Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
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geprägt. Darin spiegeln sich auch ägyptische Erinnerungen wider, wonach der<br />
<strong>Gott</strong> durch das Wort schafft, das er spricht: „Der spricht, nachdem er<br />
entstanden ist: ich bin entstanden, damit das, was besteht, entstehen kann.<br />
Alles, was besteht, ist nach meiner Entstehung entstanden. Zahlreich sind <strong>die</strong><br />
Werke, <strong>die</strong> aus meinem M<strong>und</strong>e hervorkamen." (Schöpfungsmythos von<br />
Theben.)<br />
3. Elohim (Plural von semitisch El: <strong>Gott</strong>) ist sicher hier mehr Personenname<br />
als Gattungsbegriff. Er verkörpert in der ideologischen Auseinandersetzung im<br />
10. Jahrh<strong>und</strong>ert v. u. Z. in seiner Pluralform gleichsam <strong>die</strong> möglichen<br />
semitischen Eis mit ihren Theo- <strong>und</strong> Kosmogonien. Unter der Hand des<br />
biblischen Autors wird aus dem abstrakten Plural dann allmählich ein absoluter<br />
Singular, Programm <strong>und</strong> Name zugleich. Aber in der Rede Elohims: „Wir<br />
wollen Menschen machen", meint der Plural <strong>die</strong> <strong>Götter</strong>gemeinschaft, in der<br />
sich Elohim befindet, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> frühesten Erzähler selbstverständlich vor der<br />
Schöpfung da war. Elohim ist ursprünglich hier nur der <strong>Gott</strong>, der <strong>die</strong> Welt<br />
bewohnbar macht. In der stereotypen Wendung, daß Elohim beim Hinsehen<br />
feststellen kann, daß das jeweils Geschaffene seinen Zweck erfüllt, liegt<br />
zudem noch eine bewußt antibabylonische Provokation. Sonne, Mond, Sterne,<br />
bei den Nachbarvölkern Erscheinungsformen der <strong>Götter</strong>, werden als Dinge<br />
dargestellt, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Aufgabe haben, <strong>die</strong> Welt für den Menschen bewohnbar zu<br />
machen, der <strong>die</strong>se Welt beherrschen soll. Darin besteht seine<br />
<strong>Gott</strong>esebenbildlichkeit. Leben <strong>und</strong> Arbeit des Menschen stehen nach Wissen<br />
des priesterlichen Berichts nicht unter dem negativen Zeichen des Fluches,<br />
sondern unter dem göttlichen Auftrag, <strong>die</strong> Erde <strong>und</strong> ihre Lebewesen zu<br />
besorgen.<br />
Elohim regelt verbindlich das Leben auf der Erde. Er ordnet nicht nur <strong>die</strong><br />
Arbeitszeit, sondern schreibt vor, daß Menschen <strong>und</strong> Tiere sich von Bäumen<br />
<strong>und</strong> Pflanzen ernähren sollen. Das Vieh muß geschont werden, denn<br />
Viehreichtum ist <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>lage der gesicherten bäuerlichen Existenz. Diese<br />
priesterliche Lehre von den göttlichen Ordnungen wird nach den verlorenen<br />
Kriegen, einer zweimaligen Umsiedlung <strong>und</strong> einem Dasein in politischer<br />
Abhängigkeit verständlich. Die Geschichte, <strong>die</strong> ihren Höhepunkt in der<br />
Begründung der Sabbatruhe findet, dem hervorragenden Kennzeichen einer<br />
Kultgemeinde, hat wie <strong>die</strong> gesamte priesterliche Literatur den Zweck gehabt,<br />
den Rest Judas als das wahre <strong>Gott</strong>esvolk zu erweisen. Spätere Generationen<br />
haben den akuten Anlaß für <strong>die</strong> Entstehung <strong>die</strong>ses Mythos vergessen <strong>und</strong> ihn<br />
als Bericht von der w<strong>und</strong>erbaren Erschaffung der Welt verstanden.<br />
Die eigentliche Schöpfungsgeschichte der priesterlichen Quelle ist I. Mose<br />
5,1-32 zu finden. Dort wird, ganz im Stile der Quelle, nüchtern erzählt: „Dies ist<br />
das Buch der Geschlechterfolge Adams. Am Tage, als Elohim Adam schuf, da<br />
machte er ihn nach göttlichem Vorbild; er schuf sie männlich <strong>und</strong> weiblich,<br />
segnete sie <strong>und</strong> nannte sie Mensch an dem Tage, da sie erschaffen wurden."<br />
Auf <strong>die</strong>se lapidare Mitteilung folgen dann <strong>die</strong> Nachkommen Adams bis Noah.<br />
Noch nüchterner ist dann <strong>die</strong> Aufzählung in I. Chronik l, <strong>die</strong> noch einmal im<br />
Evangelium nach Lukas aufgenommen wird, um Jesus als Nachkomme des<br />
Seth, des gottähnlichen Sohnes Adams, auszuweisen. Die Chronik erwähnt<br />
weder Schöpfung noch Sündenfall, Turmbau noch Flutkatastrophe. Dies war<br />
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