Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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30.12.2012 Aufrufe

aufgenommen wurde. Zumal die gleichzeitige Ähnlichkeit etwa mit babylonischen Samas-Hymnen eine so eindeutige Abhängigkeit von Ägypten ausschließt. Es ist vielmehr anzunehmen, daß diese Hymnen das Endstadium einer langen Entwicklung von Schöpfungstheologien sind, die alle auf einen Gott vereinigt werden. 3. Die kultische Praxis hat diesen Hymnus zur speziellen liturgischen Literatur werden lassen. Nur geschulte Priester konnten solche meisterhaften Hymnen singen. Allgemein gebräuchlich sind sie nie gewesen. In Juda und Israel ist die Gattung sicher erst mit der Errichtung des Tempels unter Salomo, also um 930 v .u. Z., heimisch geworden. Dem Hymnus fehlen alle sozialen Bezüge, die die Psalmen und Gebete, die aus der nichtpriesterlichen Landund Stadtbevölkerung hervorgegangen sind, sonst auszeichnen. Er ist ein Stück höfischer Literatur wie der Hymnus des Echnaton. 46

2. Über Gott 2.1 Gott und Götter a. Als die Menschen sich auf der Erde sehr vermehrt hatten und ihnen auch Töchter geboren waren, sahen die Söhne der Götter, daß die Töchter der Menschen sehr schön waren, und sie nahmen sich zu Frauen, welche immer sie wollten. In diesen Tagen und auch noch danach waren die Riesen auf der Erde. Die Söhne der Götter kamen zu den Töchtern der Menschen. Diese gebaren ihnen Kinder. Das waren die namhaften Heroen der Urzeit. l. Mose 6,1-2.4. 1. Der Text gehört zur Laienquelle und stammt etwa aus dem 10. Jahrhundert v. u. Z. Der Mythos erzählt unverblümt von den Zeiten, als zwischen Göttern und Menschen noch friedliche Eintracht herrschte. Er kennt noch nicht die Lehren vom Sündenfall und Fluch, sondern schildert die ungebrochene Harmonie der Gentilordnung. Die Sexualität bei Göttern und Menschen ist kein heikles Thema, sondern gehört zu den Selbstverständlichkeiten. Der Mythos stammt sicher aus der kanaanitischen Tradition. 2. Der Mythos gehört zu den auch aus der griechischen Mythologie bekannten Urzeitsagen. Der priesterliche Redaktor hat nur mit dem eingeschobenen Vers 3, in dem er das Mißfallen Jahwes an diesem Treiben ausdrückt, ihn als Ursache für das Auftreten der Flut verstanden wissen wollen. Dazu ist er eigentlich ungeeignet gewesen und nur durch die Umdeutung und Erweiterung brauchbar gemacht worden. Der ursprüngliche Mythos beschreibt sicher die historische Übergangsphase vom Matriarchat zum Patriarchat. Die Göttersöhne, die heiligen Könige, dringen in das Kulturland ein und erobern Kanaan. Die Eindringlinge sind sicher nicht die israelistischen Nomadenstämme gewesen, sondern scheinen eher mit dem Kassiteneinfall, dem Eindringen der Hethiter, den ägyptischen Hyksos (alle um 1500 v. u. Z.) in Verbindung zu stehen, die Syrien-Palästina-Ägypten eroberten. Die Vergewaltigungen der Menschentöchter durch die Göttersöhne beziehen sich auf Ehen zwischen deren Stammesfürsten und den einheimischen heiligen Königinnen. Die Bergvölker aus der Mitte Kleinasiens und dem Kaukasus haben sich den Bewohnern der Kulturländer vermutlich recht gründlich genähert. Darin gleicht der Mythos anderen aus der griechischen Frühgeschichte, etwa den Begegnungen der äolischen mit den vorhellenischen Völkern. 47

2. Über <strong>Gott</strong><br />

2.1 <strong>Gott</strong> <strong>und</strong> <strong>Götter</strong><br />

a. Als <strong>die</strong> Menschen sich auf der Erde sehr vermehrt hatten <strong>und</strong><br />

ihnen auch Töchter geboren waren, sahen <strong>die</strong> Söhne der <strong>Götter</strong>,<br />

daß <strong>die</strong> Töchter der Menschen sehr schön waren, <strong>und</strong> sie nahmen<br />

sich zu Frauen, welche immer sie wollten. In <strong>die</strong>sen Tagen <strong>und</strong><br />

auch noch danach waren <strong>die</strong> Riesen auf der Erde. Die Söhne der<br />

<strong>Götter</strong> kamen zu den Töchtern der Menschen. Diese gebaren ihnen<br />

Kinder. Das waren <strong>die</strong> namhaften Heroen der Urzeit.<br />

l. Mose 6,1-2.4.<br />

1. Der Text gehört zur Laienquelle <strong>und</strong> stammt etwa aus dem 10.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert v. u. Z. Der Mythos erzählt unverblümt von den Zeiten, als<br />

zwischen <strong>Götter</strong>n <strong>und</strong> Menschen noch friedliche Eintracht herrschte. Er kennt<br />

noch nicht <strong>die</strong> Lehren vom Sündenfall <strong>und</strong> Fluch, sondern schildert <strong>die</strong><br />

ungebrochene Harmonie der Gentilordnung. Die Sexualität bei <strong>Götter</strong>n <strong>und</strong><br />

Menschen ist kein heikles Thema, sondern gehört zu den<br />

Selbstverständlichkeiten. Der Mythos stammt sicher aus der kanaanitischen<br />

Tradition.<br />

2. Der Mythos gehört zu den auch aus der griechischen <strong>Mythologie</strong><br />

bekannten Urzeitsagen. Der priesterliche Redaktor hat nur mit dem<br />

eingeschobenen Vers 3, in dem er das Mißfallen Jahwes an <strong>die</strong>sem Treiben<br />

ausdrückt, ihn als Ursache für das Auftreten der Flut verstanden wissen<br />

wollen. Dazu ist er eigentlich ungeeignet gewesen <strong>und</strong> nur durch <strong>die</strong><br />

Umdeutung <strong>und</strong> Erweiterung brauchbar gemacht worden. Der ursprüngliche<br />

Mythos beschreibt sicher <strong>die</strong> historische Übergangsphase vom Matriarchat<br />

zum Patriarchat. Die <strong>Götter</strong>söhne, <strong>die</strong> heiligen Könige, dringen in das<br />

Kulturland ein <strong>und</strong> erobern Kanaan. Die Eindringlinge sind sicher nicht <strong>die</strong><br />

israelistischen Nomadenstämme gewesen, sondern scheinen eher mit dem<br />

Kassiteneinfall, dem Eindringen der Hethiter, den ägyptischen Hyksos (alle um<br />

1500 v. u. Z.) in Verbindung zu stehen, <strong>die</strong> Syrien-Palästina-Ägypten<br />

eroberten. Die Vergewaltigungen der Menschentöchter durch <strong>die</strong> <strong>Götter</strong>söhne<br />

beziehen sich auf Ehen zwischen deren Stammesfürsten <strong>und</strong> den<br />

einheimischen heiligen Königinnen. Die Bergvölker aus der Mitte Kleinasiens<br />

<strong>und</strong> dem Kaukasus haben sich den Bewohnern der Kulturländer vermutlich<br />

recht gründlich genähert. Darin gleicht der Mythos anderen aus der<br />

griechischen Frühgeschichte, etwa den Begegnungen der äolischen mit den<br />

vorhellenischen Völkern.<br />

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