Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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11 Die wunderbaren Erlebnisse und Taten von Hiob, Esther und Daniel 11.1 Hiob Im Lande Us lebte einstmals Hiob, ein rechtschaffener, gottesfürchtiger, frommer Mann. Er hatte sieben Söhne, drei Töchter und dazu einen Herdenreichtum, der ihm das höchste Ansehen einbrachte; seine Söhne luden abwechselnd jeden Tag zu einem festlichen Mahle ein, an dem auch ihre Schwestern teilnahmen. Hiob aber brachte jeden Tag für seine Kinder Brandopfer dar, weil er verhindern wollte, daß Jahwe ihnen zürnte. Als nun die Söhne der Elohim einstmals sich wieder vor Jahwe versammelten, fragte Jahwe den Satan auch nach dem Ergehen seines frommen und redlichen Knechtes Hiob. Satan antwortete Jahwe: Du hast ihn ja förmlich mit Segen überschüttet. Sicher wird er sofort von dir abfallen, wenn du deine Hand von ihm abziehst. Da stellte Jahwe es Satan frei, alles dem Hiob zu nehmen, nur ihn selbst durfte er nicht anrühren. Und Satan schlug zu: Die Sabäer raubten Hiob alle Rinder und Esel, der Blitz erschlug alle Schafe, und die Chaldäer trieben ihm alle Kamele weg. Es starben zur selben Zeit auch Hiobs Kinder, als während eines Gelages das Haus über ihnen zusammenstürzte. Da stand Hiob auf, zerriß sein Gewand, schor sein Haupthaar und betete Jahwe an und sang: Nackt ging ich hervor aus meiner Mutter Schoß, und nackt werde ich dorthin zurückkehren. Jahwe hat es gegeben, und Jahwe hat es genommen, der Name Jahwes sei gepriesen. Jahwe hörte dies und stellte Satan bei der nächsten Thronversammlung zur Rede. Satan antwortete: Wenn du aber zuläßt, daß ich seine Gesundheit antasten darf, dann wird Hiob dir offen fluchen. Da durfte Satan den Hiob mit Aussatz schlagen; nur sein Leben mußte er schonen. Hiob wurde von seiner Frau verstoßen und saß nun auf den Aschehaufen vor dem Dorf. Bei alledem blieb er gottesfürchtig. Es besuchten ihn aber seine drei Freunde Eliphas, Bildad und Sophar und versuchten ihn zu trösten, als er in seinem Leiden den Tag der Geburt und die Nacht seiner Empfängnis verfluchte. In langen Reden erklärten sie ihm, daß er allein schuldig an seinem 220

Unglück sei. Hiob aber wußte sich seiner Unschuld und Sündlosigkeit sicher und meinte, nur Jahwe könne ihm solch Unrecht widerfahren lassen. Er haderte und rechtete mit Jahwe. Darüber erschraken die Freunde, Hiob aber war sicher, daß Jahwe ihn peinigte und ihn einmal auch von seinen Plagen befreien werde. Und Jahwe verließ ihn nicht, sondern als die Weisheit der Freunde erschöpft war, redete er selber aus einem Wettersturm mit Hiob. Er stellte ihm dar, wie voller Wunder die Weite der Erde von Jahwe eingerichtet ist und gelenkt wird und daß Hiob nicht in der Lage sei, alles zu durchschauen und auch die Ungeheuer auf der Welt zu lenken. Da antwortete Hiob Jahwe und bereute seine unverständigen Reden; nur vom Hörensagen habe er ja bislang Jahwe gekannt, nun aber habe er ihn mit eigenen Augen gesehen. Der Gott aber schalt die Freunde Hiobs, weil sie nicht recht von ihm geredet hatten, und befahl ihnen, sich durch Brandopfer und durch die Fürsprache Hiobs vor Jahwe von ihrer Schuld zu befreien. Und Jahwe wendete das Geschick Hiobs, als dieser für seine Freunde eintrat, und gab ihm seine Gesundheit und das Zweifache seines Besitzes wie auch Kinder, Freunde und Bekannte zurück. Hiob starb alt und lebenssatt, nachdem er noch vier Generationen seiner Nachkommen erlebt hatte. Hiob 1-32,1; 38-42. 1. Das Buch Hiob ist vermutlich im 4. Jahrhundert v. u. Z. entstanden. Sprachlich legen die vielen Aramaismen im Text die Vermutung nahe, daß der Dichter im Bannkreis der persischen Amtssprache, eben des Aramäischen, gelebt hat. Es ist sicher, daß Hiob 9,24 auf Alexander von Mazedonien anspielt und 12,17 bis 13,2 die Vorgänge beschreibt, die der Eroberung des persischen Reiches durch Alexander folgten. 2. Das Buch Hiob ist eine Dichtung, ein Epos. Die Angabe Ezechiel 14,14 und 14,20, wo Hiob neben Noah und Daniel als Vorbild eines Gerechten genannt wird, rückt seine Person wie die Noahs und Daniels in die Reihe mythischer Helden und ist ein sicherer Hinweis darauf, daß Hiob keine historische Gestalt gewesen ist. Die nicht metrisch gebundenen Teile des Buches, 1,1-2,13 und 42,7-17 - die eigentliche Rahmenhandlung um die großen Redenkapitel -, sind vermutlich die schon Ezechiel bekannte Hiobnovelle gewesen. Diese ist also vermutlich älter als das Buch Ezechiel. Die große Leistung des Dichters des Hiobbuches besteht darin, daß er aus dieser „kleinen Vorlage" das große Epos vom Verhältnis zwischen Gott und Mensch gemacht hat. In der Septuaginta ist am Schluß des Buches eine Notiz angefügt, wonach Hiob niemand anderes sei als der König Jobab von Edom. Die Angabe ist auch sonst tradiert, aber unwahrscheinlich, auch wenn sonst schon biblische Autoren auf nichtisraelitische Erzählstoffe zurückgegriffen haben. Denkbar ist 221

11 Die w<strong>und</strong>erbaren Erlebnisse <strong>und</strong> Taten von<br />

Hiob, Esther <strong>und</strong> Daniel<br />

11.1 Hiob<br />

Im Lande Us lebte einstmals Hiob, ein rechtschaffener,<br />

gottesfürchtiger, frommer Mann. Er hatte sieben Söhne, drei<br />

Töchter <strong>und</strong> dazu einen Herdenreichtum, der ihm das höchste<br />

Ansehen einbrachte; seine Söhne luden abwechselnd jeden Tag zu<br />

einem festlichen Mahle ein, an dem auch ihre Schwestern<br />

teilnahmen. Hiob aber brachte jeden Tag für seine Kinder<br />

Brandopfer dar, weil er verhindern wollte, daß Jahwe ihnen zürnte.<br />

Als nun <strong>die</strong> Söhne der Elohim einstmals sich wieder vor Jahwe<br />

versammelten, fragte Jahwe den Satan auch nach dem Ergehen<br />

seines frommen <strong>und</strong> redlichen Knechtes Hiob. Satan antwortete<br />

Jahwe: Du hast ihn ja förmlich mit Segen überschüttet. Sicher wird<br />

er sofort von dir abfallen, wenn du deine Hand von ihm abziehst. Da<br />

stellte Jahwe es Satan frei, alles dem Hiob zu nehmen, nur ihn<br />

selbst durfte er nicht anrühren. Und Satan schlug zu: Die Sabäer<br />

raubten Hiob alle Rinder <strong>und</strong> Esel, der Blitz erschlug alle Schafe,<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Chaldäer trieben ihm alle Kamele weg. Es starben zur<br />

selben Zeit auch Hiobs Kinder, als während eines Gelages das<br />

Haus über ihnen zusammenstürzte. Da stand Hiob auf, zerriß sein<br />

Gewand, schor sein Haupthaar <strong>und</strong> betete Jahwe an <strong>und</strong> sang:<br />

Nackt ging ich hervor aus meiner Mutter Schoß, <strong>und</strong> nackt werde<br />

ich dorthin zurückkehren. Jahwe hat es gegeben, <strong>und</strong> Jahwe hat es<br />

genommen, der Name Jahwes sei gepriesen.<br />

Jahwe hörte <strong>die</strong>s <strong>und</strong> stellte Satan bei der nächsten<br />

Thronversammlung zur Rede. Satan antwortete: Wenn du aber<br />

zuläßt, daß ich seine Ges<strong>und</strong>heit antasten darf, dann wird Hiob dir<br />

offen fluchen. Da durfte Satan den Hiob mit Aussatz schlagen; nur<br />

sein Leben mußte er schonen. Hiob wurde von seiner Frau<br />

verstoßen <strong>und</strong> saß nun auf den Aschehaufen vor dem Dorf. Bei<br />

alledem blieb er gottesfürchtig.<br />

Es besuchten ihn aber seine drei Fre<strong>und</strong>e Eliphas, Bildad <strong>und</strong><br />

Sophar <strong>und</strong> versuchten ihn zu trösten, als er in seinem Leiden den<br />

Tag der Geburt <strong>und</strong> <strong>die</strong> Nacht seiner Empfängnis verfluchte. In<br />

langen Reden erklärten sie ihm, daß er allein schuldig an seinem<br />

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