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Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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sogenannte Herrenmahl auch den Charakter eines Sakramentes, einer<br />

göttlichen Gnadengabe. Die Darbietung von Brot <strong>und</strong> Wein - nunmehr von<br />

göttlichem Leib <strong>und</strong> göttlichem Blut - im Abendmahlssakrament machte <strong>die</strong><br />

Institutionalisierung von Priestern nötig. Die Kirche wurde ferner nach dem<br />

Schema der Reichsverwaltung mit ihrer Gliederung in Präfekturen, Diözesen<br />

<strong>und</strong> Provinzen organisiert. Sie wurde eine ökonomisch starke Kraft, nachdem<br />

sie sich in der Synode von Konstantinopel 381 durch das Dogma von der<br />

Wesensgleichheit auch des Heiligen Geistes mit <strong>Gott</strong>vater <strong>und</strong> <strong>Gott</strong>sohn <strong>die</strong><br />

geistliche <strong>und</strong> göttliche Vollmacht zuerkannt hatte; in der ununterbrochenen<br />

Sukzession der Geistlichen seit den Aposteln glaubte man ja <strong>die</strong> Gewähr zu<br />

haben, daß der Heilige Geist, der den ersten Aposteln zuteil geworden war,<br />

auch auf <strong>die</strong> Bischöfe <strong>und</strong> Priester vererbt worden sei. Nunmehr war <strong>die</strong><br />

Erlangung des ewigen Heiles, der Unsterblichkeit, an <strong>die</strong> Teilnahme an den<br />

kirchlichen Sakramenten geb<strong>und</strong>en, <strong>die</strong> <strong>die</strong> individuelle Vergottung bewirkte.<br />

Heilige <strong>und</strong> Märtyrer erhielten deshalb nach ihrem Tode <strong>und</strong> auch schon zu<br />

ihren Lebzeiten göttliche Kräfte zugesprochen. Sie ersetzten <strong>die</strong> zahllosen,<br />

inzwischen aufgehobenen regionalen alten Kultheroen <strong>und</strong> <strong>Götter</strong>, deren<br />

Opfer nun der Kirche zufielen. Das Christentum <strong>und</strong> <strong>die</strong> Kirchen in den ersten<br />

drei Jahrh<strong>und</strong>erten waren von der neutestamentlichen Ausgangsposition, der<br />

Erwartung eines neuen Himmels <strong>und</strong> einer neuen Erde, so weit entfernt <strong>und</strong><br />

mit einer aus der Spätantike stammenden individuellen Heilslehre so eng<br />

verb<strong>und</strong>en, daß sie für <strong>die</strong> Reichseinigung unter Konstantin dem Großen <strong>die</strong><br />

geeigneten Partner abgaben.<br />

Seit dem 3. Jahrh<strong>und</strong>ert wurde es üblich, daß Bischöfe <strong>und</strong> Priester nicht<br />

mehr durch Arbeit ihr Brot ver<strong>die</strong>nten, sondern von den Gemeinden <strong>und</strong><br />

Diözesen versorgt wurden. Zudem kam man durch <strong>die</strong> kaiserlichen Rechte in<br />

der Kirchenverwaltung nicht umhin, Bischöfe vornehmlich aus reichen <strong>und</strong><br />

wohlhabenden Familien zu wählen, <strong>die</strong> dann auch bei ihrem Ableben ihren<br />

Besitz an <strong>die</strong> Gemeinden vererbten. Zumindest nach dem Ausgang des 4.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts mußten sie nämlich ehelos leben. Die Ehelosigkeit der Priester<br />

war schon in der vorchristlichen Antike verbreitet. Man glaubte nämlich, daß<br />

der Beischlaf kultunfähig mache. Solange nun das Opfer <strong>und</strong> <strong>die</strong> Zelebration<br />

des Kultes sich auf wenige Tage oder Feste im Jahr beschränkte, konnten<br />

durch bestimmte Heiligungsgesetze <strong>die</strong> Priester sich wieder in den kultfähigen<br />

Stand der Reinheit bringen. Aber <strong>die</strong> Einführung des täglichen Meßopfers in<br />

der christlichen Kirche verhindert seit dem 11. Jahrh<strong>und</strong>ert endgültig <strong>die</strong>sen<br />

Ausweg. Die ursprünglich freiwillige <strong>und</strong> gleichberechtigte Teilnahme am<br />

christlichen Gemeindeleben wich zusehends einer streng hierarchisch<br />

gegliederten <strong>und</strong> gesetzesmäßig geregelten Ordnung. Die Klassenordnung<br />

des Kaiserreiches spiegelte sich in den Kirchenordnungen <strong>und</strong> den Dogmen<br />

wider, den der Heiligen Schrift gleichzuachtenden Lehrsätzen der Kirche, <strong>die</strong><br />

häufig von den Kaisern veranlaßt wurden. Der gottgleiche Christus rückte in<br />

<strong>die</strong> Thron- <strong>und</strong> Herrschaftsgemeinschaft mit seinem Vater auf. Er wurde<br />

selber, weil er auch wesenseins mit seinem Vater sein mußte, dargestellt als<br />

Pantokrator, als Weltenherrscher, umgeben von Engeln, Heiligen <strong>und</strong><br />

Märtyrern <strong>und</strong> der Wolke der Zeugen sowie dem sichtbar gewordenen<br />

Heiligen Geist. Jesus, der einstmals gelehrt hatte: „Gebt dem Kaiser, was dem<br />

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