Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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30.12.2012 Aufrufe

Die eigentliche Größe dieser kleinen Völker wird erst mit dem Ende des 4. Jahrhunderts u. Z. offenbar, nachdem das von Konstantin dem Großen und Theodosius zur Staatsreligion erhobene Christentum, ursprünglich eine jüdische Sekte, die religiöse Literatur des Judentums mit zu seiner Heiligen Schrift rechnete und ihm den Namen Altes Testament gab im Gegensatz zu seiner eigenen, wesentlich geringeren Literatur, dem Neuen Testament. Diese Große, ihre historische Leistung, besteht in ihrer überlieferten Literatur, die aus ihrer nationalen Exklusivität durch die christliche Kirche in die Universalität einer Weltreligion geführt wurde. Die Völker, in denen die Bibel entstand, Juda und Israel, und ihre Lage auf der Landbrücke zwischen Eurasien und Afrika, zwischen den alten Kulturreichen an Euphrat, Tigris und Nil, zeigen deutlich, welche Bedeutung dieser Landstrich jederzeit für die Bewohner der Mittelmeerküste und die anderen Nachbarvölker hat. In Ägypten herrscht zu der Zeit, als Israel und Juda entstehen, die 19. Dynastie, deren bedeutendste Pharaonen Sethos I. (1305-1291) und Ramses II. (1290-1223) die ägyptische Oberhoheit über Syrien und Palästina wiederherstellen, die ihre Vorgänger teilweise verloren haben. Ägyptens Großreich verfügt über eine hochentwickelte Kultur, ein wohlgeordnetes Finanz- und Abgabewesen und ein gutes Heer. Der Pharao als Stellvertreter und Sohn der Götter, König von Ober- und Unterägypten, herrscht durch die Priesterschaften. Land und Leute sind Eigentum der Götter, d. h. der Tempel und ihrer Priesterschaften. Das Reich erstreckt sich zeitweise vom Libanon bis zum Sudan. Die patriarchalische Ordnung ist schon seit der 3. Dynastie (ca. 2700 v. u. Z.) fest mit ihren Institutionen etabliert, einschließlich Religion, Technik und Schrift. Die einzelnen Gaue oder Provinzen des Reiches genießen weitgehend Autonomie, ja zeitweise sind die Gouverneurposten erblich. Das ägyptische Pantheon ist die Versammlung der alten heiligen Könige. Das Matriarchat ist schon mit der prädynastischen Geschichte Ägyptens untergegangen. Im Norden des Siedlungsgebietes von Israel und Juda sind Assur und Babylon die Großreiche gewesen, die immer versuchten, ihren Einfluß nach Süden zu erweitern. Assur und Babylon waren die Erben des Großreiches von Akkad (ca. 2340-2150 v. u. Z.), dem das Reich Sumer vorangegangen ist. Die Kultur der sumerischen frühgeschichtlichen Epoche ist die Steinkupfer- und Bronzezeit. 6

Ihre Städte sind noch ohne Mauern, ihre Bewohner leben vom Ackerbau der Großfamilie. Noch herrscht das Matriarchat. Die heilige Königin repräsentiert als Göttin Innana Stamm, Stadt und Land. Erst mit Ausgang des Reiches Sumer hat das Patriarchat den endgültigen Sieg errungen. Die „alten Götter" der späten sumerischen Überlieferung waren ausnahmslos Göttinnen; Antum, Ninlil, Damkina, Istar und Baba, die heiligen Königinnen der fünf Urstädte Uruk, Ur, Eridu, Larsa, Lagas, sind älter als ihre Männer Anu, Enlil, Enki, Utu, Nergal. Ihre Gatten waren alle niedrigeren Ranges. Die heiligen Königinnen hatten früher zwei Männer, wie aus einer Inschrift von Urukagina von Lagas hervorgeht (ca. 2350 v. u. Z.), der diese Sitte aber für seine Zeit ablehnt. Wir wissen, daß der heilige König nach Jahresfrist geopfert und daß für ihn ein neuer gewählt wurde, damit die matrixlineare Erbfolge bewahrt bleibt. Ihre notwendige Ablösung wurde zunächst durch die „Opferung eines Stellvertreters" und dann endgültig abgeschafft. Die ersten heiligen Könige gingen sicher aus den Nomadenvölkern hervor, die aus dem Inneren der arabischen Halbinsel einsickerten. Die semitische Sprache überwand das nichtsemitische Sumerisch. Das Patriarchat bedeutet Privateigentum, Klassentrennung, Ausbeutung und entstehende Staatsgewalt. Innana von Uruk, als Tochter des Mondgottes noch Mondgöttin und souveräne Fruchtbarkeitsgöttin, wird von ihrer männlichen Ablösung Eanna von Ur verbannt und wird eine Venus, nur noch für Liebe und Zeugung zuständig. Das Großreich Akkad, von Sargon (2340-2284 v. u. Z.) geschaffen, hat in seinen einzelnen Teilreichen Isin, Larsa, Babylon, Assur und Elam (ca. 1900) schon diese Götterpaare, diese alten heiligen Königspaare. Man hält treulich an ihnen fest, nur nehmen jetzt die Göttinnen den zweiten Rang ein, während Enlil, Anu, Sin und Samas vorne stehen. Das Großreich Akkad ist sicher im Ergebnis einer großen Völkerwanderung von semitisch sprechenden Nomaden in das Zweistromland entstanden. Die Nomaden können nur aus dem Inneren der arabischen Halbinsel gekommen sein. Mit solchen Nomadenvölkern haben die kleinen und großen Reiche in Mesopotamien stets zu tun gehabt. Sicher ist, daß auch einige Stämme des späteren Volkes Israel aus dem Inneren der arabischen Halbinsel gekommen sind. Denn das fruchtbare Schwemmland war sowohl für die nomadisierenden Kassiten aus dem nördlichen Randgebirge wie für die nomadisierenden Wüstenvölker aus der südlichen Wüste der 7

Ihre Städte sind noch ohne Mauern, ihre Bewohner leben vom<br />

Ackerbau der Großfamilie. Noch herrscht das Matriarchat. Die<br />

heilige Königin repräsentiert als Göttin Innana Stamm, Stadt <strong>und</strong><br />

Land. Erst mit Ausgang des Reiches Sumer hat das Patriarchat den<br />

endgültigen Sieg errungen. Die „alten <strong>Götter</strong>" der späten<br />

sumerischen Überlieferung waren ausnahmslos Göttinnen; Antum,<br />

Ninlil, Damkina, Istar <strong>und</strong> Baba, <strong>die</strong> heiligen Königinnen der fünf<br />

Urstädte Uruk, Ur, Eridu, Larsa, Lagas, sind älter als ihre Männer<br />

Anu, Enlil, Enki, Utu, Nergal. Ihre Gatten waren alle niedrigeren<br />

Ranges. Die heiligen Königinnen hatten früher zwei Männer, wie<br />

aus einer Inschrift von Urukagina von Lagas hervorgeht (ca. 2350 v.<br />

u. Z.), der <strong>die</strong>se Sitte aber für seine Zeit ablehnt. Wir wissen, daß<br />

der heilige König nach Jahresfrist geopfert <strong>und</strong> daß für ihn ein neuer<br />

gewählt wurde, damit <strong>die</strong> matrixlineare Erbfolge bewahrt bleibt. Ihre<br />

notwendige Ablösung wurde zunächst durch <strong>die</strong> „Opferung eines<br />

Stellvertreters" <strong>und</strong> dann endgültig abgeschafft.<br />

Die ersten heiligen Könige gingen sicher aus den Nomadenvölkern<br />

hervor, <strong>die</strong> aus dem Inneren der arabischen Halbinsel einsickerten.<br />

Die semitische Sprache überwand das nichtsemitische Sumerisch.<br />

Das Patriarchat bedeutet Privateigentum, Klassentrennung,<br />

Ausbeutung <strong>und</strong> entstehende Staatsgewalt. Innana von Uruk, als<br />

Tochter des Mondgottes noch Mondgöttin <strong>und</strong> souveräne<br />

Fruchtbarkeitsgöttin, wird von ihrer männlichen Ablösung Eanna von<br />

Ur verbannt <strong>und</strong> wird eine Venus, nur noch für Liebe <strong>und</strong> Zeugung<br />

zuständig.<br />

Das Großreich Akkad, von Sargon (2340-2284 v. u. Z.)<br />

geschaffen, hat in seinen einzelnen Teilreichen Isin, Larsa, Babylon,<br />

Assur <strong>und</strong> Elam (ca. 1900) schon <strong>die</strong>se <strong>Götter</strong>paare, <strong>die</strong>se alten<br />

heiligen Königspaare. Man hält treulich an ihnen fest, nur nehmen<br />

jetzt <strong>die</strong> Göttinnen den zweiten Rang ein, während Enlil, Anu, Sin<br />

<strong>und</strong> Samas vorne stehen. Das Großreich Akkad ist sicher im<br />

Ergebnis einer großen Völkerwanderung von semitisch<br />

sprechenden Nomaden in das Zweistromland entstanden. Die<br />

Nomaden können nur aus dem Inneren der arabischen Halbinsel<br />

gekommen sein. Mit solchen Nomadenvölkern haben <strong>die</strong> kleinen<br />

<strong>und</strong> großen Reiche in Mesopotamien stets zu tun gehabt. Sicher ist,<br />

daß auch einige Stämme des späteren Volkes Israel aus dem<br />

Inneren der arabischen Halbinsel gekommen sind. Denn das<br />

fruchtbare Schwemmland war sowohl für <strong>die</strong> nomadisierenden<br />

Kassiten aus dem nördlichen Randgebirge wie für <strong>die</strong><br />

nomadisierenden Wüstenvölker aus der südlichen Wüste der<br />

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