Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
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. Nachdem Sara dem Abraham in hohem Alter noch einen Sohn<br />
geboren hatte, wollte Elohim den Abraham prüfen <strong>und</strong> verlangte<br />
von ihm, seinen Sohn Isaak zu opfern. Abraham gehorchte <strong>und</strong><br />
rüstete sich für <strong>die</strong> Reise <strong>und</strong> das Opfer aus, wie Elohim es von ihm<br />
gefordert hatte. Drei Tage zog er durch das Land, bis er <strong>die</strong><br />
Kultstätte erreichte, <strong>die</strong> ihm Elohim vorgeschrieben hatte. Und<br />
Abraham richtete <strong>die</strong> Opferstätte her.<br />
Als Abraham das Opfermesser erhoben hatte, um dem Gebot<br />
Elohims zu gehorchen, griff auf einmal Jahwe ein, der durch seinen<br />
Engel Abraham daran hinderte, das Opfer zu vollziehen. Er nahm<br />
Abrahams Partei <strong>und</strong> verbürgte sich für ihn <strong>und</strong> befahl, an der Stelle<br />
Isaaks ein Schaf zu opfern. Abraham zog mit Kind <strong>und</strong> Knechten<br />
zurück <strong>und</strong> wohnte fortan in Beerseba. (Siehe auch 4.1.b.)<br />
I. Mose 12,1-19.<br />
1. In der jahwistischen Geschichte von Isaaks Opferung spiegelt sich uralter<br />
Mythos wider. Die Opferung der männlichen Erstgeburt war nicht nur bei den<br />
biblischen Völkern (II. Mose 13,12-13; II. Mose 22,29-30), sondern auch bei<br />
Moabitern <strong>und</strong> Phöniziern üblich. Hierin leben alte matriarchalische<br />
Überlieferungen fort. Abraham kennt <strong>die</strong>se offensichtlich <strong>und</strong> ist bereit, sie zu<br />
befolgen. Aber der <strong>Gott</strong> Jahwe, Vertreter einer neueren, der patriarchalischen<br />
Ordnung, verfügt <strong>die</strong> Auslösung der menschlichen männlichen Erstgeburt. Die<br />
Geschichte von <strong>die</strong>sem w<strong>und</strong>erbaren Eingriff Jahwes in <strong>die</strong> Rechte <strong>und</strong><br />
Herrschaft Elohims, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Opferung der menschlichen männlichen Erstgeburt<br />
aufhebt, war offensichtlich nicht weit verbreitet, denn der Erzähler von II. Mose<br />
13 hat sie nicht gekannt. Er gibt als Erklärung dafür, daß <strong>die</strong> männliche<br />
Erstgeburt beim Menschen nicht geopfert, sondern ausgelöst werden soll, an,<br />
daß <strong>die</strong>ses geschehe, um zu bezeugen, daß Jahwe <strong>die</strong> Israeliten mit starker<br />
Hand aus Ägypten herausgeführt hat. Dabei ist sicher, daß der alte Jahwe<br />
vordem auch <strong>die</strong> menschliche Erstgeburt männlichen Geschlechts für sich<br />
gefordert hat <strong>und</strong> wohl auch erhielt, wie aus dem Namen der Opferstätte<br />
Isaaks (Morija - „<strong>Gott</strong> erwählt") hervorzugehen scheint.<br />
2. Fromme Lesart hat in <strong>die</strong>ser Geschichte immer <strong>die</strong> Glaubensprüfung<br />
Abrahams <strong>und</strong> das gnädige Eingreifen Jahwes betont <strong>und</strong> gemeint, darin <strong>die</strong><br />
Pointe des Mythos zu sehen. Der ursprüngliche Mythos schildert aber den<br />
Kampf zwischen zwei <strong>Götter</strong>n, in dem Jahwe, Vertreter des fortschrittlicheren<br />
Patriarchats, gewinnt. Das ist genau orientalische <strong>Mythologie</strong>. In Ugarit<br />
überwindet Alijan Baal den alten El <strong>und</strong> tritt seine Nachfolge an, in Babylon<br />
überwindet Marduk Ea <strong>und</strong> Anu, in Hellas überwindet Zeus den Kronos.<br />
3. Der Mythos von der Opferung Isaaks <strong>und</strong> der Sühneopferkraft des<br />
vergossenen Blutes erhält in der christlichen <strong>Mythologie</strong> noch einmal große<br />
Bedeutung, als <strong>die</strong> ersten Christen versuchten, dem Tod Jesu eine sinnvolle<br />
Deutung zu geben <strong>und</strong> <strong>die</strong> Opferung Isaaks mit dem Kreuzestod des Jesus<br />
von Nazareth zu vergleichen (Matthäus 26,28; 20,28; Hebräer 9,20-28; siehe<br />
auch 13.1).<br />
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