Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
Jerusalems ist. Wie kein anderer biblischer Dichter individualisiert Ezechiel Schuld und Sühne, Ethik und Moral. Damit allerdings wird auch sein Standort, die Epoche des Zerfalls der geschlossenen gesellschaftlichen Sitten und Gebräuche, des Niedergangs des Reiches, deutlich gekennzeichnet. 8.7 Hosea Jahwe redete zu Hosea, dem Sohn Beeris, als Jerobeam, der Sohn des Joas, König von Israel war: Gehe und heirate eine Hure und laß dir Hurenkinder gebären. Und ihre drei Kinder sollen „Israel", „Nichtgeliebt" und „Nicht-mein-Volk" heißen. Und daran soll man erkennen, daß ich, Jahwe, an dem Volke hänge und es liebe. Nimm dir noch ein Weib, das auch die Ehe mit einem anderen gebrochen hat, und lasse sie dann einsam sitzen, denn Israel soll auch so einsam sitzen, ohne Gott, ohne König, ohne Kult. Als Israel jung war, gewann ich es lieb und holte sie mir aus Ägypten. Aber je mehr ich sie umwarb, um so mehr gab sie sich anderen Göttern hin. Ich will sie aber nicht ganz verderben. Ich will die Folgen ihres Abfalles vergessen und sie lieben. Ich will wie ein Tau für Israel werden, ich allein will es erhören, ich allein gleiche einer grünenden Zypresse. Hosea 1,1-8; 3,1-5; 11,1-4; 14,5-9. 1. Hosea ist ein Titel für eine Sammlung von Liedern und Gleichnissen geworden, ohne daß dahinter eine historische Person vermutet werden kann. Formal haben einige Gedichte in diesem Buch, das man zu den kleinen Propheten zählt, viele Ähnlichkeiten mit Liebesliedern. Aus der Sammlung hat psychologisierende Interpretation einen unglücklichen Ehemann als Verfasser eruieren wollen. Das ist sicher nicht zutreffend. Der mythologische Inhalt des Buches spricht dagegen. 2. Wie schon Jeremia (siehe 8,5) benutzt der Dichter das Gleichnis der Ehe zwischen König und Land, Gott und Menschen, das auf konkreten historischen Überlieferungen beruht. Im alten Sumer (um 2000 v. u. Z.) vollzog der König des Landes die heilige Hochzeit mit der Göttin, die durch die Hohepriesterin der Innana-Istar vertreten wurde. Die Göttin vertrat das Land und wählte sich ihren Mann und König; in Sumer war es der Hirte Dumuzi, den die Göttin dem Bauern Enkimdu vorzieht; aber Dumuzi hat die Innana-Istar bald verdrängt. 3. Wie Jeremia und Ezechiel (siehe 8,5 und 8,6) führt der Dichter in dieser mythologischen Vorstellung den Untergang des Nordreiches Israel, das er Ephraim nennt, auf die Hurerei mit fremden Göttern zurück, das ist eine metaphorische Umschreibung für politische Bündnisse mit benachbarten Königen. Seine Meinung, dieses solle eine Warnung für Juda sein, offenbart ihn als Parteigänger für den Südstaat. 186
8.8 Jona Eines Tages erging das Wort Jahwes an Jona, den Sohn des Amitthai: Mache dich auf und gehe nach der Stadt Ninive, und predige ihr den Untergang, weil ihre Bosheit bis zu mir ruchbar geworden ist. Jona floh vor diesem Auftrag; er bestieg ein Schiff, das von Jaffa aus nach Tharsis fuhr. Doch unterwegs ließ Jahwe einen großen Sturm aufkommen, daß es schien, das Schiff würde kentern. Die Seeleute warfen zunächst alles Gerät über Bord, um das Schiff zu erleichtern. Jona, der währenddes im unteren Schiffsraum schlief, wurde vom Schiffsherrn geweckt, damit er seinen Gott anrufe. Als die Gefahr immer größer wurde, warfen die Schiffsleute das Los, um den herauszufinden, den sie als Ursache dieses Unglücks ansehen könnten. Das Los fiel auf Jona. Da fragten sie ihn: Warum geht es uns so übel? Er sagte ihnen, daß er ein Hebräer sei und den Gott anbete, der den Himmel und die Erde gemacht habe, und verschwieg ihnen auch nicht, daß er vor diesem Gott davonlaufen wollte. Da fürchteten sich die Schiffsleute noch mehr und sprachen zu ihm: Was sollen wir nun mit dir anfangen, damit wir wieder ruhige See haben? Er sprach aber zu ihnen: Werft mich über Bord, so wird das Meer still werden, denn das große Unwetter ist nur meinetwegen über euch gekommen. Da warfen sie ihn über Bord, nachdem sie vergeblich noch versucht hatten, das Schiff an Land zu bringen. Danach beruhigte sich das Meer. Aber Jahwe ließ einen großen Fisch kommen, der Jona verschlang. Drei Tage und drei Nächte war Jona im Bauch des Fisches und betete um seine Rettung und gelobte, den Willen Jahwes zu tun. Da redete Jahwe mit dem Fisch, und der spuckte Jona an Land. Nun ging Jona nach Ninive und hatte mit seiner Untergangspredigt Erfolg. Ninive bekehrte sich von seinem bösen Wandel, und Jahwe sah von der Zerstörung der Stadt ab. Das verdroß Jona nun erst recht und machte ihn zornig, so daß er lieber sterben wollte als zusehen zu müssen, daß seine Prophezeiung nicht eintraf. Aber Jahwe ließ ihn nicht sterben, sondern versuchte ihm zu erklären, daß er eine solche Stadt, in der mehr als 120.000 Menschen leben und dazu noch viele Tiere, nicht einfach zerstören konnte. Jona 1-4. 187
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Jerusalems ist. Wie kein anderer biblischer Dichter individualisiert Ezechiel<br />
Schuld <strong>und</strong> Sühne, Ethik <strong>und</strong> Moral. Damit allerdings wird auch sein Standort,<br />
<strong>die</strong> Epoche des Zerfalls der geschlossenen gesellschaftlichen Sitten <strong>und</strong><br />
Gebräuche, des Niedergangs des Reiches, deutlich gekennzeichnet.<br />
8.7 Hosea<br />
Jahwe redete zu Hosea, dem Sohn Beeris, als Jerobeam, der<br />
Sohn des Joas, König von Israel war: Gehe <strong>und</strong> heirate eine Hure<br />
<strong>und</strong> laß dir Hurenkinder gebären. Und ihre drei Kinder sollen<br />
„Israel", „Nichtgeliebt" <strong>und</strong> „Nicht-mein-Volk" heißen. Und daran soll<br />
man erkennen, daß ich, Jahwe, an dem Volke hänge <strong>und</strong> es liebe.<br />
Nimm dir noch ein Weib, das auch <strong>die</strong> Ehe mit einem anderen<br />
gebrochen hat, <strong>und</strong> lasse sie dann einsam sitzen, denn Israel soll<br />
auch so einsam sitzen, ohne <strong>Gott</strong>, ohne König, ohne Kult. Als Israel<br />
jung war, gewann ich es lieb <strong>und</strong> holte sie mir aus Ägypten. Aber je<br />
mehr ich sie umwarb, um so mehr gab sie sich anderen <strong>Götter</strong>n hin.<br />
Ich will sie aber nicht ganz verderben. Ich will <strong>die</strong> Folgen ihres<br />
Abfalles vergessen <strong>und</strong> sie lieben. Ich will wie ein Tau für Israel<br />
werden, ich allein will es erhören, ich allein gleiche einer grünenden<br />
Zypresse.<br />
Hosea 1,1-8; 3,1-5; 11,1-4; 14,5-9.<br />
1. Hosea ist ein Titel für eine Sammlung von Liedern <strong>und</strong> Gleichnissen<br />
geworden, ohne daß dahinter eine historische Person vermutet werden kann.<br />
Formal haben einige Gedichte in <strong>die</strong>sem Buch, das man zu den kleinen<br />
Propheten zählt, viele Ähnlichkeiten mit Liebesliedern. Aus der Sammlung hat<br />
psychologisierende Interpretation einen unglücklichen Ehemann als Verfasser<br />
eruieren wollen. Das ist sicher nicht zutreffend. Der mythologische Inhalt des<br />
Buches spricht dagegen.<br />
2. Wie schon Jeremia (siehe 8,5) benutzt der Dichter das Gleichnis der Ehe<br />
zwischen König <strong>und</strong> Land, <strong>Gott</strong> <strong>und</strong> Menschen, das auf konkreten historischen<br />
Überlieferungen beruht. Im alten Sumer (um 2000 v. u. Z.) vollzog der König<br />
des Landes <strong>die</strong> heilige Hochzeit mit der Göttin, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Hohepriesterin<br />
der Innana-Istar vertreten wurde. Die Göttin vertrat das Land <strong>und</strong> wählte sich<br />
ihren Mann <strong>und</strong> König; in Sumer war es der Hirte Dumuzi, den <strong>die</strong> Göttin dem<br />
Bauern Enkimdu vorzieht; aber Dumuzi hat <strong>die</strong> Innana-Istar bald verdrängt.<br />
3. Wie Jeremia <strong>und</strong> Ezechiel (siehe 8,5 <strong>und</strong> 8,6) führt der Dichter in <strong>die</strong>ser<br />
mythologischen Vorstellung den Untergang des Nordreiches Israel, das er<br />
Ephraim nennt, auf <strong>die</strong> Hurerei mit fremden <strong>Götter</strong>n zurück, das ist eine<br />
metaphorische Umschreibung für politische Bündnisse mit benachbarten<br />
Königen. Seine Meinung, <strong>die</strong>ses solle eine Warnung für Juda sein, offenbart<br />
ihn als Parteigänger für den Südstaat.<br />
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