Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Erde trocken war. Er wartete noch weitere sieben Tage, <strong>und</strong> als er<br />
darauf <strong>die</strong> Taube wieder aus dem Kasten ließ, kam sie am Abend<br />
nicht mehr zurück. Da ging Noah aus dem Kasten heraus <strong>und</strong><br />
erbaute für Jahwe einen Altar. Er opferte von allen reinen Tieren ein<br />
Brandopfer auf dem Altar. Als nun Jahwe den lieblichen Duft roch,<br />
sprach er bei sich selbst: Ich will <strong>die</strong> Erde nicht mehr um der<br />
Menschen willen verfluchen, denn das Denken ihres Herzens ist<br />
böse. Aber ich will <strong>die</strong> Lebewesen nicht mehr töten, wie ich es getan<br />
habe. Sondern fortan soll, solange <strong>die</strong> Erde besteht, Säen <strong>und</strong><br />
Ernten, Frost <strong>und</strong> Hitze, Sommer <strong>und</strong> Winter, Tag <strong>und</strong> Nacht nicht<br />
mehr aufhören. (Siehe auch 2,2,e; 3,4.)<br />
I. Mose 6,5-8; 7,1-5.17.22; 8,6-12.20-23.<br />
1. Der Mythos von der w<strong>und</strong>erbaren Rettung des Noah aus der großen<br />
Flutkatastrophe wird in der jahwistischen Tradition als Begründung des<br />
Brandopfers erzählt, das von den Nomaden dargebracht wurde. Wichtig ist für<br />
den Erzähler <strong>die</strong> Begründung <strong>und</strong> der Erfolg der Flut. Jahwes Zorn über <strong>die</strong><br />
Menschen wird besänftigt. Das Brandopfer Noahs versöhnt ihn mit den<br />
Menschen. Fortan soll keine Flutkatastrophe mehr den geregelten Ablauf der<br />
Tages- <strong>und</strong> Jahreszeiten mit ihren witterungsbedingten Landarbeiten<br />
durchbrechen.<br />
Die „Bosheit der Menschen", über <strong>die</strong> Jahwe in Zorn geriet, wird nicht näher<br />
beschrieben. Die Ehen der <strong>Götter</strong>söhne mit den Menschentöchtern sind sicher<br />
ursprünglich nicht <strong>die</strong> Ursache gewesen, denn <strong>die</strong>ser Bericht stammt aus einer<br />
anderen Quelle (siehe 2,1). Eher ist anzunehmen, daß es Jahwe ähnlich wie<br />
Enlil im Gilgames-Epos einfach „einfiel, eine Sturmflut zu bereiten".<br />
Das Gilgames-Epos hat große Ähnlichkeit mit dem biblischen Flutroman.<br />
Beide haben unabhängig voneinander alte sumerische Mythen aufgegriffen<br />
<strong>und</strong> verarbeitet. Die größte Ähnlichkeit besteht zwischen beiden im<br />
Vogelzeichendeuten, wobei der biblische Autor <strong>die</strong> Version nur rückläufig hat<br />
<strong>und</strong> zweimal <strong>die</strong> Taube sendet, während Utnapistim auch <strong>die</strong> Schwalbe<br />
aussendet:<br />
„Als der siebente Tag herankam, ließ ich (Utnapistim) eine Taube hinaus,<br />
ließ sie fliegen. Die Taube flog fort, flog zurück; da für sie kein Ruhepunkt da<br />
war, kehrte sie zurück. Ich ließ eine Schwalbe hinaus, ließ sie fliegen. Die<br />
Schwalbe flog fort, flog zurück; da für sie kein Ruhepunkt da war, kehrte sie<br />
wieder. Ich ließ einen Raben hinaus, ließ ihn fliegen. Der Rabe flog fort... <strong>und</strong><br />
kehrte nicht wieder. Da erst ging ich hinaus ..."<br />
Auch im Brandopferabschnitt läßt sich zeigen, daß das anthropomorphe<br />
<strong>Gott</strong>esbild von Jahwe, der den lieblichen Duft riecht, gemeinorientalischen<br />
Ursprungs ist. Im Gilgames-Epos heißt es:<br />
Die <strong>Götter</strong> rochen das Harz,<br />
<strong>die</strong> <strong>Götter</strong> rochen das duftende Harz,<br />
<strong>die</strong> <strong>Götter</strong> versammelten sich<br />
gleich Fliegen über dem Opferer.<br />
78