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Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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15 Zur Weiterentwicklung biblischer <strong>Mythologie</strong><br />

Das erwartete Ende der Welt ist nicht gekommen. Die Erde ist <strong>die</strong> alte Erde,<br />

<strong>und</strong> derselbe Himmel überspannt sie, der schon in den Zeiten der Erzväter<br />

das Zelt gewesen war, in dem <strong>die</strong> Menschheit lebte.<br />

Auch das Bild des Himmels als Zelt - den wandernden Hirten das geläufige<br />

Bild für eine gastliche Stätte der Sicherheit <strong>und</strong> Geborgenheit - blieb lebendig.<br />

Unverändert blieb aber auch <strong>die</strong> Ungastlichkeit der Gesellschaft in den ersten<br />

<strong>und</strong> den folgenden Jahrh<strong>und</strong>erten unserer Zeitrechnung. Die<br />

Sklavenhaltergesellschaft des Imperium Romanum erlebte zwar den schnellen<br />

Wechsel der Soldatenkaiser aus dem Hause der Flavier <strong>und</strong> Julier <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Folgen der Machtkämpfe um den Thron, aber noch nicht das Ende einer<br />

unbarmherzigen <strong>und</strong> unmenschlichen Tyrannei, unter der neben den Sklaven<br />

<strong>die</strong> Juden <strong>und</strong> Christen mehr als noch andere Schichten im Reiche zu leiden<br />

hatten, weil sie <strong>die</strong> kultische Verehrung des Kaisers als <strong>Gott</strong> ablehnten. Ihre<br />

Situation als Verfolgte <strong>und</strong> Verfemte <strong>und</strong> <strong>die</strong> Erwartung eines baldigen Endes<br />

der Welt schloß sie enger zusammen als <strong>die</strong> Bindungen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> zahllosen<br />

anderen Kultvereinigungen im Reiche zusammenhielten. Hierin liegen auch<br />

<strong>die</strong> „Wurzeln für <strong>die</strong> urkommunistisch anmutende Gütergemeinschaft" (Engels)<br />

in den ersten beiden Jahrh<strong>und</strong>erten der Christenheit. Der neue Glaube<br />

verbreitete sich in <strong>die</strong>ser Zeit über das ganze Imperium Romanum <strong>und</strong><br />

überschritt auch dessen Grenzen. Die Gemeinden waren zunächst klein <strong>und</strong><br />

ihre Wirkung eingeengt durch kaiserliche Edikte wie durch eine selbstgewählte<br />

Isolierung. Ihre einzelnen Zentren waren zudem auch im Wesen<br />

gr<strong>und</strong>verschieden. Ihre Frömmigkeit unterschied sich, ihre kultischen<br />

Gebräuche waren in Ost- <strong>und</strong> Westrom jeweils anderen Einflüssen<br />

ausgesetzt. Solche pluralistische Entwicklung des Christentums fand ihr Ende<br />

mit der Billigung zunächst als erlaubter Religion durch ein Edikt Konstantins<br />

des Großen vom Jahre 313 <strong>und</strong> durch <strong>die</strong> erste allgemeine<br />

Kirchenversammlung 325 in Nicäa, <strong>die</strong> der nichtchristliche Kaiser einberief <strong>und</strong><br />

leitete. Mit <strong>die</strong>sem Konzil versuchte er <strong>die</strong> einzelnen Kirchen unter eine<br />

gemeinsame Lehre zu vereinigen. Er brauchte für sein Großreich eine<br />

Großkirche.<br />

Theologisch trug in Nicäa den Sieg der Kirchenvater Athanasius über seinen<br />

Gegner Arius davon. Athanasius lehrte, daß Jesus als Christus <strong>und</strong><br />

<strong>Gott</strong>essohn von gleicher Natur sei wie sein Vater, <strong>Gott</strong>, während Arius lehrte,<br />

<strong>die</strong> Natur Christi sei <strong>Gott</strong>es Natur nur ähnlich. Im Jahre 380 forderte dann<br />

Theodosius von allen Untertanen im Reich <strong>die</strong> Annahme der christlichen<br />

Religion. Sein Religionsedikt vom 28. Februar war <strong>die</strong> Geburtsst<strong>und</strong>e der<br />

Staatskirche. Alle anderen Kulte wurden verboten <strong>und</strong> aufgehoben, ihre<br />

Besitztümer fielen dem Staat anheim. Die Konzilsbeschlüsse von Nicäa<br />

bedeuteten endgültig <strong>die</strong> Trennung der Kirche vom Judentum. Die Großkirche<br />

des Großreiches erhielt als Herrn einen richtigen <strong>Gott</strong>. Die Orientalen<br />

kämpften vergeblich für <strong>die</strong> Menschlichkeit Jesu. Nun war von allen zu<br />

glauben, daß Jesus Christus göttlicher Natur sei. Deshalb erhielt das<br />

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