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Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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1. Jahwe war sicher ein Wettergott wie <strong>die</strong> vorderasiatischen <strong>Götter</strong> Tesub<br />

<strong>und</strong> Adad (Hadad) oder Zeus <strong>und</strong> Jupiter. Die Wettergötter sind immer den<br />

Menschen näher gewesen als <strong>die</strong> astralen <strong>und</strong> kosmischen <strong>Götter</strong>. Mit<br />

Vorliebe haben <strong>die</strong> Menschen ihnen <strong>die</strong> Berggipfel als Wohnstätten<br />

zugewiesen, <strong>die</strong> in den Luftraum ragen <strong>und</strong> sich in Wolken hüllen. Darin<br />

gleichen sich der olympische Zeus, der phönizische Baal-Zaphon <strong>und</strong> Jahwe<br />

vom Horeb oder Sinai. Ihre mythologische Funktion als Wettergötter erhalten<br />

sie zusätzlich zu anderen mythologischen Funktionen, etwa zum Richteramt<br />

oder Gesetzgeberamt, wie in <strong>die</strong>sem Falle, wo Jahwe auf den Sinai kommt,<br />

um das Zehngebot zu erlassen.<br />

2. Der jahwistische Mythos von der Offenbarung Jahwes auf dem Berge in<br />

der Sinaiwüste ist sicher Lokaltradition gewesen. Wenn der Erzähler im 8.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert v .u. Z. den Mythos hier ansiedelt, geschieht das in bewußter<br />

Abgrenzung von Jerusalem, auch wenn es ihm nicht mehr um <strong>die</strong> Regelung<br />

der meteorologischen Verhältnisse, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Existenz der Herden sichern,<br />

sondern um einen Rechtsakt geht, der <strong>die</strong> menschliche Ordnung sichern soll.<br />

Jahwe ist schon wie Zeus der Wächter der Gerechtigkeit geworden, der „aller<br />

Menschen Beginnen schaut <strong>und</strong> alle Sünden bestraft", wie <strong>die</strong> Odyssee sagt,<br />

aber es ist der Wettergott vom Berge Sinai <strong>und</strong> nicht der <strong>Gott</strong> der Priester von<br />

Jerusalem.<br />

b. Auf der Flucht vor den Ägyptern <strong>und</strong> auf dem Wege durch das<br />

Ostjordanland zog Jahwe vor den Israeliten her. Am Tage hüllte er<br />

sich in eine Wolkensäule, <strong>und</strong> in der Nacht erschien er ihnen wie<br />

eine Feuersäule, <strong>die</strong> ihnen den Weg wies, damit sie Tag <strong>und</strong> Nacht<br />

wandern konnten. In <strong>die</strong>sen beiden Erscheinungsformen blieb er an<br />

der Spitze des Zuges. Durch Wolken <strong>und</strong> Winde trieb er das Meer<br />

auseinander, damit das Volk durch das Schilfmeer gehen konnte,<br />

aber <strong>die</strong> Truppen Pharaos danach in den zurückströmenden Fluten<br />

ertranken.<br />

II. Mose 13; 14.<br />

1. Jahwe als Wettergott war für eine Viehherdenbesitzergruppe ein<br />

lebenswichtiger Partner. Die zunehmenden Reibereien <strong>und</strong> Streitigkeiten um<br />

<strong>die</strong> Weideplätze lassen ihn in <strong>die</strong> Funktion des Kriegsgottes hineinwachsen.<br />

Der Stammeskönig wird zum Heerkönig. So reitet Jahwe dann auf Wolken, um<br />

Israel in seinen Nöten zu Hilfe zu kommen (V. Mose 33,26; Jesaja 19,1; Psalm<br />

68,5 <strong>und</strong> 68,34), wie sein Rivale aus dem ugaritischen Pantheon Alijan Baal,<br />

der auch „auf den Wolken daherreitet"; <strong>und</strong> wie Perseus <strong>die</strong> Andromeda,<br />

befreit Alijan Baal <strong>die</strong> Astart aus der Gefangenschaft Jams, der über <strong>die</strong> Fluten<br />

herrscht: Baal zerschlug <strong>und</strong> zerschmetterte Jam <strong>und</strong> bereitete dem<br />

Flutenbeherrscher ein Ende. Vom Himmel her rief Astart laut: „Schlag nur los,<br />

o Alijan Baal, schlag nur los, oh, der du auf Wolken einherfährst." Der biblische<br />

Mythos von der Rettung am Schilfmeer vereinigt beide Funktionen auf Jahwe,<br />

den Wetter- <strong>und</strong> Kriegsgott.<br />

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