Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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30.12.2012 Aufrufe

mythologischen Geschwisterpaaren vergleichbar - in der Darstellung vom Götterzwist den Zusammenbruch des Systems, nach dem die Könige und ihre Stellvertreter abwechselnd die Herrschaft ausüben sollten. Fortan regiert der Stärkere allein. Darin wiederholt sich die Ablösung des Matriarchats durch das Patriarchat. Denn Jahwe ist es, der den matriarchalischen Urfrieden der Gesellschaft bricht. Er zieht seinen Sohn vor, er setzt damit die Anfänge der patrilinearen Erbfolge ein, erkennt damit das Privateigentum an und setzt gleichzeitig den Staat ein, wenn er Kain vertreiben läßt. 3. Durch die Erweiterung des Mythos mit dem Zeichen für Kain, „damit ihn nicht erschlüge, wer irgend ihn träfe", wird die Keniterhypothese gestützt, daß nämlich der Mythos die Stammessage der Keniter sei, die am Rande des Kulturlandes in der Nachbarschaft Israels lebten. Der alte Erzähler will aber die Verteilung der Gesellschaft in Ackerbauer und Nomaden erklären, wobei die Nomaden unter dem besonderen Schütze Jahwes stehen. 2.6 Die Boten Jahwes und Elohims a. Als Abraham in Mamre wohnte, dem Zeltdorf seiner Familie, das in der unmittelbaren Nähe eines alten Heiligtums lag, erschien eines Tages Jahwe bei ihm. In seiner Begleitung befanden sich zwei Männer. Abraham erkannte Jahwe sofort und lud ihn und seine beiden Begleiter zu einem großen Essen ein, zu dessen Vorbereitungen nach altem Brauch auch das Fußwaschen gehörte. Nach dem Essen begleitete Abraham die drei Männer ein Stück des Weges nach Sodom. Er kehrte aber noch vor Anbruch des Abends zurück. I. Mose 18. b. Josua und der Heerbann Israels lagerten vor der Stadt Jericho am Jordan und bereiteten die Eroberung der Stadt vor (vgl. 2,3,c). Eines Tages stand plötzlich vor Josua ein Mann mit gezücktem Schwert. Josua kannte ihn nicht und fragte deshalb nach seinem Namen und Herkommen. Dieser erklärte ihm, er sei ein Bote Jahwes und Oberster über das Heer Jahwes. Da fiel Josua auf sein Angesicht zur Erde und betete ihn an, denn die Stelle war heilig, auf der er sich befand. Josua 5,13-15. 1. Die beiden Texte stammen aus der jahwistischen Tradition. Es ist zwar üblich, in den Männern, die Jahwe auf seinem Wege nach Sodom begleiten und mit denen er bei Abraham einkehrt, Engel zu sehen, aber richtig ist es 64

nicht. Der Text redet eindeutig von Männern. Der jahwistische Text rechnet nämlich damit, daß Jahwe auch mit Männern und durch Männer handelt. Der Anführer der Heerscharen Jahwes, der dem Josua vor Jericho erscheint, ist kein Engel, sondern ein Mensch. Josua verhält sich ihm gegenüber wie ein Unterfeldherr gegenüber seinem Vorgesetzten. Er vollzieht vor ihm die Proskynese, die fußfällige Unterwerfung, zieht die Schuhe aus und hört zu, was ihm der Vertreter seines Großkönigs zu sagen hat, der ja schon durch seine Anwesenheit den Raum heiligt. c. In Zorea im Gebiete Dan wohnte einstmals Manoah mit seiner Frau. Ihr erschien unvermittelt ein Engel Jahwes und versprach der kinderlosen Frau die baldige Geburt eines Sohnes. Dieser Sohn, sagte er, solle von Geburt an ein Gottgeweihter sein. Die Frau erzählte die wunderbare Begebenheit ihrem Mann. Manoah aber bat Jahwe, daß der Engel diese Botschaft auch ihm selber überbringen sollte. Darauf erschien der Engel Jahwes und bekräftigte ihm, daß sein Sohn Simson ein großer Held in Israel sein werde. Manoah glaubte dem Engel, und dieser entschwand auf einer Rauchwolke. Richter 13. 1. Die Geschichten von den Boten Jahwes und Elohims, die Engel genannt werden müssen, zeigen deutlich den Abstand zwischen den einzelnen Erzähltraditionen. Mit dem Ende des Salomonischen Reiches beginnt eine zunehmende Spiritualisierung der Gottesvorstellung. Die Götter greifen nicht mehr unmittelbar in die Geschichte der Menschen ein, sie haben ihre Boten. Das können Männer sein, Götter und auch Fabelwesen wie die Seraphen und Cheruben. (Siehe auch 7.9.) d. Als Jakob sich auf Brautsuche in das Land seiner Väter begab, mußte er unterwegs in der Steppe übernachten. Dabei träumte er, daß eine Leiter auf der Erde stünde, die bis zum Himmel reichte. Und auf dieser Leiter stiegen die Boten Elohims auf und nieder. Da fürchtete er sich sehr und meinte, diese Stätte müsse wohl die Pforte des Himmels sein, des Wohnsitzes von Elohim. Beim Erwachen am nächsten Morgen richtete er deshalb den Stein, in dessen Schatten er sich zur Ruhe begeben hatte, zu einem Altare her und nannte die Stelle Bethel, Haus Gottes. Dabei legte er das Gelübde ab, an dieser Stelle einen Tempel, ein Gotteshaus, zu errichten, wenn Elohim ihn wohlbehalten in das Zelt seines Vaters zurückkehren ließe. I. Mose 28. 65

nicht. Der Text redet eindeutig von Männern. Der jahwistische Text rechnet<br />

nämlich damit, daß Jahwe auch mit Männern <strong>und</strong> durch Männer handelt. Der<br />

Anführer der Heerscharen Jahwes, der dem Josua vor Jericho erscheint, ist<br />

kein Engel, sondern ein Mensch. Josua verhält sich ihm gegenüber wie ein<br />

Unterfeldherr gegenüber seinem Vorgesetzten. Er vollzieht vor ihm <strong>die</strong><br />

Proskynese, <strong>die</strong> fußfällige Unterwerfung, zieht <strong>die</strong> Schuhe aus <strong>und</strong> hört zu,<br />

was ihm der Vertreter seines Großkönigs zu sagen hat, der ja schon durch<br />

seine Anwesenheit den Raum heiligt.<br />

c. In Zorea im Gebiete Dan wohnte einstmals Manoah mit seiner<br />

Frau. Ihr erschien unvermittelt ein Engel Jahwes <strong>und</strong> versprach der<br />

kinderlosen Frau <strong>die</strong> baldige Geburt eines Sohnes. Dieser Sohn,<br />

sagte er, solle von Geburt an ein <strong>Gott</strong>geweihter sein. Die Frau<br />

erzählte <strong>die</strong> w<strong>und</strong>erbare Begebenheit ihrem Mann. Manoah aber<br />

bat Jahwe, daß der Engel <strong>die</strong>se Botschaft auch ihm selber<br />

überbringen sollte. Darauf erschien der Engel Jahwes <strong>und</strong><br />

bekräftigte ihm, daß sein Sohn Simson ein großer Held in Israel sein<br />

werde. Manoah glaubte dem Engel, <strong>und</strong> <strong>die</strong>ser entschwand auf<br />

einer Rauchwolke.<br />

Richter 13.<br />

1. Die Geschichten von den Boten Jahwes <strong>und</strong> Elohims, <strong>die</strong> Engel genannt<br />

werden müssen, zeigen deutlich den Abstand zwischen den einzelnen<br />

Erzähltraditionen. Mit dem Ende des Salomonischen Reiches beginnt eine<br />

zunehmende Spiritualisierung der <strong>Gott</strong>esvorstellung. Die <strong>Götter</strong> greifen nicht<br />

mehr unmittelbar in <strong>die</strong> Geschichte der Menschen ein, sie haben ihre Boten.<br />

Das können Männer sein, <strong>Götter</strong> <strong>und</strong> auch Fabelwesen wie <strong>die</strong> Seraphen <strong>und</strong><br />

Cheruben. (Siehe auch 7.9.)<br />

d. Als Jakob sich auf Brautsuche in das Land seiner Väter begab,<br />

mußte er unterwegs in der Steppe übernachten. Dabei träumte er,<br />

daß eine Leiter auf der Erde stünde, <strong>die</strong> bis zum Himmel reichte.<br />

Und auf <strong>die</strong>ser Leiter stiegen <strong>die</strong> Boten Elohims auf <strong>und</strong> nieder. Da<br />

fürchtete er sich sehr <strong>und</strong> meinte, <strong>die</strong>se Stätte müsse wohl <strong>die</strong><br />

Pforte des Himmels sein, des Wohnsitzes von Elohim. Beim<br />

Erwachen am nächsten Morgen richtete er deshalb den Stein, in<br />

dessen Schatten er sich zur Ruhe begeben hatte, zu einem Altare<br />

her <strong>und</strong> nannte <strong>die</strong> Stelle Bethel, Haus <strong>Gott</strong>es. Dabei legte er das<br />

Gelübde ab, an <strong>die</strong>ser Stelle einen Tempel, ein <strong>Gott</strong>eshaus, zu<br />

errichten, wenn Elohim ihn wohlbehalten in das Zelt seines Vaters<br />

zurückkehren ließe.<br />

I. Mose 28.<br />

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