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Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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eim Gepäck aufgehalten hatte. Sie liefen hin <strong>und</strong> holten ihn, <strong>und</strong> er<br />

überragte alle um Haupteslänge. Da rief das ganze Volk: Es lebe<br />

der König! Danach trug Samuel dem Volk <strong>die</strong> Königsgesetze vor,<br />

schrieb sie auf <strong>und</strong> legte sie vor Jahwe nieder.<br />

Kurz vor seinem Tode ging Saul nach Endor zu einer Frau, <strong>die</strong><br />

Totengeister beschwören konnte; er wollte Samuel, der gestorben<br />

war, um Rat fragen, denn <strong>die</strong> Schlacht gegen <strong>die</strong> Philister stand<br />

bevor. Und Samuel weissagte Saul seinen <strong>und</strong> des Volkes<br />

Untergang. Jahwe hatte nämlich den Untergang Sauls <strong>und</strong> des<br />

Volkes beschlossen, weil sie ihm ungehorsam geworden waren.<br />

I. Samuel 10,17-24; 28,3-25.<br />

1. Die Geschichten vom König Saul sind Traditionsgut aus den Südstämmen.<br />

Sie haben ihre endgültige Gestalt sicher schon in der Königszeit unter Salomo<br />

angenommen. So ist erklärlich, daß <strong>die</strong>se Tradition mit Vorliebe Saul nicht als<br />

König, sondern als Fürsten bezeichnet. Der Unterschied zwischen nagid<br />

(„Fürst") <strong>und</strong> melek („König") liegt in ihrer Aufgabenstellung. Der Fürst ist eine<br />

Ehrenfunktion, mit der eine militärische Führungstätigkeit verb<strong>und</strong>en ist. Das<br />

Königtum umfaßt auch zivile, kulturelle <strong>und</strong> ökonomische Aufgaben. Die<br />

priesterlichen Hofchronisten Salomos hatten nun größtes Interesse daran, <strong>die</strong><br />

Position Sauls so zu schildern, daß <strong>die</strong> Schilderungen von David <strong>und</strong> Salomo<br />

sich gut da von abhoben. - Nur der elohistische Vertreter erzählt, daß Saul ein<br />

ordnungsgemäßer König war, denn er sei durch das Los bestimmt <strong>und</strong> durch<br />

<strong>die</strong> Akklamation: „Es lebe der König", ordnungsgemäß eingeführt worden. Die<br />

Schilderung gibt ziemlich wahrheitsgemäß das Ritual einer Wahl zum<br />

Heereskönig wieder. Wahlbeteiligt <strong>und</strong> -berechtigt sind alle wehrfähigen<br />

Männer. Wehrfähig wiederum sind alle freien Einwohner des Landes. Frauen,<br />

Kinder, Knechte <strong>und</strong> Mägde sind vom öffentlichen Leben ausgeschlossen.<br />

2. Die ökonomische Gr<strong>und</strong>lage der einzelnen selbständigen<br />

Stammesverbände ist einmal das Privateigentum an Herden, das auf<br />

gemeinsamen Weideflächen aufwuchs. Zum anderen das Privateigentum an<br />

Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden, auf dem mit Hilfe von Knechten, Mägden <strong>und</strong> Frauen<br />

Ackerbau betrieben wird. Die Städte sind zu <strong>die</strong>ser Zeit noch vorwiegend von<br />

den früheren Landesbewohnern Kanaans besiedelt <strong>und</strong> nehmen an der<br />

Königswahl nicht teil. Sie sind aber auf den militärischen Schutz der<br />

nomadisierenden Landbevölkerung angewiesen, <strong>die</strong> vorwiegend in Zeltdörfern<br />

lebt. Die Städte sind Handelszentren <strong>und</strong> als Fliehburgen gebaut, d. h. sie<br />

bieten Platz für Herden <strong>und</strong> Leute in Zeiten der Gefahr. Sofern sich größere<br />

Tempel in der Nähe oder in den Städten selbst befinden, sind auch<br />

Handwerker in den Städten, <strong>die</strong> zumeist in der Dienstbarkeit der Tempel<br />

stehen. Die Stadtkönigtümer, <strong>die</strong> das Heereskönigtum ablösen, sind immer mit<br />

einem Tempel verb<strong>und</strong>en. Der lokale <strong>Gott</strong> repräsentiert den Großkönig, dem<br />

Stadt, Land <strong>und</strong> Leute gehören. Die altorientalischen Königreiche werden<br />

deshalb zutreffend theokratische Despotien genannt. Soziologisch ist ihre Zeit<br />

<strong>die</strong> Übergangsphase von der Clangesellschaft zur antiken<br />

Sklavenhaltergesellschaft.<br />

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