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Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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auch der priesterlich-prophetischen Kreise, <strong>die</strong> ihre Hoffnung auf den<br />

<strong>Gott</strong>esknecht setzten, Jesus als ihren Messias anerkennen <strong>und</strong> ihn so<br />

verherrlichen konnten. Diese verschiedenen Anschauungen sind <strong>die</strong> Ursache<br />

für das widerspruchsvolle Jesusbild der Bibel. So plä<strong>die</strong>rt der biblische Jesus<br />

weder für <strong>die</strong> Sklavenbefreiung noch für <strong>die</strong> Sklaverei; wenn er <strong>die</strong> Armen<br />

selig preist, meint er nicht, daß <strong>die</strong> Reichen nicht selig werden können,<br />

sondern lediglich, daß <strong>die</strong> Reichen dem Reich <strong>Gott</strong>es weniger zutrauen als<br />

ihrem eigenen Besitz. Der biblische Jesus ist deshalb kein Revolutionär. Er<br />

fordert lediglich <strong>die</strong> Menschen dazu auf, zu bedenken, daß <strong>die</strong> vorfindliche<br />

Situation des Menschen in dem kommenden Reich <strong>Gott</strong>es aufgehoben wird,<br />

das durch ihn vertreten wird.<br />

4. Die Besonderheit des biblischen Jesusbildes liegt nicht in dem<br />

Auferstehungsmythos. Ihn teilt es mit den Mysterienkulten <strong>und</strong> anderen<br />

<strong>Götter</strong>n, wie z. B. dem Menschen Herakles, der auch erst nach seinem Tode<br />

zum Olympier erhoben wird. Der Auferstehungsmythos ist überall in der<br />

Religionsgeschichte <strong>die</strong> Form einer primitiven Dialektik, mit der Menschen das<br />

philosophische Gesetz der Negation der Negation vorwegnehmen. Ostern als<br />

Tod des Todes Jesu bedeutet religionsgeschichtlich, das Charakteristischste<br />

der Wirksamkeit von Jesus aufzuheben. Das ist aber nach den biblischen<br />

Texten sein Leben <strong>und</strong> Wirken für das Regiment des alttestamentlichen Jahwe<br />

als zeitlich zu erlebendes Phänomen gewesen. Die Besonderheit liegt in dem<br />

Exklusivitätsbewußtsein des biblischen Jesus begründet, der meint, nur in<br />

seiner Nachfolge können <strong>die</strong> Menschen das Heil, den Zugang zum Reich<br />

<strong>Gott</strong>es, erhalten. Dieser Absolutheitsanspruch ist von den ersten Christen in<br />

das biblische Bild der <strong>Gott</strong>essohnschaft gekleidet, wie <strong>die</strong> Geburtsgeschichten<br />

Jesu ausweisen.<br />

5. Auf eine geschichtliche Gr<strong>und</strong>lage ist sicher <strong>die</strong> Kreuzigung Jesu<br />

zurückzuführen. Dabei bleibt unklar, an welchem Tage <strong>und</strong> in welchem Jahre<br />

genau <strong>die</strong> Hinrichtung geschah. Die synoptischen Evangelien geben Freitag,<br />

den 15. Nisan, an, das Johannesevangelium Freitag, den 14. Nisan. Nach<br />

dem Johannesevangelium müßte Jesus dann am ersten Festtag des Passah<br />

hingerichtet worden sein, was unwahrscheinlich ist. Vermutet werden darf<br />

aber, daß man den Todestag auf den 15. Nisan festlegte, um das überlieferte<br />

Abendmahl Jesu mit dem jüdischen Passahmahl zu identifizieren. Jesus soll<br />

das wahre Opferlamm sein, das <strong>die</strong> Sünden der Welt trägt <strong>und</strong> geopfert wird.<br />

Der Bericht vom Abendmahl ist formal eine richtige Kultlegende.<br />

Der Todesort wird sicher Jerusalem gewesen sein. Der Geburtsort Jesu ist<br />

sicher nicht Bethlehem gewesen, sondern Nazareth. Bethlehem mußte<br />

mythologisch der Geburtsort sein, um Jesus als Davidsohn zu erweisen (siehe<br />

Römer 1,3-4; II. Timotheus 2,8; Markus 10,48). Die synoptischen Evangelien<br />

stehen auch mit ihren Geburtsgeschichten <strong>und</strong> den Tauf berichten im<br />

Widerspruch zu dem Mythos von der ewigen Präexistenz Christi, wie ihn das<br />

Johannesevangelium <strong>und</strong> <strong>die</strong> neutestamentlichen Briefe (Philipper 2) lehren,<br />

<strong>und</strong> stellen anschaulich das Problem der Zwei-Naturen-Lehre dar, wonach<br />

Jesus Christus als eine Person zwei Naturen in sich vereinigt haben soll, eine<br />

göttliche <strong>und</strong> eine menschliche.<br />

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