Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
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1. Der Text ist eine Zusammenstellung von prophetischen Sprüchen, mit<br />
denen <strong>die</strong> Propheten ihre Reden eröffnen. Die Sprüche sollen <strong>die</strong> Propheten,<br />
<strong>die</strong> vor allem gegen <strong>die</strong> priesterliche Praxis in Juda <strong>und</strong> Israel gerichtet sind,<br />
als von Jahwe autorisiert erscheinen lassen. Der Jahwe der Propheten ist ein<br />
<strong>Gott</strong>, der den Kleinviehzucht <strong>und</strong> Ackerbau betreibenden Landbewohnern<br />
näher steht <strong>und</strong> vertrauter ist als der Jahwe der Priester von Jerusalem, der in<br />
Kultgesetzen <strong>und</strong> Ordnungen lebt.<br />
2. Jahwe redet unmittelbar zu den Leuten durch Naturerscheinungen, <strong>die</strong><br />
dem Landbewohner vertraut sind. Die alten Bilder der lokalen kanaanäischen<br />
<strong>Mythologie</strong> sind dem Bauern vertrauter als <strong>die</strong> kunstvolle, abstrakte<br />
Priestertheologie von Jerusalem. Jahwe regiert durch <strong>die</strong> himmlischen Heere.<br />
Der Herr der Heerscharen braucht deshalb keine irdischen Priester <strong>und</strong> keine<br />
Tempelwirtschaft. Die Bezeichnung Jahwes als „Herr der Heerscharen" ist<br />
deshalb Ausdruck der prophetischen Opposition gegen den Machtanspruch<br />
des Tempels von Jerusalem (siehe auch 2,2,d).<br />
3. Die Propheten stammen aus den Kreisen der von Jerusalem<br />
entmachteten lokalen Stammespriester. Sie stehen in deutlicher politischer<br />
Opposition gegen <strong>die</strong> Zentralgewalt. Ihre Opposition besteht in einer radikalen<br />
Umdeutung der von Jerusalem ausgehenden Dogmen.<br />
4. Hieraus erklärt sich <strong>die</strong> bekannte Tatsache, daß bei der Endredaktion der<br />
Schriften des Alten Testaments <strong>die</strong> Priester das prophetische Schrifttum unter<br />
<strong>die</strong> weniger wichtigen „Schriften" einordneten. Denn <strong>die</strong> soziale Basis der<br />
Propheten war verschw<strong>und</strong>en, während <strong>die</strong> der Priester erhalten blieb, <strong>die</strong><br />
nicht übersehen konnten, daß <strong>die</strong>se unbequeme Opposition auch nach ihrer<br />
Blütezeit noch ideologisch sehr gefährlich war.<br />
1.3 Liturgische Texte<br />
Du, Herr, hüllst dich in Licht wie in ein Kleid, du spannst den<br />
Himmel aus wie ein Zeltdach, du bist es, der <strong>die</strong> Erde gegründet<br />
hat, daß sie nicht mehr wankt. Die Urflut deckte sie zu wie ein Kleid,<br />
<strong>und</strong> über den Bergen standen <strong>die</strong> Wasser. Es hoben sich Berge<br />
<strong>und</strong> senkten sich <strong>die</strong> Täler. Du hast den Wassern eine Grenze<br />
gesetzt, <strong>die</strong> sie nicht überschreiten, sie dürfen nie wieder <strong>die</strong> Erde<br />
bedecken. Durch <strong>die</strong> Täler läßt du <strong>die</strong> Bäche zwischen den Bergen<br />
hinwandern. Die Tiere des Feldes trinken daraus, <strong>und</strong> an ihren<br />
Ufern nisten in den schattigen Bäumen <strong>die</strong> Vögel. Du,<br />
Jahwe, läßt das Gras für <strong>die</strong> Tiere wachsen <strong>und</strong> Gewächse für den<br />
Menschen, Brot <strong>und</strong> Wein, damit sie sich stärken <strong>und</strong> erfreuen. Du<br />
hast den Mond gemacht, um das Jahr danach zu teilen, <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />
Sonne, um den Tag zu begrenzen, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Nacht, um auch dem<br />
Getier des Waldes <strong>und</strong> den Raubtieren Lebensraum zu geben. Der<br />
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