Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
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von Schuld <strong>und</strong> Strafe, das theologische Vergeltungsdogma, mit dem Priester<br />
<strong>und</strong> Propheten <strong>die</strong> politische Wirklichkeit des 4. Jahrh<strong>und</strong>erts v .u. Z. erklären<br />
wollen, wird hier ganz offen angefochten. Hiobs Anklagen gegen Jahwe sind<br />
Anklage des Dichters gegen seine Welt. Der Dichter leidet <strong>und</strong> lebt mit Hiob,<br />
nicht mit dem Hiob der Rahmenerzählung, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Wirklichkeit verfremdet,<br />
sondern mit dem Hiob der Reden, der sein Recht sucht. Die<br />
Rahmenerzählung zeigt in ihrer jetzigen Stellung im gesamten Buch, daß <strong>die</strong><br />
vorfindliche Welt vom Rat der <strong>Götter</strong> abhängig ist <strong>und</strong> daß der Mensch wie<br />
Hiob, dem <strong>die</strong> Absprachen zwischen Satan <strong>und</strong> Jahwe ja auch verborgen<br />
geblieben sind, wenn er sich nur müht <strong>und</strong> den Glauben an sein Recht nicht<br />
aufgibt, <strong>die</strong> Zusammenhänge erkennen kann, <strong>die</strong> sein Lebenslos bestimmen.<br />
Hiob hat am Ende Jahwe selber gehört, gesehen <strong>und</strong> verstanden, nachdem er<br />
bislang nur vom Hörensagen etwas gewußt hat.<br />
5. Mythologisch bedeutsam sind nicht <strong>die</strong> oft mythisch verstandenen Tiere<br />
Behemoth, d.i. das Nilpferd (etwa Hiob 40,15-24), <strong>und</strong> Leviathan, d.i. das<br />
Krokodil (Hiob 40,25-41,26), sondern <strong>die</strong> aus der Weisheitslehre stammenden<br />
Bilder. Die Funktion des Königs oder <strong>Gott</strong>es wird an Beispielen aus Natur <strong>und</strong><br />
Gesellschaft verdeutlicht. Andere Beispiele ähnlichen literarischen Charakters<br />
liegen in den biblischen „Sprüchen Salomos" <strong>und</strong> dem „Prediger Salomo" vor.<br />
Die Gattung der Weisheitsliteratur war sowohl in Ägypten wie in Babylon<br />
verbreitet. Die biblische Weisheitsliteratur gehört dazu. Sie unterscheidet sich<br />
nur durch ihren Optimismus, der z. B. der ägyptischen Dichtung „Gespräch<br />
des alten Mannes mit seiner Seele" fehlt, das eine Analogie eher in dem<br />
pessimistischen Kapitel 3 der „Klagelieder Jeremiae" findet, einer Dichtung<br />
etwa aus dem 3. Jahrh<strong>und</strong>ert v. u. Z. (Zu den Engeln siehe 2,1,c, zu Satan<br />
siehe 12,1.)<br />
11.2 Esther<br />
Im dritten Jahr seiner Regierung veranstaltete der Perserkönig<br />
Ahasveros in Susa ein großes Fest. Es endete damit, daß der König<br />
seine Frau Vasti verstieß, weil sie sich geweigert hatte, auf seinen<br />
Befehl vor ihm zu erscheinen, denn er war betrunken. Der König<br />
verstieß sie aber vor allem auf den Ratschlag seiner obersten<br />
Beamten hin, <strong>die</strong> meinten, daß ein solches Beispiel schlimme<br />
Folgen für das Land haben könne, weil alle anderen Frauen nun<br />
auch den Befehlen ihrer Männer nicht mehr gehorchen würden.<br />
Danach ließ der König durch seine Beamten im ganzen<br />
Königreiche schöne Jungfrauen für das Frauenhaus des Palastes<br />
suchen. Diejenige, <strong>die</strong> ihm gefiel, sollte dann Königin werden. Dabei<br />
fiel <strong>die</strong> Wahl auf Esther, eine elternlose Jüdin, <strong>die</strong> bei ihrem Onkel<br />
Mardochai in Susa lebte. Sie war sehr schön <strong>und</strong> zudem auch sehr<br />
bescheiden <strong>und</strong> hatte während der langen Wartezeit im Frauenhaus<br />
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