />

• Wie nehmen Sie zum jetzigen Zeitpunkt Ihren Gesichtsausdruck wahr?<br />

• Was mögen Sie an Ihrem Gesicht?<br />

45


Dann geht <strong>de</strong>r Therapeut mit <strong>de</strong>m Patienten <strong>de</strong>n Körper mit ebensolchen Fragen hinab. Bei<br />

einer <strong>de</strong>utlichen Körperschemastörung wird <strong>de</strong>r Patient nach einer Einschätzung seiner<br />

Proportionen gefragt und anschließend mit einem Maßband nachgemessen. Probleme mit <strong>de</strong>r<br />

Weiblichkeit treten meist bei <strong>de</strong>r Bearbeitung <strong>de</strong>r Brust hervor. Der Patient wird dann<br />

ermutigt, dies in <strong>de</strong>r Einzeltherapie weiter zu bearbeiten. Der Bauch ist die Problemzone <strong>de</strong>r<br />

meisten Patienten. Hier wird oft darauf hingewiesen, dass die Gewichtszunahme meist<br />

zunächst am Bau stattfin<strong>de</strong>t und es sich im Zuge <strong>de</strong>r weiteren Gewichtszunahme verteilen<br />

wird. Zur stärkeren Akzeptanz <strong>de</strong>s Bauches wird manchmal auch danach gefragt, welche<br />

Organe sich im Bauch befin<strong>de</strong>n und wie groß diese wohl seien. Bei <strong>de</strong>r Betrachtung <strong>de</strong>s<br />

Bauches kommt es oft zu Ekelgefühlen und teilweise auch zu Selbsthass. Die Patienten<br />

wer<strong>de</strong>n dann ermutigt, sich positive Gedanken zu <strong>de</strong>n Problemzonen zu überlegen, z.B. „Ich<br />

mag meinen Bauch, er ist ein Teil von mir“ o<strong>de</strong>r „Der Bauch ist meine Energiequelle“.<br />

Im zweiten Schritt wird <strong>de</strong>r Körper in <strong>de</strong>r Seitenansicht betrachtet. Auch bei dieser Übung<br />

lässt man <strong>de</strong>n Patienten die einzelnen Körperteile von oben nach unten beschreiben. Oft ist<br />

die Wahrnehmung in <strong>de</strong>r Seitenansicht weniger gestört. Bei <strong>de</strong>r Brust kommen jedoch oft<br />

starke Emotionen hoch, da die Weiblichkeit hier noch <strong>de</strong>utlich sichtbarer wird. Bei <strong>de</strong>r<br />

Konfrontation mit <strong>de</strong>m Bauch wollen viele Patienten ausweichen. Der Therapeut macht sie<br />

darauf aufmerksam und besteht auf <strong>de</strong>r Konfrontation. Häufig wirkt <strong>de</strong>r Bauch auch dadurch<br />

größer, dass die Patienten ein Hohlkreuz bil<strong>de</strong>n. Sie wer<strong>de</strong>n gebeten, sich aufrechter<br />

hinzustellen, was indirekt eine Steigerung <strong>de</strong>s Selbstwertes zur Folge hat. Im Verlauf <strong>de</strong>r<br />

Übung wer<strong>de</strong>n die Patienten, je nach Stabilität, auch dazu aufgefor<strong>de</strong>rt, ihren Bauch zu<br />

berühren.<br />

Ich habe die Therapeuten bei dieser Übung immer als sehr sensibel erlebt. Einerseits waren<br />

sie annehmend und unterstützend, an<strong>de</strong>rerseits haben sie die Patienten auch immer wie<strong>de</strong>r ihr<br />

Vermeidungsverhalten aufgezeigt und sie konfrontiert.<br />

4.5 Zimmerkontrollen<br />

Die Zimmerkontrollen fan<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Zeiten <strong>de</strong>r allgemeinen Gruppe statt, d. h. die Patienten<br />

kamen ahnungslos in die Gruppe. Ihnen wur<strong>de</strong>n ihre Zimmerschlüssel abgenommen. Dann<br />

wur<strong>de</strong> kurz kontrolliert, ob alle Zimmer verschlossen waren. Die Patienten mussten vor ihrem<br />

jeweiligen Zimmer auf die Therapeuten warten. Aus juristischen Grün<strong>de</strong>n unterschreiben die<br />

Patienten bei ihrer Ankunft, dass sie mit solchen Maßnahmen einverstan<strong>de</strong>n sind. Außer<strong>de</strong>m<br />

wer<strong>de</strong>n die Zimmer immer zu zweit kontrolliert. Dann wer<strong>de</strong>n die Patienten gebeten, alle<br />

Nahrungsmittel und Medikamente, die sie auf <strong>de</strong>m Zimmer haben, auf <strong>de</strong>n Schreibtisch zu<br />

legen. Anschließend durchsuchen die Therapeuten (und ich) die Zimmer nach versteckten<br />

Nahrungsmitteln, Medikamenten o<strong>de</strong>r selbstverletzen<strong>de</strong>n Gegenstän<strong>de</strong>n. Anschließend wird<br />

das Gefun<strong>de</strong>ne zusammengetragen und besprochen, was davon auf <strong>de</strong>m Zimmer bleiben darf<br />

und was nicht. Schließlich trifft man sich wie<strong>de</strong>r im Gruppenraum und die überschüssigen<br />

Nahrungsmittel wer<strong>de</strong>n gemeinsam mit <strong>de</strong>r Gruppe entsorgt.<br />

Der Hintergrund solcher Maßnahmen ist die Tatsache, dass Anorektikerinnen die Ten<strong>de</strong>nz<br />

haben, verbotene Nahrungsmittel zu horten, Bulimieker diese für zukünftige Fressanfälle zu<br />

sammeln. Die Kontrolle ist also im Sinne <strong>de</strong>r Bekämpfung <strong>de</strong>r Essstörung.<br />

Trotz dieses „humanistischen“ Hintergrun<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Zimmerkontrollen sehe ich diese<br />

Maßnahme äußerst kritisch. Sie ist für mich ein zu massiver Eingriff in die Privatsphäre <strong>de</strong>r<br />

46


Patienten. Als ich an <strong>de</strong>n Zimmerkontrollen teilnehmen musste, kam ich mir vor wie ein<br />

Stasi-Spitzel. Diese Aktionen brachten mich in einen moralischen Konflikt: einerseits wollte<br />

ich die Aufgaben als Praktikantin gewissenhaft erfüllen und hatte mich mit <strong>de</strong>r Unterschrift<br />

unter <strong>de</strong>n Vertrag zu allen Praktikantentätigkeiten verpflichtet. An<strong>de</strong>rerseits konnte ich diese<br />

Maßnahme ethisch nicht vertreten. Ich bin nicht in <strong>de</strong>r Lage, dies mit meinem Gewissen in<br />

Einklang zu bringen.<br />

5) Das therapeutische Team<br />

Das therapeutische Team besteht aus zwei Psychologinnen, Dr. Alexan<strong>de</strong>r Rott und Bärbel<br />

Bloemer, die gera<strong>de</strong> die verhaltenstherapeutische Zusatzausbildung machen, zwei Ärzten, Dr.<br />

Sandra Elze und Lars Gautier, die ebenfalls die Therapeutenausbildung machen, allerdings<br />

verkürzt. Darüber hinaus gibt es zwei Co-Therapeuten, Ewa Plenk und Monika Herbach, die<br />

eine Krankenschwesterausbildung haben und eine therapeutische Zusatzausbildung machen.<br />

Es han<strong>de</strong>lt sich um eine Co-therapeutische Vollstelle und eine 0,75 Stelle. Der leiten<strong>de</strong><br />

Psychologe war Dr. Jörg Heuser, für die medizinischen Fragen war <strong>de</strong>r Psychiater Dr. Dr.<br />

Andreas Hillert zuständig.<br />

5.1 Teamsitzungen<br />

Die Teamsitzungen fan<strong>de</strong>n je<strong>de</strong>n Montagmorgen statt. Mein Team hat dafür gesorgt, dass sie<br />

nicht so ungemütlich-technisch waren. Je<strong>de</strong>r im Team brachte einmal das Frühstück mit und<br />

so wur<strong>de</strong> während <strong>de</strong>r Besprechung gemütlich gegessen. Thematisch ging es um die Planung<br />

<strong>de</strong>r nächsten Wochen:<br />

• Wer kommt in die Bewegungstherapie?<br />

• Wer geht in die Konferenzen?<br />

• Fragen zu Abschlussberichten und Anträgen.<br />

• Kritische Patienten<br />

• Urlaubsvertretung<br />

• Visite<br />

5.2 Visite und Kurvenvisite<br />

Die Visite fand einmal in <strong>de</strong>r Woche statt. Grundsätzlich waren darin die neu angekommenen<br />

Patienten und die, die die Klinik im Laufe <strong>de</strong>r nächsten Tage verlassen sollten. Von Zeit zu<br />

Zeit wur<strong>de</strong>n problematische Patienten auch noch gesehen. Problematisch heißt akut suizidal<br />

o<strong>de</strong>r solche, die sich beschweren wollen.<br />

Der Ablauf war meistens recht ähnlich. Zunächst wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Chefpsychologe, Dr. Jörg Heuser,<br />

kurz von <strong>de</strong>n Bezugstherapeuten über die Patienten aufgeklärt, dann betrat das gesamte Team<br />

das Patienten Zimmer. Es wur<strong>de</strong> gefragt, welche Ziele die Patienten für <strong>de</strong>n Aufenthalt hier<br />

haben und was sie erwarten. Dann wur<strong>de</strong>n die Fragen etwas spezieller, je nach Störungsbild.<br />

Bei ehemals Alkoholkranken (die <strong>de</strong>rzeit eine Depression haben) wur<strong>de</strong> erklärt, dass sie einen<br />

Alkoholvertrag unterschreiben müssen und dass es Zimmerkontrollen geben wird. Bei<br />

An<strong>de</strong>ren wur<strong>de</strong> diskutiert, welche Indikativgruppe angemessen sei. Abschließend kam immer<br />

47


die Frage: „Jetzt haben wir Ihnen eine Menge Fragen gestellt, gibt es Fragen an uns?“<br />

Meistens waren die Patienten durch die Anwesenheit von so viel „Weißkitteln“ jedoch eher zu<br />

eingeschüchtert, um Fragen zu stellen. Bei Abreisen<strong>de</strong>n war die Abschlussfrage immer: „Gibt<br />

es Dinge, die wir aus Ihrer Sicht, besser machen sollten?“.<br />

Die Kurvenvisite war nur eine halbe Stun<strong>de</strong>. Sie war eine Besprechung <strong>de</strong>r Ärzte und <strong>de</strong>s<br />

Psychiaters Dr. Dr. Andreas Hillert. Dabei ging es ausschließlich um die Medikation und eine<br />

möglichen Umstellung. Es war interessant zu sehen, dass Ärzte auch nicht alle Medikamente<br />

im Kopf haben und zwischenzeitlich immer mal wie<strong>de</strong>r nachschlagen mussten.<br />

5.3 Supervisionen<br />

Einmal wöchentlich gab es eine Teamsupervision. Ehrlich gesagt, war ich von <strong>de</strong>n<br />

Supervisionen sehr enttäuscht. Ich war es von <strong>de</strong>r Telefonseelsorge gewöhnt, dass man nicht<br />

immer nur sagt: „Der gestörte Anrufer.“, son<strong>de</strong>rn auch eigene Anteile an <strong>de</strong>r<br />

Beziehungsgestaltung berücksichtigt. Die Supervisionen in <strong>de</strong>r Klinik Roseneck wur<strong>de</strong>n von<br />

Jörg Heuser geleitet, dabei ging es immer eher peripher um die Patienten, meist ging es auch<br />

hier eher um das Organisatorische:<br />

• „Darf <strong>de</strong>r Patient Wochenendurlaub haben?“<br />

• „Wie arbeitsfähig ist er, was schreiben wir <strong>de</strong>r BfA?“<br />

• „Wie lange soll ich <strong>de</strong>n Patienten verlängern?“<br />

Ich dachte eigentlich, dass solche Fragen eben in die Teambesprechung gehören wür<strong>de</strong>n.<br />

Außer<strong>de</strong>m hat mich unangenehm überrascht, dass die Verlängerung eines Patienten nur zu<br />

einem geringen Teil vom Krankheitsverlauf abhängt. Vielmehr ging es bei uns im Oktober/<br />

November vor allem darum, alle Männerzimmer simultan aufzulösen und möglichst en<strong>de</strong><br />

November mehrer Entlassungen gleichzeitig hatten, um eine Kohorte von Essgestörten<br />

gleichzeitig aufnehmen zu können.<br />

Ab und zu ging es dann auch mal um die Patienten, allerdings eigentlich prinzipiell darum,<br />

dass alle Patienten manipulieren wür<strong>de</strong>n. Ein beliebter Spruch war auch, dass die Patienten<br />

„gewaschen wer<strong>de</strong>n wollen, aber sich dabei nicht nass machen wollen“. Ich fin<strong>de</strong> diesen<br />

Spruch unangemessen. Mir wird <strong>de</strong>r Lei<strong>de</strong>nsdruck <strong>de</strong>r Patienten viel zu wenig berücksichtigt.<br />

Wenn es kaum o<strong>de</strong>r keinen Therapieerfolg gibt, dann konnte <strong>de</strong>r Patient „dieses Setting nicht<br />

nutzen“. Es wur<strong>de</strong> nicht einmal in Erwägung gezogen, dass <strong>de</strong>r Patient vielleicht etwas<br />

An<strong>de</strong>res gebraucht hätte. Wenn ein Patient sich gegen irgen<strong>de</strong>ine Behandlung zur Wehr setzte<br />

o<strong>de</strong>r sich beschwerte, dann wur<strong>de</strong> nicht eine Minute überlegt, ob er vielleicht wirklich<br />

vernachlässigt wur<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn: er ist zu anspruchsvoll o<strong>de</strong>r die Institution kann und will (!)<br />

das nicht leisten.<br />

Insgesamt muss ich also sagen, dass ich die Supervisionen sehr enttäuschend fand und wenn<br />

ich einmal wirklich ein Problem mit einem Patienten hätte, dann wäre dies wohl kaum <strong>de</strong>r Ort<br />

gewesen, an <strong>de</strong>m ich darüber hätte sprechen wollen.<br />

Über die Supervisionen hinaus hatten wir vier Son<strong>de</strong>rsitzungen bezüglich <strong>de</strong>r Umwandlung<br />

zu einer Essstörungsstation. Dabei ging es um die Raumregelungen für die zusätzlichen<br />

Seminare, um die Regeln, die auf unserer Station gelten sollten, und die Sammlung von<br />

Fortbildungsmaterialien für die Therapeuten, da die meisten noch keine Erfahrung mit <strong>de</strong>r<br />

Behandlung von Essstörungen hatten. Wir haben beson<strong>de</strong>res Augenmerk auf die<br />

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Fortbildungen im Rahmen <strong>de</strong> Klinik zu diesem Thema gelegt. Darüber hinaus haben wir das<br />

Manual einer an<strong>de</strong>ren Station gelesen und zwei Artikel von Böse und Geissner sowie Brandl<br />

gelesen. Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> uns nahe gelegt, das Buch „Kognitive Therapie <strong>de</strong>r Anorexia nervosa<br />

und Bulimia nervosa“ von Jacobi, Thiel und Paul zu kaufen. (Ich musste dann einige<br />

Grundlagenkapitel für alle kopieren.)<br />

Außer<strong>de</strong>m hatten wir eine Besprechung mit <strong>de</strong>r Lehrküche. Es gestaltete sich recht schwierig,<br />

die zusätzlichen Patienten im Rahmen <strong>de</strong>r personellen und räumlichen Möglichkeiten<br />

unterzubringen. Dabei zeigte sich das organisatorische Talent unseres Chefpsychologen, Dr.<br />

Jörg Heuser.<br />

5.4 Co-Therapie und ihre Aufgaben<br />

Mit <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Co-Therapeuten habe ich mich sehr gut verstan<strong>de</strong>n. Sie hatten die Aufgabe<br />

rund um die Uhr als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Die sog. „Kanzel“, das<br />

Stationszimmer, war <strong>de</strong>r Hauptaufenthaltsort. Wenn sie hier wegen Kursen o<strong>de</strong>r Gesprächen<br />

nicht anzutreffen waren, dann hatten die Patienten die Möglichkeit, sie über die Rezeption<br />

anpiepsen zu lassen. (Manchmal saßen wir aber auch in <strong>de</strong>r Cafeteria.)<br />

Die Co-Therapeuten führen „Krisengespräche“. Ich durfte nach und nach auch<br />

Krisengespräche übernehmen. Die Themen in solchen Gesprächen sind sehr vielfältig, aber<br />

meistens wissen die Patienten selbst am besten, was sie tun müssen. Es geht nur darum, sie zu<br />

unterstürzen. Ich war zunächst überrascht, wie wenig Angst ich vor und während solcher<br />

Gespräche hatte. Aber durch die Arbeit in <strong>de</strong>r Telefonseelsorge war ich in<br />

Gesprächsführungen geschult. Ich muss wirklich sagen, dass mir das sehr geholfen hat. Es ist<br />

ein interessantes Phänomen, dass bei einem stationären Aufenthalt bei <strong>de</strong>n Patienten immer so<br />

viel passiert und ungeahnte Gefühle hochkommen. Meine Hypothese ist, dass sie hier einen<br />

sicheren Ort haben, an <strong>de</strong>m diese Gefühle erstmals erlaubt und erwünscht sind.<br />

Die Co-Therapie ist zu<strong>de</strong>m für die erste Aufnahme <strong>de</strong>r Patienten zuständig, d.h. sie holen sie<br />

an <strong>de</strong>r Rezeption ab, zeigen ihnen das Zimmer, machen ein Foto für die Patientenleinwand,<br />

testen die Notrufanlage, machen die ersten Termine mit <strong>de</strong>m Arzt und/o<strong>de</strong>r Therapeuten ab<br />

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und erklären <strong>de</strong>n Patienten die ersten Veranstaltungen. Diese Aufgabe habe ich bereits seit<br />

meiner ersten Woche mit übernommen.<br />

Darüber hinaus leitet die Co-therapie bestimmte Kurse wie zum Beispiel die Progressive<br />

Muskelentspannung nach Jacobsen. Auch dies durfte ich von <strong>de</strong>r zweiten Woche an<br />

übernehmen.<br />

6) Konferenzen, Fortbildungen und Kongresse<br />

Je<strong>de</strong>n Tag fin<strong>de</strong>t eine Konferenz statt, an <strong>de</strong>r jeweils ein Vertreter je<strong>de</strong>r Abteilung teilnimmt<br />

und die neu angekommenen Patienten, kurzen Lebenslauf und Diagnosen sowie Suizidalität,<br />

vorstellt. Ich durfte nur daran teilnehmen, wenn wir keine Aufnahmen hatten.<br />

Dienstags fin<strong>de</strong>t immer eine große Konferenz statt, bei <strong>de</strong>r das gesamte Klinikpersonal<br />

angehalten ist, teilzunehmen. Hier muss je<strong>de</strong>r Bereich seine Wartezeiten vorstellen und die<br />

Urlaubsvertretungen ankündigen. Außer<strong>de</strong>m fin<strong>de</strong>n Begrüßungen von neuen Arbeitnehmern<br />

und Verabschiedungen statt. Im Anschluss fin<strong>de</strong>t immer ein Kurzvortag statt. Themen waren<br />

u.a.:<br />

� Burnout-Syndrom<br />

� Selbst- und Fremdwahrnehumg<br />

� Siamesische Zwillinge<br />

� Kognitive Therapie bei Schizophrenie<br />

� Ernährungsschulung bei Adipositas<br />

� Anti-Diät-Konzept für Adipöse<br />

� Selbstbehauptungstrainig als neue Indikativgruppe<br />

� Organisation von betreutem wohnen<br />

� Akupunktur bei Schmerzpatienten<br />

� Depression als Virenerkrankung<br />

Je<strong>de</strong>n Mittwochabend gibt es eine Fortbildung, an <strong>de</strong>r das Klinikpersonal teilnehmen darf<br />

und zum Teil – im Rahmen <strong>de</strong>r Therapeutenausbildung – auch muss. Lei<strong>de</strong>r konnte ich wegen<br />

<strong>de</strong>m PME-Kurs nicht je<strong>de</strong>s Mal teilnehmen. Aber an folgen Themen habe ich teilgenommen:<br />

� BfA-Fortbildung zu manualierter Gesundheitsberatung<br />

� Soziapsychiatrischer Dienst: Integrationsfachdienst/ Berufsbegleiten<strong>de</strong>r Dienst<br />

� Kognitive Therapie bei Anorexie und Bulimie (zusätzlicher Termin am Samstag)<br />

� Selbsthilfegruppen Online<br />

� Zur Persönlichkeitsstruktur und Psychodynamik von anorektischen Patienten<br />

� „Bewegungszwang“ und „Sportbulimie“ Fallvorstellungen und ein interdisziplinärere<br />

Ansatz <strong>de</strong>r Behandlung<br />

� Biofeedback & Beckenbo<strong>de</strong>ngymnastik bei Harninkontinenz<br />

� Chronische Rückenschmerzen – Störungstheorie & Behandlung<br />

� Spiegelübungen im Rahmen <strong>de</strong>r Behandlung von Anorexie und Bulimie<br />

� Projekt: Time Base<br />

� Erfahrungen mit <strong>de</strong>r Langzeittherapie schwerst magersüchtiger Patientinnen im<br />

Rahmen eines psychiatrischen Behandlungssetthings (Prof. G. Laakmann)<br />

Vom 6.-8. November 2003 fand <strong>de</strong>r „Kongress Zwangserkrankungen“ statt. Zum einem<br />

nahm ich bereits vorher teil, in<strong>de</strong>m ich Einladungen eintüten musste, zum an<strong>de</strong>ren war ich<br />

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eim Kongress technische Saalassistenz. Das hatte <strong>de</strong>n großen Vorteil, dass ich ein<br />

Schildchen „Organisation“ hatte und damit in meiner freien Zeit an bestimmten<br />

Veranstaltungen teilnehmen durfte. Ich konnte es zeitlich einrichten, folgen<strong>de</strong><br />

Veranstaltungen zu besuchen:<br />

� „Neurobiologische Forschung und Grundlagen <strong>de</strong>r Pharmakotherapie bei<br />

Zwangserkrankungen“ mit folgen<strong>de</strong>n Vorträgen: „Analyse <strong>de</strong>r Manumotorik bei<br />

Patienten mit Zwangsstörungen – eine Bewegungsstörung?“ (Mergl, R.),<br />

„Bildgeben<strong>de</strong> Untersuchungen bei Patienten mit Zwangsstörungen – Implikationen für<br />

Psycho-und Pharmakotherapie?“ (Pogarell, O.), „Anmerkungen zur Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

serotonergen Systems“ (Moll, G.), „Neurobiologische Grundlagen bei Patienten mit<br />

Zwangsstörungen“ (Hegerl, U.)<br />

� Vortragsgruppe „Psychotherapie“ mit <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Vorträgen: „Effektivität<br />

stationärer Verhaltenstherapie bei schweren Zwangsstörungen“ (Peikert, G.), „Die<br />

Rolle <strong>de</strong>r Körpertherapie bei <strong>de</strong>r Behandlung von Zwangsstörungen“ (Hauke, W.)<br />

� „Seminar für Angehörige von Zwangserkrankten“<br />

� „Einsatzmöglichkeiten technischer Medien in <strong>de</strong>r Therapie von Zwangsstörungen“<br />

(Wölk, C.)<br />

Ich hätte gern mehr Veranstaltungen besucht, aber ich musste am Freitag schließlich normal<br />

arbeiten und am Samstag war ich mit <strong>de</strong>r technischen Saalassistenz an bestimmte<br />

Veranstaltungen gebun<strong>de</strong>n.<br />

Vom 6.12 - 7.12 war <strong>de</strong>r Biofeedback-Kongress, an <strong>de</strong>m ich ebenfalls als Helferin teilnahm.<br />

7) Schlussbemerkungen<br />

Ein halbes Jahr insgesamt zu bewerten, fällt mir schwer. Ich hatte auf je<strong>de</strong>n Fall die<br />

Möglichkeit, viele therapeutische Bereiche kennen zu lernen und zu sehen, dass überall nur<br />

mit Wasser gekocht wird, wie man so umgangssprachlich zu sagen pflegt. Etwas scha<strong>de</strong> fand<br />

ich die fehlen<strong>de</strong> Integration von Praktikanten in das therapeutische Angebot. Aber mit <strong>de</strong>r<br />

Erlaubnis <strong>de</strong>n Kurs „Kreatives Schreiben“ zu geben, hatte ich zumin<strong>de</strong>st ein wenig die<br />

Möglichkeit, mich in das Klinikprogramm einzubin<strong>de</strong>n. Manchmal hätte ich mir gewünscht,<br />

etwas mehr Aufgaben zu bekommen und hatte <strong>de</strong>n Eindruck, dass man Praktikanten relativ<br />

wenig zutraut und damit auch viel Potential ungenutzt lässt. Durch Gespräche mit an<strong>de</strong>ren<br />

Praktikanten konnte ich mich jedoch versichern, dass dies nicht nur bei mir so war. Es lag<br />

also nicht speziell an meinen fehlen<strong>de</strong>n Kenntnissen.<br />

Ich weiß, dass die Klinik annimmt, dass es ihrem Ruf scha<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>, wenn Praktikanten<br />

therapeutische Aufgaben übernehmen wür<strong>de</strong>n. Aber ich hätte es beispielsweise für sinnvoll<br />

gehalten, geson<strong>de</strong>rte Angebote, die auch als praktikantengeleitet ausgeschrieben sind,<br />

anzubieten. So war ich ein wenig enttäuscht. Generell wür<strong>de</strong> ich sagen, dass ein<br />

dreimonatiges Praktikum auch ausgereicht hätte, um die Erfahrungen, die ich natürlich<br />

gesammelt habe, zu machen.<br />

Die Indikativgruppen machten mir vor allem <strong>de</strong>n kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatz<br />

<strong>de</strong>r Klinik <strong>de</strong>utlich. Die ersten Indikativgruppen waren unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt: „Wie wird<br />

kognitiv-verhaltenstherapeutisch gearbeitet?“ sehr interessant. Aber nach <strong>de</strong>r dritten Gruppe<br />

stellte ich doch fest, dass sich bestimmte Grundlagen stark wie<strong>de</strong>rholen. Es schien mir<br />

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mitunter, dass einige Gruppen nur eine an<strong>de</strong>re Zusammensetzung <strong>de</strong>r gleichen Lehrbausteine<br />

darstellten.<br />

Beson<strong>de</strong>rs kritisch sehe ich im psychosomatischem Alltag die Vergabe von Diagnosen,<br />

insbeson<strong>de</strong>re von Persönlichkeitsstörungen. Ich konnte mich <strong>de</strong>s Eindrucks nicht erwehren,<br />

dass, wenn ein Therapeut persönlich mit einem Patienten überfor<strong>de</strong>rt war, dass er dann<br />

schnell mal sagte: „Na ja, <strong>de</strong>r ist auch sehr bor<strong>de</strong>rlinig, histrionisch o<strong>de</strong>r narzisstisch.“ Man<br />

muss zwar einschränken, dass bei <strong>de</strong>n Befundberichten dann nur noch „Verdacht auf“<br />

geschrieben wur<strong>de</strong>, aber ich halte die Entschuldigungshaltung („Ich hätte <strong>de</strong>m Patienten ja<br />

geholfen, aber seine Persönlichkeitsstörung macht einen Erfolg unwahrscheinlich.“) nicht für<br />

korrekt. Darüber hinaus fin<strong>de</strong> ich es „unsportlich“, so über Patienten zu re<strong>de</strong>n. Diese haben<br />

nie die Gelegenheit sich dagegen zu wehren. Ich bin <strong>de</strong>r Meinung, solche gravieren<strong>de</strong>n<br />

Diagnosen sollten nur dann vergeben wer<strong>de</strong>n, wenn ein SKID II Interview geführt wor<strong>de</strong>n ist.<br />

Es ist in meinen Augen fragwürdig <strong>de</strong>n Patienten <strong>de</strong>n SKID II Fragebogen vorzulegen (wenn<br />

überhaupt) und dann erstaunt festzustellen: „Der hat ja alle Persönlichkeitsstörungen!“. Die<br />

Testkonstrukteure weisen explizit darauf hin, dass <strong>de</strong>r Fragebögen bestenfalls als eine Art<br />

Screening genutzt wer<strong>de</strong>n sollte. Außer<strong>de</strong>m kann ich mich nicht mit <strong>de</strong>n Zimmerkontrollen<br />

anfreun<strong>de</strong>n. Ich halte dies nach wie vor für einen zu massiven Eingriff in die Privatsphäre –<br />

wie ich oben bereits ausgeführt habe.<br />

Das Team <strong>de</strong>r B1 war aber uneingeschränkt freundlich, hilfsbereit und kollegial, sowohl<br />

zueinan<strong>de</strong>r als auch zu mir. Sie waren immer bereit, meine Fragen zu beantworten und haben<br />

sich Zeit für mich genommen. Ich wünsche je<strong>de</strong>m zukünftigen Praktikanten ein so nettes<br />

Team.<br />

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