Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
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3. Die Propheten insgesamt, dazu gehört auch der Kultprophet Ezechiel,<br />
haben ein Mythologem gemeinsam: Das Heil, <strong>die</strong> große Heilszeit, wird nicht<br />
durch Opfer oder einen nach überkommenen religiösen Gesetzen vollzogenen<br />
Kult erreicht, sondern allein durch das Eingreifen Jahwes. Selbst in <strong>die</strong><br />
Priesterschrift ist mit III. Mose 26,3-13 prophetisches Denken eingedrungen,<br />
wenn es dort heißt, daß der Segen „Jahwes reichlich fließen wird, wenn ihr<br />
meine Gebote haltet <strong>und</strong> in meinen Satzungen wandelt". In der<br />
antipriesterlichen Gr<strong>und</strong>haltung der Propheten, <strong>die</strong> zugleich auch immer eine<br />
antikönigliche Position ist, lebt der alte Gr<strong>und</strong>widerspruch zwischen den<br />
Vertretern der Zentralgewalt <strong>und</strong> den Vertretern der Landbevölkerung fort<br />
(dazu siehe <strong>die</strong> Einleitung S. 18).<br />
4. Prophetisches Mythologem ist auch, daß Jahwe das Heil selber bringt. Der<br />
bei Jesaja benannte Davidsproß ist nur Verwalter oder Haushalter. Nie wird er<br />
König genannt, König ist Jahwe selber. Der Davidide ist ein Fürst in Israel, ein<br />
Anführer, ein Mensch. Jesaja entwirft hier einen Fürstenspiegel für <strong>die</strong> Inhaber<br />
des Davidsthrones <strong>und</strong> keine eschatologische Heilbringerlehre. Sacharja<br />
benennt deutlich den persischen Unterkönig Serubbabel <strong>und</strong> den ersten<br />
Hohenpriester Josua mit Namen. Deshalb hat auch <strong>die</strong> Messiaserwartung in<br />
der Heilslehre der Propheten keine große Bedeutung. Mit dem Begriff Messias<br />
bezeichnet <strong>die</strong> alttestamentliche Tradition zumeist den Hohenpriester <strong>und</strong> den<br />
empirischen König, dabei auch den Perserkönig Cyrus (Jesaja 45,1). Der<br />
Messias, d. i. der Gesalbte, ist damit <strong>die</strong> Person, <strong>die</strong> im Auftrage Jahwes<br />
handelt <strong>und</strong> Jerusalem wieder errichtet (Daniel 9,25-26), wenn <strong>die</strong> Zeit des<br />
Gerichtes vorüber ist. Aber auch der Messias muß sterben.<br />
5. Die Verheißung des Friedensreiches durch <strong>die</strong> Propheten zu den<br />
verschiedenen Zeiten, <strong>die</strong> auch in unterschiedlichen Begriffen vorgenommen<br />
wird, ist <strong>die</strong> dialektische Aufhebung der Gegenwart. In dem Mythos vom<br />
kommenden Goldenen Zeitalter, das wie in der gesamten <strong>Mythologie</strong> auch an<br />
den Traum einer einstmaligen glückseligen, para<strong>die</strong>sischen Urzeit anknüpft, ist<br />
der Zustand der Vollkommenheit notwendiges Postulat einer unvollkommenen<br />
Gesellschaft. Die Prophetie sieht <strong>die</strong> Möglichkeit einer anderen, besseren Welt<br />
nun aber nicht in einem prometheischen Aufbegehren <strong>und</strong> Handeln des<br />
Menschen, sondern in dem Gnadenerweis Jahwes, der kommen wird, um sein<br />
Volk zu befreien <strong>und</strong> zu erlösen. Die Idee von der Erlösung durch Jahwe tritt<br />
mit dem Exil auf, mit Jeremia <strong>und</strong> dem „Deuterojesaja" genannten Verfasser<br />
der zweiten Hälfte des Jesajabuches. Die Erlösungsidee findet ihre Krönung in<br />
dem Mythos von dem neuen B<strong>und</strong>e Jahwes mit Israel (Jeremia 31, Ezechiel<br />
36)<br />
14.2 Der neue Mensch<br />
a. Im achtzehnten Regierungsjahr des Königs Nebukadnezar von<br />
Babylon erging das Wort Jahwes an den Propheten Jeremia aus<br />
Anathot: Es werden Tage kommen, an denen ich mit dem Hause<br />
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