Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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30.12.2012 Aufrufe

4 Die Entstehung des Gottesvolkes 4.1 Die Abrahamsgeschichten a. Abraham war ein Sohn Terachs, der sich mit ihm und seinem zweiten Sohn Nahor aus Ur in Babylon aufmachte, um in das Land Kanaan zu ziehen. Sie kamen bis Haran und ließen sich dort nieder. Danach erschien Jahwe bei Abraham, der damals noch Abram hieß, und befahl ihm: Ziehe fort aus deinem Lande, deiner Verwandtschaft und aus dem Hause deines Vaters in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich will dich zu einem großen Volke machen. Darauf durchzog Abram bis zu dem heiligen Baum bei Sichern das Land. Dort erschien ihm Jahwe abermals und sagte ihm: Dieses Land hier will ich deinen Nachkommen geben. Da errichtete Abram ihm dort einen Altar, ebenso weiter östlich im Bergland in der Nähe von Bethel. Als aber eine Hungersnot das Land bedrohte, zog Abram nach Ägypten. Von dort kehrte er wohlhabend unter einem Schutzgeleit des Pharao nach Kanaan zurück. Er war sehr reich an Vieh und Geld. Da die Weidegebiete aber für den ganzen Clan zu klein wurden, teilten sich Abram und sein Neffe Lot in das Land. Abram richtete seinen Wohnsitz bei Hebron ein, in der Nähe des heiligen Baumes bei Mamre. Und auch hier erschien Jahwe dem Abram und versprach ihm, dieses Land seinen Nachkommen zu geben. Abram erhielt die Bestätigung durch ein Wunder. Sara, die Frau Abrams, war jahrelang kinderlos. Sie befürchtete, daß Abram keinen Leibeserben haben würde, und gab ihm deshalb ihre ägyptische Sklavin Hagar zur Nebenfrau. Hagar gebar dem Abram auch einen Sohn, den sie Ismael nennen sollte, wie ihr der Engel Jahwes befahl. Denn Jahwe hatte den Ismael zu einem Plagegeist bestimmt. Als Abram nun einstmals unter den heiligen Bäumen bei Mamre am Zelteingang saß, erschien Jahwe bei ihm mit zwei Begleitern. Abram bewirtete sie und erfuhr von Jahwe, daß Sara ihm bald einen Sohn gebären würde. Sara hörte das und lachte über diese Verheißung, denn sie war schon sehr alt wie Abram auch. Aber Jahwe bestätigte diese Verheißung. Danach ging er fort, um Sodom und Gomorra zu zerstören, weil über diese Städte viel Böses berichtet wurde. Als Abram das hörte, versuchte er noch, die Städte zu retten. Und Jahwe versprach ihm, wenn es 86

nur zehn Gerechte dort geben sollte, wollte er diese Orte verschonen. Aber es fanden sich keine zehn. Denn die Städte waren ganz verderbt. Die Knabenliebe nämlich war dort üblich, und die Begleiter Jahwes hatten große Mühe, sich den Nachstellungen der Männer von Sodom zu entziehen. Jahwe zerstörte Sodom und Gomorra und das Gebiet umher durch Feuer- und Schwefelregen. Übrig blieben nur Lot und seine beiden Töchter; Lots Frau wurde zur Salzsäule, als sie sich auf der Flucht noch einmal nach der alten Heimat umwandte. Die Töchter Lots wurden von ihrem Vater schwanger und wurden die Stammesmütter der Moabiter und Ammoniter. Viel später, nachdem Sara schon gestorben war, heiratete Abram noch die Ketura und hatte mit ihr viele Söhne, bevor er starb. I. Mose 12,1-4.6-19; 13; 14; 16; 18; 19; 22,20-21; 25,1-5. 1. Die jahwistische Tradition überliefert, daß Abraham, der Urahn Israels, das Nomadendasein aufgibt und sich im Lande niederläßt, das Jahwe ihm gibt. Zum Zeichen der Besitznahme richtet er die Jahwealtäre auf. Jahwe ist der Herr des Landes. Ihm gilt der Gehorsam. Die jetzige Gestalt hat der Mythos im 10. Jahrhundert erhalten. Die Zentralgewalt in Jerusalem ist etabliert. König und Priester regieren das Land im Namen Jahwes, dem es seit alters gehören muß. Die Grenzen zu den Nachbarstaaten sind geschlossen. Denn Jahwe hat schon befohlen, daß Abraham die Brücken zu seiner Verwandtschaft abbrechen soll. Die anliegenden Wüstenstämme, die Söhne der Ketura, werden zu Halbbrüdern gemacht. Hinter diesem Begriff verbindet sich eine sozialökonomische Abhängigkeit. Die Wüstenbewohner stehen zu den Kulturlandbewohnern in einem Schutzbundverhältnis. Für die Gewährung des Weiderechtes und die Beteiligung am Wirtschaftsleben übernehmen die Nomaden die militärische Verteidigung der kleinen Stadtkönigtümer. Die Genealogie des Jahwisten beschreibt den Zustand im Süden des Landes etwa um die Mitte des 10. Jahrhunderts. 2. Abraham ist eine mythische Person wie Isaak und Jakob, auch wenn dies Gentilnamen sind. Ihre Geschichten sind Stammesgeschichten. Die Gestalt Abrahams ist eine mythische Schöpfung. Sie verbindet den Anfang der alten Stammesgeschichten mit der sogenannten „Urgeschichte". Abram ist der „erhabene Vater", der Äneas der biblischen Mythologie. Wie dieser gründet er Heiligtümer, d. h. er usurpiert alte heilige Stätten. Äneas reitet auf der Aphroditenkultreihe in die Arena römischer Mythologie ein. Abraham nimmt die heiligen Bäume, einstmals sicher Kultstätten von Fruchtbarkeitsgöttinnen, für sich in Anspruch. Der Name von Abrahams Frau, Sara'i, ist noch ein deutlicher Hinweis darauf, daß die Mythen von Äneas und Abraham dieselbe Funktion haben. Sara'i ist der aus nabatäischen Inschriften überlieferte Name einer großen Göttin. Erst die Priesterschrift des 5. Jahrhunderts verändert den Namen in Sarah, Fürstin. Äneas verließ auf göttlichen Rat das brennende 87

4 Die Entstehung des <strong>Gott</strong>esvolkes<br />

4.1 Die Abrahamsgeschichten<br />

a. Abraham war ein Sohn Terachs, der sich mit ihm <strong>und</strong> seinem<br />

zweiten Sohn Nahor aus Ur in Babylon aufmachte, um in das Land<br />

Kanaan zu ziehen. Sie kamen bis Haran <strong>und</strong> ließen sich dort nieder.<br />

Danach erschien Jahwe bei Abraham, der damals noch Abram<br />

hieß, <strong>und</strong> befahl ihm: Ziehe fort aus deinem Lande, deiner<br />

Verwandtschaft <strong>und</strong> aus dem Hause deines Vaters in das Land, das<br />

ich dir zeigen werde. Ich will dich zu einem großen Volke machen.<br />

Darauf durchzog Abram bis zu dem heiligen Baum bei Sichern das<br />

Land. Dort erschien ihm Jahwe abermals <strong>und</strong> sagte ihm: Dieses<br />

Land hier will ich deinen Nachkommen geben. Da errichtete Abram<br />

ihm dort einen Altar, ebenso weiter östlich im Bergland in der Nähe<br />

von Bethel.<br />

Als aber eine Hungersnot das Land bedrohte, zog Abram nach<br />

Ägypten. Von dort kehrte er wohlhabend unter einem Schutzgeleit<br />

des Pharao nach Kanaan zurück. Er war sehr reich an Vieh <strong>und</strong><br />

Geld. Da <strong>die</strong> Weidegebiete aber für den ganzen Clan zu klein<br />

wurden, teilten sich Abram <strong>und</strong> sein Neffe Lot in das Land. Abram<br />

richtete seinen Wohnsitz bei Hebron ein, in der Nähe des heiligen<br />

Baumes bei Mamre. Und auch hier erschien Jahwe dem Abram <strong>und</strong><br />

versprach ihm, <strong>die</strong>ses Land seinen Nachkommen zu geben. Abram<br />

erhielt <strong>die</strong> Bestätigung durch ein W<strong>und</strong>er.<br />

Sara, <strong>die</strong> Frau Abrams, war jahrelang kinderlos. Sie befürchtete,<br />

daß Abram keinen Leibeserben haben würde, <strong>und</strong> gab ihm deshalb<br />

ihre ägyptische Sklavin Hagar zur Nebenfrau. Hagar gebar dem<br />

Abram auch einen Sohn, den sie Ismael nennen sollte, wie ihr der<br />

Engel Jahwes befahl. Denn Jahwe hatte den Ismael zu einem<br />

Plagegeist bestimmt. Als Abram nun einstmals unter den heiligen<br />

Bäumen bei Mamre am Zelteingang saß, erschien Jahwe bei ihm<br />

mit zwei Begleitern. Abram bewirtete sie <strong>und</strong> erfuhr von Jahwe, daß<br />

Sara ihm bald einen Sohn gebären würde. Sara hörte das <strong>und</strong><br />

lachte über <strong>die</strong>se Verheißung, denn sie war schon sehr alt wie<br />

Abram auch. Aber Jahwe bestätigte <strong>die</strong>se Verheißung. Danach ging<br />

er fort, um Sodom <strong>und</strong> Gomorra zu zerstören, weil über <strong>die</strong>se<br />

Städte viel Böses berichtet wurde. Als Abram das hörte, versuchte<br />

er noch, <strong>die</strong> Städte zu retten. Und Jahwe versprach ihm, wenn es<br />

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