Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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30.12.2012 Aufrufe

Prophezeiung Jahwes durch Jesaja (siehe 8.4), die allerdings erst einer späteren Quelle zuzuschreiben ist, erfüllte. 2. Hiska ist neben Josia (siehe 6,5) der bedeutendste König Judas gewesen. In seine Regierungszeit fällt das Auftreten des Propheten Jesaja. Daß die Königsgeschichte des Hiskia im Prophetenbuch und in den Königsbüchern fast denselben Wortlaut enthält, ist ein sicherer Hinweis auf eine gemeinsame schriftliche Vorlage, eben das sonst verschollene „Buch der Geschichte der Könige von Juda", für das es ein Gegenstück in Israel gegeben hat, das ebenso verschollen ist. Beide sind aber zu unterscheiden von den biblischen „Büchern der Chronik", welche in Jerusalem entstanden sind und einstmals mit den Büchern Esra und Nehemia vereint waren. Die Chronikbücher haben die Aufgabe gehabt, die Geschichte des Reiches Juda, das man als Reich Gottes verstand, darzustellen. Deshalb beginnen sie mit der Geburt Adams und enden mit der Wiedererrichtung des Tempels durch Nehemia. Die Darstellung greift auf die älteren Quellen von den Mosebüchern bis auf die Königsbücher zurück. Die Chronikbücher sind etwa in der Mitte des 4. Jahrhunderts v. u. Z. abgefaßt, die Königsbücher und die Geschichte des Hiskia sind etwa am Ausgang des 7. Jahrhunderts v. u. Z. abgeschlossen. 3. Mythologisch bedeutsam ist an der Hiskiageschichte, daß Jahwe seinen Sinn sehr schnell ändern kann. Zuerst verurteilt er den König zum Tode, dann aber läßt er ihn noch fünfzehn Jahre länger leben. Der Großkönig braucht keine Gründe, um eine Sinnesänderung zu erklären. Gnade und Ungnade sind unberechenbar. Der Unterkönig ist dem Großkönig auf Gedeih oder Verderb ausgeliefert, der seine Unterwerfung annehmen oder verwerfen kann. Hiskia verhält sich zu Jahwe wie ein Unterkönig zum Großkönig. Er gelobt Sinnesänderung und erneuten Gehorsam. Darauf nimmt Jahwe ihn gnädig wieder an und läßt ihm das Lehensamt als Fürst in Juda noch fünfzehn Jahre. Das ursprüngliche Vasallen-Herr-Ritual wird für die biblische Frömmigkeit dann zum Modell für den barmherzigen Gott, der dem reuigen Sünder verzeiht. 210

10 Jerusalem, Stadt und Tempel 10.1 Die Stadt In Jerusalem herrschte schon ein König zur Zeit Abrahams. Als die Israeliten anfingen, das Land zu besiedeln, eroberten sie auch Jerusalem und äscherten es ein. Aber erst David eroberte und besetzte nach seiner Krönung zum König von Juda Jerusalem, das damals noch eine jebusitische Stadt war, mitsamt der Burg Zion. Die Burg nannte er Davids Stadt. Er erweiterte sie beträchtlich. Dort hinein ließ er auch die Lade Elohims bringen, der man den Namen gab: „Der Name Jahwe Zebaoths wohnt auf ihr über den Cherubim." Sein Nachfolger Salomo erbaute in ihr einen prächtigen Palast und vor allem den Tempel Jahwes. Um die Stadt Jerusalem ließ Salomo die Mauern erhöhen und befestigen, die dann zum erstenmal Joas, der König Israels, einriß, als er den König Amasja von Juda bekriegte und Tempel und Stadt plünderte, wie es schon der Ägypter Sisak zur Zeit des Königs Rehabeam getan hatte. Aber König Hiskia befestigte Jerusalem wieder, so daß sie dem Sturm der Assyrer noch widerstand. Der Belagerung Nebukadnezars hielt sie nicht stand, sondern ergab sich ihm. Nebukadnezar ließ darauf Stadt und Tempel plündern und die königliche Familie sowie alle Beamten und Handwerker nach Babylon abführen. Als Statthalter setzte er den Zedekia ein, einen Onkel des letzten Königs Jojachin. Als Zedekia abtrünnig wurde, erstürmte Nebukadnezar die Stadt und ließ sie einäschern. Zedekia wurde geblendet in die Gefangenschaft geführt, nachdem man zuerst vor seinen Augen seine Kinder getötet hatte. Nur die Bauern durften im Lande bleiben, während alle anderen weggeführt wurden. Erst nach dem Untergang Babylons konnten die Jerusalemer auf Befehl des Perserkönigs Cyrus zurückkehren und ihren Tempel und die Stadt wieder aufbauen. Aus dem babylonischen Tempelschatz durften sie alle Tempelgeräte mitnehmen, die Nebukadnezar hatte rauben lassen. Cyrus ließ ihnen zudem - und sein Nachfolger Darius bestätigte dies - aus den königlichen Einkünften so viel Mittel zuweisen, wie sie zum Wiederaufbau benötigten. Der jüdische Priester Esra reiste mit königlicher Order nach Jerusalem, um alles so zu erledigen, wie es dem Gesetz des „Gottes des Himmels" 211

Prophezeiung Jahwes durch Jesaja (siehe 8.4), <strong>die</strong> allerdings erst einer<br />

späteren Quelle zuzuschreiben ist, erfüllte.<br />

2. Hiska ist neben Josia (siehe 6,5) der bedeutendste König Judas gewesen.<br />

In seine Regierungszeit fällt das Auftreten des Propheten Jesaja. Daß <strong>die</strong><br />

Königsgeschichte des Hiskia im Prophetenbuch <strong>und</strong> in den Königsbüchern<br />

fast denselben Wortlaut enthält, ist ein sicherer Hinweis auf eine gemeinsame<br />

schriftliche Vorlage, eben das sonst verschollene „Buch der Geschichte der<br />

Könige von Juda", für das es ein Gegenstück in Israel gegeben hat, das<br />

ebenso verschollen ist. Beide sind aber zu unterscheiden von den biblischen<br />

„Büchern der Chronik", welche in Jerusalem entstanden sind <strong>und</strong> einstmals mit<br />

den Büchern Esra <strong>und</strong> Nehemia vereint waren. Die Chronikbücher haben <strong>die</strong><br />

Aufgabe gehabt, <strong>die</strong> Geschichte des Reiches Juda, das man als Reich <strong>Gott</strong>es<br />

verstand, darzustellen. Deshalb beginnen sie mit der Geburt Adams <strong>und</strong><br />

enden mit der Wiedererrichtung des Tempels durch Nehemia. Die Darstellung<br />

greift auf <strong>die</strong> älteren Quellen von den Mosebüchern bis auf <strong>die</strong> Königsbücher<br />

zurück. Die Chronikbücher sind etwa in der Mitte des 4. Jahrh<strong>und</strong>erts v. u. Z.<br />

abgefaßt, <strong>die</strong> Königsbücher <strong>und</strong> <strong>die</strong> Geschichte des Hiskia sind etwa am<br />

Ausgang des 7. Jahrh<strong>und</strong>erts v. u. Z. abgeschlossen.<br />

3. Mythologisch bedeutsam ist an der Hiskiageschichte, daß Jahwe seinen<br />

Sinn sehr schnell ändern kann. Zuerst verurteilt er den König zum Tode, dann<br />

aber läßt er ihn noch fünfzehn Jahre länger leben. Der Großkönig braucht<br />

keine Gründe, um eine Sinnesänderung zu erklären. Gnade <strong>und</strong> Ungnade sind<br />

unberechenbar. Der Unterkönig ist dem Großkönig auf Gedeih oder Verderb<br />

ausgeliefert, der seine Unterwerfung annehmen oder verwerfen kann. Hiskia<br />

verhält sich zu Jahwe wie ein Unterkönig zum Großkönig. Er gelobt<br />

Sinnesänderung <strong>und</strong> erneuten Gehorsam. Darauf nimmt Jahwe ihn gnädig<br />

wieder an <strong>und</strong> läßt ihm das Lehensamt als Fürst in Juda noch fünfzehn Jahre.<br />

Das ursprüngliche Vasallen-Herr-Ritual wird für <strong>die</strong> biblische Frömmigkeit<br />

dann zum Modell für den barmherzigen <strong>Gott</strong>, der dem reuigen Sünder<br />

verzeiht.<br />

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