Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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30.12.2012 Aufrufe

1. Der jahwistische Erzähler beschreibt Jakob als Heros, dem alle Dinge gelingen. Nichts hält ihn auf. Gott Jahwe unterstützt ihn, der wider alles Recht sich durchsetzt. Er ist mit Kindern, Frauen und Reichtümern gesegnet. Ihm und seinen Nachkommen (siehe auch 4,3,c) wird von Jahwe das ganze Land zugesprochen. Zwischen Jakob und den Nachbarvölkern sind klare Abgrenzungen vorgenommen. Die Familie der Frauen Jakobs ist entrechtet. Das Matriarchat ist vorbei. Die letzten Erinnerungen an das Mutterrecht leben in dem Privileg der Mutter fort, den Kindern Namen zu geben. Jakob opfert noch selber. Er ist Stammeskönig und Priester. Darin gleicht er seinen orientalischen Kollegen. 2. Für den jahwistischen Tradenten ist er deshalb ein Vorbild für die Könige Judas. Seine Taten sind Tugenden der königlichen Despoten auf dem Jerusalemer Thron. List, Betrug, Diebstahl und auch die Mordtat an der Bevölkerung von Sichern (siehe 4,3,f) sind nicht ohne sein Wissen und Wollen geschehen. Der Mythos urteilt auch hier nicht moralisch. Er hat die Rechtfertigung des davidischen Großreiches zum Ziel. Deshalb erhält Jakob, als Vater von zwölf Stämmen hat er zwölf Söhne, seine jetzige biblische Bedeutung als Erzvater, als großer bedeutender Urvater. 3. Seine ursprüngliche Bedeutung liegt in der mythischen Vorgeschichte, als nämlich der Sechsstämmebund der Lea-Söhne sich zusammenschloß und diese große Mutter, die heilige Königin, im Zuge des Übergangs vom Matriarchat zum Patriarchat, einen Mann erhielt. Der Stamm Rüben hat sicher die führende Rolle gespielt, als der Sechsstämmebund aus dem steppenhaften Ostjordanland in die westjordanische Kulturlandzone eindrang und die alten kanaanäischen Heiligtümer Bethel und Sichern eroberte, die sicher von zwei Dreiergruppen als gemeinsame Kultstätten unterhalten wurden. Lea bedeutet „Steinbock" und Silpha „die Zornige"; Rahel bedeutet „das Lamm" und Bilha „die Schreckliche" (vgl. 4,3,c); Jakob war Stammesvater der Rubeniten, die diese Heiligtümer usurpierten und ihren Vatergott mit den einheimischen Traditionen vermischten. Der jahwistische Erzähler hat aber dadurch, daß er Jakob in Hebron, der ersten Königstadt Davids, beisetzen läßt, versucht, die alten Traditionen zu zerstören und Jakob zu einem Sohne Isaaks zu machen. Mythologisch ist die Funktion des Jakob der des Herakles vergleichbar. Herakles und sein Zwillingsbruder Iphikles erlitten das gleiche Schicksal wie Jakob und Esau. Die älteren Brüder Iphikles und Esau, die heiligen Könige, müssen ihren Stellvertretern, den jüngeren Brüdern, weichen. Wie Herakles übernimmt Jakob die Funktionen und Rechte seines Zwillingsbruders, der in die Steppe verdrängt wird. b. Jakob kam einstmals nach Lus. Dort blieb er über Nacht. Er nahm einen Stein und legte ihn sich zu Häupten, um in dessen Schutz zu schlafen. Da träumte ihm, eine Leiter sei auf die Erde gestellt, die in den Himmel reichte, und auf ihr stiegen die Boten Elohims auf und nieder. Jakob fürchtete sich, denn er dachte: Wie gefährlich ist dieser Ort! Sicher ist hier der Wohnsitz Elohims und 98

die Tür zum Himmel. - In der Frühe des nächsten Tages nahm er den Stein und richtete ihn auf und vergoß Öl auf ihm. Er nannte aber diesen Ort Bethel (Haus Gottes). Und Jakob gelobte Elohim bei diesem Stein: Wenn Elohim mich auf meinem Wege behütet und ich wohlbehalten zum Hause meines Vaters zurückkomme, so soll dieser Stein ein Gotteshaus werden, und ich werde von allem den Zehnten geben. Als er zu dem Abrahamiden Laban kam, gab dieser ihm seine Töchter Lea und Rahel zur Frau. Rahel hatte selber keine Kinder außer Joseph. Nachdem Jakob im Dienste Labans reich geworden war, kehrte er mit all seiner Habe heimlich Laban den Rücken. Als Laban ihm nachstellen wollte, erschien aber Elohim bei ihm und warnte ihn davor, Jakob Böses anzutun. Nachdem Laban Jakob eingeholt hatte, redete er darum freundlich mit ihm. Doch verlangte er seinen Hausgott zurück, der seit Jakobs Flucht verschwunden war. Er suchte den Hausgott mit Billigung Jakobs überall im Lager, ohne ihn zu finden. Denn Rahel, die ihn ohne Wissen ihres Mannes gestohlen hatte, saß auf dem Kamelsattel, in dem sie den Theraphim verborgen hatte. Laban kehrte darauf wieder um, nachdem er noch mit Jakob einen Frieden geschlossen hatte. Gott war mit Jakob und segnete ihn, als er mit ihm in Pniel eine Nacht gekämpft hatte (vgl. 4,3,d). Und Jakob zog weiter gen Süden und traf auf seinen Bruder Esau, mit dem er Geschenke austauschte. Er ließ sich aber bei Sichern nieder, wo er auch für El, den Gott Israels, einen Altar baute neben einem Malstein, wie er einen in Bethel errichtet hatte. Von Sichern zog er hinüber nach Bethel, um sein Gelübde zu erfüllen und auch dort einen Altar neben dem Malstein, der Massebe, zu errichten. Vorher aber reinigten sie sich und ließen alle Hausgötter und Amulette in Sichern zurück. Von Bethel zogen sie südwärts. Bei Ephrat mußte Jakob halten, denn Rahel hatte Wehen und gebar einen Sohn, den sie Benoni, Sohn meines Schmerzes, nannte. Sie starb bei der Geburt und wurde dort begraben, an der Straße von Ephrat nach Rama. Jakob aber benannte den Benoni um in Benjamin, Sohn der rechten, der südlichen, der Glücksseite. Und Jakob zog weiter im Lande umher und kam auch nach Ägypten, als eine Hungersnot ihn und die Seinen aus Kanaan vertrieb. In Ägypten aber war sein Sohn Joseph durch die Freundlichkeit Elohims mächtig geworden; er verschaffte ihnen eine neue Heimat. Dort rüstete sich Jakob zum Sterben, nachdem er 99

<strong>die</strong> Tür zum Himmel. - In der Frühe des nächsten Tages nahm er<br />

den Stein <strong>und</strong> richtete ihn auf <strong>und</strong> vergoß Öl auf ihm. Er nannte<br />

aber <strong>die</strong>sen Ort Bethel (Haus <strong>Gott</strong>es). Und Jakob gelobte Elohim<br />

bei <strong>die</strong>sem Stein: Wenn Elohim mich auf meinem Wege behütet <strong>und</strong><br />

ich wohlbehalten zum Hause meines Vaters zurückkomme, so soll<br />

<strong>die</strong>ser Stein ein <strong>Gott</strong>eshaus werden, <strong>und</strong> ich werde von allem den<br />

Zehnten geben. Als er zu dem Abrahamiden Laban kam, gab <strong>die</strong>ser<br />

ihm seine Töchter Lea <strong>und</strong> Rahel zur Frau. Rahel hatte selber keine<br />

Kinder außer Joseph. Nachdem Jakob im Dienste Labans reich<br />

geworden war, kehrte er mit all seiner Habe heimlich Laban den<br />

Rücken. Als Laban ihm nachstellen wollte, erschien aber Elohim bei<br />

ihm <strong>und</strong> warnte ihn davor, Jakob Böses anzutun. Nachdem Laban<br />

Jakob eingeholt hatte, redete er darum fre<strong>und</strong>lich mit ihm. Doch<br />

verlangte er seinen Hausgott zurück, der seit Jakobs Flucht<br />

verschw<strong>und</strong>en war. Er suchte den Hausgott mit Billigung Jakobs<br />

überall im Lager, ohne ihn zu finden. Denn Rahel, <strong>die</strong> ihn ohne<br />

Wissen ihres Mannes gestohlen hatte, saß auf dem Kamelsattel, in<br />

dem sie den Theraphim verborgen hatte. Laban kehrte darauf<br />

wieder um, nachdem er noch mit Jakob einen Frieden geschlossen<br />

hatte.<br />

<strong>Gott</strong> war mit Jakob <strong>und</strong> segnete ihn, als er mit ihm in Pniel eine<br />

Nacht gekämpft hatte (vgl. 4,3,d). Und Jakob zog weiter gen Süden<br />

<strong>und</strong> traf auf seinen Bruder Esau, mit dem er Geschenke<br />

austauschte. Er ließ sich aber bei Sichern nieder, wo er auch für El,<br />

den <strong>Gott</strong> Israels, einen Altar baute neben einem Malstein, wie er<br />

einen in Bethel errichtet hatte.<br />

Von Sichern zog er hinüber nach Bethel, um sein Gelübde zu<br />

erfüllen <strong>und</strong> auch dort einen Altar neben dem Malstein, der<br />

Massebe, zu errichten. Vorher aber reinigten sie sich <strong>und</strong> ließen alle<br />

Hausgötter <strong>und</strong> Amulette in Sichern zurück. Von Bethel zogen sie<br />

südwärts. Bei Ephrat mußte Jakob halten, denn Rahel hatte Wehen<br />

<strong>und</strong> gebar einen Sohn, den sie Benoni, Sohn meines Schmerzes,<br />

nannte. Sie starb bei der Geburt <strong>und</strong> wurde dort begraben, an der<br />

Straße von Ephrat nach Rama. Jakob aber benannte den Benoni<br />

um in Benjamin, Sohn der rechten, der südlichen, der Glücksseite.<br />

Und Jakob zog weiter im Lande umher <strong>und</strong> kam auch nach<br />

Ägypten, als eine Hungersnot ihn <strong>und</strong> <strong>die</strong> Seinen aus Kanaan<br />

vertrieb. In Ägypten aber war sein Sohn Joseph durch <strong>die</strong><br />

Fre<strong>und</strong>lichkeit Elohims mächtig geworden; er verschaffte ihnen eine<br />

neue Heimat. Dort rüstete sich Jakob zum Sterben, nachdem er<br />

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