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Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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Genausoalt ist sicher das Traditionsgut der „Jahwistenquelle",<br />

jener Überlieferungen, in deren Texten <strong>Gott</strong> stets Jahwe genannt<br />

wird. Jahwe ist ein Nomaden- <strong>und</strong> Kriegsgott.<br />

Er vertritt schon <strong>die</strong> Ziele des Patriarchats, in dem der Mann <strong>die</strong><br />

Macht ergriffen hat. Das „Goldene Zeitalter" des Matriarchats ist<br />

vorüber, <strong>die</strong> pax kretensis, wie man <strong>die</strong>se Gesellschaftsordnung<br />

nach der kretischen Kultur benannt hat, für immer gebrochen. Nun<br />

wird Krieg geführt, Land erobert, fremdes Volk ausgebeutet, eine<br />

zentrale Staatsgewalt errichtet. Dazu gebraucht man Gesetze <strong>und</strong><br />

Verordnungen. Diese erläßt Jahwe. Um sie zu bewahren <strong>und</strong> ihre<br />

Einhaltung zu garantieren, werden Richter <strong>und</strong> Soldaten eingesetzt.<br />

Privateigentum, Familienrecht, Ausbeutung <strong>und</strong> Staatsideologie<br />

sind weit entwickelt. Diese Texte sind typisch für <strong>die</strong> Zeit des<br />

Übergangs der israelitischen Nomadengesellschaft in <strong>die</strong><br />

Ackerbaukultur Kanaans. Die Feldarbeit wird zwar als Strafe<br />

angesehen, aber das Land selber, <strong>die</strong> Ackerbaukultur, wird<br />

verherrlicht <strong>und</strong> gepriesen, denn es ist eine von Jahwe gestellte<br />

Aufgabe, Kulturland zu erobern. Tugendhaft ist es, wenn der Mann<br />

Kriege führt. Das Königtum ist eine gottgewollte Einrichtung, <strong>und</strong><br />

der Gehorsam gegenüber den königlichen Priestern ist Gesetz. Die<br />

Bedeutung der Frau wird abgewertet. Sie ist nur noch wichtig als<br />

Mutter der Kinder. Diese Ideologie ist sicher in der neuen<br />

Kriegskaste <strong>und</strong> der königlichen Hofbeamtenschaft entstanden <strong>und</strong><br />

lebendig geblieben, <strong>die</strong> sich vornehmlich um Jerusalem <strong>und</strong> in<br />

Juda, den Stätten des Königtums, sammelten. Die Predigt von dem<br />

einen, eifrigen <strong>Gott</strong> Jahwe, der ein einiges Volk haben will, das in<br />

einem Kulturland als Ackerbauer wohnt, hat ihren historischen<br />

Ausgangspunkt sicher im 10. Jahrh<strong>und</strong>ert. Jahwe duldet neben sich<br />

keine Frau. Dieser mit Eifer betriebene Monotheismus ist das<br />

typische Kennzeichen der Frühform des Patriarchats. Jahwe nimmt<br />

selber <strong>die</strong> Züge der alten heiligen Königin an (vgl. Jesaja, Kapitel<br />

66, Vers 13). Lebendig blieb <strong>die</strong> Jahweüberlieferung einmal in der<br />

priesterlichen Tempeltradition von Jerusalem. Sie hat den stärksten<br />

Einfluß auf <strong>die</strong> Bildung der alttestamentlichen <strong>Mythologie</strong> gehabt.<br />

Zum anderen aber blieb sie lebendig in den alten lokalen<br />

Stammeszentren. Von hier aus trat <strong>die</strong> prophetische Jahweideologie<br />

ihren Kampf gegen <strong>die</strong> priesterliche Jahweideologie an. Mit der<br />

zunehmenden Machtkonzentration in Jerusalem wuchs der<br />

Widerstand der alten Stammeszentren, <strong>die</strong> ihren Einfluß <strong>und</strong> ihre<br />

Bedeutung schwinden sahen. Im Namen eines Jahwe, der<br />

gr<strong>und</strong>verschieden von dem der Jerusalemer Priester war, fochten<br />

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