Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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30.12.2012 Aufrufe

Besuch von Juden und Nichtjuden. Zwei Jahre lebte er noch so, rege predigend und Briefe an die Gemeinden schreibend, bis er unter Kaiser Nero den Märtyrertod starb. Apostelgeschichte 22,3-21 (dazu auch 9,1-23); Philipper 3,5; Apostelgeschichte 22,25-28; 18,3; I. Thessalonicher 2,9; I. Korinther 9,6; II. Korinther 11,2; Apostelgeschichte 11,26; 21-28; I. Clemensbrief 5 (der zur patristischen Literatur gehört). 1. Paulus ist sicher wie Petrus eine historische Person. Die knappen biographischen Angaben in den echten Paulusbriefen sind aber in der Apostelgeschichte des Lukas legendär ausgesponnen. Das gilt vielleicht weniger für seine Reiseerlebnisse als vielmehr für seine Bekehrung zum christlichen Missionar. Die Darstellungen in der Apostelgeschichte zeigen den von Gott berufenen großen Propheten. Paulus hat eine Audiovision, durch die er sein Dasein völlig verändert. Er wird zum wortgewaltigen Wundertäter. Sein Tod (ca. 66 u. Z.) wird wie der Tod des Petrus in der Apostelgeschichte und auch sonst mit Rücksicht auf das theologische Dogma von der Einmaligkeit des Kreuztodes Christi nicht beschrieben. Nur die apokryphe Literatur hat sich wie bei Petrus dieser Ereignisse bemächtigt. 2. Paulus ist nach Petrus (siehe 8,5) der bedeutendste christliche Heros der Frühzeit. Er muß eine solide rhetorische Ausbildung genossen haben. Die ihm zugeschriebenen Reden in der Apostelgeschichte und die echten Paulusbriefe (Römer, Korinther, Galater, I. Thessalonicher) lassen diesen Schluß zu. Er ist der erste große Theologe der Frühkirche neben dem Johannes, dem das vierte Evangelium und zwei Briefe zugeschrieben werden. Religionsgeschichtlich ist er ein schöpferischer Mythograph. Er faßt die großen tradierten Mythen in eine neue, dem hellenistischen Verständnis geläufige Sprache, ohne selbst dem hellenistischen Synkretismus zu verfallen. Seine größte mythopoetische Leistung liegt in dem Gedanken, den auferstandenen Jesus Christus als Kyrios, als Gott selber zu verkünden (siehe 8,1,7). Als Pharisäer war ihm die Vorstellungswelt von Engeln, Mächten und der Auferweckung von den Toten geläufig. Die fälschlich oft „Bekehrung" genannte Audiovision vor Damaskus ist die legendäre Umschreibung für den Vorgang, daß eine neue Idee geboren wird. Die ihm zugeschriebenen Wundertaten sind wie die Glanzlichter auf einem Porträt, sie deuten auf etwas hin, ohne selber wichtig zu sein. Paulus ist nicht geringer als Petrus. Für den Frommen ist ohnehin das Wunder der Krankenheilung oder Totenerweckung nur der sinnfällige Erweis göttlicher Kräfte. Die apokryphen Paulusschriften (Acta Pauli) haben dann auch ein buntes Bild von den Erlebnissen und Wundertaten des Paulus entworfen, dessen historische Leistung darin bestand, daß er die jüdische Sekte der Christen zu einer christlichen Kirche machte. 256

14 Die neue Welt 14.1 Die neue Zeit a. Als Usia König in Juda war und Jerobeam König in Israel, stand Amos, der Hirte aus Thekoa, auf, zwei Jahre vor dem Erdbeben, das das Land erschütterte, und sagte: Wehe denen, die den Tag Jahwes herbeisehnen! Der Tag Jahwes ist Finsternis, nicht Licht, dunkel, nicht hell, lebensgefährlich, nicht freundlich. Jahwe wird das Volk Israel heimsuchen und alle Sünder durch das Schwert umkommen lassen. Zur selben Zeit aber wird Jahwe die zerfallene Hütte Davids wieder aufrichten. - Und Amos sagte deshalb: Es kommt die Zeit - so ist der Spruch Jahwes -, wo man zugleich ackert und erntet, zur gleichen Zeit keltert und neu aussät. Die Berge werden vom süßen Wein triefen und die Hügel reiche Frucht bringen. Amos 1,1; 5,18; 9,8-13. b. Es erging auch das Wort Jahwes an Zephania zur Zeit des Königs Josia in Juda, und Zephania verkündete laut im Lande, Jahwe werde kommen, alle Lebewesen in seinem Lande auszurotten, den Namen Baals und die Götzenpriester zu vertilgen. Denn der Tag Jahwes ist nahe. Der Tag Jahwes ist sehr nahe. Er ist ein Tag des Grimmes, der Pein und Angst, ein Tag voll mit Sturm und Brausen, voll Finsternis und Dunkelheit, voll Wolken und Nebel. Zephania 1,1-16. c. Und das Wort Jahwes erging auch an den Priester Ezechiel, den Sohn Busis', zu der Zeit, als der König Jojachin von Juda schon fünf Jahre in der Gefangenschaft in Babylon war. Ezechiel weissagte den Untergang Israels, Judas und Jerusalems, des Tempels und der Söhne und Töchter des Landes, weil sie von Jahwe abgefallen sind. Nur ein Rest von Israel und ein Rest der Völker wird übrigbleiben. Und der Rest aus Israel wird ein Volk Jahwes werden, und Jahwes Knecht David wird für immer Fürst sein in ihrer Mitte. Alle Völker werden es sehen und den Namen Jahwes preisen. Selbst Gog aus Magog, der größte Feldherr - so 257

Besuch von Juden <strong>und</strong> Nichtjuden. Zwei Jahre lebte er noch so,<br />

rege predigend <strong>und</strong> Briefe an <strong>die</strong> Gemeinden schreibend, bis er<br />

unter Kaiser Nero den Märtyrertod starb.<br />

Apostelgeschichte 22,3-21 (dazu auch 9,1-23); Philipper 3,5;<br />

Apostelgeschichte 22,25-28; 18,3; I. Thessalonicher 2,9; I. Korinther 9,6;<br />

II. Korinther 11,2; Apostelgeschichte 11,26; 21-28;<br />

I. Clemensbrief 5 (der zur patristischen Literatur gehört).<br />

1. Paulus ist sicher wie Petrus eine historische Person. Die knappen<br />

biographischen Angaben in den echten Paulusbriefen sind aber in der<br />

Apostelgeschichte des Lukas legendär ausgesponnen. Das gilt vielleicht<br />

weniger für seine Reiseerlebnisse als vielmehr für seine Bekehrung zum<br />

christlichen Missionar. Die Darstellungen in der Apostelgeschichte zeigen den<br />

von <strong>Gott</strong> berufenen großen Propheten. Paulus hat eine Audiovision, durch <strong>die</strong><br />

er sein Dasein völlig verändert. Er wird zum wortgewaltigen W<strong>und</strong>ertäter. Sein<br />

Tod (ca. 66 u. Z.) wird wie der Tod des Petrus in der Apostelgeschichte <strong>und</strong><br />

auch sonst mit Rücksicht auf das theologische Dogma von der Einmaligkeit<br />

des Kreuztodes Christi nicht beschrieben. Nur <strong>die</strong> apokryphe Literatur hat sich<br />

wie bei Petrus <strong>die</strong>ser Ereignisse bemächtigt.<br />

2. Paulus ist nach Petrus (siehe 8,5) der bedeutendste christliche Heros der<br />

Frühzeit. Er muß eine solide rhetorische Ausbildung genossen haben. Die ihm<br />

zugeschriebenen Reden in der Apostelgeschichte <strong>und</strong> <strong>die</strong> echten Paulusbriefe<br />

(Römer, Korinther, Galater, I. Thessalonicher) lassen <strong>die</strong>sen Schluß zu. Er ist<br />

der erste große Theologe der Frühkirche neben dem Johannes, dem das<br />

vierte Evangelium <strong>und</strong> zwei Briefe zugeschrieben werden.<br />

Religionsgeschichtlich ist er ein schöpferischer Mythograph. Er faßt <strong>die</strong> großen<br />

tra<strong>die</strong>rten Mythen in eine neue, dem hellenistischen Verständnis geläufige<br />

Sprache, ohne selbst dem hellenistischen Synkretismus zu verfallen. Seine<br />

größte mythopoetische Leistung liegt in dem Gedanken, den auferstandenen<br />

Jesus Christus als Kyrios, als <strong>Gott</strong> selber zu verkünden (siehe 8,1,7). Als<br />

Pharisäer war ihm <strong>die</strong> Vorstellungswelt von Engeln, Mächten <strong>und</strong> der<br />

Auferweckung von den Toten geläufig. Die fälschlich oft „Bekehrung" genannte<br />

Audiovision vor Damaskus ist <strong>die</strong> legendäre Umschreibung für den Vorgang,<br />

daß eine neue Idee geboren wird. Die ihm zugeschriebenen W<strong>und</strong>ertaten sind<br />

wie <strong>die</strong> Glanzlichter auf einem Porträt, sie deuten auf etwas hin, ohne selber<br />

wichtig zu sein. Paulus ist nicht geringer als Petrus. Für den Frommen ist<br />

ohnehin das W<strong>und</strong>er der Krankenheilung oder Totenerweckung nur der<br />

sinnfällige Erweis göttlicher Kräfte. Die apokryphen Paulusschriften (Acta<br />

Pauli) haben dann auch ein buntes Bild von den Erlebnissen <strong>und</strong> W<strong>und</strong>ertaten<br />

des Paulus entworfen, dessen historische Leistung darin bestand, daß er <strong>die</strong><br />

jüdische Sekte der Christen zu einer christlichen Kirche machte.<br />

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