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Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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Zur Poesie zählt man gemeinhin <strong>die</strong> Gruppe der<br />

<strong>Götter</strong>geschichten, Märchen, Sagen <strong>und</strong> Legenden, <strong>die</strong><br />

Prophetensprüche, <strong>die</strong> Lieder, Hymnen, Psalmen <strong>und</strong> Gedichte,<br />

Fabeln, Parabeln <strong>und</strong> Gleichnisse. Sie sind in allen biblischen<br />

Büchern wiederzufinden. Auch <strong>die</strong> ausgesprochen historischen<br />

Bücher, <strong>die</strong> von der Geschichte der Stämme handeln, sind samt<br />

<strong>und</strong> sonders zur Gattung der Poesie zu zählen, sofern einzelne<br />

Teile nicht durch ihren Charakter als historische Urk<strong>und</strong>en aus<br />

<strong>die</strong>sem Rahmen herausfallen. Daß es in israelitischer Zeit auch<br />

historische Werke gegeben hat, darf aus den Angaben in den zwei<br />

Büchern der Chronik geschlossen werden, wo auf <strong>die</strong> Annalen der<br />

Könige von Israel <strong>und</strong> Juda verwiesen wird.<br />

Die historischen Bücher der Bibel, dazu zählen <strong>die</strong> fünf Bücher<br />

Mose, das Buch Josua, Richter, <strong>die</strong> Bücher Samuel, der Könige <strong>und</strong><br />

der Chronik wie auch <strong>die</strong> neutestamentlichen Evangelien, muß man<br />

zur Poesie rechnen, weil <strong>die</strong> in ihnen überlieferten Stoffe weithin<br />

dichterische Erfindungen sind; es sind Mythen, insofern in <strong>die</strong>sen<br />

Erzählungen <strong>die</strong> <strong>Götter</strong>, z.B. Jahwe, Elohim, El Schaddai, <strong>Gott</strong> der<br />

Väter <strong>und</strong> auch Jesus Christus, einen entscheidenden Anteil haben:<br />

Sie ordnen das kosmische Chaos zur Welt; sie berufen ein Volk<br />

zum Kultur- <strong>und</strong> Heilbringer für <strong>die</strong> Welt; sie leiten <strong>und</strong> lenken <strong>die</strong><br />

Naturgewalten <strong>und</strong> <strong>die</strong> geschichtlich wirksamen gesellschaftlichen<br />

Kräfte; sie verheißen das Kommen einer neuen Welt. Allerdings<br />

enthält <strong>die</strong> Bibel, anders als etwa <strong>die</strong> griechische oder römische<br />

<strong>Mythologie</strong>, kaum Stoffe aus himmlischen Sphären oder aus der<br />

Intimsphäre der <strong>Götter</strong>.<br />

Die Bibel redet von <strong>Gott</strong>, <strong>Götter</strong>n, Engeln, Heroen <strong>und</strong> Helden mit<br />

Vorliebe auf dem Umwege über Geschichten von Menschen in den<br />

politischen, ökonomischen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Veränderungen.<br />

<strong>Biblische</strong>r Mythos ist deshalb vorwiegend politischreligiöse<br />

Geschichte, biblische <strong>Mythologie</strong> keine Theologie, <strong>die</strong> eine<br />

<strong>Gott</strong>eslehre aus den vielen Schriften des Alten <strong>und</strong> Neuen<br />

Testaments abstrahieren <strong>und</strong> erklären müßte, sondern <strong>die</strong><br />

Darstellung der einzelnen Sta<strong>die</strong>n <strong>und</strong> Stationen, in <strong>und</strong> auf denen<br />

Mythen entstanden sind. <strong>Biblische</strong> <strong>Mythologie</strong> ist deshalb auch<br />

keine Anthropologie, <strong>die</strong> <strong>die</strong> zahlreichen, widerspruchsvollen<br />

Beobachtungen der biblischen Autoren über Wesen, Funktion, Wert<br />

<strong>und</strong> Sinn des Menschen zu analysieren hätte. Ebensowenig<br />

beschreibt sie Philosophien oder Weltanschauungen in der Bibel,<br />

von denen es mehrere geben müßte, noch will sie eine biblische<br />

Literaturgeschichte ersetzen, <strong>die</strong> auch über jene Texte der Bibel<br />

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