Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
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getreulich um <strong>die</strong> Priester scharen <strong>und</strong> auf sie hören, denn sie<br />
verwalten das Gesetz, dessen Befolgung <strong>die</strong> sichere Garantie für<br />
den Eintritt in <strong>die</strong>ses Reich ist.<br />
Das ist <strong>die</strong> St<strong>und</strong>e der Utopie, denn <strong>die</strong> „heilige Geschichte" wird<br />
verlassen. Auch <strong>die</strong> Erinnerung an den heiligen König wird<br />
aufgehoben - das „eherne Zeitalter" ist in seinem Zenit - durch <strong>die</strong><br />
Vision einer neuen, nie dagewesenen Welt.<br />
Die letzte Gruppe der biblischen Autoren, d. h. <strong>die</strong> Verfasser der<br />
neutestamentlichen Schriften, ist ohne den Hintergr<strong>und</strong> der<br />
römischen Sklavenhalterordnung nicht verständlich. Die<br />
zugespitzten Verhältnisse, <strong>die</strong> <strong>die</strong> biblische Eschatologie, <strong>die</strong> Lehre<br />
von den letzten Zeiten, sehr befruchteten, initiierten den Gedanken<br />
des transzendenten Erlösers. <strong>Gott</strong> selber soll nun <strong>die</strong> unerträglichen<br />
irdischen Verhältnisse lösen, indem er einen göttlichen Helden, den<br />
Messias, sendet. Die messianischen Vorstellungen des Judentums,<br />
als <strong>die</strong> Klammern, <strong>die</strong> Altes <strong>und</strong> Neues Testament<br />
zusammenhalten, offenbaren den Abstand von den prophetischen<br />
Vorgängern. Aus dem gottähnlichen Menschen, der <strong>die</strong> Welt<br />
beherrschen soll, ist nun der schwache Sünder geworden, der ohne<br />
göttlichen Beistand weder sich noch <strong>die</strong> Welt ändern kann. Die<br />
gesellschaftliche Gr<strong>und</strong>situation Herr-Sklave dominiert nun auch im<br />
<strong>Gott</strong>esbild. Und als ein Mensch, Jesus aus Nazareth, für sich<br />
verbindlich <strong>die</strong>sen Fatalismus durchbricht, wird er zum Sohn <strong>Gott</strong>es,<br />
zum <strong>Gott</strong> selbst gemacht. Anders war ihm keine Autorität zu<br />
schaffen. Wie Herakles wird er nach seinem Tod zum Sohne <strong>Gott</strong>es<br />
erhoben, nachdem er zu seinen Lebzeiten nur der große Heros,<br />
Vollbringer göttlicher W<strong>und</strong>ertaten <strong>und</strong> niedriger Sklaven<strong>die</strong>nste<br />
gewesen war.<br />
Bevor <strong>die</strong> Gesetze, Erzählungen, Sprüche, Predigten, Lieder <strong>und</strong><br />
Hymnen schriftlich fixiert wurden, sind sie, wie in der Antike üblich,<br />
mündlich tra<strong>die</strong>rt worden. Der Orientale ist erzählfreudig. Das<br />
Lagerfeuer auf dem Zeltplatz ist <strong>die</strong> Heimstätte der Tradition. Durch<br />
Mose autorisiert, wird als <strong>Gott</strong>esspruch gelehrt: „Hüte dich <strong>und</strong><br />
nimm dich wohl in acht um deines Lebens willen, daß du <strong>die</strong> Dinge<br />
nicht vergißt, <strong>die</strong> deine Augen gesehen haben, damit sie dir nicht<br />
aus dem Sinne kommen dein ganzes Leben lang. Und du sollst<br />
davon erzählen deinen Kindern <strong>und</strong> deinen Kindeskindern." (V.<br />
Buch Mose, Kapitel 4, Vers 9.)<br />
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