Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

thule.italia.net
von thule.italia.net Mehr von diesem Publisher
30.12.2012 Aufrufe

ersten Lebensjahr Noahs, gingen Noah, seine Söhne, ihre Frauen und die Tiere aus der Arche heraus. Sie fanden die Erde entvölkert vor, denn alle Menschen waren umgekommen, ebenso alle Vögel und Tiere. Aber den Noah und seine Söhne segnete Elohim und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, vermehret euch und füllet die Erde. Über alle Tiere der Erde, alle Vögel des Himmels und alle Fische des Meeres sollt ihr Gewalt haben. Ihr dürft sie auch essen ebenso wie die Kräuter und Pflanzen. Aber Fleisch, das nicht ausgeblutet ist, sollt ihr nicht essen. Ihr selbst sollt geschützt sein. Das fordere ich von jedem Tiere und jedem Menschen. Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen | werden. Denn Jahwe Elohim hat den Menschen nach seinem Bilde geschaffen. I. Mose 6,9-22; 7,6.11.13-16a.17a.18-21.24; 8,1-2a.3b.4-5.13a.15-19; 9,1-7. 1. Der jerusalemische Priestertext aus der nachexilischen Zeit erzählt die Flutkatastrophe unter einem bestimmten Vorzeichen. Die Nachkommen Noahs, insbesondere die seines Sohnes Sem, werden aus dem Völkergericht herausgenommen. Sie sollen der Anfang der neuen Menschheit sein. 2. Die mesopotamische Vorlage der Flutsage (siehe 3,3,1,b,1) berichtet auch von der Verwüstung der Erde und Vernichtung aller Lebewesen außer Utnapistim, der für sich und die Seinen jegliches Getier und auch Handwerker mit in den Kasten genommen hatte, wie ihm Gott Ea geraten hatte. Aber die Götter bereuen es, als sie das Unheil sehen: „Die Götter bekamen Furcht vor der Sturmflut. Sie hatten sich bis zum Himmel des Anu zurückgezogen. Die Götter waren geduckt, wie Hunde kauerten sie an der Außenwand. Istar schrie wie eine Mutter und klagte: Wie konnte ich nur in der Götterversammlung Böses gebieten und den Angriff zur Vernichtung meiner Menschen bejahen." 3. Wie im Gilgames-Epos kennt der Priester die genaue Beschreibung des Schiffes, einschließlich der Maßangaben und der Einrichtung. Die anthropomorphen Züge des babylonischen Mythos fehlen im Bericht der priesterlichen Tradition völlig. Der Priestergott handelt planmäßig und sinnvoll; im babylonischen Epos ist die Flut eine Laune einiger Götter. Der Hörer des biblischen Epos soll keinen Schauder empfinden, sondern lernen, daß der Gott Israels sein Volk aus der Katastrophe - gedacht ist an die der babylonischen Gefangenschaft - rettet. Die Scheußlichkeit des Vorganges, das ganze Leben auf der Erde zu vertilgen, soll dem Hörer des Berichtes nicht so wichtig werden wie die Güte Elohims, daß er Noah und den Seinen die Welt neu gibt wie einstmals Adam und Eva, und Elohim sichert den Menschen ausdrücklich zu, daß er ihr Leben schützen will. 4. In der christlichen Mythologie, beispielsweise im Neuen Testament, I. Petrusbrief 3, hat man den Mythos von der Sintflut mit dem Wasser der Taufe gleichzusetzen versucht. Die Sintflut sei ein Reinigungsbad der ganzen Welt gewesen. 80

5. In der griechischen Mythologie ist die alte orientalische Sage von der Flut auch überliefert. Die Flut ist ein Racheakt des Zeus; der gerettete Held heißt Deukalion. Aber ursprünglich wird auch hier Themis, d. i. die Entsprechung zur kleinasiatischen Istar, die Anstifterin gewesen sein. Der Mythos selbst in seiner Urform spiegelt die Auseinandersetzung zwischen Matriarchat und Patriarchat wider. Istar, Themis, Selene unterliegen Marduk, Zeus, Dionysos, und Atlantis, mythisches Symbol der matriarchalischen Gesellschaft, versinkt für immer in den Fluten. 6. Die alttestamentliche Version hat mit der Schilderung des Neubeginns einer menschheitsgeschichtlichen Epoche den Mythos noch richtig verstanden und interpretiert. Die priesterliche Überlieferung legt aber großen Wert darauf, daß der Mensch nach der Flut derselbe ist wie der Mensch aus der Schöpfung, deshalb erzählt sie den Anfang des Noahgeschlechtes fast mit denselben Worten, die sie für die Schöpfungsgeschichte verwendet (vgl. 1,1). Sie versucht damit einer Entwicklung entgegenzuwirken, die den Untergang der Reiche Juda und Israel als schuldhaftes Versagen der Juden ansieht, wie sie vor allem von den prophetischen Kreisen aus den Nordstämmen aus den alten Priesterkasten der einzelnen lokalen Heiligtümer, laut verkündet wird; denn diese lehnen das von den Priestern zu Jerusalem propagierte Großreich ab. 3.5 Die Spaltung der Menschheit a. Als die Menschen von Osten her auf gebrochen waren, fanden sie im Lande Sinear eine Ebene. Sie ließen sich dort nieder und sagten sich, wir wollen doch Ziegel formen und brennen. So hatten sie Ziegel als Bausteine und Erdpech als Mörtel. Da sagten sie: Wohlan, laßt uns eine Stadt bauen und einen Turm, dessen Spitze bis in den Himmel reicht. Wir wollen uns einen Namen machen, damit wir nicht auf der Erde verteilt werden. Und Jahwe stieg herab, um die Stadt anzusehen und den Turm, den die Menschen erbaut hatten. Da sagte Jahwe: Sie sind ein Volk, und alle haben dieselbe Sprache. Dies ist der Anfang ihres Tuns. Und nun wird es nichts mehr geben, was sie nicht tun können. Aber wir wollen hinabfahren und ihre Sprache verwirren, damit keiner mehr den anderen verstehen kann. Und Jahwe verteilte sie über die ganze Erde, so daß sie aufhörten, die Stadt zu bauen. l. Mose 11,2-8. 81

5. In der griechischen <strong>Mythologie</strong> ist <strong>die</strong> alte orientalische Sage von der Flut<br />

auch überliefert. Die Flut ist ein Racheakt des Zeus; der gerettete Held heißt<br />

Deukalion. Aber ursprünglich wird auch hier Themis, d. i. <strong>die</strong> Entsprechung zur<br />

kleinasiatischen Istar, <strong>die</strong> Anstifterin gewesen sein. Der Mythos selbst in<br />

seiner Urform spiegelt <strong>die</strong> Auseinandersetzung zwischen Matriarchat <strong>und</strong><br />

Patriarchat wider. Istar, Themis, Selene unterliegen Marduk, Zeus, Dionysos,<br />

<strong>und</strong> Atlantis, mythisches Symbol der matriarchalischen Gesellschaft, versinkt<br />

für immer in den Fluten.<br />

6. Die alttestamentliche Version hat mit der Schilderung des Neubeginns<br />

einer menschheitsgeschichtlichen Epoche den Mythos noch richtig verstanden<br />

<strong>und</strong> interpretiert. Die priesterliche Überlieferung legt aber großen Wert darauf,<br />

daß der Mensch nach der Flut derselbe ist wie der Mensch aus der<br />

Schöpfung, deshalb erzählt sie den Anfang des Noahgeschlechtes fast mit<br />

denselben Worten, <strong>die</strong> sie für <strong>die</strong> Schöpfungsgeschichte verwendet (vgl. 1,1).<br />

Sie versucht damit einer Entwicklung entgegenzuwirken, <strong>die</strong> den Untergang<br />

der Reiche Juda <strong>und</strong> Israel als schuldhaftes Versagen der Juden ansieht, wie<br />

sie vor allem von den prophetischen Kreisen aus den Nordstämmen aus den<br />

alten Priesterkasten der einzelnen lokalen Heiligtümer, laut verkündet wird;<br />

denn <strong>die</strong>se lehnen das von den Priestern zu Jerusalem propagierte Großreich<br />

ab.<br />

3.5 Die Spaltung der Menschheit<br />

a. Als <strong>die</strong> Menschen von Osten her auf gebrochen waren, fanden<br />

sie im Lande Sinear eine Ebene. Sie ließen sich dort nieder <strong>und</strong><br />

sagten sich, wir wollen doch Ziegel formen <strong>und</strong> brennen. So hatten<br />

sie Ziegel als Bausteine <strong>und</strong> Erdpech als Mörtel. Da sagten sie:<br />

Wohlan, laßt uns eine Stadt bauen <strong>und</strong> einen Turm, dessen Spitze<br />

bis in den Himmel reicht. Wir wollen uns einen Namen machen,<br />

damit wir nicht auf der Erde verteilt werden. Und Jahwe stieg herab,<br />

um <strong>die</strong> Stadt anzusehen <strong>und</strong> den Turm, den <strong>die</strong> Menschen erbaut<br />

hatten. Da sagte Jahwe: Sie sind ein Volk, <strong>und</strong> alle haben <strong>die</strong>selbe<br />

Sprache. Dies ist der Anfang ihres Tuns. Und nun wird es nichts<br />

mehr geben, was sie nicht tun können. Aber wir wollen hinabfahren<br />

<strong>und</strong> ihre Sprache verwirren, damit keiner mehr den anderen<br />

verstehen kann. Und Jahwe verteilte sie über <strong>die</strong> ganze Erde, so<br />

daß sie aufhörten, <strong>die</strong> Stadt zu bauen.<br />

l. Mose 11,2-8.<br />

81

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!